Kapitel 5

Fred schien eine Zeit lang überhaupt nicht zu wissen, was er sagen sollte. Mir war das ganz recht, ich fühlte mich im Moment überhaupt nicht wohl. Die Kopfschmerzen waren verschwunden, aber der Schreck, den mir der Albtraum bereitet hatte, steckte mir immer noch in den Knochen.

"Habt ihr eure Schwerter eigentlich dabei?"
Ich musste unvermittelt lachen. Seine Fragen schafften es immer, mich zu überraschen.
"Gandalf hielt es für sicherer, wenn wir sie mitnehmen. Sie sind in den Koffern, er hat sie irgendwie kleiner gezaubert, damit sie reinpassen."

"Und ihr habt da drüben tatsächlich Humor als Unterrichtsfach gehabt?" Die Frage schien ihm seit heute Mittag auf der Zunge gelegen zu haben.
"Jep. Ich glaube ja, ihnen ist einfach kein besseres mehr eingefallen. Wir haben eigentlich die meiste Zeit über irgendwelche Komödien geguckt."
"Ich wünschte, solche Fächer gäbe es in Hogwarts auch", murmelte Fred.
"Schlag es Dumbledore doch mal vor", entgegnete ich. "Außerdem ist schon der ganze Vgddk- Unterricht ein Witz, was willst du mehr?"

Er lachte und im selben Moment schwang das Porträt auf und gab den Blick auf Fred und meine Freunde frei.  
"Ich habe ihm gesagt, dass du wahrscheinlich in Ruhe schlafen willst", verteidigte Johanna sich schnell, als ihr Blick auf Fred und mich fiel.
Ich winkte ab. "Ist schon okay. Das mit dem Schlafen hat sowieso nicht so ganz geklappt."


Am nächsten Morgen fühlte ich mich ungewohnt ausgeschlafen. Nach nicht einmal zehn Minuten war ich bereits fertig und wartete ungeduldig auf die anderen, damit wir zum Frühstück gehen konnten. Vermutlich war es gestern doch nicht so schlau gewesen, nur einen Teller Nachtisch zu essen. Mein Magen knurrte genau in dem Moment, in dem Johanna aus dem Bad kam, und sie warf mir einen belustigten Blick zu.
"Vielleicht solltest du in Zukunft nicht mehr das Abendessen auslassen."
Ich seufzte. "Ja, Mama."

"Bereit für einen neuen Tag voller wundervoller, spannender Fächer?", fragte George beschwingt, als sich die Zwillinge neben uns an den Gryffindortisch setzten.
"Wow, der Sarkasmus war dir beinahe nicht anzumerken", gab Jenni zurück. "Was haben wir denn heute überhaupt?"
George ließ sich von ihr nicht beeindrucken. "Soweit ich gehört habe, Doppelstunde Pflege magischer Geschöpfe, Zauberkunst, Zaubertränke und Zaubereigeschichte."

Ich ließ den Kopf sinken und wandte mich Philipp zu, der gerade seinen Stundenplan herausgekramt hatte. "Bitte sag nicht, dass wir eins dieser Fächer mit den Slytherins haben."
"Nein", entgegnete er mit einem Blick auf das Blatt und ich seufzte erleichtert auf, erstarrte aber, als er hinzufügte: "Es sind zwei. Und eine Doppelstunde."

"Seht es positiv", meinte Fred und schaute in die Runde. "George und ich sind auch dabei, wir passen auf, dass sie euch nichts tun."
Wortlos sah ich ihn an und ihm schien unser Gespräch von gestern wieder einzufallen.
"Wenn ihr allerdings ihnen etwas tut, werden wir den Teufel tun einzugreifen, lasst euch das gesagt sein."
Wir lachten und ich sah neugierig zum Tisch der Slytherins. Gestern in Zaubertränke hatten sie uns komplett ignoriert und ich war sehr gespannt, ob sie uns genauso behandeln würden wie die anderen Gryffindors.

"Was machen wir, wenn sie uns nach unserem Blutstatus fragen?", wollte Kilian neugierig wissen.
"Wir sagen selbstverständlich die Wahrheit", entgegnete ich. "Schließlich sind wir Halbgötter."

Ron, der neben George saß, verschluckte sich an seinem Orangensaft. Sein Bruder klopfte ihm beruhigend auf den Rücken. "Sie sind nur ein kleines bisschen verrückt."
Dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hatte, erwähnte niemand.

Nach dem Frühstück verließen wir zusammen das Schloss und liefen auf Hagrids Hütte zu, neben der sich schon alle Slytherins versammelt hatten. Von Professor Raue-Pritsche war weit und breit nichts zu sehen und so standen wir eine Weile gelangweilt in der Gegend herum. Carina und Jenni vertrieben sich die Zeit damit, alle anderen mit Grashalmen im Nacken zu kitzeln und dann gegenseitig die Schuld auf sich zu schieben. Irgendwann hatten Cara und Kilian genug davon und rannten ihnen hinterher. Ich hatte mich vorsichtshalber ein paar Meter weit entfernt und schaute ihnen amüsiert zu.

"Du liebe Güte...", meinte eine gelangweilte Stimme hinter mir. "Seid ihr sicher, dass ihr nicht doch in der ersten Klasse hättet anfangen sollen?"
Ich wirbelte herum- nur um das Gesicht eines Slytherins zu sehen, das etwa fünf Zentimeter von meinem entfernt war. Ich zuckte zurück. "Wow. Gruselig."

 Er grinste und wollte gerade etwas erwidern, als sich Fred zwischen uns schob. Die beiden musterten sich kurz abschätzig.

"Ich hatte eigentlich gehofft, dich nicht so bald wiedersehen zu müssen, Weasley", begann der Slytherin. "Dieses Jahr wird der Quidditchpokal wieder uns gehören, du wirst sehen."
"Werd ich das?", entgegnete Fred uninteressiert und ging wieder zu den anderen, wobei er mich unauffällig mit sich zog.

"Der Typ ist gruselig", stellte ich fest, sobald wir außer Hörweite waren.
"Pucey hat uns nicht verziehen, dass wir das letzte Quidditchturnier gewonnen haben." Fred zuckte mit den Schultern. "Er ist ein schlechter Verlierer. Und eigentlich noch einer der angenehmeren Slytherins."
"Pucey?", fragte Lena. "Wer?"
Ich erzählte kurz, was passiert war und Jenni musterte ihn (nicht gerade unauffällig). "Aber ihr müsst zugeben, dass er nicht schlecht aussieht." Das konnten wir nicht abstreiten. Die Zwillinge sahen uns entgeistert an.

"Guten Morgen, Schüler!", rief eine laute Stimme. Das musste unsere Lehrerin sein. Sie kam mit einer handvoll Blätter in der Hand vom Schloss her auf uns zu.
"Ich bin Professor Raue-Pritsche, ich bin die Vertretung für Professor Hagrid.", erklärte sie, sobald sie vor uns stand.
"Wo ist denn Professor Hagrid?", fragte ein Slytherin.
"Ich wüsste nicht, was Sie das anginge, Mr..."
"Flint."
"...Mr Flint. Der Verbleib Ihres Lehrers ist Sache der Schulleitung, nicht Ihre."

Fred und George, obwohl ich wusste, dass sie auch neugierig waren wo Hagrid steckte, schienen sich über die Zurechtweisung des Slytherins zu freuen. Währenddessen hatte Professor Raue-Pritsche bereits begonnen, die Blätter auszuteilen, die sie mitgebracht hatte.
Das Bild darauf kam mir vage bekannt vor und ich versuchte angestrengt, mich zu erinnern.

"Kann mir jemand sagen, was das für ein Wesen ist?", fragte sie, sobald alle ein Blatt hatten. Plötzlich fiel es mir ein und und ich schnipste erleichtert mit den Fingern.
"Regenbogen!"
Sie runzelte die Stirn. "Verzeihung, wer bitte?"
"Na, dieses Vieh aus Percy Jackson... ein Hippocampus?", fragte ich hoffnungsvoll.
"Richtig. Zehn Punkte für Gryffindor." Ich grinste glücklich.
"Das war aber auch das erste mal, dass du mit deinem Fantasy-Zeug irgendetwas Nützliches anfangen konntest, oder?", fragte Jenni. Ich seufzte.
"Mein Wissen über nordische Mythologie war letztes Jahr nicht gerade unnütz, oder?"
Es war kurz still. "Vergiss aber nicht, dass wir den Großteil in der Bibliothek rausgefunden haben", entgegnete sie stur.
"Ja, aber dass wir ihn überhaupt erkannt haben, hattet ihr uns zu verdanken! Weil wir L- Aua!"

Ich sah Kilian empört an. Dann wurde mir klar, dass ich gerade beinahe allen Anwesenden eröffnet hatte, dass wir in Mittelerde gewesen waren und einen Gott getroffen hatten. Ups.
Pucey schien sich in seiner Erkenntnis von vorhin nur noch mehr bestärkt zu sehen, während die anderen Slytherins sich einfach über unsere Kabbelei zu freuen schienen. Komische Menschen.

Als ob nichts gewesen wäre, fuhr Professor Raue-Pritsche fort: "Hippocampi sind bekannt dafür, dass sie den Vorderleib eines Pferdes, aber den Hinterleib eines Fisches besitzen. Es gibt ein einziges Exemplar, das eingefangen und gezähmt werden konnte..."

Wir verbrachten den Rest der Doppelstunde damit, heilsame Eigenschaften der Hippocampischuppen und -haare zu erfahren und sie sprach sogar irgendeinen Zauber, der uns das Wiehern eines Hippocampus hören ließ.

"Das war wirklich interessant", stellte Kilian begeistert fest, als wir nach der Stunde auf dem Schulgelände herumschlenderten. Wir wussten nicht so recht, was wir mit unserer Freistunde anfangen sollten, also hatten die Zwillinge angeboten, uns diesmal eine echte Führung übers Schlossgelände zu geben.

Irgendwie waren wir trotzdem nur bis zum See gekommen, da mehr als die Hälfte von uns  (nein, diesmal war ich nicht dabei) protestiert hatte und lieber dableiben wollte. So lagen wir jetzt also allesamt im Gras und starrten auf die glatte Oberfläche des Sees.
"Ist da wirklich ein Kraken drin?", fragte ich irgendwann neugierig. Fred seufzte.
"Wir haben die letzten fünf Jahre mit Versuchen verbracht, es den anderen zu beweisen, aber es hat nie funktioniert."
"Der Bruder von Colin Creevey wurde vom Kraken zurück auf das Boot geworfen, als er in den See gefallen ist", erinnerte sich George. "Wir dachten, das würde alle überzeugen, aber sie haben alle nur gesagt, das sei kein Beweis, da die Creeveys ja offensichtlich beide nicht ganz dicht sind."
"Harry hätte doch letztes Jahr gesehen, wenn da ein fünf Meter großer Kraken im See wäre, er war schließlich einer der Champions", sagte Fred mit verstellter Stimme und einem Gesichtsausdruck, der verdächtig an seine kleine Schwester Ginny erinnerte.

Wir verbrachten den Rest der Freistunde damit, Pläne zu schmieden, wie wir die Existenz des Kraken beweisen konnten. Selbstverständlich war nichts allzu Produktives daraus entstanden, aber es hatte Spaß gemacht. George war ganz begeistert von der Idee gewesen, einen 'Fotoapparat', den sein Vater in seiner Garage versteckt hatte, mit unter Wasser zu nehmen und den Kraken zu fotografieren. Es dauerte eine Weile bis er endlich einsah, dass das Teil vermutlich nicht wasserdicht war.

Schließlich klingelte es und wir machten uns auf den Weg zu Zauberkunst. Die Zwillinge zeigten uns das Klassenzimmer und verschwanden wieder. Professor Flitwick, der nicht so recht wusste, was er mit uns anfangen sollte, beschloss, uns erst einmal ein paar Grundlagen beizubringen, bevor er mit uns nach Lehrplan vorging. Unsere erste Stunde in Zauberkunst bestand also darin, Federn zum explodieren zu bringen. Professor Flitwick war am Verzweifeln und hetzte vom einen zum anderen, um die Aussprache zu korrigieren, oder uns zu zeigen, wie man richtig 'wutschte und wedelte'.

"Ich habs geschafft!", rief ich irgendwann glücklich. Dabei machte ich eine irgendwie unglückliche Handbewegung und die Feder flog meinem Bruder ins Gesicht. In Nullkommanichts schwebte seine Feder ebenfalls und steuerte, Kiel voraus, in meine Richtung.
"Es war ein Versehen!" Ich tauchte schnell unter meinem Tisch unter, um nicht einen tragischen Tod zu sterben.

Bald jedoch hatte ich keine Lust mehr, außerdem tat mir der Rücken weh. Ich kroch also unter dem Tisch hervor und ließ meine Feder wieder fliegen, diesmal zwischen uns beiden. Kilian tat dasselbe und bald lieferten wir uns einen Schwertk- verzeihung, Federkampf. Professor Flitwick schien nicht so recht zu wissen, ob er sich über unsere Leistung freuen oder sich über unser Verhalten aufregen sollte, also entschied er sich dafür, verzweifelt bei den anderen zu gucken, ob wenigstens die sich ordentlich benahmen. Es ist vermutlich unnötig darauf hinzuweisen, dass er hoffnungslos enttäuscht wurde.

"ESSEN!!", rief Cara sofort, als es klingelte, und wir packten unsere Sachen zusammen und stürmten ihr nach. Wir sicherten uns einen Platz am Gryffindortisch und besetzten für Fred und George, die ebenfalls fünf Minuten später zu uns stießen.

"Nach dem Essen haben wir schon wieder Zaubertränke!" Mira stocherte genervt in ihrem Essen herum.
"Wenigstens haben die Slytherins uns gestern in Ruhe gelassen." Nicht so wie heute morgen. Fred wusste sofort, woran ich dachte.
"Wenn Pucey noch einen Kommentar macht, lasst es uns wissen. Mal sehen, wo der nächste Klatscher hinfliegt." Ich musste lachen.
"Wir kommen schon klar, glaub mir. Wenn er mich allerdings nochmal so erschreckt, kann ich für nichts garantieren."


Als wir im Kerker ankamen, waren weder Professor Snape noch die Slytherins zu sehen. Carina zuckte mit den Schultern.
"Die können sich meinetwegen viel Zeit lassen."
Wir nickten zustimmend und ich wollte gerade meine Tasche auf den Boden stellen, da kamen die Slytherins um die Ecke.
"Was habt ihr unter ZEIT LASSEN nicht verstanden?" Jenni wurde von den Slytherins kurz perplex angestarrt und dann ignoriert. Wir nickten uns zufrieden zu. So konnte es weitergehen.

Snape war schlecht gelaunt wie immer. Wie gestern befahl er uns, das Buch aufzuschlagen und einen bestimmten Trank zu brauen. Ich versuchte mein Bestes, den Anweisungen des Halbblutprinzen zu folgen, aber ehrlich, seine Schrift war fast so schlimm wie die meines Deutschlehrers. Fast. Es gab wenigstens ein paar Worte, die ich nach wiederholtem Lesen entziffern konnte. Mein erster Versuch ging schief, weil ich mich bei der Kritzelei zur Dauer des Umrührens verlesen und 9 statt 7 Minuten gerührt hatte. Das Resultat war etwas, das Verdächtig nach Pudding aussah (allerdings nicht unbedingt danach roch...).
"Evanesco", sagte Snape, während er mit vernichtendem Blick zusah, wie sich mein Gebräu in Luft auflöste. "Ich schlage vor, dass Sie es nochmal versuchen und bis zum Stundenende wenigstens ein einigermaßen passables Resultat zustande bringen."

Aus dem Augenwinkel sah ich Pucey belustigt grinsen und ich musste an mich halten, ihm nicht seinen Kessel über den Kopf zu ziehen. Dann grinste ich, als ich mir die Gesichter von ihm und Snape vorstellte, wenn ich am Stundenende einen perfekten Trank zustande gebracht hatte. Motiviert holte ich mir neue Zutaten und machte mich an die Arbeit (wobei ich jetzt noch vorsichtiger war, wenn es um das Entziffern der Hieroglyphen ging).

Als ich am Ende der Stunde mein Reagenzglas mit einer hell- statt dunkelgrünen, aber immerhin nicht knallpinken Substanz wie der von Pucey abgab, erlaubte ich mir ein triumphierendes Grinsen. Wer war hier der Erstklässler?

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