Kapitel 70

Doch was immer es war, dass Harry hatte sagen wollen, bekam Ginny nicht mehr zu hören. Denn ein lautes Plopp direkt neben ihnen ließ sie erschrocken auseinanderfahren.

Ron war direkt vor ihren Tisch appariert und sein Blick flog über sie hinweg, ohne die Stimmung wahrzunehmen, die seine Ankunft unterbrochen hatte. Ginny seufzte innerlich. Ihr Bruder hatte wirklich ein Gefühl für Timing.

„Wo ist Hermine?", fragte er mit einer Stimme, die vor Aufregung höher als sonst war, und ließ sich auf einen der freien Stühle gleiten.

„Hier", kam Hermines Stimme, die ebenfalls wieder auftauchte und ihre Augen nun gespannt auf Ron richtete. „Und?"

Sie ließ sich auf den verbliebenen Stuhl fallen.

„Volltreffer!", verkündete Ron mit einem zwischen Aufregung und Bestürzung hin- und her pendelnden Gesichtsausdruck. Er legte seine Hände flach auf den Tisch und neigte sich ihnen entgegen.

„Die verschwundenen Unterlagen waren Dokumente zu einem Kind namens Amanda, das in Bury St Edmonds in Südengland geboren wurde. Eingetragene Eltern waren Bellatrix und Rodolphus Lestrange. Nachdem die beiden zu lebenslänglich Azkaban verurteilt wurden, wurde das Mädchen zur Adoption in den USA freigegeben. Amanda war da vier Jahre alt. Weitere Daten zu ihr oder ihren Adoptiveltern gibt es nicht. Es sieht so aus, als habe man im Ministerium versucht, möglichst wenig Spuren von ihrer Existenz zu hinterlassen."

„Amber war vier Jahre alt, als sie adoptiert wurde", ließ sich Harry leise vernehmen.

„Amanda – Amber", flüsterte Hermine.

Und obwohl die Möglichkeit, dass Amber die Tochter von Bellatrix und damit auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die von Voldemort war, die ganze Zeit schon im Raum gestanden hatte, ließ die Bestätigung dieser Tatsache sie alle einen Moment lang verstummen. Ungeachtet des frühlingshaften Sonnenscheins, der so fern jeglicher Bedrohung war wie nur sonst etwas, durchlief Ginny ein Frösteln.

Was bedeutete das jetzt für Harry? Und welche Auswirkungen würde eine Tochter Voldemorts auf die Zauberergemeinschaft haben? Die Erinnerung an das Quidditchspiel, bei dem sie zum ersten und einzigen Mal auf Amber getroffen war, kam Ginny erneut in den Sinn. Warum hatte sie bloß nicht ihrem Gespür vertraut? Sie hatte die Bedrohung, die von Amber ausging, doch wahrgenommen!

Harry warf ihr einen fragenden Blick zu, doch er kam nicht dazu zu äußern, was ihm durch den Kopf ging.

„Spricht Amber eigentlich Parsel, Harry?", fragte Hermine, und schien auf das Schlangengift anzuspielen, das zu Bellatrix' Tod geführt hatte.

„Ich... keine Ahnung", erwiderte Harry und schob sich das Haar aus der Stirn. Der Frust, wesentliche Dinge an Amber nicht bemerkt zu haben, war ihm anzusehen. „Aber das wird dann wohl so sein. Sie hat ansonsten jedenfalls hervorragende magische Fähigkeiten. Und damit meine ich nicht nur Legilimentik."

Er wirkte mit einem Mal ein wenig erschöpft und starrte wieder düster auf den Tisch vor sich, als wollte er ein Loch hineinbrennen.

„Ich kann überhaupt nicht begreifen, wie man so auf Voldemort abfahren kann", bemerkte Ron in dem Versuch, die Stimmung ein wenig aufzulockern. „Und dann noch ein Kind mit ihm zu zeugen." Er zog eine süffisante Grimasse.

Auch Ginny schauderte es bei der Vorstellung. „Vielleicht war es nicht beabsichtigt...", murmelte sie leise.

„Was?!" Skeptisch zog Ron die Augenbrauen hoch und legte die flachen Hände auf den Tisch. „Sie hat für ihn geschwärmt, hat ihn verehrt. Das wird kaum unfreiwillig..." Mit hochrotem Kopf brach er ab.

„Ihr vergesst, dass Voldemort im ersten Zaubererkrieg bestimmt noch völlig anders aussah als später", gab Hermine zu bedenken und stützte das Kinn in die Hände. „Tom Riddle galt schließlich als ausgesprochen charmant." Mit einem Ruck richtete sie sich wieder auf.

„Aber das ist jetzt nicht wichtig. Denn die Frage ist doch, was bedeutet das nun?", fügte Hermine hinzu und gab damit den Gedanken wider, der Ginny auch schon durch den Kopf gezogen war. „Warum ist Amber überhaupt nach England zurückgekehrt?"

„Sie hatte von der Twinklestone ein Angebot zur Gastdozentur erhalten", erklärte Harry gepresst. „Und sie wollte zu den Spuren ihrer Kindheit zurück. Traumatische Dinge verarbeiten..."

Was bei Bellatrix als Mutter bestimmt kein Wunder war, dachte Ginny, ohne das geringste Mitleid zu empfinden.

„Oder sich an ihren Eltern rächen...", warf Ron ein.

„Durchaus möglich", gab ihm Hermine recht und befingerte ihr Armkettchen, ohne es zu merken. „Vielleicht waren die Einzelheiten der Adoption in Amerika nicht so geheim gehalten worden wie bei uns und sie wusste, wer laut Geburtsurkunde ihre Eltern sind. Die Einladung zur Gastdozentur kann von Amber bestimmt manipuliert worden sein."

„Das heißt, wir gehen davon aus, dass sie nichts davon weiß, wessen Tochter sie ist?", wollte Harry wissen und sah Hermine unschlüssig an.

Ginny runzelte daraufhin die Stirn und berichtete von ihrer Wahrnehmung beim Quidditchspiel.

„Ich kann mir daher nur schwer vorstellen, dass sie es nicht weiß. Wen so eine Aura umgibt, der ist sich der eigenen Macht mit Sicherheit bewusst..."

Ron machte ein fassungsloses Gesicht.

„Warum hast du nie etwas gesagt?", empörte er sich.

Ginny verdrehte die Augen. „Habe ich ja mal versucht, damals, als wir alle...", sie bedachte ihren Bruder und Hermine mit einem frustrierten Blick, "...im Fuchsbau waren. Aber du warst ja so angetan von ihr, Ron. Und Hermine...."

„...wollte sich da nicht einmischen", seufzte diese nun betreten. Harry schaute kurz zu ihr hinüber, knetete unangenehm berührt sein Kinn, sagte aber nichts. Er wirkte wie jemand, der sich am liebsten in Luft auflösen wollte. Vermutlich gab er sich wieder die Schuld an allem... Rasch murmelte Ginny daher entschuldigend:

„Aber ehrlich gesagt hatte ich mein Gefühl auch völlig anders interpretiert... Ich hatte nicht wirklich an eine dunkle Magierin gedacht..."

„Wir alle haben bestimmte Anzeichen offenbar übersehen", stellte Hermine knapp fest in der deutlichen Absicht, Vergangenes hinter sich zu lassen und nach vorne zu schauen. Nachdenklich fügte sie hinzu:

„Vielleicht hatte Bellatrix es ihr erzählt, bevor sie starb..."

„Aber dann hätte sie bestimmt versucht, den Tod ihres Vaters zu rächen", sinnierte Ron und warf Harry einen sowohl entschuldigenden als auch beunruhigten Blick zu.

„Ich wäre eine leichte Beute gewesen", bestätigte Harry tonlos und Ginny spürte seine Anspannung über ihre noch immer miteinander verknüpften Hände.

Hermine sah zwischen den Männern hin und her. „Da ist allerdings etwas dran..."

Ginny zuckte nur mit den Schultern. Sie wusste, was sie gespürt hatte. Vielleicht kam die Gefahr durch Amber ja aus einer anderen Richtung.

Als ahne Harry, an was Ginny dachte, gab er schließlich mit zunehmender Überzeugung wider:

„Vielleicht war Rache an den Eltern anfangs der Grund dafür, dass Amber nach England gekommen ist. Aber dann hat sie vermutlich erkannt, welchen Einfluss sie auf das Zaubereiministerium nehmen kann..."

Zornig hieb Harry mit der flachen Hand auf den Tisch.

„Ich bin so blöd! Ich weiß nicht, warum... sie und ich..."

Er holte tief Luft und schüttelte heftig den Kopf, als wolle er etwas abwehren. „Ich weiß nicht, was Wahrheit oder Lüge ist. Aber was ich weiß ist, dass sie mit ihrem neuesten Vorhaben nichts Gutes im Schilde führt."

Und er berichtete Ginny die Details von Ambers Plan, die Ron und Hermine von ihm vorhin schon kurz zu hören bekommen hatten.

„Vorgeblich geht es darum, die Muggel vor dem unbekannten Massenmörder zu schützen, der England unsicher macht, indem sie dann durch unsere Auroren rechtzeitig gerettet werden. Weil wir durch Apps auf ihren Geräten – aber eigentlich durch einen Aufspürzauber – immer wissen, wo sie sich befinden, wenn sie einen Alarm absenden."

Harry machte eine kurze Pause, bevor er schließlich fortfuhr.

„Aber nach dem Aufwachen heute Morgen konnte ich nur noch daran denken, dass dieser Plan viel weitreichendere Konsequenzen haben kann."

Nun sah er nicht mehr nur Ginny an, sondern ließ seinen Blick ebenfalls über seine beiden Freunde wandern.

„Zum Einen machen wir damit die Muggel von uns abhängig. Und so eine Abhängigkeit würde ich keiner Gesellschaft wünschen."

Harrys Mund hatte einen entschlossenen Zug angenommen und kämpferisch reckte er das Kinn nach vorne.

„Und zweitens hätten wir durch den Veränderungszauber stets Zugriff auf diese Smartphones und könnten dann theoretisch alles Mögliche bei den Muggel mit unserer Magie beeinflussen. Und so, wie die Muggel auf diese Geräte hören... also, bei bösen Absichten wäre es dann ein Leichtes, sie zu kontrollieren."

Harrys Augen funkelten und sein Blick war eindringlich geworden. Seine Ablehnung der möglichen Folgen hätte nicht deutlicher zu Tage treten können. Schließlich strich er sich über die nun leicht glänzende Stirn und holte tief Luft:

„Und nach dem Zorn, den ich heute Morgen bei Amber gespürt habe, der vermutlich zu der unbeabsichtigten Enthüllung ihrer Legilimentikfähigkeit geführt hat, kann ich nicht ausschließen, dass sie genau so etwas planen könnte..."

Bestürztes Schweigen folgte Harrys Worten. Ron fand als Erster seine Worte wieder:

„Dann werden wir das verhindern", sagte er entschlossen. „Du bist das Bindeglied zu Richards, Harry. Ohne dich kommt Amber nicht an sie heran und ihre Pläne verlaufen im Sande."

„So einfach ist das nicht, Ron", widersprach Hermine besorgt. „Wir können nicht darauf hoffen, dass Amber einfach von ihren Plänen ablässt, nur weil Harry sich weigert, sie weiterzugeben. Was dann passiert, hat er ja heute Morgen erlebt."

„Natürlich nicht nur", unterbrach Ron etwas hitzig. „Gleichzeitig muss man natürlich dafür sorgen, dass ihr das Handwerk gelegt wird."

Mit einem unwirschen Kopfschütteln in Richtung des Eisverkäufers sorgte Ron dafür, dass dieser sie in Ruhe ließ und von dannen zog.

„Genau dafür...", sagte Ginny, die sich energisch aufrichtete, „...sind Auroren da. Um schwarze Magier aufzuhalten. Vermutlich steckt Amber dann auch hinter den ganzen Muggelmorden."

Harry machte ein undefinierbares Geräusch, doch Ginny sah ihre Freundin nicken.

„Ich glaube, dass Amber dafür zumindest verantwortlich ist", erläuterte Hermine und fuhr unruhig mit den Fingern auf dem Tisch hin und her. „Denn die aktuellen Verdächtigen sind allesamt Patienten von ihr. Ich vermute, dass Amber sie und weitere Magier dazu angestiftet hat. Das erklärt auch die große Anzahl von Todesfällen. Was schließlich Panik bei den Muggel schürt und ihr damit perfekt in die Hände spielt."

„Woher weißt du das?", fragte Ginny überrascht und ließ unwillkürlich Harrys Hand los, als sie sich zu Hermine drehte. „Nachdem, was ich im Aurorenbüro gehört habe, warst du nur bei diesem Donovan gewesen, der den Verdacht erweckt hat, sich doch erinnern zu können?"

Eine im Tageslicht gut zu sehende Röte erschien auf Hermines Wangen.

„Deinen Artikelentwurf hatte ich ja völlig vergessen", fiel Harry ein und beide Zauberer starrten Hermine nun ebenfalls neugierig an.

„Welcher Artikel?", wollte Ginny wissen, die langsam das Gefühl bekam, dass in den vergangenen Tagen unheimlich viel passiert sein musste.

„Entwurf", korrigierte Ron. „Die Zeitungen wollten ihn nicht drucken."

Hermine sah aus, als wäre sie erleichtert, das Thema wechseln zu können.

„Ich wette, Amber hat auch dafür gesorgt, dass er überall abgelehnt wurde", vermutete sie forsch. „Ich hatte ihn dir am Donnerstagabend gegeben, Harry. Also genug Zeit für sie, etwas dagegen in die Wege zu leiten."

Man hörte Harry leise ein „Durchaus möglich" murmeln.

„Woher weißt du, dass die anderen Verdächtigen auch Patienten von Amber waren?", bohrte Ginny nach und beäugte Hermine kritisch. „Und was wolltest du für einen Artikel schreiben?"

Täuschte sie sich oder vertiefte sich die Röte in Hermines Gesicht?

„Mine hat zufällig mitbekommen, wie Donovan seinem Patronus eine Nachricht aufgegeben hat, und in dem war von einer Seelenheilerin namens Silverin die Rede", erläuterte Ron. „Und Silverin – Amber – behandelt die anderen Verdächtigen ebenfalls."

Es war nicht zu übersehen, dass Hermine Ginnys Blick auswich. Und nur einen Augenblick später wurde der angehenden Aurorin der Grund dafür klar: Hermine hatte nicht zufällig eine Äußerung Donovans mitbekommen. Sie war mit Malfoy dagewesen. Mit Malfoy und dessen angeblicher Fähigkeit, Erinnerungen zurückholen zu können. Einen Moment lang war sie sprachlos.

„Woher weißt du das mit den anderen Patienten? Warst du in Ambers Praxis?", fragte Harry inzwischen verblüfft nach. „War die nicht gesichert?"

Hermine hatte einen peinlich berührten Gesichtsausdruck aufgesetzt.

„Ich hatte es einfach versucht", gab sie verlegen zu. „Es war nicht so schwierig, die Schutzzauber auszuhebeln. Sie hat sich wohl sehr sicher gefühlt."

„Und genau das wird unser Vorteil sein!", gab Ron grimmig von sich. „Wir gehen mit dem, was Mine herausgefunden und Harry erlebt hat, zu den Auroren. Zusammen mit der Geburtsurkunde und den Infos über Bellatrix' Tod sind die Beweise erdrückend. Diesen Spuk werden wir stoppen, bevor noch Schlimmeres passiert!"

Er wirkte so euphorisch und überzeugt von seinen Argumenten, dass es Ginny im Herzen wehtat, ihren Bruder enttäuschen zu müssen.

„Ich fürchte, das klappt so nicht, Ron", sagte sie leise und warf ihm einen entschuldigenden Blick zu.

„Was? Wieso?" Irritiert und aufgebracht funkelte ihr Bruder sie an.

Ginny legte ihre Hände ineinander und sah ihre Freunde frustriert an, als sie erläuterte:

„Das, was Hermine widerrechtlich in Ambers Praxis entdeckt hat, lässt sich leider vor Gericht nicht verwenden. Und wenn wir gegen Amber vorgehen wollen, muss alles absolut wasserdicht und beweisbar sein."

Eigentlich sollte dieses Gesetz, das erst nach den Kriegen verabschiedet worden war, der Rechtssicherheit dienen. Leider war es für sie jetzt allerdings absolut nachteilig, fuhr es Ginny verärgert durch den Kopf. Zum Glück war Hermine immerhin so schlau gewesen, eine plausible Begründung für die erneute Befragung von Donovan zu finden.

Resolut fuhr Ginny fort:

„Wir haben gegen Voldemorts Tochter nur eine einzige Chance und die dürfen wir nicht vermasseln. Denn im Moment sind wir ihr gegenüber mit unserem Wissen im Vorteil."

Erst mit diesen Worten wurde Ginny richtig bewusst, mit welchem Gegner sie zu tun hatten. Wieviel von Voldemorts Talenten mochte Amber mitbekommen haben? Auch Bellatrix war eine mächtige Hexe gewesen. Die nervöse Erkenntnis, der Tochter zweier machtvoller Magier gegenüberzustehen, wurde aufgewogen durch das Gefühl positiver Anspannung, das die Konfrontation mit dunklen Magiern in Ginny auslöste. Dafür hatte sie sich für die Aurorenlaufbahn entschieden! Um das, was ihr wichtig war, vor dunkler Magie zu beschützen!

Hermine zog unterdessen eine gequälte Grimasse.

„Ich weiß, dass man diese Informationen nicht verwenden kann. Aber ich hatte gedacht, es würde helfen, eine Vermutung in dieser Richtung im Flügelschlag zu äußern. Die Auroren wären bestimmt darauf angesprungen, oder?"

„Wären sie", bestätigte Ginny. „Aber leider ist dieser Artikel ja nun nicht gedruckt worden."

„Bei Merlin, warum war bin ich bloß so unvorsichtig gewesen", brach es plötzlich aus Hermine heraus und mit verschränkten Armen fiel sie zurück in ihren Stuhl.

„Die ganze Zeit war ich gegenüber Amber misstrauisch, aber dann, wo es darauf ankommt... Sie hatte mich doch tatsächlich in Bedford, wo wir auf euch gewartet hatten, mit ihrer Freundlichkeit eingewickelt. Hätte ich bloß gewusst, dass sie unter dem Namen Silverin praktiziert..."

Hermines vorheriger Frust verwandelte sich sichtbar in Zorn. Ginny wusste, dass Hermine es hasste, einer Fehleinschätzung zu unterliegen.

„Aber der Auror, mit dem du gesprochen hast, Mine, der kennt doch den Namen Silverin!", fiel Ron ein und er legte Hermine besänftigend einen Arm um die Schulter. „Selbst wenn Donovan kein Sterbenswörtchen mehr sagt. Der wird da bestimmt nachfassen und Silverin alias Amber befragen."

„Und dann?", entgegnete Hermine nüchtern. „Dann wird Amber ihn mit einem Imperius verfluchen oder einen Gedächtniszauber anwenden."

„So einfach ist das nicht", widersprach Ginny. „Als Auror geht man nicht unvorbereitet in so ein Gespräch. Außerdem meist zu zweit."

„Darauf möchte ich mich aber nicht verlassen!", beharrte Hermine mit funkelnden Augen. „Wenn Amber die Veröffentlichung eines Artikels verhindern kann – vermutlich mit dem Imperius – warum dann auf höherer Ebene nicht auch eine Ermittlung?"

„Wie gesagt, so leicht wird das bei Auroren nicht klappen", wiederholte Ginny und setzte dann hinzu:

„Zu blöd, dass Kingsley gerade im Ausland weilt. Mit dem hätten wir reden können. Sicherlich hätte er einen Weg gefunden..."

Sie schürzte ihre Lippen und warf einen Blick zu Harry hinüber. Er schien tief in Gedanken versunken und seine Finger spielten mit einer Tischdekoration in Form eines Eisbechers.

Was mochte er wohl angesichts von Ambers Verrat empfinden? Hatte er sie wirklich geliebt? Ginny ignorierte den Schmerz, der sie hierbei durchfuhr. Dieses Erlebnis war jedenfalls genug, um jemanden wieder zurück in die Hölle der Seelentrübnis zu katapultieren. Doch glücklicherweise wirkte Harry trotz seiner Zurückhaltung nicht so, als ob er sich in sich selbst zurückziehen würde.

„Man könnte Richards einweihen und Amber eine Fall stellen", schlug Ron unbeirrt vor.

Unvermittelt sah Harry auf.

„Super-Idee", kommentierte er sarkastisch. „Bin nicht besonders scharf darauf zuzugeben, dass ich monatelang nichts bemerkt habe. Gibt es eine andere?"

„Das hätte niemand an deiner Stelle, Harry", versuchte Hermine seiner Selbstkritik Einhalt zu gebieten. „Aber man könnte vielleicht..."

Sie unterbrach sich hastig und biss sich auf die Lippen. Doch es war zu spät, Ginny hatte es gehört und ihren neugierigen Gesichtern nach zu urteilen hatten Ron und Harry es ebenfalls.

„Was könnte man, Hermine?", fragte Ginny und neigte sich erwartungsvoll zu ihr hinüber.


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