Kapitel 42
Das Erscheinen dreier weiterer Gäste riss Draco jäh aus seinen Gedanken und katapultierte ihn zurück in die Gegenwart.
„Draco Malfoy!", rief Daphne Greengrass aus, kaum hatte sie das Separee betreten. „Dich habe ich ja schon ewig nicht mehr hier gesehen. Ich dachte schon, du wärest inzwischen ebenfalls in Azkaban gelandet."
„Warum sollte ich?", gab Draco säuerlich zurück, wenig angetan von ihrer Bemerkung.
„Hm ... vielleicht weil du das dunkle Mal trägst?", neckte die blonde Hexe ihn und trat so nah an ihn heran, dass ihm ihr Parfüm in die Nase stieg.
„Zeig's mir nochmal!"
Neugierig blickte sie auf seinen Arm, den er wie üblich mit einem langen Ärmel bedeckt hielt.
„Sei nicht albern, Daphne!", wehrte Draco verärgert ab.
So angenehm es auch war, mal keine Ablehnung wegen seiner Zugehörigkeit zu den Todessern zu erfahren, so wenig legte er insbesondere an diesem Ort Wert darauf, deswegen Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Er verschränkte daher die Arme vor der Brust und ging dann auf ihren ersten Kommentar ein.
„Ich war in letzter Zeit einfach sehr beschäftigt."
„Beschäftigt, so so", grinste Daphne und sah nicht so aus, als würde sie ihm glauben. „Dennoch habe ich dich schon lange nicht mehr mit einer Hexe gesehen. Du hattest doch früher immer was laufen. Und solltest du nicht mit der Tochter von William Harrington anbandeln?"
Dracos Mutter pflegte eine Freundschaft mit Lillian Greengrass, der gegenüber sie offenbar ihre Absichten deutlich gemacht hatte.
„Oder hat das dunkle Mal die artige Susan in die Flucht getrieben?" Daphnes Lachen konnte eine Spur von Abfälligkeit nicht verhehlen.
„Klar! Direkt in die Arme ihres Verlobten", gab Draco trocken zurück, denn seine Mutter hatte in ihren hoffnungsvollen Plänen diesen Aspekt offenbar völlig übersehen. Auch wenn sich Draco an sich nicht zu fein dafür war, anderen Männern die Freundin auszuspannen, wenn er dann einmal sein Augenmerk auf eine spezielle Hexe gelegt hätte, so zog er doch bei Verlobten und Verheirateten eine Grenze.
„Steht eben nicht jede so auf gefährliche Typen wie ich es tue", scherzte Daphne und klimperte übertrieben mit ihren Wimpern.
„Vergiss es, Süße, du bist nicht mein Beuteschema", lehnte Draco leichthin ab, was weniger an ihrem Äußeren als mehr an ihrer Art lag, obwohl ihre Mütter diese Verbindung vor längerer Zeit durchaus einmal erwogen gehabt hatten. Zu Dracos Glück war Daphne ebenso wenig interessiert wie er, was ihnen diesen scherzhaften Umgang miteinander erlaubte.
„Uhu, und was ist jetzt dein Beuteschema?", mischte sich nun auch Pansy kichernd ein.
Unwillkürlich flog Dracos Blick zu der weit entfernt tanzenden Hexe hinüber, die seine Aufmerksamkeit geweckt hatte, doch er schwieg. Zu sehr würden sich ungebetene Gedanken einstellen, wenn er zugeben würde, welcher Typ Hexe ihm plötzlich gefiel.
Albert Montrose nutzte das sekundenlange Schweigen für eine provozierende Bemerkung:
„Wie geht es deinem Vater, Draco?"
Draco warf dem ein paar Jahre älteren Zauberer aus seinen Kreisen einen aggressiven Blick zu.
„Hervorragend", erwiderte er sarkastisch. „Er lässt schön grüßen und fragt, wann dein Vater sich zu ihm gesellt."
„Das wird sicherlich nicht passieren", grinste Albert großspurig und strich sich lässig mit der Hand über das Kinn. Es fiel Draco schwer, der Versuchung, ihm eine Verwünschung an den Hals zu hexen, zu widerstehen, was die weise Regelung des Crystals, die Zauberstäbe der Gäste zu blockieren, zu bestätigen schien.
„Du und ich, wir wissen beide, dass dein Alter überaus aktiv im Handel von Artefakten dunkler Magie war. Und stets seine Unterstützung für den Dunklen Lord bekundet hat", zischte Draco stattdessen und bedachte Albert mit einem vernichtenden Blick. Dieser ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und erwiderte belustigt:
„Ja, schon etwas blöd, wenn man ein Todesser wird und damit seine Einstellung sozusagen aktenkundig macht."
Seine Aussage hatte eine doppelte Bedeutung, die Draco nicht entging. Bei Salazar, die hatten ja alle keine Ahnung ... wussten nicht, wie glücklich sie sich schätzen konnten, dass sie die freie Wahl gehabt hatten! Nicht zum ersten Mal durchfuhr Draco Wut auf seinen Vater, der ihn damals in diese Situation gebracht hatte. Vater hätte wissen müssen, dass er seine ganze Familie in Mitleidenschaft zog, sobald er sich den Todessern anschloss!
Nie würde Draco vergessen, welch immensen Druck er in dem Jahr ausgesetzt gewesen war, als er von dem Dunklen Lord den Auftrag erhalten hatte, Dumbledore zu töten. Ein Auftrag, hinter dem ungesagt mitgeschwungen hatte: und stirb, gemeinsam mit deiner Mutter, wenn es dir nicht gelingt! Und der nur deswegen erteilt worden war, um Dracos Vater größtmöglich zu bestrafen. Denn dieser hatte mit seiner erfolglosen Aktion im Ministerium dafür gesorgt, dass die Rückkehr des Dunklen Lords für alle sichtbar ans Licht gekommen war. Nur die Tatsache, dass Snape an Dracos Stelle für den Tod Dumbledores gesorgt hatte, hatte Draco und seine Eltern vor dem Zorn des Dunklen Lords bewahrt.
Trotz der in ihm arbeitenden Emotionen starrte Draco sein Gegenüber verächtlich an und gab eiskalt, mit kaum verhüllter Drohung, zurück:
„An deiner Stelle wäre ich vorsichtiger, Montrose. Du solltest nicht vergessen, dass die Familie Malfoy überall hin Beziehungen hat. Auch ins Ministerium. Dass diese nicht ausgereicht haben, meinen Vater vor Azkaban zu beschützen, bedeutet nicht, dass wir nicht dafür sorgen könnten, dass andere dort ebenfalls landen..."
Und insbesondere dann, wenn der Name Malfoy schon bald reingewaschen sein wird...
Das Grinsen auf Alberts Gesicht verschwand so rasch, als hätte es jemand fortgewischt. Doch bevor er etwas entgegnen konnte, schnitt Blaises Stimme durch die dicke Luft zwischen den beiden Zauberern:
„Schluss jetzt mit Politik! Wir sind hier, um uns zu amüsieren." Er machte eine Kopfbewegung hin zu Draco. „Komm, die Damenwelt wartet auf uns."
Mit einem letzten aggressiven Blick auf Albert wandte sich Draco ab und folgte Blaise in Richtung Tanzfläche. Sie zogen sofort die Aufmerksamkeit einiger Hexen auf sich, die nur darauf gewartet zu haben schienen, dass sich ein paar vielversprechende Zauberer blicken ließen. Ohne sich die Mühe zu machen, noch einmal nach der brünetten Hexe Ausschau zu halten, ließ Draco zu, dass ihn eine Hexe mit schimmerndem grünen Haar in unverkennbarer Absicht antanzte.
Nach verschiedenen Liedern hatte auch Draco so viel Gefallen an der jungen Hexe gefunden, dass er sie ins Separee einlud und mehrere Getränke ausgab. Angetörnt von dem Zustand, in den man nach ausgiebigem Konsum von berauschenden Getränken gerät, bekamen ihr Äußeres und die Gefühle, die sie in ihm auslöste, deutlich mehr Gewicht als ihre Worte. Erfreut nahm Draco daher ihre Einladung zur Fortsetzung des Flirts bei ihr zu Hause an und sie waren schon auf dem Weg zum Ausgang, als seine Begleiterin auf einen lauten Zuruf hin plötzlich stehenblieb.
„Melania! Warte!"
Eine Hexe mit kunstvoll toupiertem Haar rauschte heran und wisperte Melania etwas ins Ohr. Draco beschlich eine Ahnung, was passieren würde und tatsächlich schossen Melanias Augenbrauen in die Höhe und sie wich unangenehm berührt ein wenig von ihm ab. Draco unterdrückte einen Fluch. Melania war offenbar nicht betrunken genug, um den Namen Malfoy einfach ignorieren zu können.
„Sorry", nuschelte die Hexe verlegen, ohne jede Spur von dem glamourösen Charisma, das sie zuvor ausgestrahlt hatte. „Aber Gloria hat mich gerade erinnert..."
Der Rest ihres Satzes ging in dem Beginn des nächsten Liedes unter. Sie schüttelte bedauernd den Kopf, warf Draco noch einen entschuldigenden Blick zu und wandte sich dann vollends ihrer Freundin zu; beide Hexen verschwanden daraufhin rasch Richtung Band.
In Draco schäumte es und mit geballter Brutalität stieß er die Tür zum Korridor auf und verlangte herrisch nach seinem Besen und Umhang, die ihm hastig von zwei Hauselfen überreicht wurden. Der Türsteher wusste es dieses Mal besser, als etwas sagen. Ein Blick auf Draco und er entfernte in Windeseile die Blockade um dessen Zauberstab. Versehen mit dem wiederhergestellten Machtwerkzeug verließ Draco in langen Schritten das nun silbrig leuchtende Foyer.
Die kalte Luft traf ihn wie ein Schlag und machte deutlich, dass weder Fliegen noch Apparieren empfehlenswert war, wenn er nicht vor hatte, sich entweder das Genick zu brechen oder zu zersplintern. Er richtete daher den Zauberstab auf einen Busch zu seiner Rechten und sah ihn befriedigt Feuer fangen. Wenn man doch nur alles in Flammen aufgehen lassen könnte, was einem zuwider war! Noch immer zornig warf er einen Feuerball in den dunklen Nachthimmel, der einige Momente später verglühte.
Erst dann gab er mit seinem Zauberstab ein Signal zur Bestellung des fahrenden Ritters, einem magischen, ganz in Violett gehaltenem Bus, der gestrandete Magier aufnahm und zu ihrem Ziel beförderte. Mit einem leisen Plopp erschien der mehrstöckige Bus am Ende der Straße und blieb dann mit kreischenden Bremsen direkt vor Draco stehen.
„Malfoy Manor", knurrte Draco und schmiss ein paar Münzen in die bereitgestellte Schale, ohne sich um das Wechselgeld zu kümmern. Mit einem Ruck fuhr der Bus an und schleuderte Draco, der sich nicht rechtzeitig festgehalten hatte, gegen eine der Kojen. Es gab definitiv angenehmere Reisemethoden, dachte Draco genervt, bevor sein Blick auf eine Zeitschrift fiel, die aufgeschlagen vor ihm auf dem Boden gelandet war. Es war nicht der Titel und nicht das Bild des Artikels, die ihm ins Auge sprangen. Es war der Name der Verfasserin: Hermine Granger.
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Hallo ihr Lieben,
ich hoffe, ich konnte zeigen, dass es nicht so einfach ist, den Namen Malfoy zu tragen. Mich würde mal interessieren:
Was haltet ihr von Draco?
Glaubt ihr, dass es ihm gelingen wird, seinen Vater aus Azkaban zu bekommen?
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