Epilog zweiter Teil

„Harry! Alles Liebe zum Geburtstag!"

Im Nu stand Hermine vor ihm und warf sich erfreut in Harrys Arme, als hätten sie sich wochenlang nicht gesehen, obwohl es sich lediglich um ein paar Tage handelte. Als sie dann zurücktrat, ließ sich auch ihre Anspannung nun nicht mehr verbergen. Ihr Lächeln verwandelte sich in etwas, das mehr einer Grimasse glich, und der Blick ihrer Augen konnte eine gewisse Besorgnis nicht verbergen, als sie von Harry zu dem Zauberer an ihrer Seite huschten.

„Glückwunsch zum Geburtstag, Potter."

Die Gratulation hätte emotionsloser nicht sein können, aber sie war nicht in dem schnarrenden Tonfall gegeben, den Harry von ihren früheren Zusammentreffen in Erinnerung hatte.

„Danke", erwiderte er ebenso knapp, während Draco die just an Harrys Seite aufgetauchte Ginny mit einem leichten Kopfnicken, aber schweigend grüßte.

„Kommt rein", besann sich Harry auf seine Gastgeberpflichten und machte eine einladende Handbewegung, wobei er Draco nicht aus den Augen ließ. Der Malfoy-Spross trug seine Haare mittlerweile länger, was ein paar Wellen zum Vorschein brachte, die ihn einiges von seinen kalten Zügen nahm. Seine Kleidung war wie immer makellos und Harry kam nicht umhin zu registrieren, dass es Malfoy trotz seines Auszuges aus Malfoy Manor nicht an Geld zu fehlen schien.

Die beiden Hexen begrüßten sich herzlich, wenngleich eine leichte Zurückhaltung auf ihrer Ausgelassenheit zu liegen schien.

„Ich habe gehört, du wohnst jetzt in London", fragte Harry höflich, um zu verhindern, dass sich das Schweigen zwischen Draco und ihm ausdehnte, während dieser seinen Blick durch die Stube schweifen ließ.

„Am Rande von London, Waltham Forest", erwiderte Draco, drehte sich zu Harry um und ergänzte dann etwas mitteilungsfreudiger: „Weder ich noch mein Vater legen viel Wert darauf, unter einem Dach zu wohnen."

Dass Lucius Malfoy nicht mehr in Azkaban weilte, war keine Überraschung für Harry. Der Tagesprophet hatte ausführlich darüber berichtet, dass Draco durch die Entwicklung eines neuen Zauberspruches – dessen Wirkungsweise jedoch noch nicht veröffentlich worden war – das Wohlwollen des Ministeriums erlangt hatte. Den Rest konnte sich Harry zusammenreimen, obwohl die Freilassung von Malfoy Senior ein paar Tage später nur einige Zeilen wert gewesen war.

Nachdenklich betrachtete Harry den ehemaligen Slytherin vor sich, der nichts mehr von der großspurigen Art an sich hatte, die ihn immer aufs Unerträglichste gereizt hatte.

„Ich nehme an, er war nicht besonders erbaut davon, dass du..." er suchte nach Worten, fand keine und beendete dann seinen Satz etwas lahm mit:

„Dass du jetzt mit dem Ministerium zusammenarbeitest?"

„Kann man so sagen, ja", bestätigte Draco. „Unter anderem."

Er warf einen Blick zu Hermine hinüber, die Ginny mit strahlenden Augen etwas zuzuflüstern schien, und wechselte dann auffällig schnell das Thema.

„Neues Mobiliar?"

Er deutete mit seinem Kinn auf eine Couch, die im Sonnenlicht, das durch das Fenster hereinflutete, in einem intensiven Rotton leuchtete.

„Es gibt Erinnerungen, die braucht man nicht", erwiderte Harry schlicht und dachte bei sich, dass dieses wohl die längste Unterhaltung mit Malfoy war, die nicht irgendwie in Verwünschungen oder Spott endete. Vielleicht waren sie jetzt tatsächlich aus ihrem Kleinkrieg herausgewachsen. Und natürlich war nicht abzustreiten, dass Malfoy ihm nun zwei Mal die Zeit verschafft hatte, die er gebraucht hatte, um sich und seine Freunde aus tödlicher Gefahr zu retten.

Harry war kurz davor, etwas zu sagen, aber in diesem Moment kündigte sich der nächste Besuch an. Er zuckte daher entschuldigend mit den Schultern und trat zurück zur Tür, die er erneut weit öffnete. Kurze Zeit später war munteres Geplauder zu hören, als sich George und Lee, dicht gefolgt von Neville und Luna, über den Türrahmen schoben.

„Harry, alter Knabe, wie geht's? Siehst kein bisschen älter aus."

George schlug ihm herzhaft auf die Schulter. Die typische Munterkeit des Weasley-Zwillings brachte Harry unwillkürlich zum Grinsen und in diesem Moment wurde ihm unversehens klar, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, eine kleine Geburtstagsrunde zu veranstalten.

„Alles bestens", erwiderte er daher fröhlich. „Wie läuft der Laden?"

Als Antwort reckte Lee lediglich den Daumen hoch, bevor er hinzufügte:

„Weil der rothaarige Derwisch hier so viele Ideen hat. Und ich muss mich dafür durch Zahlen und Bürokratie quälen".

Er lachte und zwinkerte George zu, der dessen Heiterkeit spiegelte, bevor er seine Schwester umarmte und es dann nicht lassen konnte, einen launigen Kommentar abzugeben.

„Wie ich sehe, hast du erneut deinen Kopf und dein Herz durchgesetzt, Schwesterchen, und dir wieder den begehrtesten Zauberer gesichert."

„Halt den Mund, George, bevor du es bereust!", parierte Ginny und drohte ihm übertrieben mit dem Finger, wobei ihr eine gewisse Ähnlichkeit mit Mrs. Weasley nicht abzusprechen war.

Harry entwich ein amüsiertes Lachen, in das George, Lee und Neville ohne zu zögern miteinstimmten. Luna hingegen zeigte sich gänzlich ungerührt und wünschte Harry mit ihrer üblichen Stimme, die immer ein wenig klang, als würde sie in andere Sphären schweben, alles Gute zum Geburtstag. Ihre Augen blieben gedankenverloren einen Moment an Harrys Stirnnabe hängen, bevor sie sich dann zu Hermine und Draco gesellte.

„Glückwunsch zum Geburtstag! Und schön, dass wir uns endlich mal wieder sehen." Neville zeigte sich hocherfreut und sein fröhliches Lachen wäre ansteckend gewesen, hätte Harry nicht ohnehin schon gute Laune gehabt.

„Finde ich auch", bestätigte Harry und musterte Neville neugierig, der sich um das Kinn herum einen leichten Bart hatte stehen lassen. Zusammen mit dem inzwischen aus der Stirn gekämmten Haaren ließ es ihn älter wirken, doch seine Augen blickten sanft wie eh und je. Nachträglich beglückwünschte Harry ihn zu seinem gestrigen Geburtstag.

„Holla, was sehen meine entzündeten Glubschorgane da? Ein Malfoy hier in diesem Haus?", war plötzlich Georges spottender Kommentar zu hören. „Was treibt denn dich in die Gesellschaft von Blutsverrätern und Muggelliebhabern?"

Seine ironische Stimme ließ Harry herumfahren. George hatte die Augenbrauen so hoch gezogen, dass sie fast unter seinen Ponysträhnen verschwanden und er starrte Draco mit einer Mischung aus Wachsamkeit, Verwunderung und Abneigung an. Eine im hellen Sonnenlicht gut sichtbare Röte überzog sekundenlang Dracos blasses Gesicht. Er machte Anstalten, etwas zu sagen, presste dann aber die Lippen aufeinander und bedachte George nur mit einem säuerlichen Ausdruck, während Hermine ihre Hand an seine Hüfte gleiten ließ.

In stiller Übereinkunft suchte sie Harrys Blick, der ihn schweigend erwiderte. Hermine hatte nie etwas über den Kampf mit Amber geschrieben und sie beide sowie Ron und Ginny und Kingsley Shacklebolt waren daher die einzigen, die von Dracos Beitrag zur Verhinderung von Ambers Plänen wussten.

Auf ihre Bitte hin war die Wahrheit unter Verschluss geblieben: dass Voldemort eine Tochter besessen hatte, die sich angeschickt hatte, das Zaubereiministerium zu manipulieren, um die Zauberergesellschaft nach ihren Vorstellungen zu formen. Gegenüber der Öffentlichkeit hatte Harry stattdessen durchklingen lassen, dass seine frühere Freundin nach Amerika zurückgekehrt war, was weiterer Neugier einen Riegel vorgeschoben hatte. Die gleiche Information hatte auch die Hochschule über einen fingierten Brief von Amber erhalten, so dass ihr Seelenkunde-Kurs ersatzlos entfallen war.

Es gab kein Grab, das von Ambers Existenz kündete und ihre sterblichen Überreste waren von den Auroren vernichtet worden. Unterstützt von der Tatsache, dass es keine nahen Angehörigen gab, war es daher, als hätte sie nie existiert und genau so sollte es Harrys Meinung nach auch bleiben. Wenn es bloß auch für ihn so einfach wäre, das Vorgefallene zu vergessen...

Er setzte gerade zu einer Erklärung von Dracos Anwesenheit an, als sich Luna Stimme vernehmen ließ. Sie hatte ihre Augen auf den jungen Malfoy gerichtet und konstatierte mit dem milden, reservierten Interesse, das ihr eigen war:

„Ich habe dich im Tagespropheten gesehen."

Das lange blonde Haar fiel ihr in Wellen über die Schultern, während sie Draco betrachtete wie das ungewöhnliche Exemplar eines Schnarchkacklers, das ihre Aufmerksamkeit geweckt hatte. Sie machte nicht den Eindruck, als erinnere sie sich im Moment daran, dass es Lucius Malfoys Keller gewesen war, in dem sie längere Zeit gefangengehalten worden war. Luna war schon echt besonders, dachte Harry und schmunzelte.

„Du hast einen neuen Zauberspruch kreiert", fuhr Luna in ihrer sanften Stimme fort. „Das ist sehr außergewöhnlich."

Dracos Gesicht konnte einen Anflug von Überraschung nicht verbergen und neugierig betrachtete er die blonde Hexe vor ihm, die in ihrer offenbar selbst genähten, von Lederbändern und bunten Perlen durchwirkten Bluse das genaue Gegenteil von seinem modischen Erscheinungsbild darstellte.

„Was bewirkt er?", wollte Luna wissen. Ihre Augen glitten dabei zur Wand hinter Draco, ohne dass es jedoch unhöflich wirkte.

„Er macht den Gedächtniszauber rückgängig", antwortete Draco schlicht, doch der Stolz in seiner Stimme war unüberhörbar.

Ein Windzug fuhr durch den Raum, der von einer geöffneten Tür her zu kommen schien, doch Harry achtete nicht darauf. Wie schon vor einigen Wochen, als er es zum ersten Mal gehört hatte, ließ ihn dieser Fakt nahezu sprachlos zurück. Es fiel ihm schwer zu realisieren, dass ausgerechnet der Zauberer, der die ganze Schulzeit hindurch mit Gemeinheiten aufgefallen war und immer nur als Anhänger von Voldemort in Erscheinung getreten war, tatsächlich auch eine überaus intelligente Seite besaß. Wobei es Harry natürlich klar war, dass Malfoy positive Eigenschaften haben musste, sonst hätte er in keinster Weise Hermines Interesse wecken können.

Luna hatte sich nun Hermine zugewandt. „Dann kannst du deinen Eltern ihre Erinnerungen zurückgeben, nicht wahr?"

Hermine umklammerte die Lehne des neben ihr stehenden Stuhls und schüttelte langsam den Kopf, während sich zwei Tränen aus ihren Augen lösten und ihr die Wangen hinunterliefen.

„Ich hatte darüber nachgedacht", flüsterte sie und ihre Augen sahen auf einmal außergewöhnlich groß aus. „Aber ich würde sie komplett aus ihrem neuen Leben reißen. Das kann ich ihnen nicht antun. Ich war in Australien und habe mich vergewissert, dass es... ihnen gut geht..."

Der deutlich sichtbare Schmerz angesichts einer Entscheidung, die ihr unendlich schwergefallen sein musste, ließ Hermine verstummen. Draco legte ihr seinen Arm um die Schulter und zog sie sanft an sich, so dass Hermine ihr Gesicht an seiner Brust vergraben konnte. Ihr Rücken bebte ein wenig und Draco neigte seinen Kopf zu ihr hinunter und legte seinen zweiten Arm und sie. Genauso wie Hermine schien er alle anderen um sie herum vergessen zu haben.

Es war diese liebevolle, mitfühlende Geste, die Harry berührte und ihn Malfoy plötzlich in einem anderen Licht sehen ließ. Es ging nicht mehr allein um die Tatsache, dass Malfoy durch sein mutiges Auftauchen bei Harry zu Hause Schlimmeres verhindert und die Gesellschaft vor einer großen Gefahr bewahrt hatte. Sondern nun wurde offensichtlich, dass Malfoy auch eine überraschend empathische Seite besaß, etwas, das Harry ihm nie zugetraut hätte.

Er beobachtete stumm, wie Malfoys Hand tröstend über Hermines Rücken glitt, und war dann ehrlich genug, seine eigene Ignoranz einzusehen, die in Malfoy immer nur das Schlimmste hatte sehen wollen. Hermine hatte es so viel früher erkannt - bereits letztes Jahr war sie Malfoy mit einer Offenheit entgegengetreten, die ihm sein früheres Verhalten nicht mehr nachtrug. Während Ron und er noch in der Vergangenheit verharrt hatten und zu schnell dabei gewesen waren, Malfoy als denjenigen abzustempeln, als der er sich ihnen die ganze Schulzeit lang präsentiert hatte. In diesem Moment begriff Harry, dass sich Malfoy tatsächlich verändert hatte und er beschloss, ihm von jetzt an eine Chance zu geben.

Die anschwellende Lautstärke in der Stube zeugte mittlerweile von der Ankunft weiterer Besucher. Ginny, die nichts von der soeben stattgefundenen Unterhaltung mitbekommen hatte, betrat, gefolgt von ihrer Freundin Tarryn und einem unbekannten Zauberer, die Stube, ein fröhliches Lachen auf dem Gesicht.

„Harry, das ist Nick, ich hatte dir von ihm erzählt."

Ein Zauberer mit schulterlangen, offenen Haaren und markanten Gesichtszügen, die Harry irgendwie bekannt vorkamen, strahlte ihn an und reichte ihm erfreut die Hand. Er bemerkte Harrys fragenden Ausdruck und erklärte sogleich mit einem verschmitzten Gesichtsausdruck:

„Bevor du lange herumrätselst – mein Onkel war Rufus Scrimgeour. Sein gewaltsamer Tod damals hat mich dazu motiviert, die Aurorenlaufbahn einzuschlagen. Auch wenn es jetzt ja wohl kaum noch nennenswerte dunkle Zauberer geben dürfte." Er lachte unbeschwert. „Aber besser ist besser."

Er hatte etwas Sympathisches an sich, das Harry sogleich für ihn einnahm, obwohl er mit Nicks Onkel eher ambivalente Erinnerungen verband. Wenngleich er in der Rückschau ein wenig mehr Verständnis für den ehemaligen Zaubereiminister hatte aufbringen können, der nach einer überaus kurzen Amtszeit Voldemort zum Opfer gefallen war.

„Wohl wahr", stimmte Harry ihm dann zu und warf Ginny einen vielsagenden Blick zu.

„Stimmt, ich weiß gar nicht, warum wir all das ganze Zeugs lernen", lachte Ginny und verdrehte die Augen. Sie trat einen Schritt nach hinten, mitten in den durch die noch immer geöffnete Tür hereinfallenden Sonnenstrahl, der ihrem langen Haar einen leuchtenden Glanz verpasste, und schob sich dann an Harrys Seite.

„Dem Zauberer da", sie deutete mit dem Kinn angelegentlich auf Draco, der mittlerweile wieder neben Hermine stand, „...verdanken wir übrigens unsere neueste Hausaufgabe."

„Im Ernst?"

Tarryn kreischte es beinahe und starrte mit aufgerissenen Augen zu dem hellblonden Zauberer hinüber. „Dann ist das Draco Malfoy?"

„Was?" Harry warf seiner Freundin einen überraschten Blick zu. „Das hast du gar nicht erzählt."

„War auch erst gestern. Der Ausbilder hat zwar keinen Namen genannt, aber Tarryn liest regelmäßig Zeitung und hat eins und eins zusammengezählt", erklärte Ginny wegwerfend.

Nachdenklich schaute sie ihrer Freundin hinterher, die zusammen mit Nick auf Draco zugetreten und ihn angesprochen hatte. Einen Augenblick später war Dracos verhaltene Miene in einen Ausdruck übergegangen, der nicht verbarg, wie angetan er von Tarryns Begeisterung war. Für einen Augenblick schimmerte die altbekannte Arroganz durch seine Zurückhaltung und Harry war beinahe froh, etwas von dem alten Malfoy entdeckt zu haben. Eine komplette Veränderung hätte irgendwie etwas Beunruhigendes gehabt.

„Eigentlich kaum zu glauben, oder?", sagte Ginny leise und schüttelte langsam den Kopf, bevor sie sich an Harry lehnte. „Er und Hermine – kann mir irgendwie nicht so recht vorstellen, dass das von Dauer sein wird. Auch wenn Malfoy sich geändert hat – er ist dennoch ganz anders als Ron."

„Schauen wir mal", gab Harry diplomatisch zurück und legte ihr die Hand um die Hüfte.

Seinen eigenen Worten zum Trotz seufzte er ein wenig. Er bedauerte es weiterhin, dass es zwischen seinen beiden besten Freunden nun vorbei war. Immerhin behandelte Mrs. Weasley Hermine jedoch weiterhin wie immer, denn Ron hatte gegenüber seiner Mutter offenbar erklärende Worte gefunden. Die Versöhnung zwischen Ginny und Harry hatte dann ihr übriges getan, Mrs. Weasley in eine zufriedene Stimmung zu versetzen.

„Komm, Geburtstagskind!"

Ginny hatte sich von ihm gelöst und seine Hand ergriffen. Mit einem kurzen Schwenk ihres Zauberstabes schloss sie die Tür. „Grübeln können wir auch später noch."

In ihr strahlendes Lächeln zu sehen ließ Harry jeden Gedanken sofort vergessen und willig ließ er sich durch die Stube in den rückwärtigen Garten ziehen, den alle Gäste inzwischen aufgesucht hatten.

Der bisherige Rasen war einem Wildwuchs an bunten Sommerblumen gewichen, die an den unmöglichsten Stellen hervorsprossen, aber zusammen mit den Rosenbüschen ein harmonisches Bild ergaben. Zwischen den einst provisorisch angelegten Steinplatten sprossen frisches Grün und Löwenzahn hervor und zwei rote Schmetterlinge, deren augenähnliche Flecken sie als Tagpfauenaugen auswies, flatterten vorbei.

Zu Harrys Freude hatte sich inzwischen auch Hagrid direkt im Garten eingefunden. Unter dem kräftigen Schlag von dessen Pranke auf seiner Schulter ging Harry beinahe in die Knie, doch das bärtige Gesicht des Halbriesen hatte wie immer nichts von der ungezügelten Energie bemerkt, sondern strahlte Harry mit unnachahmlicher Herzlichkeit an.

„Zehn Jahre ist's jetzt her, Harry...", polterte er liebevoll, „...dass ich dir das erste Mal zum Geburtstag gratuliert hatte. Unter gänzlich anderen Umständen, würde ich meinen."

Er schmunzelte und Harry tat es ihm nach, erinnerte sich, wie Hagrid ihm damals einen etwas plattgedrückten Kuchen überreicht hatte und ihm dann das schönste Geburtstagsgeschenk gemacht hatte, das man sich nur denken konnte: Die Einladung nach Hogwarts, zu einem neuen Zuhause. Auch wenn er das in dem Moment noch nicht gewusst hatte. Es war der Eintritt in eine völlig neue Welt gewesen, die ihm nicht nur ein Leben voller Magie beschert hatte, sondern vor allem treue Freunde.

Was war seitdem nicht alles geschehen. Und in einem Jahr würde er genauso lange unter Zauberern gelebt haben wie unter Muggel...

Unvermittelt blinzelte Harry, schob es jedoch auf die Sonne. Doch Hagrid schien ihn zu verstehen, tätschelte ungelenk seinen Kopf und wischte sich bewegt eine Träne aus dem Auge.

„Du wirst schon deinen Weg gehen, Harry", brummte er. „Auch wenn er nicht so geradlinig wie bei den anderen verläuft."

„Danke, Hagrid", erwiderte Harry, gerührt von der Zuversicht, die aus den Worten seines großen Freundes sprach.

Tatsächlich hatte er inzwischen die Weichen gestellt, um endlich die Richtung einzuschlagen, mit der er schon vor Jahren geliebäugelt hatte. Regelmäßige Gespräche mit einem Seelenheiler über seine ganzen belastenden Erlebnisse waren ein Teil davon, denn die hilfreichen Erfahrungen, die er mit Amber in dieser Hinsicht gemacht hatte, waren das einzig Positive, das von ihr übrig geblieben war.




Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top