Kapitel 3: Die letzten Ferientage

Trotz des unangenehmen Vorfalls in der Winkelgasse, kehrte das Leben im Fuchsbau recht schnell zur Normalität zurück. Die Tage flogen geradezu vorbei und waren ausgefüllt mit heimlichen Quidditchspielen, Mrs. Weasleys köstlichem Essen und dem üblichen bunten Treiben einer großen Zaubererfamilie.
Je öfter sie zwischen Obstbäumen Quidditch spielten, wobei der provisorische Quaffel nur aus Äpfeln bestand, desto besser wurden Ginny und Veronica. Sie blieben bei der bewährten Aufteilung Harry, Ron und Ginny gegen Fred, George und Ronnie. Sehr zu Ginnys Missfallen, denn diese begann langsam aber sicher anzunehmen, dass Ronnie bald schon besser mit ihren Brüdern befreundet wäre, als mit ihr selbst. Damit hatte sie auch nicht ganz Unrecht, denn die drei steckten immer öfter die Köpfe zusammen und die Zwillinge taten ihr bestes, um Ronnie in das Handwerk des Streichelegens einzuweisen.
Neben einer To-Do-Liste fürs erste Jahr, gaben sie ihr allerhand nützliche Infos, vor allem über den Hausmeister Filch und seine spionierende Katze. Am meisten interessierte sich Ronnie aber für die verschiedenen Häuser und den sprechenden Hut. Gemeinsam mit Ginny quetschte sie die Zwillinge aus.
"Also wir setzen den Hut einfach auf, er stellt uns keine Fragen oder so?", fragte sie gerade, als sie zu viert im Garten saßen und mit kalten Getränken in der Sonne ein wenig faulenzten. 
Fred und George verdrehten genervt die Augen, Ginny drehte gelangweilt einen Apfel in ihren Händen hin und her.
"Nein, keine Fragen"
"Und wir müssen auch gar nicht unser Können beweisen? Keine Zaubersprüche, Verwandlungen oder so?"
"Nein, Ronnie"
"Aber wieso heißt es denn dann 'Prüfung'?", beharrte das dunkelhaarige Mädchen auf ihren Zweifeln und Fred klaute den Apfel seiner Schwester aus deren Händen, nur um ihn Ronnie kurz darauf in den Mund zu stopfen. Trotzig nahm sie einen Bissen und legte den Apfel beiseite.
"Es interessiert mich halt", verteidigte sie ihre Neugier und George stöhnte: "Jetzt weiß ich, wie es Ron mit Hermine immer ergehen muss"
"Haha"
Sie hatte Hermine bis jetzt zwar nur einmal gesehen, aber dank den Erzählungen der Weasleys und Harry hatte sie ein recht genaues Bild von ihr bekommen. 
"So schlimm bin ich auch wieder nicht, ich gehe euch ja nicht mit irgendwelchen Fakten auf die Nerven"
"Hast recht, immerhin weißt du ja nichts, sonst müsstest du uns nicht ständig löchern", sagte Fred und knuffte sie neckisch in die Seite. 
"In deinem Alter hatte Hermine längst all ihre Schulbücher auswendig gelernt", ergänzte George grinsend.
"Das muss ich nicht mehr", erwiderte Ronnie todernst. "Ich hab schon ziemlich früh die alten meines Vaters gelesen, jedenfalls bis zur dritten Klasse. Aber die sind inzwischen so zerfleddert, dass ich mir lieber neue besorgt habe"
Ginny schüttelte den Kopf.
"Du bist echt nicht normal, Vica"
Lässig legte Veronica ihr den Arm um die Schultern. "Ich bin eben einzigartig"
In dem Moment kamen Harry und Ron aus dem Haus und setzten sich zu ihnen. Ron war etwas zögerlich und tastete mit den Fingern vorsichtig das Gras um ihn herum ab.
"Was tust du da?", fragte Ronnie ihn neugierig.
"Ich will mich nicht auf irgendwelche Gnome setzen. Die verdammten Viecher haben echt scharfe Zähne"
"Worüber habt ihr gesprochen?", fragte Harry Ginny. Fast augenblicklich wurde sie rot und wollte sich mit dem Arm lässig am Boden abstützen, fasste aber versehentlich ausgerechnet in den angebissenen Apfel, den Ronnie achtlos beiseite gelegt hatte. Als er unter ihren Händen davon rollte, verlor sie das Gleichgewicht und landete unsanft auf ihrem Rücken. Harry überging ihre Tollpatschigkeit gnädigerweise, wie immer, aber Veronica konnte sich das Lachen nicht verkneifen.
"Mensch Ginny..."
Ihre Freundin warf ihr einen zornigen Blick zu, aber sie konnte nicht aufhören zu glucksen. Ginnys Schwärmerei für Harry war einfach zu niedlich. Jedes Mal, wenn er in der Nähe war, blamierte sie sich. Erst gestern hatte sie versehentlich ihren Ellenbogen in die Butter gesetzt, nur weil er ihr einen guten Morgen gewünscht hatte. 
Als Ginny wieder aufrecht saß, schaffte sie es sogar, Harry zu antworten, jedoch ohne ihm dabei in die Augen zu sehen.
"Über Hogwarts.Wir haben über Hogwarts und die Hauseinteilung geredet"
"Ach so", meinte Harry und lächelte freundlich, wodurch sich die Röte ihrer Wangen noch vertiefte.  Ron wandte sich ernst an Veronica.
"Glaub ja kein Wort von dem, was Fred und George dir erzählen! Es stimmt nicht"
"Unterstellst du uns jetzt tatsächlich, dass wir Ronnie anlügen würden?", entrüsteten sich die Zwillinge. "Das würden wir NIEMALS wagen"
Veronica warf ihnen einen verschmitzten Blick zu. 
"Das war die richtige Antwort"
Ron hatte daran noch seine Zweifel und betonte nachdrücklich:" Bist du dir da sicher? Egal was sie sagen, es gibt keine Ringkämpfe mit Trollen und es tut auch wirklich nicht weh, man muss nur einen Hut aufsetzen"
Veronica lachte auf und bedachte Ron dann mit einem Lächeln, das auch passend für einen kleinen Welpen wäre oder ein kleines Kind. 
"Das hast du ihnen geglaubt? Du armer, du bist einfach zu naiv und gutgläubig für diese fiesen Brüder"
Mitleidig tätschelte sie ihm die Wange und bald schon war sein Gesicht genauso rot wie Ginnys.
"Du bist echt ganz schön frech für eine noch-nicht-einmal-Erstklässlerin", meinte George grinsend und zog sie an ihrem Shirt von Ron weg.
"Vor allem dafür, dass du eigentlich auf unsere Gastfreundschaft angewiesen bist. Mach weiter so und wir werfen dich hochkant raus!", stimmte ihm Fred zwinkernd zu.
"Ihr seid es nur nicht gewohnt, dass jemand mal genauso frech ist, wie ihr selbst", meinte Ronnie und streckte den beiden scherzhaft die Zunge raus. "Komm, Ginny! Lass uns reingehen und ein paar Mädchensachen machen"
Sie setzte sich auf und streckte ihrer Freundin die Hand hin, damit diese sich daran hochziehen konnte.
"Wo geht ihr hin?", fragten die Zwillinge.
"Geht euch nichts an", erklärte Ronnie ihnen und zwinkerte belustigt. "Wir brauchen auch mal etwas Zeit für uns"
Als die beiden ins Hausinnere verschwanden, brummte George leise:
"Übersetzt heißt das dann: Wir gehen jetzt in Ginnys Zimmer und reden über Jungs, beziehungsweise Harry, flechten uns Zöpfe, kichern albern und singen zu irgendwelchen schnulzigen Songs"
"Du kennst dich ja bestens damit aus", sagte Ron und sein Bruder zuckte mit den Schultern.
"Wir haben vielleicht ein, zwei Mal an der Tür gelauscht"
"Zu schade, dass wir noch nicht 17 sind, mit ein paar Zaubersprüchen wäre das Lauschen so viel einfacher..." Fred seufzte theatralisch.

Währenddessen waren die Mädchen tatsächlich in Ginnys Zimmer, saßen auf ihrem Bett, hörten schnulzige Songs und blätterten in ein paar Zeitschriften. Seit sie im Zimmer waren, hatte Ginny jedoch noch kein Wort gesagt und gesungen schon gar nicht. Stirnrunzelnd nahm Veronica das merkwürdige Verhalten ihrer Freundin zur Kenntnis, beschloß jedoch, es zu ignorieren.
"Oh... Schau mal, ein Nimbus 2000, Harry hat den doch auch, oder?", Veronica hielt Ginny die aufgeschlagene Zeitschrift unter die Nase. "Wenn ich je in die Hausmannschaft aufgenommen werden sollte, kaufe ich mir auch so einen. Oder einen noch besseren. Schade, dass mein Dad so gegens Fliegen ist..."
"Hm"
Da nicht einmal eines von Ginnys Lieblingsthemen, nämlich Besen, Quidditchmannschaften und Harry, sie zum Sprechen brachten, hatte ihre Freundin langsam genug. Doch sie zügelte ihre Ungeduld und fragte stattdessen vorsichtig:
"Alles ok?"
"Nein", meinte Ginny und sah immer noch nicht auf. "Ich fand es vorhin wirklich fies von dir, mich ausgerechnet vor Harry auszulachen"
"Ich kann dich ja schlecht nicht vor Harry auslachen. Wenn er nicht da ist, tust du für gewöhnlich nichts Dummes oder Lustiges", gab Veronica grinsend zurück, erleichtert, dass ihre Freundin nichts Schlimmeres bedrückte. "Komm schon Ginny... Sei nicht so"
Als sie merkte, dass ihre Freundin wirklich verstimmt war, stieß sie einen tiefen wehleidigen Seufzer aus. 
"Ok, es tut mir leid. Es war dumm von mir, du weißt doch, wie ich bin. Ich denke einfach nicht nach. Sei nicht mehr sauer" Mit einer leidenden Miene schlang sie die Arme um Ginny und drückte sie fest. "Bitte", flehte sie übertrieben verzweifelt und Ginny lachte.
"In Ordnung, ich vergebe dir ausnahmsweise"
Sie erwiderte die Umarmung und der kleine Streit war vergessen. Erleichtert ließ Veronica wieder von ihr ab und fiel rücklings zurück aufs Bett. Kurz starrte sie etwas abwesend an die Decke von Ginnys Zimmer. Sie mochte dieses Zimmer, auch wenn es klein war. Immerhin war es hell und vom Fenster aus bot sich eine wunderschöne Aussicht auf den Obstgarten, wo sie immer alle gemeinsam Quidditch spielten.
"Ginny?", fragte sie.
"Hm?"
"Machst du dir Sorgen, in welches Haus du wohl kommen wirst?"
Ginny überkreuzte die Beine und saß im Schneidersitz vor ihr. Sie legte nachdenklich ihre Stirn in Falten und strich sich eine ihrer roten Haarsträhnen hinters Ohr.
"Schon irgendwie. Ich meine, meine ganze Familie war in Gryffindor. Ich will natürlich auch dort hin, aber wer weiß? Ich denke nicht, dass ich nach Slytherin komme, obwohl wir ja theoretisch reinblütig sind. Das wäre echt furchtbar. Ravenclaw wäre sicher auch ganz ok. Bei Hufflepuff weiß ich es nicht... Dort sind ziemlich viele Versager, hab ich gehört. Es heißt, die nehmen jeden"
"Es sind nicht nur Versager in Hufflepuff", stritt Veronica heftig ab. "Meine Grams hat damals, als du-weißt-schon-wer an der Macht war, Muggelstämmige und allgemein alle Leute, die vor ihm flohen, bei sich versteckt und ihnen geholfen, wo sie konnte. Nicht weil sie mutig sein wollte, sondern wirklich um zu helfen. Viele Hufflepuffs sind so. Selbstlosigkeit und Güte sind genauso wichtige Eigenschaften wie Intelligenz, Ehrgeiz oder Mut"
"Also würdest du dich freuen, wenn du nach Hufflepuff kämst?", fragte Ginny mit hochgezogener Augenbraue.
"Ja. Ich würde mich freuen. Ich würde mich freuen, egal in welches Haus ich käme" Sie machte eine kurze Pause, ehe sie weitersprach. "Aber am liebsten wäre ich natürlich gerne im selben Haus wie du. In Gryffindor mit den Zwillingen und den anderen. Aber Ravenclaw gefällt mir auch sehr, mein Vater hat mir erzählt, dass man jedes Mal ein Rätsel lösen muss, um in den Gemeinschaftsraum zu gelangen. Das klingt irgendwie lustig"
Ginny verzog das Gesicht. "Und wenn man das Rätsel nicht lösen kann?"
"Dann wartet man, bis jemand kommt, der es kann. Manchmal stehen anscheinend ganze Gruppen vor der verschlossenen Tür", erklärte Veronica grinsend.
"Für mich wäre das definitiv nichts. Ich würde sicherlich nie reinkommen"
"Ach quatsch, du bist genauso schlau wie ich. Es geht auch nicht um die korrekte Lösung sondern um kluge Antworten"
"Trotzdem bevorzuge ich die Passwort-Variante"
Veronica unterließ es, ihre Freundin weiterhin die Vorzüge von täglichen Denkaufgaben darzulegen und schwieg mit einem nachgebenden Lächeln auf den Lippen.
"Ich bin jetzt schon aufgeregt. Kannst du es glauben? In drei Tagen sitzen wir bereits im Zug nach Hogwarts!", meinte Ginny jetzt und ihre Augen funkelten vor Vorfreude.
"Im besten Fall sitzen wir sogar in Harrys Abteil, oder?", fragte sie grinsend zurück. "Das ist ja SO aufregend" Sie ahmte Ginnys schwärmerischen Tonfall nach und hatte promt ihr Kissen im Gesicht. Sie erwiderte das Feuer und Sekunden später war zwischen ihnen eine gute alte Kissenschlacht entbrannt. Die beiden kreischten und lachten so laut, dass schließlich sogar Mrs. Wealsey, die in der Küche das Abendessen vorbereitete, es hörte und Fred und George nach oben zum Nachsehen schickte. Doch anstatt den Terror zu beenden, schlossen sich die beiden eifrig mit an, klauten ein paar zusätzliche Kissen aus Rons Zimmer und schlugen sie sich gegenseitig so heftig um die Ohren, dass die Federn nur so flogen. Obwohl eigentlich drei Jahre älter als die Mädchen, ließen sie sich doch noch von dem etwas kindischen Gefecht mitreißen, über das ihr älterer Bruder Percy nur missbilligend den Kopf schütteln konnte, als er an der offenen Tür vorbei lief.

Die letzten Ferientage waren vergangen und der Tag ihrer Abreise nach Hogwarts endlich angebrochen. Obwohl sie eigentlich bereits seit Tagen packten, gab es noch viel zu tun und alles endete in einem großen Chaos.
Mrs. Weasley war ausgesprochen schlechter Laune, sie rannte im ganzen Haus umher und suchte die letzten Sachen ihrer Kinder zusammen und auch diese huschten geschäftig die Treppen rauf und runter.
Veronica und Ginny hatten beide etwas verschlafen und aßen ihr Frühstück im Stehen, beziehungsweise Laufen, während sie sich gegenseitig fragten, ob sie die Zahnbürsten bereits eingepackt oder wo sie denn nun schon wieder dieses oder jenes Buch gelassen hatten.
Veronica hätte Harry einmal fast die Treppe runtergestoßen, als sie wieder unachtsam die Stufen runter rannte, immer noch nur mit einem weiten Hemd und Boxershorts bekleidet. Zum Glück war ihm nichts passiert, doch das Marmeladentoast, das vorher noch in ihrer Hand war, klebte nun an seinem Shirt.
"Oh verdammt, das tut mir leid", beteuerte sie ihm, doch Harry winkte ab. "Macht doch nichts, ich kann mich ja schnell umziehen"
Er zupfte das Toast von seinem Hemd und gab es ihr zurück, ehe er an ihr vorbei in Rons Zimmer ging. Es sollte nicht das einzige Missgeschick bleiben, das an diesem Morgen passierte.
Mr. Weasley brach sich beinahe den Hals, als er über ein Huhn im Hof stolperte, Fred zündete versehentlich eines seiner Feuerwerke und Percy fluchte, weil seine Eule Hermes ihm deswegen vor Schreck auf die Hose kackte, während er versuchte, ihn zurück in den Käfig zu sperren.
Als alle Koffer wie durch ein Wunder gepackt im magisch vergrößerten Kofferraum des Ford Anglias waren, fiel Veronica das erste Mal auf, dass sie noch immer in ihrem Schlafanzug herum lief und alles musste noch einmal rausgeholt werden, damit sie sich schnell umziehen konnte.
"Ich hätte ihr den Koffer ja nicht wieder rausgeholt", meinte Fred verschwörerisch zu George, während sie sich gemeinsam mit den anderen schon mal in den Wagen setzten. Wenige Minuten später rutschte schließlich auch Veronica neben sie und Mr. Weasley fuhr los.
Sie waren noch nicht mal richtig vom Hof gefahren, als Ginny schon schrie, dass ihr Taschenkalender noch in ihrem Zimmer lag, das nächste Mal fiel Fred ein, dass sein Besen noch in der Kammer stand und es wurde später und später ehe sie endlich Richtung London unterwegs waren.
"Wieso müssen wir ausgerechnet dieses Jahr zu spät sein?", beschwerte sich Ginny, die gemeinsam mit ihrer Mum auf dem Vordersitz saß.
"Wir wären viel schneller, wenn wir fliegen würden", sagte Mr. Weasley. "Niemand würde etwas bemerken, Molly..."
"Nein, Arthur. Zum letzten Mal. Nicht am helllichten Tag"
Mr. Weasley seufzte und lenkte den Ford weiter durch den Berufsverkehr. Mrs. Weasley wandte sich nun an Veronica:
"Wo sagtest du, wartet dein Vater auf uns? Nicht, dass er sich Sorgen macht"
"Er hat gemeint, er geht direkt zum Gleis. Er weiß ja, dass wir früher oder später kommen, dort kann er uns ja schlecht verpassen", antwortete Veronica gelassen und Mrs. Weasley nickte.
"Ja, wahrscheinlich hast du Recht. Ich hoffe nur, dass wir es vor elf schaffen..."
Erneut warf sie einen besorgten Blick auf die Uhr.
Um genau Viertel vor elf trafen sie schließlich in King's Cross an, dem Bahnhof, von dessen verstecktem Gleis 9 3/4 der Hogwarts-Express jährlich abfuhr. So schnell sie konnten luden sie Koffer und Eulenkäfige aus dem Auto und rannten in die Schalterhalle.
Die Mauer zwischen dem Gleis 9 und 10 sah völlig unscheinbar aus, gewöhnlich, wie jede andere Mauer in diesem Bahnhof, doch wenn man hindurch lief, gelangte man zu dem geheimen Gleis.
"Percy, du gehst als Erster", bestimmte Mrs Weasley. Nach ihm gingen Fred, George und Veronica, Mrs Weasley würde mit Ginny folgen und das Schlusslicht sollten Harry und Ron bilden. Die Zeit drängte, sie hatten kaum mehr als fünf Minuten, ehe der Zug abfuhr.
Sobald Veronica die Absperrung durchquert hat, hörte sie schon das Zischen des Zuges. 
"Veronica", rief sie eine vertraute Stimme und sie drehte den Kopf. Ein Mann um die vierzig Jahre, mit karamellfarbenen Haar, das an den Schläfen bereits leicht ergraute, winkte sie zu sich. Seine Augen waren von dem gleichen intensiven Blau wie ihre eigenen.
"Dad!", rief sie fröhlich und rannte mit ihrem Gepäckwagen auf ihn zu. Ihr Vater schlang einen Arm um sie und drückte sie kurz. 
"Ihr seid viel zu spät dran", rügte er seine Tochter unwirsch und reichte ihr einen Käfig, der neben ihm auf dem Boden stand. "Hier, und denk daran, was wir besprochen hatten: Einmal im Monat! Und wenn die Professoren ihn dir verbieten, schickst du ihn ohne Widersprüche zurück. Verstanden? Keine Diskussionen mehr"
"Ja, Dad"
Veronica nahm den Käfig, über den ihr Vater vorsorglich eine Decke gelegt hatte und lief eilig auf die Waggontür zu. Innen standen schon Fred und George bereit, die ihr mit dem Koffer halfen.
Mrs und Mr  Weasley wartete unruhig auf dem Gleis, bis Harry und Ron auftauchten.
"Wo bleiben die denn nur? Sie verpassen noch den Zug!"
Tatsächlich würde der Zug jeden Augenblick losfahren und keiner der beiden war auf dem Gleis erschienen. Ginny streckte den Kopf aus einem der Abteilfenster.
"Wir müssen doch irgendjemanden sagen können, dass sie mit der Abfahrt noch warten sollen!", rief Ginny ihrer Mum besorgt zu.
Inzwischen waren Veronicas Sachen im Zug verstaut und das Mädchen drehte sich ein letztes Mal um.
"Du hast gar nicht gefragt, wie meine Ferien waren", beschwerte sie sich lächelnd bei ihrem Vater und versuchte, den Bahnhofslärm zu übertönen. Mr Harrisons Mundwinkel zuckten amüsiert.
"Ich weiß, dass du Spaß hattest. Du wolltest immerhin gar nicht mehr nach Hause kommen" Er räusperte sich. "Viel Spaß in Hogwarts, mein Schatz. Sei fleißig und mach keinen Ärger"
"Ich doch nicht" Sie folgte Fred und George in das Abteil, in dem sich Ginny noch immer aus dem Fenster lehnte und gesellte sich zu ihr. Grinsend winkte sie ihrem Vater zu, der sich in der Zwischenzeit zu den Weasleys stellte und ihnen vorschlug, mit dem Schaffner zu reden, bis die Jungs auftauchten.
"Wieso kommen die beiden nicht?", fragte Ginny ihre Freundin nun besorgt und spähte immer wieder zur Wand, als würden die beiden jede Sekunde auftauchen. 
"Ich weiß es nicht"
Plötzlich setzten sich die Räder des Zuges quietschend in Bewegung. Bestürzt sahen die Mädchen einander an. Es war zu spät, Ron und Harry hatten tatsächlich den Zug verpasst! 
Die Eltern auf dem Bahngleis winkten ihren Kindern mit Tränen in den Augen nach, sogar Mrs Weasley vergaß selbst in ihrer Aufregung das Winken nicht. Auch wenn ihre Kinder nicht wirklich einen Blick für die rührende Geste hatten, viel zu viele Sorgen machten sie sich um die beiden Zuspätkommer.
Schließlich klopften Fred und George den Mädchen beruhigend auf die Schultern.
"Mum und Dad werden sie schon irgendwie nach Hogwarts kriegen. Notfalls schreiben sie Dumbledore" 
Sie setzten sich einander gegenüber und lächelten sich gegenseitig beruhigend zu.
"Immerhin hatte Mum dadurch keine Zeit mehr für ihre üblichen Predigten von wegen, dieses Jahr sollen wir uns vernünftig benehmen", scherzte Fred und stieß seinem Zwillingsbruder in die Seite.
"Die Sache hat also auch was Gutes"
Ginny schüttelte langsam den Kopf, das unbesorgte Verhalten ihrer Brüder war ihr einfach vollkommen unverständlich. 
Im abgedeckte Käfig neben Veronica begann es zu rascheln und zu scharren.
"Du hast eine Eule dabei?", fragten die Zwillinge neidisch und das Mädchen schüttelte den Kopf. "Nein, viel besser"
Sie zog betont langsam und vorsichtig das Tuch von dem Käfig, sodass ihr die gesamte Aufmerksamkeit der drei Weasleys sicher war. Stück für Stück konnte man mehr von dem Wesen erkennen, zuerst waren dort Klauen, die unruhig über den Boden scharrten. Dann sah man  zwei gefiederte Beine, einen Rumpf und zwei flatternde Flügel. Schließlich entfernte Veronica das Tuch komplett und sie alle konnten einen Blick auf einen Vogel mit grauem Gefieder und außergewöhnlich langem Schweif werfen, ein wenig kleiner und schmaler als eine Eule, aber dafür von einer ungewöhnlichen Gestalt. Wie ein umgekehrter Regentropfen mit flauschigen Federn bestückt sah er aus, der Kopf halbrund, der Rumpf spitz zulaufend. Zwei saphirblaue Augen starrten missmutig ins Leere, der Schnabel war klein, spitz und gebogen.
"Was ist das?", brach Ginny letztlich das Schweigen und Ronnie antwortete stolz:
"Das ist mein Fwuuper Morgentau"
"Unmöglich", widersprach Fred. "Fwuuper sind niemals grau. Sie sind bunt, das weiß doch jedes Kind"
Grinsend streckte Veronica einen Finger zwischen die Käfigstäbe und strich zärtlich über das graue Gefieder ihres Vogels.
"Überzeugend, nicht wahr? Ich habe ganz schön lange gebraucht, bis ich die Farbe so hinbekommen habe. Farbzauber sind nämlich gar nicht so einfach, besonders, wenn man sie nicht einmal mit einem eigenen Zauberstab ausführt, sondern den alten, abgelegten des Vaters nimmt"
"Wow", meinte George und beugte sich weiter vor, um den Fwuuper genauer betrachten zu können. "Und wie sieht er normalerweise aus?"
"Wunderschön natürlich"
Nun streckte auch George seine Finger durch den Käfig und wackelte mit ihm, als wäre er ein fleischiger Wurm, was Morgentau jedoch gänzlich unbeeindruckt ließ. "Na, du?"
Sie alle betrachteten noch eine Weile Veronicas Fwuuper, ehe sich ihre Abteiltür öffnete und eine grimmig blickende Hermine eintrat.
"Hier steckt ihr alle also! Ich habe den gesamten Zug nach euch abgesucht!", verkündete sie ihnen verstimmt und sah sich im Abteil um. "Wo sind Harry und Ron?"
"Haben den Zug verpasst", klärte Fred sie auf, ohne den Blick von Morgentau abzuwenden.
"Was?", schrie Hermine nahezu. Sie stand noch immer regungslos in der Abteiltür. "Wie... Und jetzt?"
"Mum und Dad werden das schon regeln", meinte George gelassen und Hermine funkelte ihn vorwurfsvoll an.
"Es geht um deinen kleinen Bruder!"
Er zuckte nur mit den Achseln und Hermine unterdrückte ihren Ärger. Bemüht gefasst strich sie sich eine ihrer wilden braunen Locken hinters Ohr und ließ sich neben die Zwillinge fallen. Dann sah sie zu Veronica, die ihr beruhigend zulächelte, aber ihr Blick schweifte ab und traf auf den Käfig.
"Ist das etwa ein Fwuuper?", fragte sie nun entgeistert und Veronica bejahte knapp. "Die gehören zur Stufe drei der magischen Tierwesen! Die sind gar nicht als Haustiere für Hogwarts zugelassen"
"Deswegen ja auch der Farbzauber", meinte Ronnie nur. "Wenn mich jemand fragt, dann ist er eine speziell gezüchtete Brieftaube aus Afrika"
"Und sein Gesang?", fragte Hermine anklagend. "Du bist zu jung, um ihn mit dem Schweigezauber belegen zu können und soweit ich weiß, treibt der Gesang eines Fwuupers Magier in den Wahnsinn"
"Ich kann sehr wohl den Schweigezauber anwenden", entrüstete sich Ronnie gekränkt. "Ich frische  ihn seit einem Jahr einmal im Monat selbst auf"
Hermine sah aus wie vor den Kopf gestoßen. "Aber der Zauber wird doch erst in den höheren Klassen gelehrt..."
"Der Farbzauber auch und trotzdem kann ich ihn"
Verstimmt kniff Hermine die Lippen zusammen und Veronica fügte erklärend hinzu: "Das Lebensmotto meines Vaters lautet: Früh übt sich, was gelernt sein will. Ich hab praktisch schon von Kindesbeinen an verschiedene Zauber geübt, was ich nicht sofort verstand, brachten mir meine Eltern bei. Wenn ich nicht darauf bestanden hätte, eine Schule zu besuchen, wäre ich vermutlich weiter einfach Zuhause unterrichtet worden. Morgentau war eigentlich ein Geschenk meiner Mutter damit ich lerne, Verantwortung zu übernehmen und regelmäßig Zaubern üben würde. Mein Vater war anfangs dagegen, aber seit einem Jahr darf ich mich sogar ganz alleine um Morgentau kümmern und es ist noch nie etwas passiert"
 Hermine war immer noch skeptisch, doch zumindest nun etwas besänftigt. Veronica konnte nur raten, was an der Geschichte sie wohl mehr aufregte: Die Tatsache, dass sie absichtlich die Schulregeln etwas kreativer auslegte, als sie sollte, bevor sie die Schule überhaupt besuchte oder ob es sie einfach nur störte, dass Veronica mit ihren elf Jahren Zauber beherrschte, welche Hermine noch nicht konnte, obwohl sie doch um ein Jahr älter war. Vermutlich war es eine Mischung aus beidem.
Fred und George fanden das Schauspiel offenbar ganz amüsant, denn sie grinsten sich gegenseitig zu und sahen demonstrativ von Hermine zu Ronnie und wieder zurück.
"Scheint, als ob da jemand soeben Konkurrenz bekommen hat", stellte Fred fest. 
George antwortete mit einem Nicken: "Zum Glück sind die beiden nicht im selben Jahrgang, sonst würde es noch wirklichen Ärger geben"
"Ach redet doch nicht solchen Unsinn!", sagte Ronnie tadelnd. "Hermine und ich verstehen uns super, nicht wahr?"
"Ja, richtig...", stimmte die Brünette etwas zögerlich zu. Zu Ronnies Erleichterung gingen die Zwillinge nicht weiter darauf ein und wechselten das Thema.
Als der Servierwagen kam, kaufte Veronica eine Packung von Bertie Botts Bohnen aller Geschmacksrichtungen für sie alle und sie machten sich die restliche Fahrt über einen Spaß daraus, mit geschlossenen Augen in die Packung zu greifen und sämtliche Bohnen zu probieren, auch wenn sie noch so widerlich waren. Sogar Hermine nahm sich eine und verzog Sekunden später angewidert das Gesicht.
"Bäh... Erbrochenes"
Sie alle lachten Hermine schadenfroh aus, bis einer von ihnen selbst das Pech hatte, eine der ekelhaften Bohnen zu erwischen. So verging die Zeit wie im Flug und bald schon merkte Hermine an, dass es für Ginny und Veronica Zeit wurde, ihre Umhänge anzulegen.
Mit einem Schlag kehrte deren gesamte Nervösität zurück, aufgeregt fingen sie an, auf ihren Sitzen umher zu rutschen und sich die Lippen zu zerkauen. 
"Hey, keine Angst, das übersteht ihr schon!", versuchten die Zwillinge und Hermine sie zu beruhigen, aber das unruhige Flattern in der Magengegend wollte sich einfach nicht legen. Draußen war es in inzwischen dunkel geworden, als der Zug langsam zum Stehen kam. 
"Lasst euer Gepäck im Zug, das wird hochgebracht", sagte Hermine als Veronica gerade dabei war, nach Morgentaus Käfig zu greifen. Kurz darauf ertönte eine Ansage durch den Zug, die exakt das Selbe verkündete. Sie alle drängelten hinaus in den Gang, der von Schülern inzwischen nur so überquoll. Ginny zupfte an Veronicas Ärmel und flüsterte ihr ins Ohr: "Mir ist vor Aufregung schon ganz schlecht"
"Mir auch"
Auf dem Bahnsteig verabschiedeten sich Hermine, Fred und George von ihnen. Hermine lächelte noch einmal aufmunternd, Fred und George dagegen klopften ihnen nur kurz auf die Schulter und meinten, dass sie sich ja dann später am Gryffindortisch sehen würden. Die Mädchen hatten nicht einmal Zeit, etwas darauf zu erwidern, so schnell waren die Weasleys in der Menge verschwunden und Hermine mit ihnen.
Zitternd und etwas orientierungslos standen sie auf dem Bahngleis, ehe sie eine vertraute tiefe Stimme rufen hörten:
"Erstklässler zu mir bitte! Erstklässler! Alle Erstklässler hier rüber"
"Da ist Hagrid!", rief Ginny erleichtert und die beiden liefen eilig zu ihm herüber. 
Als Hagrid sie erkannte, strahlte er über das ganze bärtige Gesicht.
"Na ihr zwei? Noch schöne Ferien gehabt?"
Sie nickten und Hagrid rief ein weiteres Mal nach den neuen Schülern, bis sich eine ganze Schar um ihn versammelt hatte. Erst dann führte er sie einen steilen, schmalen Pfad entlang, der so dunkel war, dass nur Hagrids Lampenlicht die Finsternis der Nacht durchbrach. Aneinander gedrängelt und schweigend folgten sie ihm daher alle so nah wie möglich, um ja nicht alleine in der Dunkelheit zurückzubleiben. 
Plötzlich knickte der Pfad, dem sie folgten, scharf ab und machte eine Biegung. Hagrid blieb stehen und kurz darauf erfuhren die Mädchen auch den Grund dafür. 
Der Pfad endete am Ufer eines riesigen Sees, dessen Oberfläche wie schwarzer Teer aussah, indem sich vereinzelt einige Lichter spiegelten. Die Lichter eines gewaltigen Schlosses mit unzähligen Türmen und Zinnen, das auf einem Berg thronte wie die Krone auf dem Haupt eines Königs.
"Das ist das berühmte Hogwarts, Kinder. Werdet hier einiges lernen können, einiges", sagte Hagrid mit stolzgeschwellter Brust.
Veronica tastete nach Ginnys Arm und drückte ihn kurz. Sie konnte ihre Freundin einmal hart schlucken hören.
"Jetzt geht es also los", stellte sie mit dünner Stimme fest und Veronica lächelte in die Dunkelheit hinein, ehe sie antwortete: "Ja, jetzt geht es los"

***

Ich bin so stolz auf mich! So schnell habe ich noch nie ein neues Update rausgebracht. Danke für die Votes und Kommentare.
An der Seite ist ein Bild von Anthony Harrison, Veronicas Vater.
Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen.
Eure Evynne

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