Kapitel 16: Das mysteriöse Tagebuch

Habe ich mich eigentlich schon für die über 1100 Votes bedankt? Das ist einfach unglaublich! Ich kann es selbst kaum fassen. Es freut mich sehr, dass euch die Geschichte gefällt, ihr dafür abstimmt und kommentiert. Die Kommentare liebe ich besonders. Immer, wenn ich die E-Mail mit der Nachricht bekomme, dass ein neuer da ist, werde ich ganz aufgeregt und grinse wie verrückt. :-)

Das Bild zeigt Damian, Diana und Vica am Bahnhof von Kings Cross.

Viel Spaß mit dem neuen Kapitel (und entschuldigt die gefühlt lebenslange Schreibpause)!
Eure Evynne

***

Die letzten Tage der Weihnachtsferien gingen in Vicas Augen viel zu schnell vorüber. Zum ersten Mal seit sie darin wohnten war es im Durham Palace richtig voll. Jeder Stuhl am großen Tisch aus Walnussholz war belegt, die Gästezimmer ebenso, denn Mr Harrison und sein Schwiegervater hatten zusätzliche Betten aufgebaut, damit alle beisammen sein konnten. Zwei in das Zimmer von Damian, Fred, George und Lee und ein weiteres in Vicas Zimmer für Diana. Mrs Preston fand es unsinnig, dass sie sich jeweils zu viert in zwei Räume drängten, wenn man doch noch ein kleines Gästezimmer im Untergeschoss frei hatte, doch keiner von ihnen wollte dort runter ziehen. Der Vorteil des oberen Gästezimmers war nämlich der, dass es nur ein Stockwerk unter Vicas Zimmer und direkt am Anfang der Treppe lag, während sich im Untergeschoss nur eine Tür weiter das Schlafzimmer von Vicas Vater befand. Zwar waren im 2. Stock auch Vicas Großeltern untergebracht, doch diese waren von einem kleinen Wohnzimmer und zwei Badezimmern von den Jungs getrennt und drückten sowieso gern ein Auge zu, was den Lärm betraf. Und das nächtliche Hochschleichen in das Mädchenzimmer natürlich.

Wenn die Jungs an Vicas Zimmertür klopften, schlichen sie alle die Wendeltreppe hoch in ihr privates Wohnzimmer, in dem mehr Platz für sie alle war, und schlossen die Dachluke hinter ihnen ab. Dann redeten sie, erzählten einander Geschichten und alberten herum bis spät in die Nacht. Gelegentlich schnappte sich Vica auch ihre Gitarre. Obwohl ihre Gitarre verstimmt war und ziemlich jämmerlich klang, sie nur ein paar Akkorde konnte und kaum je übte, um diesen Umstand zu ändern, glich ihre Stimme das schlechte Spiel fast wieder aus. Denn wenn Vica neben dem Sport noch etwas schon immer leidenschaftlich gerne getan hatte, dann war es das Singen. Sie konnte mit ihrer Stimme zwar keine Gläser zerspringen lassen oder Menschen zu Tränen rühren, aber für die bunte Truppe in ihrem geheimen Refugium reichte es aus. 
Fred und George sangen absichtlich schief mit, selbst, wenn sie weder Text noch Melodie kannten.
"Das ist auch ein Talent", meinte Diana Robins lachend. "Absolut niemals den Ton treffen will gelernt sein. Aber ihr solltet den Gesang trotzdem lieber Ronnie überlassen"
Die anderen stimmten dem einstimmig zu, inklusive Lee, was die Zwillinge als bitteren Verrat betrachteten. Trotzdem hörten sie mit ihrer Show erst auf, als Vica ihnen scherzhaft drohte, sie zu knebeln. Jedenfalls teilweise scherzhaft.

Mr und Mrs Preston verabschiedeten sich am letzten Tag der Weihnachtsferien von ihnen. Sie wollten nicht, dass ihre Abreise mit der der Kinder zusammenfiel und reisten daher sogar schon am frühen Vormittag ab.
"Jetzt sei nicht traurig, Vica", meinte Mrs Preston zu ihrer Enkelin. "Wir sind doch nicht aus der Welt, nur weil wir einen Tag eher abreisen. Hilf lieber deinem Vater. Jetzt, wo wir weg sind, muss er die Bande ja alleine bändigen"
"Ich denke, das wird er schon schaffen, Wega", meinte Mr Preston schmunzelnd. 

"Ach ja? Ich kenne meinen Schwiegersohn. Entweder, es geht nach seinem Willen oder er stürzt alles ins Chaos mit seiner Unnachgiebigkeit"
"Ich danke dir für dein Vertrauen", sagte Mr Harrison trocken und half ihr in den Mantel.
"Nichts für Ungut, Anthony, aber du bist es nun mal gewohnt, dass sich alle automatisch nach dir und deinen Eigenheiten richten und Kinder sind nun mal nicht so", verteidigte sich Mrs Preston. "Du musst liebevoll, aber auch konsequent sein, sonst rebellieren sie entweder oder tanzen dir auf der Nase herum"
"Ich denke, ich weiß was ich tue", beruhigte Mr Harrison sie. "Ich bin auch Vater und es ist ja nur noch eine weitere Nacht"
Vicas Großmutter wirkte, als wollte sie erneut widersprechen, doch dann schien sie plötzlich aufzugeben und seufzte nur. 
Mr Preston nutzte die Gelegenheit, schnappte sich mit der einen Hand den Koffer, mit der anderen den Arm seiner Frau und bugsierte beide zur Tür hinaus. Der kalte Wind wehte ihnen sofort entgegen und riss beinahe Mrs Prestons Hut mit sich, während sie die Eingangsstufen hinunter stiegen. Ein letztes Mal drehten sie sich zu Vica und ihrem Vater um, ehe sie vor ihren Augen mit einem leisen Plopp verschwanden.

"Unvorsichtig", murmelte Vicas Vater mürrisch. "Am helllichten Tag mitten in London zu disapparieren..."

"Keiner hat sie gesehen", beruhigte Vica ihren Vater und ging ins Haus zurück. 

Wie berechtigt Mrs Prestons Sorge um das Abreisechaos war, sollte sich am nächsten Tag herausstellen. Die Mädchen waren rechtzeitig wach und schon am Frühstücken, als Mr Harrison in die Küche kam und nach den Jungs fragte, die noch tief und fest in ihren Betten schliefen. Auf Drängen ihres Vaters hin, stieg Vica also die Treppen hoch, riss geräuschvoll die Tür des Gästeschlafzimmers auf und rief: "Aufstehen! Sofort!"
Vor Schreck verhedderte Damian sich in seiner Decke und landete unsanft auf Lees Klappbett und somit auch auf ihm, der sich wiederum lautstark beschwerte. Fred und George fanden das lustig und schafften es sogar noch im Halbschlaf, die beiden gehörig auszulachen, während sie sich streckten. 

Mit dem Erwachen der Jungs kam das Leben ins Haus. Obwohl die Zimmer groß genug waren, um gefahrlos aneinander vorbei zu laufen, wie man meinen konnte, schafften es die Kinder, sich mindestens einmal anzurempeln, die Koffer auf den Zehen eines anderen oder sogar den eigenen fallen zu lassen und sich gegenseitig fast die Stufen runter zu stoßen. 
Mr Harrison bellte unaufhörlich eine Warnung nach der anderen, auch wenn niemand sie beachtete.

"Veronica, du trägst noch deinen Schlafanzug"
"Pass auf den Käfig auf, Ginny! Du fällst noch drüber"

"Jungs, lasst die Vase da stehen! Die ist zerbrechlich. Achtung, der Koffer...! ... Verflucht... Reparo"

Irgendwann schien er das Chaos nicht mehr auszuhalten, schnappte sich seine Autoschlüssel und holte schon einmal den Wagen. 

Fred schleppte gerade seinen Koffer an Vica vorbei, die sich in der Eingangshalle auf ihren setzte, um die Schnallen schließen zu können. Er deutete lachend auf Vicas Shirt. "Der Hase steht dir echt gut, Ronnie"

Verwirrt sah Vica an sich herunter und musterte den animierten Hasen der lässig an einer Möhre knabberte. Der Aufdruck war vom vielen Waschen schon ganz rissig, passte aber immer noch ausgezeichnet zu den weiten Shorts mit Karottenprint, die sie trug.

 "Oh, Mist" Dann sah sie zu ihrem Koffer, der nun endlich geschlossen war. "Meine ganzen Lieblingspullover sind da drinnen"

"Was hast du denn alles eingepackt?", wollte Ginny entgeistert von ihr wissen. Die Seitenteile des Koffers waren so gewölbt, dass die Bezeichnung 'quadratisch' nur noch im entfernten Sinne zutraf. 

"Bücher natürlich. Sie hat ein halbes Regal da rein geschüttet", antwortete Diana kichernd. 

"Wenn ich schon mal nach Hause fahre muss ich das doch ausnutzen", sagte Vica nur und starrte dann missmutig die Treppe hinauf. "Also entweder die Schuluniform, die mir inzwischen etwas zu klein ist oder eine dieser grässlichen Blusen"
"Keine Uniform", mischte sich Damian in ihr Gespräch ein. Sein Koffer wurde bereits von Mr Harrison im Wagen verstaut. "Du musst schließlich einmal durch Kings Cross. Da kannst du nicht mit Umhang und Hogwartsemblem rumlaufen"
"Aber ich kann ja eine ganz normale Jacke drüber ziehen", schlug Vica hoffnungsvoll vor, bis ihr Vater auch diese Möglichkeit zunichte machte. Er kam zur Tür hinein, um den nächsten Koffer zu holen und hatte ihr Gespräch zur Hälfte mit angehört. 
"Die Uniform habe ich bereits entsorgt, Vica, und bei Madam Malkins eine neue in Auftrag gegeben. Ich schicke sie dir zu, sobald sie fertig ist"
Vicas finsterer Blick hätte sogar einem Dementoren Angst einjagen können. Verfluchter Wachstumsschub! Schließlich nahm Luna ihre Hand und führte ihre Freundin zur Treppe. 
"Komm", sagte Luna sanft. "Maulen bringt uns auch nicht weiter. Wir finden schon etwas für dich"

Etwa zehn Minuten später erschien Luna wieder- mit einer schlecht gelaunten Vica im Schlepptau. Bekleidet mit einer dunkelblauen Seidenbluse mit Kragen inklusive aufgenähter Schleife und einer schwarzen Leinenhose. Es fehlten nur noch ein paar sündhaft teuer aussehende Schuhe und sie hätte als Praktikantin im Ministerium durchgehen können. Schnell griff sie sich ihre Jacke und zog sie über, ehe die Zwillinge auch nur einen Kommentar ablassen konnten. 

"Lasst uns gehen", brummte sie und setzte sich als Erste in den Wagen ihres Vaters, die Arme vor der Brust verschränkt. 

"Oh je, geht das jetzt die ganze Fahrt so?", fragte Lee die Zwillinge im Flüsterton. 

"Solange, bis sie sich umziehen kann", antwortete George. "Also komme ihr lieber nicht in die Quere"
"Ich kann euch hören"
"Also ich finde, dass du toll aussiehst, Ronnie", zwitscherte Diana fröhlich während sie sich direkt auf den Sitz hinter Vica quetschte und damit Fred, George und Lee auf die hintere Rückbank zwang. "Irgendwie noch älter. Du könntest bestimmt als Viertklässlerin durchgehen. Richtig feminin. Und schick. Wie eine Erbin oder die Tochter eines Lords. Oder eine superintelligente Politikerin. Von allen unterschätzt, aber knallhart. Meinst du nicht auch, Damian?"

Ihr Bruder starrte Diana schockiert an. Sein Mund bewegte sich mehrfach auf und zu, während er nach einer neutralen Antwort suchte.

"Natürlich sieht sie hübsch aus", sagte er schließlich und bereute es sofort, als Diana ausgelassen kicherte. 

"Siehst du, Ronnie? Damian findet dich hübsch" Sie äffte seinen Ton nach und beugte sich in ihrem Sitz vor, damit sie ihr Gesicht direkt neben Vicas bringen konnte. "Aber mich hast du doch trotzdem lieber, oder? Mein Kompliment war viel besser als seins und wenn er dich für sich gewinnen will, muss er schon mehr drauf haben als 'hübsch'. Finde ich jedenfalls. Blumen sind hübsch. Babys sind hübsch. Wenn schon, dann doch lieber 'schön'. Aber Schönheit wird sowieso überbewertet, also ist es auch eigentlich egal was du trägst, denn du musst innerlich schön sein. So oder so ähnlich stand es jedenfalls in einem von Mums Zeitschriften. Wie hieß sie noch mal...?"
Diana fuchtelte wild mit ihren Händen in der Luft herum, als würde es ihr dadurch schneller einfallen. Natürlich versuchte Damian, der neben ihr saß, auszuweichen und stieß dabei unweigerlich gegen Ginny. Was zur Folge hatte, dass er sich gleich doppelt so unwohl fühlte und seine Gesichtsfarbe von einem verlegenden Rosa in ein sattes Tomatenrot überging. 

"Hör auf mit dem Gefuchtel und setz dich hin, Di!", forderte er und tatsächlich ließ sich seine Schwester wieder brav zurück auf ihren Sitz sinken. Einen positiven Effekt hatte die Sache jedoch. Vica grinste ihnen vom Beifahrersitz wieder fröhlich entgegen. Sofort grinste Diana ihren Bruder stolz an, als wäre dies allein ihr Verdienst, was dieser mit einem genervten Augenrollen quittierte. 

Dank Mr Harrisons hervorragender Kenntnis des Londoner Stadtverkehrs kamen sie alle überraschend pünktlich am Bahnhof von Kings Cross an. Vicas Vater schickte die Jungs Gepäckwägen besorgen und ließ sich von den Mädchen beim Ausladen helfen, ehe er sie alle vorm Bahnhofsgebäude warten ließ, um sich einen Parkplatz zu suchen. 

"Wow, ich glaube so früh waren wir noch nie hier", stellte George nüchtern fest, als sie alle sicher durch die Absperrung auf Gleis 9 3/4 gelangten. Der Bahnsteig war zwar gut gefüllt, aber nicht ansatzweise so voll wie am ersten Schultag im September um kurz vor 11 Uhr. 

Mr Harrison half ihnen, ihr Gepäck in den Zug zu hieven und sah nervös auf seine Armbanduhr. Wie immer stand Arbeit an, jede Sekunde die er hier verbrachte hielt ihn davon ab seinen Job zu machen. Vica stemmte die Arme gegen den Rahmen der Wagontür und neigte den Kopf, während sie sich lässig in eine leichte Schräglage fallen ließ.
"Pass auf", ermahnte ihr Vater sie schwach als sie vor und zurück schaukelte, die Fußsohlen kaum die Stufen berührend. 
"Du musst wohl los", stellte sie fest und er nickte. "Trotzdem danke, dass du uns hergebracht hast. Und dass du alle eingeladen hast. Es waren schöne Ferien"

"Irgendwie musste ich dich ja beschäftigt halten. Sonst zerlegst du mir noch das Haus während ich nicht da bin", erwiderte er schmunzelnd und drückte sie kurz an sich. "Lerne fleißig. Und passe auf dich auf. Ich weiß sehr wohl, dass es in Hogwarts nicht so entspannt zugeht, wie du mir weismachen möchtest"
"Dumbledore passt schon auf uns alle auf"
"Er ist auch nur ein Mensch, Vica. Ich vertraue darauf, dass er weiß, was das Beste für seine Schüler ist und nicht für ihn als Schulleiter", sagte Mr Harrison und fuhr sich mit der Hand müde durchs Gesicht. 

"Wie meinst du das?", bohrte Vica nach.
"Sollte Hogwarts schließen müssen wäre es ungewiss ob die Schule in nächster Zeit wieder öffnen könnte. Selbst wenn man die Gefahr bannen könnte wäre es unwahrscheinlich, dass man ausgerechnet Dumbledore dann wieder als Schulleiter einsetzt"
Vica schluckte hart. Ihr Vater hatte Recht. In diesem Moment schrillte ein pfeifender Ton los, der von Mr Harrisons Armbanduhr stammte. 
"Ich muss jetzt wirklich los", sagte er und gab seiner Tochter einen Abschiedskuss auf den Scheitel. 
"Hab dich lieb", murmelte Vica als Antwort und blieb solange in der Wagontür hängen, bis sie ihn durch die Absperrung verschwinden sah. Erst dann wandte sie sich ab und ging auf die Suche nach den anderen, die sich bestimmt bereits in den Abteilen verteilt hatten. Der Zug setzte sich in Bewegung. Doch wie auch schon bei der ersten Fahrt ruckelte es nicht. Die Schüler konnten unbeeindruckt von dem immer schneller werdenden Rattern des Zuges auf den Fluren stehen, ihren Eltern aus den Fenstern nachwinken oder von Abteil zu Abteil laufen. Auf dem Gang, den Vica nahm, hatte sich eine Gruppe älterer Slytherins versammelt, die es spaßig fanden, den jüngeren den Weg zu versperren. Vica erkannte Amelia Creek, welche versehentlich Ginnys Fluch beim Duellierclub abbekam und deren Freundin Kendra unter der Gruppe. Von den Slytherins erkannte Vica hingegen nur Miles Bletchley, den Hüter der Slytherin-Hausmannschaft. Verglichen mit den grobschlächtigen Gesichtern der meisten ihrer Spieler war Miles recht ansehnlich, aber das hämische Grinsen auf seinem Gesicht zerstörte den Eindruck schnell. 

"Lass uns vorbei!", zischte Kendra wütend. Ihre Augenbrauen waren so stark zusammengezogen, dass sie fast eine Linie bildeten, ihr Blick war voller Hass. Die Jungs lachten.
"Geht doch vorbei, wir halten euch nicht auf", erwiderte ein hochgewachsener Junge mit braunen Locken. Doch er und die anderen wichen kein Stück beiseite, als Kendra sich schnaubend durchzwängte. Amelia hielt sich am Pullover ihrer Freundin fest und hielt den Blick stur auf den Boden gerichtet, bis die beiden es endlich an der Gruppe vorbei schafften. Die anderen Erstklässler, durch Kendra mutig geworden, wollten sich nun ebenfalls einfach vorbei drängen, aber Miles fuhr abwehrend seine Arme aus. 
"Nicht so schnell. Habt ihr uns auch ganz höflich darum gebeten?"

Inzwischen stand Vica direkt hinter den anderen Schülern. 

"Könnt ihr bitte euer arrogantes Platzhirschgehabe irgend woanders ausleben und uns vorbei lassen?", mischte Vica sich ein und verschränkte die Arme vor der Brust. Die Jungs und Mädchen vor ihr wichen intuitiv zur Seite, sodass die Slytherins ihr direkt ins Gesicht sehen konnten. Miles lachte laut auf, doch einer der Jungs stieß ihn warnend in die Rippen. Er sah dem Kerl mit den braunen Locken irgendwie ähnlich, nur etwas jünger, vermutlich waren sie verwandt. Er lächelte Vica charmant an und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Der leicht schief gelegte Kopf in Verbindung mit seinem Lächeln verlieh ihm etwas Beschämtes, Aufrichtiges. Als meinte er jedes Wort genau so, wie er es sagte.
"Entschuldige, mein Bruder und seine Freunde treiben es manchmal etwas zu weit"
Er zuckte mit den Schultern, dann trat er beiseite und die anderen taten es ihm, wenn auch widerwillig, gleich. Die kleine Schülergruppe flitzte den Gang entlang als fürchteten sie, die Jungs würden es sich nochmals anders überlegen. Vermutlich war das keine schlechte Idee. Als Vica ebenfalls weitergehen wollte, griff der Junge nach ihrem Handgelenk. Sofort riss sich Vica los, als hätte sie sich an der Berührung verbrannt und der Junge hob abwehrend die Hände.  
"Ich wollte nur noch einmal sagen, dass es mir leid tut. Ich bin Tudor Hoardshire. Das ist mein Bruder Gavin" Er zeigte auf den Lockenkopf. "Seine Freunde Miles, Adrian und Corrick. Wir sind eigentlich ganz harmlos"
Tudor lachte und ein Grübchen erschien um seinen linken Mundwinkel. Vermutlich wusste er, dass er gut aussah und wollte seinen Charme bei ihr spielen lassen, was Vica ein wenig verwirrte. Was wollte so ein reicher Spross mit einer Erstklässlerin wie ihr schon anfangen? Erst in diesem Moment wurde ihr wieder bewusst, wie sie gekleidet war. Der Kerl musste sie wohl älter schätzen und ihrer Kleidung nach zu urteilen konnte er davon ausgehen, dass ihre Familie Geld besaß. 

"Wie heißt du?", fragte Tudor. Seine Miene wirkte aufrichtig neugierig. Trotzdem wandte sich Vica ab. 
"Unwichtig", sagte sie nur und ließ ihn stehen. Zu solchen Jungs höflich zu sein hatte keinen Zweck. Die kannte sie zur Genüge. Auch in Amerika hat es reiche Sprösslinge gegeben, die wie ihre Eltern nur auf eventuelle Vorteile aus waren. Ohne sich umzudrehen lief sie weiter bis sie das halboffene Abteil fand, in dem es sich ihre Freunde schon bequem gemacht hatten. Ginny winkte sie neben sich, Fred und George hatten sich auf ihren Sitzen umgedreht und stützten lässig die Ellbogen auf Ginnys und Vicas Rückenlehnen ab. Im Abteil selbst ging es laut zu. Trotz aller momentanen Umstände freuten sich die meisten auf die Rückkehr Hogwarts und waren dementsprechend aufgeregt. 
"Ich kann es kaum erwarten, den anderen von unseren tollen Ferien vorzuschwärmen", sagte Diana. "Die Mädchen aus meinem Schlafsaal sind so furchtbar öde. Sie lernen nur, total langweilig. Und den Gemeinschaftsraum verlassen sie nur zum Unterricht oder für Besuche in der Bibliothek. Okay, manchmal machen sie auch ganz lustige Sachen, einmal hat Zoey versucht mit Eiern die Zukunft vorauszusagen und hat dabei aber eher Rührei veranstaltet... Die armen Hauselfen mussten das Zeug tagelang aus jeder Ritze kratzen!"
"Das klingt eigentlich eher nach dir, Schwesterherz", meinte Damian grinsend und duckte sich, als seine Schwester ihn zur Strafe stoßen wollte. 
"Ihr solltet mal unseren Gemeinschaftsraum sehen", feixte Lee  und sah zu den Zwillingen. "Da sind ein paar kaputte Eier nichts dagegen"
"Die anderen sind sicher froh, mal eine Pause von euch zu haben ", sagte Vica grinsend. 

"Von wegen", sagte George.
"Die werden uns mit Kusshänden begrüßen sobald wir ankommen", ergänzte Fred stolz. "Ihr werdet schon sehen"

Als sie Stunden später in Hogwarts ankamen, von der Reise noch etwas dösig, aber voller Vorfreude auf ein üppiges Abendessen, wartete zu Freds Enttäuschung kein Empfangskomitee auf sie. Dafür erfuhren sie von Harry und Ron, dass Hermine noch immer im Krankenflügel lag und vermutlich auch noch einige Wochen dort bleiben sollte. Besucher wollte sie keine haben, ergänzte Ron Harrys Ausführung amüsiert. Es wäre eine ganz schön haarige Angelegenheit. Nach dem Satz brach er in haltloses Gekicher aus, auch ein Rippenstoß von Harry konnte ihn nicht zum Schweigen bringen.
"Immerhin wurde sie nicht angegriffen", sagte Luna und Ron beruhigte sich etwas.
"Natürlich nicht!", sagte Harry mit Nachdruck.

"Trotzdem werden das die meisten vermutlich denken", meinte Vica nachdenklich. "Besonders, wenn sie niemand außer euch besuchen darf. Wir sollten das Gerücht zerstreuen, bevor es sich verbreitet. Die Lage ist auch so schon angespannt genug"
Die anderen stimmten ihr zu, mit ungewohntem Ernst.

Später nach dem Abendessen als sie sich trennten um zu ihren jeweiligen Türmen zu gehen, drückte Ginny Vica noch einmal kurz an sich.
"Es wird komisch sein, wieder erst die Essens- und Unterrichtszeiten abzupassen, um dich zu sehen", sagte Vica. "Ich hatte mich schon so an dein Murmeln im Schlaf gewöhnt"

Ginny löste sich aus der Umarmung und grinste schwach. Seit sie in Hogwarts ankamen, hatte sie immer weniger gesagt, allerdings hatte sie ja schon immer Schwierigkeiten, in Harrys Gegenwart in vernünftigen Sätzen zu sprechen.   

"Und ich mich an dein Schnarchen" 
"Ich schnarche nicht!"
"Das kannst du wohl schlecht beurteilen. Du schläfst ja", gab Ginny zurück und knuffte sie. Dann senkte sie die Stimme. "Manchmal frage ich mich, ob wohl alles anders gekommen wäre, wenn du im selben Haus wie ich wärst"
Fragend legte Vica den Kopf schief. "Wie anders?"
"Ich weiß nicht. Leichter" Ginny zuckte mit den Achseln, aber Vica ahnte, dass Ginny eigentlich etwas anderes sagen wollte. Sie sah an Vica vorbei zu Luna, Diana und Damian, die etwas abseits standen und auf Vica warteten. "Nicht so... Einsam"
Die letzten Worte waren nur ein Wispern, Vica war sich nicht einmal sicher, ob sie es richtig verstanden hatte. Trotzdem schlang sie noch einmal fest beide Arme um ihre Freundin und riss sie halb mit sich.
"Zerquetsch sie nicht, Ronnie", sagte Lee lachend. "Ihr seht euch doch im Unterricht"

"Ja, wir allerdings nicht. Also erwarten wir mindestens eine genauso lange Umarmung", sagte George grinsend.
"Oder zwei", sagte Fred. 
Vica achtete nicht auf sie. Leise flüsterte sie Ginny ins Ohr: "Du bist nicht allein. Du hast uns, du Dummkopf"
Als sie Ginny wieder losließ, war das Grinsen auf ihrem Gesicht echt. Dann wandelte sich ihre Miene und Entschlossenheit zeichnete sich darauf ab. Sie nickte, einmal zögerlich, dann noch einmal sicherer, als hätte sie in diesem Moment eine Entscheidung getroffen. Als sie sich dann wirklich von allen verabschiedete hatte, wirkte Ginny als wäre ihr eine Last von ihren Schultern genommen. Vica sah ihr noch nach, wie sie gemeinsam mit ihren Brüdern, Lee und Harry den Flur entlang ging, ihr Gang war beschwingt. Was auch immer Ginny entschieden hatte, es nahm ihr eine schwere Last von den Schultern. 

Auch nachdem die Ferien vorüber war, gab es keinen weiteren Angriff. Vica hatte die Stimme nicht mehr gehört und als sie Harry in einem ruhigen Moment dazu befragte, hatte auch er keine weiteren Zwischenfälle erlebt. Inzwischen war sie auch in Hermines haariges Problem eingeweiht. Sie hatte versehentlich Katzenhaare ihrem Vielsafttrank beigemischt und da die Anatomie von Hermine und der Katze so unterschiedlich war, hatte der Trank aus ihr eine abenteuerliche Kreuzung aus Mensch und Tier geschaffen. Es würde dauern, bis sich Hermines Zustand wieder normalisierte, aber Harry meinte, dass die Haare in ihrem Gesicht immerhin langsam ausfielen. Madam Pomfrey sorgte netterweise dafür, dass niemand außer ihren Freunden das Mädchen so zu Gesicht bekam. Wie eine Soldatin lief sie im Krankenflügel auf und ab und verscheuchte jeden, der sich Hermines mit Vorhängen verdeckten Krankenbett zu nähern versuchte. Auch Vica durfte nicht zu ihr, konnte aber immerhin einige Leckereien und ein paar Bücher für sie dalassen. 

In Zaubertränke verlangte Snape ihre Aufsätze zum Thema Heiltränke. Zacharias hasste Vica noch immer inbrünstig seit dem Zwischenfall mit der Feuerwasser-Fontäne,  aber das war ihr herzlich egal. Sie hatte eher ein schlechtes Gewissen wegen der verlorenen Punkte für die Hufflepuffs. Daher hatte sie für Darcy Gamp sämtliche Heiltränke aufgelistet, die sie kannte, ein paar Anmerkungen dazu sowie die Bücher, in denen Darcy mehr dazu finden konnte. Diese hatte Vica dem Mädchen schon vor den Weihnachtsferien als kleine Hilfestellung für den Aufsatz in die Hand gedrückt, ohne ein weiteres Wort darüber zu verlieren. Darcy schwieg ebenfalls, die dunklen Augen weit aufgerissen und die Finger in das Pergament gekrallt. 
Als sie nun Snape ihren Aufsatz in die Hand drückte, sah sie flüchtig zu Vica und lächelte schüchtern. Vica lächelte zurück. 

Cammie war seit den Weihnachtsferien in einer furchtbar launischen Stimmung. Sie maulte jeden an, der ihr in die Quere kam. Nicht einmal Pixie konnte sie aufheitern, vielleicht auch, weil diese es nicht wirklich versuchte sondern sich eher noch darüber amüsierte.

Vor allem Odilla Burke reizte Cammie wo sie nur konnte. In Verwandlung machte sie eine Anspielung auf dem Ball der Malfoys nach der anderen und auf Cammies Hals bildeten sich rote Flecken vor Zorn.
"Wie schade, dass du dich nicht auf dem Ball in eine Schabe verwandeln konntest, Millstone... Das hätte zu dir gepasst und dir einiges an Peinlichkeiten erspart", sagte Odilla hämisch als Professor McGonagall gerade vorführte, wie man eine Küchenschabe in einen Knopf verwandelte und wieder zurück. 

"Selbst als Schabe sähe ich auf jeden Fall noch besser aus, als du in diesem furchtbaren Kleid! Was war das eigentlich für eine Kreation? Die Kreuzung aus Schimmelkäse und einer zerquetschten Torte? Konnte sich deine Familie nichts Besseres leisten?", zischte Cammie wütend zurück und zuckte zusammen, als die Hand der Professorin laut auf ihren Tisch donnerte. 
"Das reicht! Ich dulde keine Zwischenreden in meinem Unterricht. Fünf Punkte Abzug für jede von euch. Und weitere 5 Punkte für jede Widerrede!", sagte McGonagall streng, als die Mädchen schon protestieren wollten und es sich dann anders überlegten. 

"Lass dich von ihr nicht so provozieren", flüsterte Vica Cammie zu. "Die legt es nur auf sowas an"

"Das sagst ausgerechnet du!", wisperte Cammie mit deutlich wütendem Unterton. "Du legst dich doch mit allem und jeden an wenn es dir passt. Auf deinen Rat kann ich echt verzichten"
Dann verschränkte sie die Arme auf dem Pult und wandte den Kopf schmollend ab. Vica suchte Pixies Blick, die nur resigniert die Achseln zuckte.
"Lass sie einfach", formte sie lautlos mit den Lippen. Vica verdrehte die Augen. Hoffentlich war Cammie bald über Malfoy hinweg, denn wenn diese so weiter machte, sprang Vica ihr vermutlich irgendwann an die Gurgel. Und wenn nicht sie, dann sicherlich irgendjemand anderes.

Odilla war wütend über den Punktverlust und warf ihrer Reihe immer wieder giftige Blicke zu, traute sich aber nicht, noch etwas zu sagen. Vica war mehr als froh darüber. Im Laufe des Schuljahres hatte sie über Odilla eines gelernt: Sie hatte eine große Klappe, war aber ansonsten ungefährlich. Die Slytherins hatten ihre eigene Hierarchie. Die Abstammung spielte dabei eine wichtige Rolle, aber dies war längst nicht alles. Ein makelloser Stammbaum genügte nicht, um sich Respekt zu verschaffen. Der Einfluss der eigenen Familie sowie die selbst erbrachten Leistungen in der Schule zählten genauso hinzu. Die Slytherins hielten zwar zusammen und rächten einander, sollte es nötig sein, aber es gab unter ihnen nun mal Anführer und Fußvolk. Die Burkes hatten eine lupenreine Abstammung, viele wichtige Zauberer und Hexen fanden sich unter ihren Ahnen, doch es war eine Weile her, dass jemand mit diesem Nachnamen wirklich Macht und Einfluss besaß. Odillas Onkel zweiten Grades besaß ein zwielichtiges Geschäft in der Nokturngasse, mit dem er die Familie gut ernähren konnte und hatte seine Finger in der ein oder anderen verbotenen Sache drinnen. Er war jemand, mit dem man sich abgab, wenn es nötig war, aber eigentlich nicht gesehen werden mochte. Nicht einmal seine eigene Familie, obwohl diese den Gerüchten nach zufolge auf das Einkommen angewiesen war. Man erzählte sich, dass Odillas Urgroßvater im Laufe seines Lebens das gesamte Familienerbe verspielte und sein eigener Sohn ihn vergiftete, ehe er noch weiteren Schaden anrichten konnte. Wie viel davon wahr und was erfunden war, wusste niemand so genau. Odillas Großonkel wurde nie verhaftet, sein Bruder und dessen Frau besuchten weiterhin alle Bälle und Gesellschaften und kauften nur das Beste für ihre Kinder. Dennoch hielten sich die Gerüchte bis heute.  

Nach der Stunde gingen Luna und Vica in die Bibliothek, um ein paar entliehene Bücher zurückzubringen, ehe die Bibliothekarin ihnen als Mahnung irgendwelche Flüche an den Hals hetzte. Auf dem Weg zurück trafen sie auf Harry, der gedankenverloren in einem kleinen Buch blätterte und verwirrt aufsah, als sie ihn ansprachen. 
"Scheint ja ziemlich fesselnd zu sein", bemerkte Vica augenzwinkernd und warf einen Blick auf das Buch in seinen Händen. Die Seiten waren vergilbt und wirkten alt, doch ansonsten waren sie vollkommen leer bis auf das aufgedruckte Datum in jeder Kopfzeile. "Was ist das? Ein Schutz gegen neugierige Augen?"
Harry schob sich die Brille auf der Nase zurecht und blinzelte. "Was?"
"Na die leeren Seiten"

Luna wagte nun auch einen Blick ins Buch und sagte: "Vica fragt sich, ob du den Kalender verzaubert hast damit ihn niemand außer dir lesen kann"

"Ach so... Nein", antwortete Harry. Dann weiteten sich seine Augen. "Aber das ist gar keine so schlechte Idee"
Jetzt war Vica von seinem Verhalten verwirrt. Fragend runzelte sie die Stirn in der Hoffnung, dass Harry mehr erklären würde, doch er winkte ab. 

"Es ist unwichtig. Ich hab den Taschenkalender auf dem Klo gefunden, jemand hat ihn weggeworfen"
Er schlug das Buch zu und klemmte es unter seinen Arm. 

"Vielleicht solltest du ihn finden. In Hogwarts gehen Sachen ganz außergewöhnliche Wege", sagte Luna ernst zu ihm. Harry lächelte sie schief an.
"Oh", sagte Vica. "Ähm Harry, das ist meine Freundin Luna. Luna, das ist Harry"

"Ich weiß, wer er ist", sagte Luna ruhig und Harry sagte gleichzeitig: "Schön, dich kennen zulernen"

Dann trat ein unangenehmes Schweigen ein, das Vica mit einem Räuspern unterbrach. Harry fasste das Buch fester und sah Vica an. 
"Sollte ich etwas Wichtiges herausfinden, sage ich dir Bescheid"

"Ja, das wäre toll. Du weißt, wie neugierig ich bin", sagte Vica verschmitzt und Harry grinste zur Antwort, ehe er weiter ging. 
"Das war... eine interessante Begegnung", sagte Luna. "Ihr habt Geheimnisse"
Ertappt zuckte Vica zusammen. "Vielleicht ein oder zwei. Nichts Schlimmes, keine Sorge"
"Darüber mache ich mir keine Sorgen" Luna senkte verschwörerisch die Stimme. "Es geht um die sonderbare Stimme, nicht wahr? Von der du mir erzählt hast?"
Vica nickte. Am liebsten würde sie Luna in alles einweihen, was sich seit ihrem letzten Gespräch darüber ereignet hatte und was sie inzwischen herausfanden. Doch es wären nicht nur ihre Geheimnisse, die sie ausplauderte. Auch wenn sie Luna bedingungslos vertraute, Harry, Ron und Hermine kannten sie höchstens flüchtig und sie würden sicher nicht wollen, dass diese von den ganzen Regelverstößen und Nachforschungen erfährt. Daher sagte sie nur: "Ich kann dir leider nicht mehr erzählen, es geht dabei nicht nur um mich"
"Das verstehe ich, aber falls du über etwas reden willst..."
Dankbar drückte Vica Lunas Arm. "Das weiß ich zu schätzen"

Der Januar verflog ohne weitere Zwischenfälle und Hermine konnte endlich den Krankenflügel verlassen. Offenbar stürzte sie sich direkt auf die Nachforschungen den Harry berichtete Vica in einer der Pausen flüsternd von ihren neuen Vermutungen.
"Wir glauben, dass das Buch als Tagebuch funktionierte. Das Datum liegt genau 50 Jahre zurück, zur Zeit der ersten Angriffe"
"Meint ihr, es ist eine Anleitung zum Öffnen der Kammer darin versteckt? Hat es der Erbe vielleicht verloren und es gab deswegen keine Angriffe mehr?", fragte Vica leise zurück.
Sie hatten sich auf den Hof zurückgezogen und ließen den Blick dabei unauffällig über die vorbeiströmenden Schüler schweifen, als warteten sie noch auf jemanden. 
"Eher weniger", antwortete Harry. "Das Buch wurde nicht einfach verloren, jemand hat es im Klo runterspülen wollen. Myrthe war ziemlich sauer deswegen. Tom Riddle, also der ursprüngliche Besitzer des Buches, hat der Schule zu der Zeit der Angriffe einen besonderen Verdienst geleistet. Ron hat seine Medaille polieren müssen, daher kam ihm der Name auf dem Buch bekannt vor und als wir weiter geforscht haben, fanden wir noch mehr Auszeichnungen. Außerdem war er Schulsprecher"
"Also eher jemand, der den Schuldigen gefasst haben könnte?"
"Ganz genau"Harry beugte sich nun doch näher an Vica heran, er wirkte aufgeregt. "Vielleicht wusste er, wo sich die Kammer befand oder zumindest was sich darin befand und hat es aufgeschrieben. Für die Nachwelt, falls es doch noch einmal jemand schaffen sollte, die Kammer zu öffnen"

Jetzt war auch Vica völlig elektrisiert von dem Gedanken. "Und damit es nicht in die falschen Hände fällt, hat er die Informationen versteckt, deshalb sind die Seiten leer"

Sie trommelte mit den Fingern nachdenklich auf ihrem Knie. "Das wäre ein Grund für den Erben, das Buch zu suchen und zu vernichten, falls er von ihm wusste. Vielleicht ließ er sich auch von den leeren Seiten täuschen und beschloss, dass es wertlos war... Es ist auf jeden Fall ein Hinweis, dem man nachgehen sollte. Was für Enthüllungszauber habt ihr schon versucht?"

Noch ehe Harry ihr antworten konnte, hörten sie Malfoys kalte Stimme: "Na so was, Potter. Du hast eine neue Freundin gefunden, wie ich sehe. Ist vermutlich auch besser für dich, wieso sich mit der Tochter eines Blutverräters abgeben, wenn man es so viel... profitabler... treffen kann?"
Harry und Vica fuhren zusammen und drehten sich zu Malfoy und seinen Kumpanen um. Einige Schüler blieben erwartungsvoll stehen und beobachteten die Szene. Draco grinste hämisch ehe er weitersprach: "Zugegeben, ihre Abstammung ist nicht ideal, ein paar Schlammblüter sind schon in ihrem Stammbaum, aber da dein Blut genauso verunreinigt ist wird dich das sicher nicht stören"
Wütend kniff Vica die Augen zusammen. "Du hast dich ja gut über mich informiert. Erwartest du jetzt ein Lob oder einen Knochen für deine tolle Arbeit?"
Einige der umstehenden Schüler kicherten, wie Vica zufrieden bemerkte. Auch Malfoy hörte es und er wurde wütend. 
"Was hält deine Blutsverräterfreundin denn davon, dass du mit ihm kuschelst?"
"Wir kuscheln nicht!", riefen Harry und Vica gleichzeitig und Harry ergänzte. "Verzieh dich einfach, Malfoy. Geht woanders spielen"
Doch statt genau das zu tun kam Draco sogar näher und Vica stand auf. "Ich weiß es wirklich sehr zu schätzen, dass du Zeit mit uns verbringen möchtest, aber ich für meinen Teil habe Besseres vor" Sie wandte sich an Harry. "Du nicht auch?"
Er nickte und erhob sich ebenfalls. 
"Was? Jetzt haut ihr einfach ab?", fragte Malfoy, halb ironisch, halb zornig. "Hast du Angst, dass du mir nicht gewachsen bist, Potter? Muss wieder ein kleines Mädchen für dich sprechen?"
"Lass sie in Ruhe!", erklang Ginnys Stimme aus der Menge. Sie ging zu Vica und harkte sich gelassen bei ihrer Freundin unter. "Der kann damit noch Stunden weitermachen, besser, wir gehen jetzt"
Das ließ sich Vica nicht zwei Mal sagen und Harry folgte ihnen, den inzwischen fas schon keifenden Malfoy ignorierend.

"Was Cammie nur an dem findet...", murmelte Vica. "Er ist schlimmer als ein Kleinkind"
"Er braucht wirklich bloß Aufmerksamkeit", stimmte ihr Ginny grinsend zu und drückte ihren Arm. Harry kratzte sich am Hinterkopf. 
"Nervig ist er trotzdem", sagte er und sah sich um. "Ich muss dann zum Unterricht. Wir sehen uns beim Abendessen"
Ginny sah ihm verträumt nach. Es wunderte Vica, dass sie gar nichts zu Malfoys Anschuldigung sagte. 
"Wir sind nur befreundet", sagte Vica deshalb, um sicherzugehen. 
"Ich weiß", antwortete Ginny und wandte sich ihr zu. "Ich glaube nicht, dass Harry dein Typ ist, um ehrlich zu sein. Und selbst wenn wäre Harry sicherlich der letzte der es merken würde"
Sie seufzte. Vica stimmte ihr zu und grinste über Ginnys melodramatisches Gesicht. 
"Trotzdem ist deine Liebe zu ihm unerschütterlich", feixte sie und erntete einen tödlichen Blick. "Bald ist ja Valentinstag, da kannst du ihm deine tiefen Gefühle endgültig offenbaren"
Statt zu antworten sah Ginny weg, doch Vica hatte die verräterische Röte auf ihren Wangen bereits bemerkt. 
"Nein... Du hast tatsächlich etwas geplant?"
Ginny schüttelte den Kopf, wagte es aber immer noch nicht, Vica ins Gesicht zu sehen. 
"Lügnerin! Was ist es? Ein Gedicht? Ein Liebestrank? Ein Liebesbrief?"
"Du lachst mich doch sowieso nur aus, wieso sollte ich es dir also erzählen?"
Vica lachte. "Also liege ich richtig"
"Sei einfach still", murmelte Ginny. Doch sie lächelte dabei. 


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