Kapitel 12: Ein Duell mit Folgen

Nach der Zaubertrankstunde rannte Vica so schnell sie konnte in Richtung des Gryffindorturms. Ihre Tasche schlug bei jedem Schritt gegen ihre Seite und irgendwann hatte sie Sorge, dass der kostbare Inhalt darin zerbrechen könnte, also klemmte Vica sie im Laufen unter den Arm. Harry, Ron und Hermine hatten heute früher aus und die Chancen standen gut, dass Vica sie dort antreffen würde. Vor dem Portrait der fetten Dame machte sie atemlos Halt. Zu dumm, dass Ginny ihr nie das Passwort für den Gemeinschaftsraum verraten hat. Es zu erraten könnte Ewigkeiten dauern, ebenso wie das Warten darauf, dass die drei von selbst rauskommen würden. Vica raufte sich ungeduldig die Haare. In diesem Moment kam eine Gruppe aus vier älteren Gryffindors den Gang entlang. Zwei von ihnen kannte Vica vom Sehen und als sie die junge Ravenclaw bemerkten, winkten sie ihr zu.

"Hey, ich kenne dich doch, du bist die Freundin der Weasleys, oder?", fragte eines der Mädchen.

Vica zuckte mit den Achseln. "Ich würde sagen, bei vier von sieben stimmt es"

Einer von ihnen, ein Junge mit blonden Locken und ziemlich selbstsicheren Haltung, lachte laut auf. "Mit Percy kann man auch nicht befreundet sein, außer, der Kerl zieht sich mal den Besen aus seinem A..."

"Cormac!" Das Mädchen boxte den Jungen gegen den Arm.

Vor Ungeduld begann Vica, ihr Gewicht vom einen Bein aufs andere zu verlagern. "Ja, er ist nicht so leicht zu knacken. Könntet ihr mich vielleicht mit rein nehmen? Ich muss dringend mit jemandem sprechen"

Ein anderes Mädchen schüttelte entschieden den Kopf. "Auf gar keinen Fall"

"Ach komm schon, Ashley... Schau dir die Kleine doch an, die tut doch keinem was und solange wir ihr nicht das Passwort verraten, ist es eine einmalige Sache", meinte der Junge, Cormac, beruhigend und legte dem Mädchen den Arm um die Schulter. Ashley sah ihn skeptisch an. Ihre Freundin runzelte nachdenklich die Stirn und auf einmal fiel Vica auch wieder ein, wo sie das Mädchen schon gesehen hatte: Es war Katie Bell, sie spielte in der Gryffindor-Mannschaft.

Vica sah Katie direkt an.

"Bitte Katie, ich muss nur dringend mit Harry reden. Danach verschwinde ich wieder. Ihr könnt ihn auch gerne selbst suchen und zu mir rausschicken, wenn euch das lieber wäre"

Ashley schnaubte eingeschnappt und pustete sich ein paar ihrer kastanienbraunen Strähnen aus den Augen. "Werde nicht auch noch frech"
"Schon gut, Ashley. Ich glaube, wir können sie mit rein nehmen. Was ist schon dabei?", meinte Katie und stellte sich vor die fette Dame. Damit Vica nichts hörte, beugte sich Katie etwas weiter nach vorne und flüsterte es der Dame ins gemalte Ohr. Vica meinte etwas wie 'Bartvogel' oder 'Bratvogel' gehört zu haben, doch sicher war sie sich nicht. Mit einem Knarren schwang das Portrait beiseite und gab den Durchgang in den Gemeinschaftsraum frei. 

"Danke, Katie!", sagte Vica und huschte hindurch, ehe einer der vier ihre Meinung änderte.

Wie der Ravenclawturm war auch der Gryffindor-Gemeinschaftsraum rund und in den Farben des Hauses gehalten. Die Farben Rot und Gold zeigten sich überall, wohin Vica auch sah. Sessel und Tische waren bunt zusammengewürfelt und kein Teil glich dem anderen vollkommen. Es wirkte gemütlich und Vica verspürte einen kleinen Stich, wenn sie daran dachte, dass das auch ihr Haus hätte sein können. Sie schüttelte das Gefühl schnell ab und konzentrierte sich darauf, Harry und die anderen zu finden. Einige der Gryffindors musterten sie, manche verwundert, andere verwirrt, aber solange sie keiner raus schmiss, war alles gut. 
"Na sieh mal an, wen haben wir denn da, Freddy?"
"Keine Ahnung, Georgie, aber ein Gryffindor ist das sicher nicht"
Ehe sie es sich versah, wurde sie von zwei Seiten flankiert und starrte in die grinsenden Gesichter der Zwillinge. 

"Hallo, Jungs"

"Ronnie! Wie sehr haben wir deinen Anblick vermisst", tönte Fred salbungsvoll und George ergänzte:
"Und du unseren scheinbar auch, sonst wärst du nicht hier reingeschlichen" 

Vica lachte und legte beiden Jungs lässig die Arme um den Rücken, wobei sie gerade mal bis zur Hälfte reichten, während sie weiter in den Gemeinschaftsraum trat. "Tut mir leid, euer unglaublich aufgeblasenes Ego zu verletzen, aber ich suche eigentlich Harry, Ron und Hermine. Ihr habt sie nicht zufällig gesehen?"

Fred und George verzogen die Gesichter zu leidenden Grimassen, die so komisch aussahen, dass Vica erneut vor Lachen losprustete. George sah Fred geschockt an.

"Kannst du das verstehen? Da gesteht sie uns, dass sie gar nichts von uns wissen will und jetzt lacht sie uns auch noch aus"
"Das geht wirklich gar nicht, George. Wir sollten uns auch eine Narbe auf die Stirn malen, vielleicht beachtet sie uns dann ja wieder mehr"
"Klingt nach einem guten Einfall"
"Ihr Spinner...", sagte Vica lächelnd dazu und stockte, als sie meinte, Hermines wuschelige Haare aus dem Augenwinkel bemerkt zu haben. "Ich glaube, ich habe sie gefunden. Bis später"
Sie steuerte auf das Sofa direkt vorm Kamin zu und tatsächlich saßen alle drei dort beisammen und unterhielten sich flüsternd. Als sie jemanden kommen hörten, sahen sie sich verstohlen um und entspannten sich, als sie Vica erkannten. Mit Schwung ließ sich Vica neben ihnen auf das Sofa fallen und stellte ihre Schultasche demonstrativ vor sie ab. 
"Erledigt. War ein echtes Kinderspiel. Echt gemütlich habt ihr es hier" 
Harry sah sie grinsend an. "Du hast tatsächlich Snape die Zutaten im Unterricht geklaut? Direkt vor seinen Augen?"
Mit vor Stolz glänzenden Augen grinste Vica zurück und richtete sich ein wenig auf. "Ganz genau"
"Wow", meinte auch Ron anerkennend. Hermine dagegen legte nachdenklich die Stirn in Falten. "Bitte sag mir, dass du nicht direkt hier her gekommen bist"
Einen Wimpernschlag lang sahen die beiden Mädchen sich wie bei einem Kräftemessen in die Augen, bis Vica schließlich schuldbewusst den Blick senkte. "Irgendwie schon..."
"Und ist dir gar nicht aufgefallen, dass es ein wenig auffällig sein könnte, wenn du direkt nach dem Unterricht ausgerechnet in den Gryffindor-Gemeinschaftsraum kommst und dann auch noch ausgerechnet uns suchst? Welchen Teil von: 'Wir sollten uns nicht so oft sehen, damit niemand Verdacht schöpft' hast du nicht verstanden?", zischte Hermine leise, aber trotzdem ausgesprochen wütend. "Ich dachte, du wärst klug, so etwas hätte ich eher von Ron erwartet, als von dir"
"Es tut mir leid, meine Beine waren einfach schneller als mein Verstand"
Mit einem Seufzen lehnte sich Hermine zurück. "Schon gut. Hauptsache, die Zutaten sind da. Wenn wir nachher direkt weiter brauen, könnte der Trank in zwei Wochen fertig sein"
Vica kramte in ihrer Tasche und reichte Hermine die zwei entwendeten Fläschchen unauffällig, die Hermine sofort in ihrer eigenen Umhängetasche verschwinden ließ. Nicht einmal ein aufmerksamer Beobachter hätte diesen kleinen Tausch mitbekommen.
"Du solltest unbedingt getrennt von uns rausgehen, Veronica. Am besten wäre es, wenn du vorher noch mit Ginny redest oder jemand anderem aus deinem Jahrgang, damit niemand denkt, du wärst nur wegen uns gekommen. Wir könnten uns in zwei Stunden am Mädchenklo treffen"
Es war wirklich nett von Hermine, sie nun doch noch einzubeziehen, aber Vica schüttelte verneinend den Kopf. "Ich glaube, du hast Recht mit dem Auffallen. Gestern hat mich Anthony Goldstein schon in der Nähe der Toilette getroffen, vielleicht sollte ich mich erst mal davon fernhalten. Ich glaube zwar nicht, dass er weiß, dass ich dort drinnen war, aber sicher ist sicher. Außerdem ist es auf Dauer zu viert in einer kleinen Klokabine ganz schön eng"
Ron drängte Vica dazu, ihnen zu erzählen, wie sie die Zutaten denn nun genau besorgt hatte, und als sie zu Zacharias Smith kam, schnaubte er missbillig. "So ein Vollidiot"
"Wirklich erstaunlich, dass er dir das mit dem Trank geglaubt hat", meinte auch Hermine. "Aber das war auch wirklich riskant. Es ist ein Wunder, dass Snape ihm nicht vertraut hat... Sondern dir"
"Das stimmt, wäre ich an deiner Stelle gewesen, würde ich jetzt bestimmt den ganzen Abend lang die Kerker schrubben", sagte Harry und verzog das Gesicht. "Snape ist alles andere als fair"
Vica lachte. "Ja, das stimmt. Ich hatte aber auch ein paar Zeugen mehr, denn Smith ist einfach nicht sonderlich beliebt, wie ihr euch sicher vorstellen könnt. Es ist nur ein wenig blöd, dass wir trotzdem alle Snapes Monsterhausaufgabe bewältigen müssen, obwohl uns jetzt Stunden fehlen, aber da das irgendwie auf meine Kappe geht, kann ich mich nicht beschweren"
Mit einem Ruck setzte Hermine sich auf. "Da fällt mir ein..."
Sie kramte in ihrer Tasche und murmelte vor sich hin, bis sie das Gesuchte gefunden hatte und mit einem Grinsen Vica entgegen reckte. Es war ein schmales Buch mit abgegriffenem dunkelblauen Einband und einigen undefinierbaren Flecken darauf. Vica nahm es entgegen und schlug die erste Seite auf. Sobald sie den Titel las, erhellte sich ihr Gesicht. "Danke, Hermine. Das perfekte Alibi für meinen Besuch und gleichzeitig ziemlich nützlich"
"Was ist es denn?", fragte Ron und schielte auf den Titel. "Master Dorovans Lehrbuch der Heiltränke... Klingt ja... spannend"

"Ganz genau. Ich hatte es neulich aus der Bibliothek ausgeliehen. Vica hatte es dort gesucht und dann daran gedacht, mich zu fragen, ob sie es für ihre Hausarbeit in Zaubertränke ausleihen könnte", erklärte Hermine, doch an Rons verwirrtem Gesichtsausdruck konnte sie ablesen, dass er das Ganze nicht verstand. "Es ist ein Vorwand, Ron!"
"Okay...", antwortete er gedehnt und Hermine gab entnervt auf. Belustigt sah Vica zwischen den beiden hin und her, drückte sich das Buch demonstrativ an die Brust, schnappte sich dann ihre Tasche und stand auf. "Also dann, ich schau mal, ob Ginny hier noch irgendwo steckt, wenn ich eh schon mal da bin. Haltet mich auf dem Laufenden, okay?"

Die drei nickten und Vica verabschiedete sich. Im Gemeinschaftsraum war von Ginny jedoch keine Spur zu sehen, entweder war sie in ihrem Schlafsaal oder, was wahrscheinlicher war, irgendwo auf dem Schulgelände. Manchmal war es wirklich schwer, sich in Hogwarts zu finden, wenn man sich außerhalb der Mahlzeiten suchte. Und selbst dann konnte es dauern, bis man sich sah. Ideal, wenn man einer ungeliebten Person aus dem Weg gehen möchte, mies, wenn man eine Freundin aus einem anderen Haus suchte. 
Sie sah Lee und die Zwillinge in einer Ecke die Köpfe zusammen stecken und beschloss, sich kurz zu ihnen zu gesellen, ehe sie ging. 
"Ah, die Abtrünnige kehrt zurück", sagte Fred als er sie entdeckte und stieß George in die Seite. "Sieht so aus, als müssen wir doch keine Narben aufmalen, die unser gutes Aussehen zunichte machen würden"
Vica zog die Augenbrauen hoch. "Eine kleine Narbe würde schon reichen?"
"Es kann ja nicht jeder so gut aussehen wie Lee", meinte George grinsend. "Sollte man jedenfalls meinen, bei der Zeit, die er jeden Tag im Bad verbringt"

"Klappe", brummte Lee und stieß die Beiden in die Seiten. 
Mit überkreuzten Beinen ließ sich Vica auf den Teppichboden sinken und sah die drei neugierig an.
"Was treibt ihr gerade?", fragte sie.
"Fred und George testen gerade, wie viel Knallbonbons ein Feuersalamander verträgt"
Als sie Vicas Gesichtsausdruck bemerkten, erklärten die Zwillinge trotzig: "Lee wollte unbedingt zählen"
Jetzt sah Vica die kleine schwarzgelbe Echse auf Lees Schoß. Ihr Bauch war merkwürdig aufgebläht und aus ihren Nüstern quollen bereits erste schmale Rauchfahnen. Behutsam nahm Vica sie auf ihre Hand und untersuchte die Echse mit kundigem Blick.
"Ich tippe auf sechs"
Fred nickte grinsend. "Einer mehr und sie platzt"
"Auf gar keinen Fall", stellte Vica klar und runzelte die Stirn. Mit einem Daumen strich sie vorsichtig über den Bauch der Echse, konzentrierte sich und murmelte einen kleinen Zauber. Die Rauchfahnen wurden sichtlich kleiner, ebenso wie der Bauch nach und nach an Volumen verlor, bis er wieder den Normalzustand erreichte. Die Echse wand sich in Vicas Hand, öffnete ihr schwarzes Maul und rülpste die letzten Rauchschwaden aus. Mit sich zufrieden gab Vica Lee den Feuersalamander zurück.

"Keine todbringenden Experimente an lebenden Tieren, klar?"

"Das heißt, nicht tödliche Experimente sind in Ordnung? Das merken wir uns", erwiderte George und Vica verdrehte zur Antwort die Augen. "Wie sieht es mit Versuchen an Menschen aus?"
"Kommt drauf an"
Die Zwillinge tauschten einen Blick, ehe Fred in seine Tasche griff und ein schmales Päckchen hervor zog. "Wir hätten da etwas, das uns später sicher einmal reich machen wird. Wir werden als die Scherzkönige in die Geschichte eingehen"
"Mütter werden ihre Kinder nach uns benennen"
"Schokofroschkarten werden mit unseren Gesichtern bedruckt sein"
"Übertreibt mal nicht", unterbrach sie Vica und versuchte, nach dem Päckchen zu greifen, aber Fred hielt es schnell außerhalb ihrer Reichweite. 

"Nicht so schnell. Bevor wir dich einweihen, musst du schwören, es vorher für dich zu behalten"
"Und gleichzeitig verpflichtest du dich als menschliches Versuchsobjekt", ergänzte George grinsend. 
"In Ordnung. Jetzt zeigt mir schon, was da drin ist!"
Mit Absicht ließ sich Fred so viel Zeit wie möglich, ehe er das Päckchen öffnete und Vica hineinsehen ließ. Schließlich riss sie es ihm, vor Neugierde fast platzend, einfach aus der Hand und spähte hinein. Das Erste, das ihr in den Sinn schoss, war das Wort 'Bunt'. Lauter kleine bonbonartige Kugeln in den unterschiedlichsten Farben rollten am Boden des Päckchens hin und her. Vica nahm eines heraus und hielt es zwischen Daumen und Zeigefinger geklemmt, während sie es betrachtete. Es war weich, ein wenig wie Nugat, und in zwei Farben geteilt. Die eine Hälfte war tiefrot, die andere giftgrün. 
"Was ist das?"
"Fred und George haben sie erfunden", erklärte Lee. "Das sind alles kleine Scherzbonbons mit denen man Krankheiten hervor ruft. Man beißt in die eine Hälfte zum Erkranken und dann in die andere, wenn es einem wieder besser gehen soll. Ideal zum Schwänzen einer langweiligen Schulstunde"
Staunend hielt Vica das Bonbon gegen das Licht. "Genial. Einfach nur genial"

Die Zwillinge platzten geradezu vor Stolz. "Sie sind noch nicht ganz ausgereift. Irgendwie funktioniert das mit der Umkehrseite noch nicht so, aber wir sind nah dran"

"Was kann dieses hier?", fragte Vica und inspizierte es gründlich.

"Das ist Furunkelfudge. Sorgt dafür, dass dir schöne eitrige Furunkel im Gesicht wachsen. Sie explodieren sogar. Es ist eines der wenigen, bei denen die Antiseite tadellos klappt"
"Kein Wunder, so oft, wie Fred und du euch schon gegenseitig Furunkel wachsen lasst...", neckte Vica George.

"Du kannst es gerne ausprobieren", ermunterte Fred Vica und diese verstaute das Furunkelfudge in ihrer Rocktasche.

"Sehr gerne. Aber nur hinter verschlossenen Türen. Ich erstatte euch Bericht"
Ehe die Zwillinge und Lee protestieren konnten, sprang sie auf und winkte zum Abschied. Flink wie ein Wiesel lief sie an anderen Gryffindors vorbei und schoss durch das Portal davon, mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht.


Am nächsten Tag teilte Hermine Vica flüsternd im Vorbeigehen mit, dass der Trank nun fast fertig gestellt wäre. Bald würde es soweit sein, die Weihnachtsferien wären ideal, um Malfoy ein paar Informationen zu entlocken, natürlich in verwandelter Gestalt. Hermine hatte heraus bekommen, dass Malfoy dieses Jahr in Hogwarts verbringen würde und natürlich blieb das Trio in diesem Fall ebenfalls. 
Vica saß auf ihrem Bett im Schlafsaal, ein aufgeschlagenes Buch auf ihrem Schoß und warf misstrauische Blicke auf Cammie, die gerade versuchte, sich mithilfe ihres Zauberstabes helle Strähnchen in ihr Haar zu färben. Die neuste Ausgabe der Junghexenzeitschrift Verhext! hatte sie dabei zwischen dem Kopf ihres Bettes und der Wand befestigt, während sie eifrig die darin beschriebenen Schritte befolgte. Pixie sah ihr dabei zu und zupfte gelegentlich an ihren kurzen rotblonden Haaren herum als überlege sie, sich ebenfalls ein paar von ihnen ebenfalls aufzuhellen. Cammie, die wenige Tage nach dem Start des Schuljahres bereits 12 wurde, tat alles, um möglichst reif zu wirken. Sie verschlang jede neue Ausgabe der Verhext, kopierte emsig die neusten Trends und sprach immer mit einem kleinen Hauch von Herablassung zu den jüngeren ihrer Stufe. Vica konnte den ganzen Aufwand nicht verstehen, aber irgendwie war es faszinierend, Cammie bei ihrem Aufwand zuzusehen. Vor allem, wenn Luna mal wieder irgendwo in der Schule auf Wanderschaft ging, Jocelyn sich in Hausarbeiten stürzte und Vica allein mit Cammie und Pixie zurückblieb.

Cammie wiederum hatte kein Verständnis für Vicas Schlabbershirts und die vielen kleinen bunten Armbänder, mit denen Vica gerne gedankenlos spielte. Sie waren schon ausgewaschen, verblasst und fransig, aber solange sie ihr das Blut nicht abschnürten würde Vica sie niemals im Leben zerschneiden. Während des Schultages waren sie jedoch brav unter den langen Ärmeln ihrer Bluse versteckt. 
Vica sah in ihr Buch. Auf der einen Seite waren Darstellungen des Herstellungsprozesses eines der ersten Heiltränke zu sehen, über der anderen lag ein Blatt Pergament, auf das Vica mit ihrer Feder einige Wörter gekritzelt hatte. 
Verzögert eintretende Wirkung. Heftiger Ausbruch. Gegenmittel hilft sofort
Daneben befand sich eine skizzenhafte Zeichnung eines Bonbons und eines Gesichtes mit furchtbaren Furunkeln. Aus Langeweile zeichnete Vica dem Gesicht zwei schielende Augen, die einen besonders schlimmen Furunkel auf der Nase fixierten, aus dem bereits der Eiter tropfte. Leise kicherte sie in sich hinein. 

Pixie sah zu Vica und zog fragend eine Augenbraue hoch. "Was heckst du schon wieder aus?"

"Nichts. Ich bin artig" 
Sie rollte mit den Augen. "Ich glaube dir kein Wort. Aber egal. Was machst du eigentlich über Weihnachten? Fährst du nach Hause?"
Vica schloss das Buch und klemmte das Pergament zwischen den Seiten ein. "Ja. Mein Dad wäre vermutlich total gekränkt, wenn ich über die Ferien nicht nach Hause kommen würde. Du kannst mich aber gern mal besuchen kommen über Neujahr, wenn du willst. Luna und Ginny kommen auch"

"Ich würde gerne, aber Cammies Familie und ich verbringen die Ferien immer zusammen. Stimmt's, Cam?"

Cammie gab einen undefinierbaren Laut von sich, der entweder zustimmend oder ablehnend sein könnte, ohne ihre Augen von ihrem Spiegel zu nehmen. Langsam wurde ihr Haar wirklich heller, diese Zaubersprüche schienen also wirklich zu funktionieren. Pixie zog eine Schnute und wandte sich wieder an Vica. 
"Und genau so wird es auch in den Ferien sein", stöhnte Pixie. "Und wenn der Weihnachtsball der Malfoys ansteht, kannst du Cammie erst recht total vergessen. Dann gibt es nur: Draco hier, ihre Haare da, Draco sagt, Draco tut,..." Sie hob ihre Hände zur Decke. "Ich bete jedes Mal: Bei Merlin, bitte mach, dass Draco sich erbarmt und mir Cammie vom Hals schafft!"

Eine Sekunde später hatte sie ein Kissen im Gesicht. 
"Halt die Klappe!", fauchte Cammie beleidigt. "Ich bin gar nicht so, du lässt mich vor Vica total dämlich dastehen"

"Das wusste ich schon vorher", merkte Vica gelassen an und duckte sich, als ein weiteres Kissen durch die Luft flog und hinter ihr gegen die Wand klatschte, genau an der Stelle, an der ihr Kopf noch vor wenigen Sekunden war. "Wow, du bist echt gut im Zielen"

Man merkte, wie Cammie versuchte, ein Grinsen zu unterdrücken, aber ihre Mundwinkel zuckten verräterisch. "Du kannst froh sein, dass du so gute Reflexe hast"'
Die Tür zum Schlafsaal öffnete sich und Luna kam herein, in ihrem gewohnt halb hüpfenden Gang hinein. Sie lächelte in die Runde und Vica grinste breit zurück. 

"Und? Wo hast du dich denn rumgetrieben?", fragte sie Luna. 
"Wusstet ihr, dass am schwarzen Brett eine Meldung steht? Irgendetwas von einem neuen Club"
"Ein neuer Club? Was für ein Club?"
Luna sah Vica lange in die Augen und blinzelte träge. "Ich weiß es leider nicht. Ich habe nur gehört, was die anderen gesagt haben, während ich durch die Eingangshalle lief. Sie schienen alle sehr aufgeregt zu sein"

Sofort stand Vica auf und nahm sie bei der Hand. "Komm, wir gehen nachsehen"

"Aber da komme ich doch gerade her...", sagte Luna verwirrt, ließ sich aber von Vica mitziehen. 

Vor dem schwarzen Brett der Eingangshalle standen immer noch einige Schüler, als Vica mit Luna im Schlepptau dort ankam. Energisch schob sich Vica durch und Luna, die sich mit einer Hand an Vicas Pullover festklammerte, folgte ihr. 
"Ein Duellierclub...", tuschelten die zwei Hufflepuffs aus den älteren Jahrgängen. 

"Es kann nicht schaden, etwas übers Duellieren zu lernen, gerade jetzt, wo..."

Vica hatte das Pergament endlich erreicht und überflog hastig die Zeilen. Der Duellierclub war für Schüler jeder Jahrgangsstufe gedacht und sollte schon heute Abend in der großen Halle stattfinden.  Sie sah zu Luna. "Und?Hättest du Lust hinzugehen?"
Das blonde Mädchen sah zwischen Vica und dem Aushang hin und her. "Es könnte nützlich sein"
"Dann ist es abgemacht, um kurz vor acht gehen wir los", sagte Vica hastig, ehe Luna sich doch dagegen entschied. 
Cammie, Pixie und Jocelyn beschlossen, sich ihnen ebenfalls anzuschließen. Es ging etwas Merkwürdiges in der Schule vor und alle Schüler wollten darauf vorbereitet sein. Auch wenn kein Duell ihnen helfen würde, der Gedanke an etwas Sicherheit tat es auf jeden Fall. Fast die gesamte Schule trudelte um acht in der großen Halle ein, deren lange Tische restlos verschwunden waren und haben einer einzigen goldenen Bühne Platz gemacht. Tausende schwebende Kerzen beleuchteten die Halle und die Gesichter der aufgeregt plappernden Schüler.  

Vica sah Ginnys leuchtend rotes Haar in der Menge, direkt neben den Zwillingen. Den Zauberstab hielt sie so fest umklammert, dass ihre Knöchel weiß hervor traten und ihre Augen sahen sich nervös um, bis sie Vica wahrnahm. Sie lächelte und Vica ging zielsicher auf sie zu und nahm Luna erneut bei der Hand, um sie in dem Getümmel nicht zu verlieren. Luna war sehr fasziniert von der veränderten Atmosphäre der Halle, betrachtete alles neugierig und aufmerksam und ließ sich von Vica einfach ziehen, bis sie bei den Weasleys ankamen. 
Ginny begrüßte beide und die Zwillinge grinsten synchron. Ein Grinsen, das den beiden gründlich verging, als sie sahen, welcher Lehrer mit großem Gehabe die Bühne betrat. Es war kein geringerer, als der wohl mieseste Lehrer aller Zeiten: Gilderoy Lockhart. Ihm folgte, wie sein lebendes Gegenteil, Severus Snape. 
"Na toll", knurrte George und Vica verkniff sich ein Kichern. Lockhart erklärte mit vielen Ausschweifungen, wie er auf die Idee zur Gründung dieses Clubs kam und aus welchem Grund niemand dafür besser geeignet wäre, als er. 
"Selbst Hagrid wäre ein besserer Kandidat als er", meinte Fred leise. Und er sollte recht behalten. Bei einer kurzen Demonstration des Ablaufs eines Duells lag Lockhart bereits ein paar Sekunden später am Boden. Snapes Entwaffnungszauber hatte ihn schneller umgeworfen, als er seinen Zauberstab heben konnte. Der flog quer durch die Luft und die Mädchen rissen sich geradezu darum, ihn zu fangen, als wäre er ein Brautstrauß. Lavender bekam ihn schließlich zu fassen und reichte ihn mit glühenden Wangen Lockhart, der gerade wieder auf die Beine kam. Vica und Ginny tauschten ein verstohlenes Grinsen. Als Lockhart wieder stand, überspielte er seine Demütigung gekonnt und beschloss, dass es nun an der Zeit sei, die Duellierpartner zu wählen. Pixie und Cammie stellten sich natürlich zusammen, sodass Jocelyn sich mit Luna zusammen tat. Vica rückte automatisch näher zu Ginny, die es ihr aber gleich tat, und als ihre Schultern zusammenstießen, mussten sie beide lachen. Snape und Lockhart traten von der Bühne und Snape gab sich alle Mühe, einige der Pärchen zu zerstören. Natürlich trennte er Ron und Harry und als dieser zu Hermine gehen wollte, teilte er diese prompt Millicent Bulstrode zu. Millicent war eine Slytherin und wie den meisten hegte auch sie eine leidenschaftliche Abneigung gegen sämtliche Gryffindors. Sie war riesig für ihr Alter und so bullig, dass Hermine neben ihr wie ein zerbrechliches Streichholz wirkte. 
Für Harry wählte Snape Draco Malfoy aus, der sich hämisch über diese Wendung freute. Vica konnte ihm geradezu vom Gesicht ablesen, was für Flüche er sich in seinem Kopf für das Duell zurecht legte- der Entwaffnungszauber war sicherlich keiner davon. 
Lockhart, der hinter Snape nicht zurückstehen wollte, blieb vor Cammie stehen. "Miss Millstone, gehen Sie bitte mit Miss Burke zusammen, ah und Sie-", er deutete auf Pixie. "Bitte einmal zu Miss Forley" 
Cammie sah Pixie augenrollend an, bevor sie sich auf dem Absatz umdrehte und mit erhobenen Haupt zu Odilla ging. Die beiden zischten sich etwas zu, das Vica nicht verstehen konnte, aber es waren definitiv keine Zärtlichkeiten. Pixie lächelte Fiona Forley zu, einer etwas kräftigeren Hufflepuff aus ihrem Jahrgang, die das Lächeln schüchtern erwiderte. 

Die Weasleyzwillinge wurden ebenfalls getrennt, es schien Snape ein unwahrscheinliches Vergnügen zu sein, mit ihnen abzurechnen. Er teilte ihnen die beiden Slytherins Corrick Warrington und Miles Bletchley zu, beides stämmige und grobschlächtige Kerle die aussahen, als würden sie den Brüdern nur zu gerne die Glieder brechen. 
Vica schluckte hart. "Viel Glück, Jungs"

"Hey, glaubst du etwa, wir würden die nicht fertig machen?", fragte Fred schelmisch.
"Wir sind Treiber, uns haut so schnell nichts um", beruhigte sie auch George. Er legte Ginny die Hand auf die Schulter um auch ihr zu zeigen, dass sie sich um sie nicht sorgen musste. 
Luna und Jocelyn trennte Snape auch und schickte sie einfach in die entgegengesetzte Richtung. Die verträumte Luna landete bei Darcy Gamp, während Jocelyn in Scarlett Bane ihre Partnerin fand. Snapes Blick blieb an Vica und Ginny hängen, die immer noch dicht beieinander standen. Er fixierte sie einige Augenblicke und ging dann weiter durch die Menge, ohne sie zu behelligen. 

"Ein Glück, dass du den Slytherinbonus hast", stellte Ginny erleichtert fest. 
"Ja,...", antwortete Vica ihr grüblerisch. Es war schon merkwürdig, wie das Erbe ihrer Mutter sie so unantastbar machte. Das konnte nicht nur darin begründet liegen, dass Eilin Harrison eine Slytherin war und Hogwarts zur gleichen Zeit besuchte wie er. Vermutlich hatte er sie gekannt, wirklich gekannt und vielleicht sogar gemocht und bewundert. Vica würde nur zu gerne wissen, was Snape von ihrer Mutter wusste, aber ihn dies zu fragen, schien ihr genauso unvorstellbar, wie nach der Farbe von Professor Flitwicks Unterwäsche zu fragen. Bei dem Gedanken schüttelte es sie richtig.

Nach einer Weile meldete sich Lockhart von der Bühne aus wieder zu Wort:
"So, hat nun jeder einen Partner? Nein? Stellen Sie sich einfach zu dem dort drüben, genau,.. Perfekt. Bitte stellen Sie sich nun alle ihrem Partner gegenüber. Verbeugen Sie sich"Er wartete, bis alle Schüler seiner Aufforderung nachkamen. Vica stellte sich Ginny gegenüber und beugte sich nach vorne, genauso wie Ginny.

"Ich zähle bis drei, dann werden Sie ihr Gegenüber entwaffnen, nur entwaffnen, wir wollen schließlich keine Unfälle hier. Bereit? Auf drei: Eins... Zwei... Drei"
Um sie herum begann das Getose. Nahezu niemand hielt sich an den Entwaffnungszauber. Cammie schleuderte Odilla von den Füßen, woraufhin diese sich mit einem ebenso fiesen Fluch revanchierte. Irgendjemand setzte den Umhang eines anderen in Brand während im Hintergrund jemand panisch aufschrie. 
Vica hob den Zauberstab und rief: "Expelliarmus!"  
Der Zauber hätte Ginny eigentlich entwaffnen müssen, doch sie blockte ihn mit einer erstaunlichen Lässigkeit ab. Ein mildes Lächeln umspielte ihren Mund, in ihren braunen Augen aber sah Vica den Ehrgeiz lodern und etwas anderes, das Vica bisher noch nie an ihrer Freundin gesehen hatte. Ginny richtete sich auf, ihr Kinn erhoben und grinste, während sie den nächsten Zauber sprach.
"Stupor!"
Geschockt riss Vica gerade noch rechtzeitig ihren Zauberstab hoch und dachte dabei an den Schutzzauber Protego. Ihr Zauberstab reagierte auf ihren stummen Zauber und der Stuporfluch prallte ab, traf jedoch nicht Ginny sondern Amelia Creeks, eine Gryffindor, die zufällig daneben stand. Amelia sah den roten Lichtblitz nicht kommen und sackte bewusstlos zu Boden. Ihre Partnerin, Diana Robins, schrie vor Schreck auf. Vica rannte zu ihnen.
"Ich habe noch gar nichts gesagt! Ich hab sie noch nicht mal entwaffnet!", versicherte Diana ihr aufgelöst. Vica sah zu Ginny, die mit eingefrorener Miene zu ihnen sah. Ihre Arme hingen herab als hätte sie alle Kraft verloren. 
"Wir müssen einen der Professoren holen", sagte Diana, in ihren Augen standen die Tränen. 

"Es war nur ein kleiner Schockzauber, ich bekomme sie wieder hin", versicherte ihr Vica beruhigend. Sie zückte den Zauberstab."Rennervate"
Als der Belebungszauber sie traf schlug Amelia sofort ihre Augen auf und blinzelte benommen. "Was...?"
"Du hast einen Schockzauber abbekommen, sonst nichts", sagte Vica zu ihr und half ihr auf. Amelia war etwas wacklig, sie musste hart gefallen sein. "Am besten gehst du mal zu Madam Pomfrey und lässt dich untersuchen, nicht, dass du nachher eine Gehirnerschütterung hast. Diana, gehst du mit ihr?"
Diana nickte, ihre goldbraunen Augen waren vor Schreck noch immer geweitet. Sie legte Amelia die Hand auf den Rücken und verließ mit ihr die Halle. Vica sah sich um. Die Schüler waren noch immer am Kämpfen, keiner hatte die kleine Szene bemerkt. Sie ging zu Ginny, die sich noch immer nicht von der Stelle gerührt hatte und auf den Fleck am Boden starrte, wo Amelia bis gerade eben noch lag. 
"Ginny?" Sie fasste ihre Freundin an der Schulter und rüttelte sie sanft. 
"Das habe ich nicht... Das war..." Endlich sah Ginny auf. Reue, Verwirrung und Angst spiegelten sich in ihrem Gesicht. "Vica... Es tut mir so leid"
Sie starrte ungläubig auf ihre Hände und den Zauberstab. Von einem Impuls getrieben, zog Vica Ginny an sich und drückte sie, auch wenn diese nicht auf ihre Umarmung reagierte. 
"Ist schon gut", murmelte sie. Doch die Erinnerung an Ginnys Gesichtsausdruck, als sie den Spruch sagte, hatte sich in ihre Netzhaut gebrannt. Sie war erleichtert, als Lockhart die Duelle beendete. 

"Ich sagte, nur entwaffnen!", rief er aufgebracht, doch der Kampflärm übertönte seine Mahnung entweder oder er wurde schlichtweg ignoriert. "Aufhören! Aufhören!"
Er klatschte in die Hände und schrie, doch es war Snape, der mit einem Zauber schließlich Stille einkehren ließ. Jetzt erst sah Vica, dass Millicent Hermine im Schwitzkasten gefangen hielt, statt sich mit ihr zu duellieren und sie offenbar nicht mehr loslassen würde. Heldenhaft preschte Harry vor und riss Millicent mit sich. Der Anblick, wie der schmale und nicht sonderlich große Harry Millicent überwältigte, die um einiges größer und kräftiger war als er, hätte Vica fast zum Lachen gebracht. Lockhart lief entsetzt durch die Menge und betrachtete das angerichtete Chaos. Für die Verletzten hatte er, aus seiner Sicht, ausgezeichnete Ratschläge übrig. 
Schließlich schlug er vor, dass zwei Schüler auf der Bühne allen zunächst den Verteidigungszauber vorführen sollten, ehe sie weiterübten.

Er schlug Justin Finch-Fletchley und Neville Longbottom als Kandidaten vor, doch Snape würgte ihn mitten im Satz ab. Er grinste unheilvoll.
"Wie wäre es stattdessen mit Potter und Malfoy?"

"Glänzende Idee!", stimmte Lockhart begeistert zu, als wäre es seine eigene Idee gewesen. Snape zeigte auf die beiden Jungs und befehligte sie in die Mitte der Halle zu treten. Die anderen Schüler bildeten automatisch einen Kreis um sie. Harry sah aus, als hätte er auf eine saure Zitrone gebissen und es wurde nicht besser, als Lockhart, der ihm eigentlich die Abwehrbewegung zeigen sollte, nur ein chaotisches Gefuchtel vollführte und dann, zu allem Übel, auch noch den Zauberstab fallen ließ.
"Uuups - der muss wohl schon ganz überhitzt sein", entschuldigte er sich, während er seinen Stab aufhob. "Machen Sie diese Bewegung einfach nach, Potter, und Ihnen wird nichts geschehen" 
Er klopfte Harry aufmunternd auf die Schulter und ignorierte Harrys entgeisterte Miene. 
"Wie, ich soll den Zauberstab fallen lassen, wenn Malfoy mich angreift?", fragte er Lockhart sarkastisch. 
"Professor!", rief Vica laut dazwischen und die Köpfe der Schüler wandten sich alle zu ihr hin. "Darf ich den Abwehrzauber noch einmal demonstrieren? Nur um zu sehen, ob ich es richtig verstanden habe?"

Als Lockhart sie hörte, sah er mit einer Mischung aus Begeisterung und Erleichterung zu Vica. "Was für ein Engagement, Miss Harrison! Ich bin sicher, Sie könnten schnell -"
"Unsinn", fuhr Snape dazwischen. "Miss Harrison bekommt ihre Chance, sobald das Duell vorüber ist, genauso wie alle anderen"
"Aber..." 
"Genug", fuhr Snape Vica nun an. "Fünf Punkte Abzug für Ravenclaw für deinen Mangel an Respekt. Fahren Sie fort, Professor Lockhart" 
Lockhart lächelte bemüht hoffnungsvoll. "So denn. Auf mein Signal. Drei - zwei - eins- los!"
Draco hob schnell seinen Zauberstab. "Serpensortia!"

Vica hatte den Spruch bisher noch nie gehört, doch als sie sah, was sich da aus Dracos Zauberstab heraus bildete wusste sie, dass Draco sein eigenes Spiel trieb, fern von Lockharts Regeln. Aus der Spitze seines Stabes schoss eine schwarze, im Kerzenlicht schimmernde Schlange, deren schuppiger Leib laut auf dem Steinboden der Halle aufschlug. Die Schüler um Vica herum bekamen Angst, sie drängten einander zurück während sich die Schlange wie in Zeitlupe aufrichtete, das Maul aufgerissen und die scharfen Giftzähne entblößt. Tödlich und bereit zum Biss. Ihre Reptilienaugen hatten Harry im Visier, der erstarrt auf seinem Platz verharrte, statt wie die anderen zurückzuweichen. Snape beobachtete das Schauspiel gelassen. Schließlich wies er Harry an, sich nicht zu regen, bis er die Schlange für ihn entfernt hätte. 
Doch Lockhart wäre nicht der eingebildete Gockel, für den Vica ihn hielt, würde er sich nicht auch hierbei einmischen. 
"Erlauben Sie", rief er großspurig, warf seinen Umhang lässig über die Schulter und zückte den Zauberstab. Drohend richtete er ihn auf die Schlange, doch statt sie verschwinden zu lassen, katapultierte er sie mit einem lauten Knall meterhoch in die Luft. 

Aufschreie waren zu hören und verzweifelt versuchten die Schüler, noch weiter zurück zu weichen um ja nicht in die Näher der wieder zu Boden fallenden Schlange zu geraten. Durch das Gedränge wurde Vica nach vorne gestoßen und landete hart auf ihren Knien. Als sie zurück sah, konnte sie Ginny nicht mehr erkennen, dafür aber die Schlange, die ihr mit hoher Geschwindigkeit entgegen kam. Als sie ein zweites Mal auf dem Boden aufschlug, klang es sogar noch schlimmer als zuvor und Vica hatte Mitleid mit dem armen Tier, das nun rasend vor Wut und Schmerz war. Die Schlange richtete sich auf, nur eine Armlänge von Vica entfernt, die noch immer auf dem Boden kniete. Ihr Zauberstab hing in ihrer Gürtelschlaufe, doch sie wusste, eine ruckartige Bewegung von ihr würde die Schlange zum Angreifen bewegen, schneller, als Vica den Stab überhaupt zur Hand hätte. Die Schlange zischte erregt und zeigte erneut ihre furchtbar langen Giftzähne.
"Nicht...", flüsterte Vica ihr leise zu und hörte das Pochen ihres eigenen Herzschlages in ihren Ohren widerhallen. Wieder zischte die Schlange wütend, aber statt auf Vica loszugehen, glitt sie langsam an ihr vorbei zu dem Kreis der ängstlichen Schüler, direkt auf den armen Justin Finch-Fletchley zu. Justin wich sämtliche Farbe aus dem Gesicht, als er die Schlange sah und Vica, die nun sicher sein konnte, dass die Schlange ihr keine Beachtung mehr schenkte, zog ihren Zauberstab. Sie wusste nicht einmal, welcher Zauber für so eine Situation geeignet war, sie dachte nicht einmal wirklich darüber nach, sondern wusste nur, dass sie die Schlange aufhalten musste, ehe sie jemanden verletzte.
Vica öffnete den Mund, als Harrys laute Stimme sie inne halten ließ. 
"Weg von ihm!"
Erstaunt sah Vica zu, wie die Schlange das Maul schloss und langsam zu Boden sackte. Mit wackligen Knien richtete sie sich auf und beobachtete, wie die Schlange auf einmal ganz friedlich wurde und von Justin abließ. Stattdessen glitt sie langsam auf Harry zu, verharrte in einiger Entfernung und betrachtete ihn... Ja, fast schon neugierig. Als würde sie nur darauf warten, dass er ihr sagte, was sie nun zu tun habe. Von einer Minute auf die andere hatte er das Tier beruhigt durch seine Selbstsicherheit. Es war beeindruckend. 

Harry sah triumphierend zu Justin, aber der war alles andere als dankbar. Wütend schrie er Harry an: "Was treibst du eigentlich für ein Spiel?" 
Aber es war nicht nur Wut, die in seiner Stimme mitschwang. Es war auch Angst. Angst vor Harry. Ohne eine Antwort abzuwarten stürmte Justin aus der Halle, während Harry ihm verwirrt hinter her sah, die Schlange noch immer zu seinen Füßen wie ein dressiertes Haustier. 
Endlich regte sich Snape und schwang seinen Zauberstab. Als sein Spruch die Schlange traf, begann sie sich langsam aufzulösen. 
"Nicht!", flehte Vica. "Sie tut niemandem mehr was"
Ihr Flehen ging im nun ansetzenden Gemurmel der Schüler unter, doch Vica war sich sicher, dass Snape sie dennoch gehört hatte. Sein Blick ging ihr durch Mark und Bein während die Schlange sich weiterhin auflöste, bis nicht einmal mehr schwarze Rauchwolken von ihr übrig blieben.

Das Geflüster der Schüler wurde immer lauter und als Vica sich zu Harry drehte bemerkte sie, dass dieser, von Ron und Hermine flankiert, aus der Halle hastete. 
"Ronnie!"

Die Zwillinge schoben sich in ihr Sichtfeld, ihre blauen Augen waren voller Sorge. 
"Bist du wahnsinnig, so nah an die Schlange zu gehen?", schimpfte Fred und George meinte ebenfalls vorwurfsvoll: "Sie war so kurz davor auf dich loszugehen"

Er deutete einen klitzekleinen Abstand mit Daumen und Zeigefinger an. 

"Ich bin hingefallen. Es war keine Absicht"
George sah auf ihre Knie. "Du blutest"
Er bückte sich und zückte den Zauberstab. Vica konnte zusehen, wie die aufgeschlagene Haut ihres Knies sich unter seinem Zauber wieder zusammen setzte und nur noch die wenigen Blutstropfen von der kleinen Verletzung zeugten. 
"Sie steht unter Schock", sagte Fred zu George. "Genau wie Ginny"
"Mir geht es gut. Es ist nichts"
Unwillig wandte sie sich von den besorgten Jungs ab. Hinter ihr, an eine Wand gelehnt, stand Ginny. Sie bewegte sich nicht, genauso wie zuvor, als Amelia am Boden lag. Doch als sie Vicas Blick bemerkte, ging ein Ruck durch ihren Körper. Sie hob den Kopf und ihre Augen trafen sich. Für einen Moment zeigte sich Regung in ihrem Gesicht, dann verfiel sie wieder zurück in ihre Starre, als hätte es diesen Augenblick nicht gegeben. 
Vica hoffte schon, sich diesen Moment nur eingebildet zu haben, denn das, was sie auf Ginnys Gesicht zu erkennen glaubte, hatte sie furchtbar erschreckt, schlimmer, als die Schlange es gekonnt hatte. Ginnys Gesicht war vor Hass und Abscheu verzerrt gewesen, doch das war nicht das Schlimmste. Da war noch dieses Lächeln, ein furchtbares Lächeln, wie das eines grausamen Kerkermeisters der wusste, dass die schlimmste Folter erst noch kommen würde.



***

Auch wenn es etwas spät kommt:

❊✼✲Ich hoffe, ihr hattet sehr schöne Weihnachten und wünsche euch ein gutes neues Jahr 2016! ❊ ✼ ✲

Ich habe übrigens etwas mit dem Video Maker geübt und einen neuen Trailer erstellt, den ich einmal hier und dann auch einmal im ersten Kapitel verlinken werde/verlinkt habe. Seht ihn euch doch mal an ;-)

Eure Evynne













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