Die Heiligtümer des Todes
Die Heiligtümer des Todes
Nach ihrem Besuch in Godric's Hollow hatte Amberle nicht angenommen, dass sie einen noch düstereren Ort aufsuchen würde. Doch da der Stein der Auferstehung von ihrem Vater offenbar gut versteckt worden war, und sie hatte bereits so eine Ahnung wo, blieb ihr keine andere Möglichkeit, um mehr über die Heiligtümer des Todes zu erfahren. Denn wer könnte sich besser als Anlaufquelle dafür eignen, als ihr Onkel Gellert, der ihren Vater einst ja überhaupt erst auf den Pfad von der Suche nach Macht geführt hatte.
Deshalb verweilte die Hexe auch eine kleine Weile draußen vor dem Gebäude, welches sie mit Argwohn betrachtete. Sie war damals nur ein einziges Mal hier gewesen und zwar, als sie Grindelwald mit der erschütternden Wahrheit konfrontiert hatte. Immerhin hatte dieser Mann ihrem Vater großen Schmerz zugefügt und damals hatte Amberle alles daran gesetzt, um Grindelwald von ihrem Vater fernzuhalten. Aus Furcht, er könnte ihr diesen auch noch nehmen, nachdem er schon ihre Mutter ermordet hatte.
Doch heute war sie aus einem bestimmten Grund hier und Nurmengard war mittlerweile zum Gefängnis für Grindelwald geworden. Aber auch kein Wunder bei der beachtlichen Festung, die sich hier im Gebirge befand und weit entfernt in den österreichischen Alpen von Grindelwald einst errichtet worden war. Es kam Amberle daher gewissermaßen wie eine Ironie des Schicksals vor, dass ihr Onkel nun ausgerechnet hier die restlichen Tage seines Daseins fristete.
Mit entschlossenen Schritten ging Amberle nun auf das Schloss zu, über dessen Eingang sie noch immer die verblichene Inschrift erkennen konnte, die Grindelwald einst angebracht hatte: Für das höhere Wohl.
,,Du selbstgerechter arroganter Tyrann. Bist doch kein Stück besser als Tom Riddle.", zischte Amberle nur ungehalten und öffnete mit ihrer Magie schließlich die versiegelte Tür.
Diese schwang krachend auf und sofort stießen Amberle zwei Zauberer ins Auge, die bei ihrem Anblick sofort ihre Zauberstäbe zogen und sich in Angriffspositionen gingen. Einer von ihnen wollte bereits einen Zauber aussprechen, doch Amberle hinderte ihn durch eine einzige Handbewegung daran.
,,Daran würde ich nicht einmal im Traum denken. Und bevor ihr euch weiter zum Affen macht, ich bin kein Feind.", sagte sie und der andere Zauberer beäugte sie misstrauisch.
,,Weshalb seid Ihr dann hier? Nur ausgewählte Personen dürfen Nurmengard betreten."
,,Und ich zähle ganz sicher dazu. Amberle Theodora Dumbledore, Tochter von Albus Dumbledore und Theodora Grindelwald, sowie Nichte von dem Abschaum, der in eurer höchstliegenden Zelle hockt.", stellte sich Amberle vor und die Wächter ließen ihre Stäbe daraufhin langsam sinken.
,,Es heißt, Grindelwald hätte Euch vor langer Zeit getötet.", sagte der Zauberer von eben und Amberle beäugte ihn ein wenig kritisch.
,,Ja, das hat er auch. Aber mein Tod war nicht von allzu langer Dauer. Also, gewährt ihr mir freiwillig einen Besuch bei meinem Onkel oder müssen wir uns erst ein unschönes Duell liefern, welches ihr ohnehin verlieren würdet?"
,,Wir müssen dafür sorgen, dass Grindelwald in Verwahrung bleibt und dürfen nicht riskieren, dass er freigelassen wird.", betonte der Zauberer, den Amberle in Schach gehalten hatte und die Hexe warf ihm einen eindringlichen Blick zu.
,,Oh, ich bin keineswegs daran interessiert, diesen Psychopathen wieder auf die Welt loszulassen. Von mir aus kann er da oben in seinem Turm versauern. Nur bedarf es leider ein paar ungeklärte Fragen zu beantworten, was nur er vermag. Es wird keineswegs ein langes Schauspiel und je eher ich es hinter mich bringen kann, desto eher bin ich wieder verschwunden."
Sie sah die beiden Zauberer erwartungsvoll an und diese tauschten einen kurzen Blick untereinander aus. Dann nickten sie jedoch und gaben den Weg frei, woraufhin Amberle ihnen nur stumm zunickte. Sie konnte schon immer sehr überzeugend sein und auch heute zahlte sich diese Eigenschaft wieder einmal aus.
Amberle verlor keine Zeit und schlug sogleich den Weg zu dem höchsten Turm ein, was für sie eine Menge Treppensteigen bedeutete. Doch die Hexe nahm es in Kauf und mit jeder weiteren Stufe, näherte sie sich dem unvermeidlichen Wiedersehen mit Grindelwald. Den Zauberer, den sie zuletzt an dem Tag gesehen hatte, an dem er sie ermordet hatte.
Doch auch das hielt Amberle nicht davon ab, den Turm zu passieren und schließlich die Zelle in Augenschein zu nehmen, die dort oben lag. Es war ein enger Raum mit einem Bett, einer Decke und einem kleinen Fenster, wo nur eine einzige Person drinnen saß. Und diese hob nun den Kopf, als Amberle aus dem Schatten trat und ein triumphierendes Grinsen umspielte die Lippen von Gellert Grindelwald, dem man ebenfalls die vergangene Zeit ansehen konnte. Und von seiner damaligen Erscheinung war nicht mehr sehr viel übrig, wie seine Nichte in diesem Moment feststellen musste.
,,Sieh mal einer an, wen das Schicksal mir da zugesandt hat: Amberle Theodora Grindelwald-Dumbledore! Ich bin ehrlich gesagt überrascht dich zu sehen.", sagte Grindelwald und Amberle bedachte ihn mit feindseligen Blicken.
,,Warum? Weil du mich damals ermordet hast? Ist mir neu, dass du ein Gewissen besitzt und ich dachte, das Ausmaß meiner Fähigkeiten wäre dir klar."
,,Oh, das ist es. Ich habe nie daran gezweifelt, wie mächtig du bist. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass du mir jemals einen Besuch abstatten würdest."
Grindelwald klang ein wenig vergnügt, doch das ließ Amberle vollkommen kalt. Sie empfand nicht einmal mehr Hass für Grindelwald. Es war vielmehr gleichgültige Verachtung, die sie beim Anblick ihres Onkels hegte und das ließ sie ihn auch deutlich spüren.
,,Glaub mir, ich wäre nicht hier, wenn es nicht sein müsste. Aber leider bist du der Einzige, der mir im Bezug auf die Heiligtümer des Todes weiterhelfen kann und darum bin ich hier.", sagte sie und Gellert trat nun etwas näher an das Gitter heran, um Amberle näher in Augenschein nehmen zu können.
,,Interessante Entwicklung. Aber warum fragst du nicht Albus? Dein Vater ist Experte auf diesem Gebiet und weiß daher mindestens genauso gut darüber Bescheid."
,,Mein Vater ist tot. Er wurde ermordet und ich kann ihn deshalb leider nicht mehr fragen, da meine Erinnerungen erst nach seinem Tod zurückgekehrt sind."
Obgleich Amberle wieder den Schmerz im Bezug auf den Tod ihres Vaters verspürte, so ignorierte sie diesen eisern. Und Gellert entfuhr ein tiefes Seufzen, als Amberle ihm die jüngsten Ereignisse verkündete.
,,Das ist bedauerlich. Albus hat das nicht verdient."
,,Tu nicht so, als würde es dir leid tun. Du hättest ihn damals doch selbst getötet, wenn du die Chance dazu gehabt hättest.", fauchte sie ihm entgegen, doch natürlich spielte ihr Onkel auch nach all der langen Zeit noch den unschuldigen Fanatiker.
,,Ich habe lediglich getan, was nötig war, um unserer Welt bessere Möglichkeiten zu bieten. Ihr alle habt mich als Bösewicht hingestellt und eine Rebellion gegen mich angezettelt. Dabei bist du doch weitaus gefährlicher, als ich es jemals war. Dein Vater wusste das und trotzdem hat er dich schlussendlich in den Krieg ziehen lassen, weil du nun einmal die perfekte Waffe gegen mich warst. Selbst Lord Voldemort ist im Vergleich zu dir eine Witzfigur. Aber auch das wusste dein Vater, was er ausnutzte. Albus hatte schon immer eine Schwäche für Macht und das hat sich nie geändert. Ihr alle wolltet es nur nicht sehen."
,,Hör auf!", ermahnte Amberle ihn, doch Grindelwald sah sie nur herausfordernd an.
,,Warum? Angst davor, die Wahrheit über deinen Vater zu erkennen? Sag mir, warum konntest du dich nicht an dein wahres Ich erinnern? Warum erst jetzt, nach seinem Tod? Ich verrate es dir: Albus wollte damit sichergehen, dass er dir nicht mehr den Grund dafür nennen muss. Er wollte dir nicht in die Augen sehen und erklären müssen, warum er all diese Dinge getan hat. Gab er doch all die Jahre sich selbst die Schuld daran, dass du damals im Kampf gegen mich gefallen bist. Es hat ihn schwer erschüttert. Dann kommst du zu ihm zurück und erneut wird ihm seine geliebte Tochter entrissen...durch den Tod. Ich glaube, diesmal wollte er dir zuvorkommen und nicht nochmal mit ansehen müssen, wie du zu Grunde gehst."
Die Worte von Grindelwald waren wie Messerstiche, die Amberle tiefen Schmerz zufügten und sie konnte sich nicht länger beherrschen, woraufhin die Wut ihre Magie beben ließ und ihre Augen golden funkelten, als sie an die Gitterstäbe trat und ihren Onkel ein weiteres Mal zurückwies.
,,HÖR AUF!", knurrte sie schon regelrecht, doch Gellert lächelte nur triumphierend.
,,Da ist es ja. Das Feuer...der Phönix in dir. Er ist bereit auszubrechen und du hältst ihn immer noch zurück."
Es klang schon fast ein wenig tadelnd und Amberle trat umgehend wieder ein paar Schritte zurück.
,,Ja. Weil ich kein Interesse habe, alles um mich herum in Schutt und Asche zu legen. Ich kann meine Kräfte nicht im vollen Ausmaß einsetzen."
,,Das wirst du aber müssen, wenn du Lord Voldemort und auch den Tod bezwingen willst. Er jagt dich, nicht wahr? Der Tod ist hinter dir her, weil du ihm immer wieder entkommen bist. Willst du deshalb die Heiligtümer? Weil sie einen zum Bezwinger des Todes machen? Ich verrate dir etwas, werte Nichte...du wärst mit Sicherheit im Stande, den Tod selbst zu vernichten. Du musst es nur wollen."
Ein Anflug von Gier blitzte in den zweifarbigen Augen ihres Onkels auf, was Amberle nur allzu vertraut war. Schon damals hatte er nach unermesslicher Macht gestrebt und war dafür über Leichen gegangen. Nicht zuletzt über ihre, obwohl dies wohl kaum in seiner Absicht gelegen hatte.
,,Schon komisch...du sagst, mein Vater hätte sich stets nach großer Macht gesehnt und vielleicht war das auch irgendwann mal der Fall, aber er besaß im Gegensatz zu dir ein Herz und Menschlichkeit.", warf Amberle ihm an den Kopf und Gellert lachte auf.
,,Oh, Amberle. Selbst nach all der langen Zeit stehst du auch noch bedingungslos hinter deinem Vater. Albus war aber nicht das Unschuldslamm, für das ihn jeder gehalten hat. Warum sonst, hat er aus allem immer so ein großes Geheimnis gemacht? Und jetzt sieh dich an. Du bist genau wie er. Jagst deinen letzten großen Feind und hast dir nicht zuletzt sogar die schwarze Magie zu Eigen gemacht, um einen Trumpf in der Tasche zu haben. Oder warum sonst hast du dich damals auf einen Deal mit dem Tod eingelassen, den du schlussendlich gebrochen hast?"
Amberle wich erschüttert zurück und starrte Grindelwald entsetzt an. Sie konnte nicht fassen, dass er darüber Kenntnis hatte, denn das hatte nicht einmal ihr Vater gehabt. Doch Grindelwald spielte seinen Trumpf gegenüber Amberle gnadenlos weiter aus.
,,Du siehst erschrocken aus. Dabei war es doch meine schwarze Magie, die du damals gestohlen hast. Glaubst du etwa wirklich, ich hätte es nicht gemerkt, wenn du das Buch der Schatten aus unserer Familie öffnest? Du magst mich zwar nicht in einem Duell bezwungen haben, aber dennoch hast du mich auf eine gewisse Weise entmachtet. Aber ich nehme an, das wusstest du und hast es in Kauf genommen, um deinem Vater einen gehörigen Vorteil im Kampf gegen mich zu verschaffen. Sieh es endlich ein, Amberle. Du bist eben durch und durch...eine Grindelwald."
Gellert funkelte sie regelrecht begierig und siegessicher an, doch seine Nichte fauchte ihm ihre Antwort förmlich entgegen.
,,Ich bin nicht wie du."
,,Oh, nein. Du bist schlimmer. Du magst zwar nicht nach Macht streben, aber deine Sehnsucht nach der Finsternis kannst du in keinem Fall leugnen. Sie bringt dich dazu, selbst die härtesten Grenzen zu überschreiten und all deine Taten rechtfertigst du mit dem Willen, das Richtige zu tun. Beantworte mir nur eine einzige Frage: warum hast du damals zugelassen, dass ich dich töte?", verlangte Grindelwald zu wissen und Amberle starrte ihn wütend an.
,,Das habe ich nicht."
,,Doch, das hast du. Ich gebe zu, im ersten Moment war ich durchaus entsetzt und erstaunt darüber, dass ich dich zu Fall bringen konnte, aber irgendwann nach deinem Tod wurde es mir klar. Deine Macht war meiner ebenbürtig, wenn nicht sogar weit überlegen und dennoch hat ein einfacher Todesfluch dein Schicksal scheinbar besiegelt. Das erschien mir in meinen Augen völlig unmöglich. Es sei denn, du wolltest, dass der Todesfluch dich tötet. Bin ich nah dran?"
Grindelwald hockte in seiner Zelle und schien in der Konversation mit Amberle lediglich ein großes Spiel zu sehen. Doch sie wollte keineswegs seine Marionette sein und beschloss, ihn mit seinen eigenen Waffen zu schlagen.
,,Tja, wer weiß das schon? Aber wenn ich dir diese Frage beantworten soll, gewähre du mir im Gegenzug doch auch einen...Einblick in die Wahrheit. Hast du meinen Vater...jemals wahrhaftig geliebt?", fragte Amberle und das Grinsen auf dem Gesicht ihres Onkels erstarb für einen Moment, was die Hexe jedoch nicht sonderlich überraschte. ,,Habe ich mir gedacht. Also, warum lassen wir die Vergangenheit nicht aus dem Spiel und widmen uns dafür der Realität. Denn in dieser...sind nur noch du und ich von unserer Familie übrig. Meine Mutter wurde vor langer Zeit von dir ermordet, mein Vater liegt mit seinem Elderstab begraben unter der Erde und du wirst sicherlich auch nicht mehr allzu lange hier verweilen. Deshalb will ich jetzt nur eine Sache wissen: was würde der Tod tun, um seine Heiligtümer zurückzuerlangen?", verlangte Amberle zu wissen und Gellert legte seinen Kopf ein wenig schräg.
,,Warum? Willst du wieder einen Deal mit ihm aushandeln? Ich glaube kaum, dass er dazu bereit ist. Abgesehen davon, kennst du den Tod doch wahrlich besser als ich. Ich denke, die Antwort findest du schon selbst raus. Aber das ist dir von Anfang an klar gewesen, nicht? Wenn du also nicht wegen der Heiligtümer des Todes hier bist...warum bist du dann gekommen?"
Gellert Grindelwald musterte seine Nichte abschätzend, der nun selbst ein kleines Lächeln über das Gesicht glitt. Und sie wusste, dass sie ihren Onkel nun genau dort hatte, wo sie ihn haben wollte.
,,Nun, in all den Jahren habe ich mir nicht nur einiges von meinem Vater abgeschaut, sondern auch von dir. Ich wusste, dass du viel zu versessen darauf wärst, deine Spielchen mit mir zu spielen und genau das hast du getan. Und weil du und Voldemort euch so erschreckend ähnlich seid, wirst du auch der ideale Köder für ihn sein.", offenbarte Amberle schließlich, ehe sie einen Blick auf ihre silberne Taschenuhr warf und Gellert mehr oder weniger, halbherzig abspeiste. ,,Oh, es wird Zeit für mich zu gehen. Du weißt schon, Deals mit dem Tod aushandeln und was auch immer dir für absurde Theorien durch deinen verrückten Schädel schwirren. Tja, dann. Weiterhin angenehmen Aufenthalt."
Sie wollte schon die Treppe passieren, als Grindelwald Amberle die alles entscheidende Frage stellte.
,,Wieso hast du mir den Ort verraten, wo der Elderstab verborgen liegt? Dir ist doch klar, dass Tom alles versuchen wird, um ihn in seinem Besitz bringen wird.", rief er aus und Amberle drehte sich zu ihm herum, wo sie ihm einen triumphierenden Blick zuwarf.
,,Und das ist genau das, worauf ich zähle. Denn seine Suche nach dem Stab wird ihn in jedem Fall zu dir führen und wenn das eintritt, dann tu doch einfach das, was du am besten kannst: verrate meinen Vater!"
Aus genau diesem Grund war Amberle hier und Gellert hatte angebissen, genau wie sie es gehofft hatte. Und als sie nun endgültig den Rückzug antrat, sprach ihr Onkel noch eine letzte Drohung an sie aus.
,,Tom wird dich finden, Amberle.", raunte er ihr entgegen, doch seine Nichte winkte nur ab.
,,Oh, nein. Ich finde ihn. Leb wohl, Onkel. Mögen deine letzten Tage so unangenehm wie möglich werden. Denn irgendwas sagt mir, dass der Tod dich schon bald holen wird."
Amberle ging die Treppe runter und ließ damit ihren Onkel Gellert Grindelwald endgültig hinter sich. Sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis Tom Riddle Jagd auf den mächtigen Elderstab machte und wenn es soweit war, würden sich ihre Wege nach all der langen Zeit endlich wieder kreuzen.
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