Der letzte Tanz

Hallo, meine Lieben :) Es ist soweit: das letzte Kapitel für dieses Jahr erwartet euch, denn 2022 neigt sich dem Ende. Natürlich wird es im neuen Jahr weitergehen und ich hoffe, euch alle weiterhin mit an Bord zu haben ;) Euch allen wünsche ich einen guten Rutsch ins neue Jahr. Bleibt gesund und lesefreudig, denn es wird spannend weitergehen :)

Liebe Grüße,
eure Hela

                                                                                                        ~~~

                                                                                                Der letzte Tanz

Der Weihnachtsball war ein voller Erfolg. Wo viele Schüler und Schülerinnen sich vorher noch unsicher gewesen waren, so war im Laufe des Abends die Begeisterung gestiegen und der Ball hatte sich zu einem unvergesslichen Ereignis entwickelt. Sogar Harry, der bei dem Eröffnungstanz vor Nervosität und Anspannung fast gestorben wäre, hatte den Ball schließlich sogar ein wenig genießen können. Das war zum größten Teil natürlich der Verdienst von Amberle, die ihrem besten Freund gar nicht erst die Möglichkeit gegeben hatte sich herauszuwinden. Und die junge Hexe hatte selbst mehr Spaß, als sie erwartete hatte.
Hermine und Victor waren während des gesamten Abends unzertrennlich und bei herausragender Stimmung. Ganz im Gegensatz zu Miesepeter Ron, der wie der Weihnachtsgrinch schlechthin drein schaute, was nicht zuletzt der vertrauten Chemie zwischen Hermine und Victor Krum geschuldet war. Amberle warf einen Blick zu Ron und Harry, der sich neben den Rotschopf gesetzt hatte, welcher so mies drauf war, dass er somit bereits seine Begleitung verschmäht hatte. Sie nahm noch einen Schluck Kürbissaft, ehe sie sich zu ihren beiden Freunden begab, die wie zwei Trauerklöße auf dem Sofa saßen und ausdruckslos auf die feiernde Menge starrten, die nach wie vor die Tanzfläche unsicher machte.
,,Hey, was ist los mit euch? Alle anderen scheinen mächtig Spaß zu haben."
,,Ich glaube, Ron steht nicht der Sinn nach Feiern.", meinte Harry und deutete unauffällig Richtung Hermine.
Amberle folgte seinem Blick und sah ihre beste Freundin, die sichtlich Freude beim Tanzen mit Victor hatte. Sie freute sich für Hermine, doch sie spürte auch, dass es bei Ron mehr als um verletzten Stolz ging. Es war etwas viel Tiefgründigeres, doch wenn sie dies nun in den Raum werfen würde, dann erntete sie gewiss nur taube Ohren und Verleugnung. Deshalb versuchte Amberle, Ron auf ihre Weise aufzubauen und tätschelte ihm kameradschaftlich die Schulter.
,,Alles wird gut, Ronald. Genieße die Weihnachtsstimmung und versuche nicht zu viel über die Tatsache nachzudenken, dass du deine Begleitung vergrault hast."
,,Sollte das ein Versuch der Aufmunterung sein?", kam es brummend von Ron, woraufhin Amberle unschuldig lächelte und ihm einen Schubs in die richtige Richtung geben wollte.
,,Eher die Androhung dir in den Hintern zu treten, solltest du weiter schmollend den Abend auf diesem Sofa hier verbringen und die anderen mit deiner miesen Laune abschrecken. Wobei, du scheinst der größte Sonnenschein hier im Raum zu sein und der größte Hingucker obendrein."
Ron sah fassungslos zu ihr auf, während Harry leicht schmunzelte und Amberle amüsiert die Arme vor der Brust verschränkte. Sie hoffte, ihn somit ein wenig aus der Reserve locken zu können, was allerdings ein Fehlschlag war. Denn als Ron etwas erwidern wollte, fiel sein Blick erneut auf Hermine und Victor, der seiner Begleitung gerade einen eleganten Handkuss gab und sich dann entfernte. Hermine schien wie beflügelt zu sein und ließ sich neben Harry nieder, wobei sie ein wenig außer Atem war.
,,Heiß hier drinnen, nicht? Victor holt uns gerade was zu trinken. Wollt ihr euch zu uns setzen?", sagte sie einladend und bevor jemand anderes etwas erwidern konnte, blaffte Ron sie etwas ungehalten an.
,,Nein. Wir setzen uns nicht zu dir und Victor."

Den Namen des Bulgaren knurrte er schon fast, woraufhin der Blick von Hermine hilfesuchend zu Amberle wanderte. Doch die zuckte nur leicht mit den Schultern und hielt sich zurück, weshalb Hermine ein wenig schluckte und sich wieder an Ron wandte.
,,Was hat dir denn den Zauberstab verknotet?"
Die Antwort von Ron überraschte jeden Einzelnen von ihnen.
,,Er ist ein Durmstrang. Du verbrüderst dich mit dem Feind."
,,Dem Feind? Du wolltest doch unbedingt sein Autogramm. Außerdem ist das Turnier genau dafür da. Für internationale magische Zusammenarbeit und zum Freundschaften schließen.", gab Hermine entrüstet zurück und Amberle wollte eine Eskalation verhindern, kam jedoch nicht dazu, da Ron wieder einen bissigen Kommentar losließ.
,,Der hat aber ein bisschen mehr als Freundschaft im Sinn."
,,Ronald!"
Entsetzen zeichnete sich auf dem Gesicht von Amberle ab, denn sie fand sein Verhalten äußerst unangebracht. Hermine warf Ron einen fassungslosen Blick zu, doch auch Enttäuschung konnte Amberle in den Augen ihrer besten Freundin erkennen. Harry wirkte ebenso hilflos und Hermine erhob sich schließlich, ehe sie das Weite suchte und Amberle schüttelte verärgert den Kopf, während sie Ron kritisch beäugte.
,,Du bist der größte Idiot, der mir jemals untergekommen ist, Ronald Weasley. Ich hoffe nur, du erkennst das irgendwann."
Mit diesen Worten wandte sich Amberle ab und ließ die beiden jungen Zauberer allein auf dem Sofa zurück. Als ihr Blick auf die Tanzfläche fiel, stellte sie überrascht fest, dass sich schon viele Paare zurückgezogen hatten. Nur wenige waren noch anwesend und die Musik war um ein Vielfaches ruhiger geworden, was Amberle wahrhaftig in Weihnachtsstimmung versetzte. Sie hoffte, dass Ron seinen Fehler einsehen und sich mit Hermine vertragen würde. Denn ihre Freundschaft untereinander war doch überhaupt das Wichtigste von allem. Das durften sie unter keinen Umständen kaputt machen und schon gar nicht an Weihnachten.
,,Amberle Harvey! Wieder einmal stehst du im Zentrum der Ereignisse und ahnst es nicht einmal. Wie töricht von dir zu glauben, du könntest alles um dich herum kitten und vor den Problemen davonlaufen. Dabei holen sie dich doch jedes Mal aufs Neue ein."
Kaum, dass sie seine Stimme vernahm, spannte sich jede Faser in ihrem Körper an und sie spürte, wie ihr Instinkt erneut Warnsignale entsendete. Langsam drehte sie sich zu ihm um und stand erneut Valentin Blackwell gegenüber. Der letzten Person, der sie heute begegnen wollte und dennoch konnte sie der Begegnung mal wieder nicht ausweichen.
,,Valentin Blackwell. Wie immer eine Freude dich zu sehen. Was ist passiert? Hat dich dein Date im Regen stehen lassen?", brachte Amberle hervor, während sie die Hände hinter dem Rücken verschränkte und sich noch mehr anspannte, als Valentin mit einem Mal begann, sie wie eine Raubkatze zu umkreisen.
,,Ach, weißt du...ich bin nicht der Typ, der im Regen stehen gelassen wird. Ehrlich gesagt, habe ich keinen großen Sinn für derartige Zeitverschwendungen und widme mich lieber wichtigeren Dingen. Wie dir zum Beispiel. Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir dem Unvermeidbaren ins Auge sehen. Ganz gleich, wie lange du dich auch noch wehrst und vor mir davonläufst...der letzte Tanz gehört allein nur mir.", setzte er an und hauchte die Worte in das Ohr von Amberle. ,,Und den tanz' ich nur mit dir."

Amberle hatte das Gefühl zu Salzsäure zu erstarren, während es ihr eiskalt den Rücken herunterlief. Es war keineswegs eine charmante Äußerung von Valentin, sondern kam viel eher einer Drohung gleich. Und bevor die Hexe auch nur den Gedanken an Widerspruch hegen konnte, packte Valentin sie auf einmal am rechten Arm und wirbelte sie ein wenig herum, ehe sie sich mit einem Mal direkt in seinen Armen landete. Wie erstarrt merkte sie, wie ihr Körper sich versteifte und sie hatte keine Chance dem zu entkommen. Denn Valentin legte seinen rechten Arm um ihre Taille und zog Amberle mit sich, während er elegante Schritte nach hinten machte und sie dabei hämisch angrinste.
,,Du kannst mir nicht entkommen, Amberle. Ich warte im Dunkeln und ganz gleich, was auch passiert...am Ende gewinne immer ich. Du kannst nichts dagegen tun. Such dir ruhig Verbündete, durchforste alte Bücher und biete dem Bösen im Kampf die Stirn. Ich werde immer da sein und du kannst dich nicht vor mir verstecken. Und ganz unter uns: wage dich bloß nicht zu tief ins Herz der Schlange, denn wohin das führen wird, weißt auch du."
Irgendwie wurde Amberle das Gefühl nicht los, dass er keineswegs von sich sprach und das wäre ja auch vollkommen absurd. Sie wich vor Valentin zurück, doch zog dieser sie nur harsch wieder an sich heran, ehe er ihr eine weitere Umdrehung aufzwang. Es war, als wäre sie eine wehrlose Marionette und er zog erbarmungslos die Fäden dieses Tanzes. Amberle suchte nach einem Ausweg. Versuchte ihm zu entfliehen. Jedoch bot sich ihr keine Möglichkeit dazu. Bis auf einmal jemand den Tanz unterbrach und Valentin grob an der Schulter packte.
,,Blackwell, ich bin untröstlich. Aber leider hat Harvey mir den letzten Tanz versprochen und deshalb...übernehme ich ab hier."
Draco warf dem Dunkelhaarigen einen eindringlichen Blick zu, der keinen Widerspruch duldete. Amberle konnte nicht leugnen, dass sie Erleichterung verspürte beim Anblick des blonden Slytherin. Wieder einmal schien er die Situation zu retten, denn Valentin ließ endlich von ihr ab und trat mit erhobenen Händen den Rückzug an, während er Draco hinterlistig anlächelte.
,,Nur zu. Genießt die Zeit, solange sie euch noch bleibt."
Mit diesen Worten verschwand Valentin und Amberle sah ihm verunsichert nach. Was hatte das nur zu bedeuten? Und was hatte es mit diesem Tanz auf sich gehabt? Es war ihr unheimlich gewesen und Valentin hatte sie vollkommen in der Hand gehabt. Als hätte sie keine Chance gehabt ihm zu entkommen...bis Draco aufgetaucht war.

,,Tja, das war Rettung in letzter Sekunde, schätze ich.", durchbrach eben jener das Schweigen und Amberle zwang sich dazu, sich zusammenzureißen und lächelte leicht.
,,Perfektes Timing, Mr. Malfoy."
Schnell verflog der Optimismus von Amberle wieder, denn sie fühlte sich nach wie vor etwas befangen in der Nähe von Draco. Obgleich sie den Disput zwischen sich bereinigt hatten, so brachte er sie nach wie vor ein wenig aus der Fassung und Amberle war dabei nicht ganz wohl. Draco schien ein wenig lockerer zu sein, denn er grinste mit einem Mal breit und deutete auffordernd auf die Tanzfläche.
,,Nun, Zeit dein Versprechen einzulösen.", meinte er vor, doch Amberle schmunzelte nur.
,,Ähm, ich danke dir zwar für die heldenhafte Rettung, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dir einen Tanz versprochen zu haben."
,,Na, und? Das bedeutet nicht, dass wir nicht tanzen können.", wandte Draco ein und Amberle sah sich zögerlich um.
Ihre Freunde konnte sie nirgends mehr sehen und ohnehin war die große Halle schon ziemlich verlassen. Nur drei andere Pärchen tanzten eng umschlungen miteinander, während auch die Lehrer sich längst zurückgezogen hatten. Amberle spürte, wie ihr Herz vor Aufregung schneller schlug bei dem Gedanken an einen weiteren Tanz mit Draco. Aber sie rief sich auch ins Gedächtnis, was das letzte Mal passiert war und er bemerkte ihre Zurückhaltung.
,,Keine Sorge, diesmal beobachtet uns bestimmt niemand und Blackwell wird es nicht wagen, erneut seine Spielchen damit zu treiben. Dafür sorge ich höchstpersönlich, wenn es sein soll.", versicherte Draco ihr, aber Amberle zögerte immer noch.
,,Ich weiß nicht."
,,Komm schon. Sieh es als Wiedergutmachung an, weil der letzte Tanz keine so schönen Folgen mit sich brachte. Oder hast du etwa Angst?"
Erneut musterte er sie mit herausforderndem Blick, wie er es auch schon beim ersten gemeinsamen Tanz getan hatte. Amberle konnte nicht glauben, dass er es erneut schaffte, sie damit aus der Reserve zu locken. Und obwohl ihr Verstand sich dagegen sträubte, ergriff sie schließlich die ausgestreckte Hand von Draco und ließ sich von ihm auf die Tanzfläche ziehen. Sanft zog er sie näher zu sich heran und legte seine rechte Hand an ihre Taille, ehe sie sich langsam im Rhythmus zur Musik bewegten. Amberle sah Draco in die sturmgrauen Augen und überwand sich dazu, das Stille zwischen ihnen zu unterbinden.

,,Was ist mit deiner Begleitung? Pansy Parkinson wird kaum begeistert sein, dass du mit jemand anderem die Tanzfläche unsicher machst."
Ein Blick der Ausdruckslosigkeit huschte über das Gesicht von Draco.
,,Wir hatten die Abmachung, dass sie mich zum Ball begleiten darf und wie ich das sehe, ist der längst vorbei. Und sei unbesorgt wegen Pansy. Die hat sich mit ihren Freundinnen längst zurückgezogen und tauscht mit denen sicher längst wieder die besten Tipps über Mode und Styling aus. Spätestens dann hätte sie mich zweifellos in die Flucht geschlagen."
Die Vorstellung ließ Amberle leicht schmunzeln, was Draco zufrieden stimmte. Er war heilfroh darüber, dass Pansy ihn nicht mehr jede Sekunde in Anspruch nahm und noch weniger konnte er leugnen, dass es ihn vorhin mit Argwohn getroffen hatte, Amberle und Potter beim gemeinsamen Eröffnungstanz zu sehen. Obwohl er es nicht wollte, hatte es ihm einen Stich versetzt und dieser war erst verschwunden, als er und Amberle nun selbst miteinander zu tanzen begonnen hatten.
Es war gegen jegliche Vernunft. Draco hätte sich nicht einmal in den Disput zwischen Amberle und Valentin einmischen dürfen, doch er hatte nicht mit ansehen können, wie dieser die Gryffindor wieder tyrannisierte und war eingeschritten. Zwar wusste er nicht genau, wie er auf die Idee gekommen war, einen versprochenen Tanz als Argument einzuwerfen, aber es hatte sich ja gelohnt. Und obwohl er wohl viel eher diesen Saal verlassen und die Nähe zu Amberle meiden sollte, so war es doch genau diese, was ihn anzog und dazu veranlasste zu bleiben. Entgegen jeglicher Vernunft und Vorurteile.
,,Warum hast du das getan, Draco? Valentin Blackwell ist mein Problem...nicht deins. Weshalb also bist du eingeschritten?", wollte Amberle auf einmal wissen und er warf ihr einen ruhigen Blick zu.
,,Hätte ich zulassen sollen, wie er dich weiter in die Mangel nimmt und du in seinem Käfig von Tanz gefangen bist? Ich sagte ja, er hat es auf dich abgesehen und ich habe nicht vor, tatenlos dabei zuzusehen. Das hat etwas mit Ehrgefühl zu tun, Amberle. Solltest du auch mal versuchen."
Er grinste verschmitzt und schaffte es sogar, die Anspannung von Amberle dadurch etwas zu lösen. Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen und wurde hellhörig, als Draco das Thema auf einmal umlenkte und dabei ziemlich missmutig wirkte.
,,Wobei du schon wahrlich Ehrgefühl bewiesen hast, gemeinsam mit Potter hier aufzulaufen. Der begabteste Tänzer ist er wahrlich nicht."
,,Hey. Er ist mein bester Freund und ich konnte unmöglich zulassen, dass er sich bis auf die Knochen blamiert. Außerdem verbringe ich gerne Zeit mit ihm. Was ist eigentlich dein Problem mit ihm?"
Amberle war schon neugierig auf die Hintergründe bezüglich der Fehde, die seit dem ersten Jahr zwischen Harry und Draco herrschte. War es vielleicht der verletzte Stolz von Draco, als Harry ihn zurückgewiesen hatte, nachdem er ihm die Freundschaft angeboten hatte? Ganz sicher war sich Amberle nicht und als Draco sich anspannte, ahnte sie bereits, dass sie darauf keine Antwort bekommen würde.
,,Schon gut. Geht mich ja auch gar nichts an. Nur haltet mich aus eurer Fehde einfach raus. Das ist nicht meine Angelegenheit und ich habe schon genug Probleme."

Amberle konnte ein Seufzen nicht zurückhalten und erinnerte sich an die vielen ungeklärten Fragen, die noch auf ihr lasteten. Wie sollte sie nur alle Antworten darauf finden? Es kam ihr vor, als würde sie das Unmögliche versuchen und dabei immer wieder gegen die Mauer rennen. Amberle hatte gar nicht bemerkt, wie sie ihren Blick leicht gesenkt hatte. Erst, als auf einmal eine Hand ihr Kinn umfasste und es anhob, sodass sie wieder in zwei sturmgraue Augen blickte, realisierte sie dies und bei der Entschlossenheit in Dracos Augen lief ihr ein leichter Schauer über den Rücken.
,,Für jedes Problem gibt es eine Lösung und ich bin sicher, du wirst sie finden. Es dauert vielleicht seine Zeit, aber letztendlich schaffst du doch immer alles. Nicht wahr, Amberle Harvey?"
Als er ihren Namen so ruhig aussprach, spürte Amberle den schnellen Schlag ihres Herzens. Es war vollkommen außer Kontrolle geraten und sie merkte erst jetzt, dass sie längst nicht mehr tanzten, sondern sich nur gegenüberstanden und das so gefährlich nahe, dass die Nähe zwischen ihnen wie ein elektrischer Impuls zu vibrieren schien.
Amberle war nicht fähig etwas zu sagen oder sich zu bewegen. Sie war vollkommen gefangen in diesem einen Moment mit Draco Malfoy und konnte sich ihm einfach nicht entziehen. So schien es nicht nur ihr zu gehen, denn Draco kam noch ein wenig näher und strich ihr eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht, während sein Blick über ihr rotes Kleid wanderte.
,,Du siehst unglaublich aus, falls das nicht offensichtlich ist."
Er hauchte die Worte eher als, dass er sie aussprach und dennoch versetzten sie Amberle eine Gänsehaut. Diesmal allerdings in wohliger Absicht und sie rang sich zu einer Antwort durch, sah aber leicht verlegen zur Seite.
,,Danke."
Sie wagte es nicht, ihm in die Augen zu sehen und versuchte vergeblich, ihren Herzschlag unter Kontrolle zu bringen. Mittlerweile war die Musik verstummt und nur sie allein befanden sich noch in der großen Halle, was die Situation nicht gerade einfacher machte. Und als Draco mit einem letzten Schritt den Abstand nur noch minimal werden ließ, ahnte Amberle bereits, worauf das hier hinauslaufen würde. Sie spürte es mit jeder Faser ihres Körpers, sah es in seinen Augen und wusste es durch ihren einzigartigen Instinkt. Und als Draco tatsächlich Anstalten machte, auch noch den letzten verbliebenden Abstand zwischen ihnen zu überbrücken, wich Amberle erschrocken zurück und ergriff die Flucht.

Im rasanten Tempo, so schnell es ihr ihre Absatzschuhe möglich machten, ließ sie die Halle hinter sich und eilte auf die Treppe zu. Sie musste weg, bevor noch etwas geschah, was nicht mehr rückgängig zu machen war. Aber sie hatte Draco unterschätzt, denn dieser folgte ihr aus der Halle und versuchte, die junge Hexe zurückzuhalten.
,,Amberle, warte! Bleib doch stehen! Bitte!"
Erst bei seinem letzten Wort kam Amberle seiner Bitte nach und hielt inne. Sie verweilte auf der Stufe und drehte sich langsam zu dem blonden Slytherin um, der am Fuß der Treppe stand und aufgewühlt zu ihr aufsah. Auch er schien mächtig durch den Wind zu sein, aber Amberle rührte sich keinen Zentimeter und versuchte ihre Fassung zu wahren, während Draco einen tiefen Atemzug nahm und ihr einen ersten Blick zuwarf.
,,Ich glaube, wir sollten darüber reden, was eben passiert ist."
,,Wir müssen nicht darüber reden, denn es ist nichts passiert. Wir müssen nur aufhören...so etwas zu tun.", widersprach Amberle und Draco wirkte etwas verwundert.
,,Was tun wir denn? Tanzen?"
Amberle fiel es schwer, sich zusammenzureißen und der Gedanke daran, dass sie vor wenigen Minuten noch vertraut miteinander getanzt hatten, drohte ihre Fassung einstürzen zu lassen. Aber sie zwang sich zur Entschlossenheit und hatte keine andere Wahl, als ihn in die Schranken zu weisen.
,,Hör zu, Draco...ich habe gesagt, dass wir die Sache mit dem Buch der Schatten gemeinsam durchziehen und dazu stehe ich auch. Aber darüber hinaus sollten wir wirklich auf Abstand gehen. Wir müssen die richtige Distanz wahren."
,,Was, wenn wir das nicht können?", wandte er auf einmal ein und Amberle seufzte kaum merklich.
,,Draco..."
Auf einmal trat er die wenigen Stufen nach oben, sodass er wieder direkt vor ihr stand und seine sturmgrauen Augen sie fast zu durchbohren schienen.
,,Amberle, mir gefällt das genauso wenig wie dir. Aber du weißt ebenso wie ich, dass wir uns immer wieder über den Weg laufen und das kann kein Zufall mehr sein."
,,Ein Grund mehr, warum wir um jeden Preis Abstand halten müssen. Sonst entstehen nur wieder Gerüchte, die uns beide den Kragen kosten könnten. Denn vergiss bitte nicht, dass wie immer noch Gryffindor und Slytherin sind. Unsere Häuser sind keineswegs dafür geschaffen derartige Verbindungen einzugehen und du...du bist Draco Malfoy. Du bist sozusagen der Kronprinz deines Hauses und ich bin nur eine kleine Gryffindor, die immer wieder in Schwierigkeiten steckt. Und wer weiß, wohin mich diese Schwierigkeiten führen werden."
Ja, wer wusste schon, was am Ende des Weges auf einen warten würde? Amberle zumindest nicht, denn sie hatte keine Ahnung und sie wollte es sich auch gar nicht ausmalen. Draco warf ihr einen zuversichtlichen Blick zu und wirkte dabei auf einmal ziemlich verletzlich, was Amberle ihn von einer ganz anderen Seite sehen ließ.
,,Lass mich dir helfen.", bot er an, doch Amberle schüttelte kaum merklich den Kopf.
,,Das kannst du nicht. Ich muss das alleine tun. Es tut mir leid."

Amberle wandte sich von Draco ab und floh regelrecht zu den Wendetreppen, die sie zum Gemeinschaftsraum der Gryffindors führen sollten. Sie konnte nur mit Mühe verhindern, dass ihr Tränen über die Wangen liefen und fühlte sich furchtbar, weil sie Draco so distanziert zurückgelassen hatte. Aber ihr blieb keine Wahl und es war besser so. Denn sie glaubte keineswegs daran, dass sie gut genug für ihn war und sie durfte sich auf keinen Fall auf derartige Dinge einlassen.
Viel eher sollte sie sich wohl darum sorgen, was Valentin mit seiner Drohung des letzten Tanzes gemeint hatte und was er im Schilde führte, aber sie konnte Draco einfach nicht aus ihren Gedanken verbannen. Das erschwerte den Weg zum Gemeinschaftsraum noch zusätzlich und Amberle brachte nur mit Mühe das Passwort hervor. Die Dame des Portraits öffnete zwar, gab der jungen Hexe aber noch einen mitfühlenden Ratschlag mit auf den Weg.
,,Kopf hoch, Schätzchen. Für alles gibt es einen Ausweg."
Amberle nahm es stumm zur Kenntnis und flüchtete durch den Spalt, ehe sie sich auf direktem Wege in den Schlafsaal begab. Ein flüchtiger Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es schon mitten in der Nacht war und sie hatte gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit verflogen war. Als sie den Schlafsaal betrat, stellte sie zu ihrer Überraschung fest, dass das Bett von Hermine noch unberührt war und fragte sich, wo ihre beste Freundin steckte. Aber vermutlich ließ sie den Ball noch gemütlich ausklingen, nachdem Ron sie so angefahren hatte und lenkte sich somit davon ab. Amberle hingegen, begann sich von Schmuck und ihrem Kleid zu befreien, wobei sie spürte, wie der Ausgang der Konversation mit Draco ihr innerlich Schmerzen bereitete.
Sie sah ihn immer wieder vor sich, während sie das Abendkleid gegen Pyjama tauschte und sich dann im Badezimmer hektisch daran machte, die Schminke loszuwerden. Dabei hielt sie auch nicht länger die Tränen zurück und schloss für einen kurzen Moment die Augen, während ihre Hände das Waschbecken förmlich umklammerten und Amberle nichts außer Verzweiflung spürte.
Warum war ihr Leben so kompliziert geworden? Als sie damals erfahren hatte, dass sie eine wahrhaftige Hexe war, da hatte sie nicht erwartet, sich in einem ständigen Konflikt mit sich selbst konfrontiert zu sehen. Doch genau das tat sie und warum auch immer, schien ihr Leben nicht einfacher zu werden. Stattdessen nahmen die Komplikationen mit jedem Jahr mehr zu und es war längst nicht mehr so, wie es einmal war. In den ersten drei Jahren hatte sie gemeinsam mit ihren drei besten Freunden Hogwarts vor Gefahren gerettet und jetzt?
Sie begab sich auf einen riskanten Alleingang, der ihre eigenen dunklen Geheimnisse lüften sollte und drohte, dem Erzfeind ihres besten Freundes zu verfallen. Wobei verfallen vielleicht nicht das richtige Wort war. Vielmehr hatte sie sich ihm unbemerkt angenähert und das kam schon einem Schwerverbrechen gleich. Sie durfte keineswegs zulassen, dass sich derartige Gefühle entwickelten und musste um jeden Preis Abstand wahren. Es war der einzige Weg, die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen und so schwer es Amberle auch fiel, sie würde an ihrem Entschluss festhalten.

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