Blut gesellt sich zu Blut
Blut gesellt sich zu Blut
Als Amberle die Augen öffnete, hatte sie das Gefühl aus einem langen Schlaf zu erwachen. Zum ersten Mal seit langem sah sie wieder klar und als sich ihr Blick zum Himmel richtete, wo sie das dunkle Mal erkannte, wurde ihr mit einem Schlag wieder bewusst, was heute geschehen war.
Doch die Ereignisse rückten zunächst in den Hintergrund, da Amberle langsam wieder Herr ihrer Sinne wurde und sich die Folgen nun bemerkbar machten. Ihr ganzer Körper schien unter Strom zu stehen, die Gedanken waren ein einziges Chaos und Amberle sah sich verwirrt um, da sie ihre Umgebung versuchte zu identifizieren.
,,Amberle! Alles in Ordnung?"
Auf einmal tauchte ein Gesicht vor ihren Augen auf und Amberle brauchte einen Moment, um Harry Potter zu erkennen. Der Schwarzhaarige sah besorgt auf sie herab und die Hexe brachte ein Nicken zustande, was ihm zu genügen schien.
,,Komm mit. Wir müssen zurück zum Schloss."
Harry reichte ihr eine Hand und sie ergriff diese, um sich von ihm auf die Beine ziehen zu lassen. Als Amberle wieder auf ihren Füßen stand, erkannte sie auch die Hütte von Hagrid in nächster Nähe, die allerdings in Flammen stand und von der Rauch empor in den dunklen Himmel stieg.
Dann spürte Amberle jedoch einen Gegenstand in ihrer rechten Hand und öffnete sie, worin sie eine Brosche erkannte. Doch es war nicht irgendeine Brosche, sondern jene, die sie Draco Malfoy im vergangenen Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte.
Die Erinnerung daran wurde in diesem Moment von anderen verdrängt und Amberle zuckte zusammen, als vor ihrem inneren Auge weitere Bilder aufblitzten. Es war genauso wie Dumbledore gesagt hatte...ihre Erinnerungen kehrten zurück.
Dumbledore! Erschüttert erinnerte sich Amberle daran, wie er vom Astronomieturm in die Tiefe gestürzt und von Severus Snape dadurch ermordet worden war. Ein Todesfluch hatte sein Leben beendet und gleichzeitig den Bann gebrochen, welcher die Erinnerungen von Amberle so lange Zeit verborgen hatte...ebenso wie ihre Fähigkeiten.
,,Harry! Amberle!", drang mit einem Mal eine andere Stimme zu ihr durch und Amberle erkannte Hagrid, der die beiden zu sich winkte und seine brennende Hütte dabei vollkommen außer Acht zu lassen schien.
Harry eilte sofort auf den Halbriesen zu und Amberle folgte ihm schließlich, nachdem sie die Brosche in ihrer Hosentasche verwahrt hatte. Und auf dem Rückweg zum Schloss hatte sie Mühe, nicht von den wiederkehrenden Erinnerungen erneut in die Knie gezwungen zu werden.
Nach und nach tauchten immer mehr Bilder in ihrem Kopf auf und das gigantische Puzzle begann sich, langsam aber sicher, wie von selbst wieder zusammenzusetzen. Und mit jeder weiteren Erinnerung kehrte auch ein Stück von Amberles Kraft zurück, was die Hexe mit jeder Faser ihres Körpers spüren konnte.
Endlich kannte sie die Wahrheit. Wusste wieder, wer sie wirklich war und auch was sie war. Amberle Harvey war nur eine Tarnung gewesen, um ihre wahre Identität so lange wie möglich verbergen zu können und jetzt hatte sich der Schleier endgültig gelüftet, wodurch Amberle wieder zu der Person wurde, die sie im Grunde schon immer gewesen war: Amberle Theodora Dumbledore!
https://youtu.be/ovvHsUZGiJk
Albus Dumbledore war nicht nur ihr Schulleiter gewesen, sondern allen voran ihr Vater und nun war er durch die Hand von Severus Snape gefallen. Die Schlange hatte den Schöpfer getötet, wie es in der Prophezeiung vorher gesagt worden war. Und wie sie es verkündet hatte, war Dumbledore dadurch vom Blitz getroffenen Turm gestürzt. Der Tod von Dumbledore hatte den Bann gebrochen und Amberle ihre Phönixkräfte zurückgegeben. Ein Geschenk und gleichzeitig auch eine Bürde, was sie seit ihrer Geburt begleitete.
Doch die Erinnerungen an die Vergangenheit wurden für Amberle nebensächlich, als sie gemeinsam mit Harry und Hagrid den Innenhof von Hogwarts erreichte. Dort waren alle verbliebenen Lehrer mit den Schülern und Schülerinnen versammelt. Sie hatten einen großen Halbkreis gebildet und einige traten zur Seite, als Harry sich einen Weg voran durch die Menge bahnte.
Amberle ging im sicheren Abstand hinter ihm her und blendete dabei sämtliche Blicke aus, die sich auf die beiden Freunde gerichtet hatten. Denn all ihre Aufmerksamkeit richtete sich in diesem Moment auf den reglosen Körper von Dumbledore, der am Boden lag und seine Augen für immer geschlossen hatte.
Während Harry umgehend zu dem verstorbenen Schulleiter von Hogwarts trat, verharrte Amberle an Ort und Stelle. Sie rührte sich keinen Millimeter mehr und sah erschüttert auf den toten Körper ihres Vaters. Die Trauer traf die Hexe mit solch einer geballten Macht, dass sie große Mühe hatte, nicht an Ort und Stelle zusammenzubrechen.
Amberle schluckte schwer und wahrte mit aller Kraft ihrer Fassung, während sie die trauernden und erschütternden Gesichter ihrer Mitschüler bemerkte. Sie alle waren zutiefst schockiert von dem Tod ihres Schulleiters und Amberle konnte nur zu gut nachempfinden, was in ihnen allen vorgehen musste.
Harry kniete neben Dumbledore und griff nach dem Medaillon, ehe er eine Hand auf die reglose Brust des Zauberers legte und in Tränen ausbrach. Ginny ging zu dem Schwarzhaarigen und tröstete ihn, während auch Hermine und Ron ihre Trauer nicht verbargen. Amberle sah instinktiv hoch zum Himmel, wo das dunkle Mal noch immer prangte und sich wie ein erdrückender Schatten über die Köpfe von ihnen allen ausbreitete.
Professor McGonagall hob ihren Stab und dessen Spitze leuchtete in einem weißen Licht, welches oben im Himmel reflektiert wurde. Zuerst war es nur schwach, aber als Lehrer, Schüler und Schülerinnen ebenfalls ihre Stäbe erhoben, wurde es heller und schließlich vertrieb das Licht das dunkle Mal, samt seiner Finsternis. Amberle erinnerte sich schlagartig an die Worte ihres Vaters, die er im dritten Schuljahr an sie alle gerichtet hatte: man konnte Glück und Zuversicht selbst in Zeiten der Dunkelheit finden, wenn man nur nicht vergaß, ein Licht leuchten zu lassen.
Während all ihre Mitschüler und Lehrer noch immer auf Dumbledore sahen, zog sich Amberle unauffällig aus der Menge zurück und verschwand im nächstliegenden Korridor von Hogwarts. Sie lief ein paar Schritte, ehe sie um eine Kurve bog und sich dort mit dem Rücken an die Steinmauer lehnte.
Nun konnte Amberle ihre Fassung nicht länger wahren und spürte, wie Tränen über ihre Wangen liefen. Ihr Herz schien Tonnen zu wiegen und ihre Emotionen waren ein einziges Chaos. Sie empfand so viele Dinge zur gleichen Zeit, dass sie kaum einen klaren Gedanken fassen konnte.
Die Wahrheit hatte sich ihr offenbart und obgleich Amberle erleichtert darüber war, dass die ungeklärten Fragen somit ein Ende hatten, so lastete die Wahrheit schwer auf ihren Schultern. Nicht nur, weil ihr Leben somit vollkommen aus den Fugen gerissen worden war, sondern weil sich die Hexe nun auch wieder an alles erinnern konnte. Zwar kannte sie noch nicht jedes Detail, aber das Wichtigste war bereits zu ihr durchgedrungen.
Sie war Amberle Theodora Dumbledore! Tochter von Albus Dumbledore und Theodora Grindelwald, der Schwester von Gellert Grindelwald. Einem Zauberer, der lange Zeit vor Lord Voldemort Angst und Schrecken verbreitet hatte. Keine gute Erinnerung hatte Amberle an ihren Onkel Grindelwald, der damals ihre Mutter und später sogar Amberle selbst ermordet hatte. Doch im Gegensatz zu ihrer Mutter, war Amberle durch die mächtige Phönix-Magie später wiedergeboren worden. Nur, um dann dem nächsten schwarzen Magier gegenüberzustehen: Tom Riddle!
Aufgebracht schüttelte Amberle ihre Erinnerungen an das jüngere Ich von Lord Voldemort fort und setzte sich in Bewegung. Sie war wie in Trance und ließ sich daher von ihrem Instinkt treiben, der sie schließlich wie von selbst zum Büro von Dumbledore führte. Amberle sprach das Passwort und ließ sich vom Wasserspeier nach oben bringen, wo sie unmittelbar vor der Tür des Büros innehielt.
Ein seltsames Gefühl breitete sich in Amberle aus. Zu wissen, dass sie Dumbledore jetzt nicht wie gewohnt in seinem Büro antreffen würde, wie es in diesem Leben immer der Fall gewesen war, bereitete ihr Unbehagen und verstärkte ihre Trauer noch etwas. Aber dennoch öffnete Amberle die Tür und betrat das Büro, welches so still und verlassen war, dass es einem geradezu unheimlich vorkam.
Leise schloss Amberle die Tür wieder hinter sich und betrachtete das Büro ihres Vaters, welches sie dank ihrer zurückgewonnenen Erinnerungen nun durch einen ganz anderen Blickwinkel sah.
https://youtu.be/9HaaIUFsn30
Alles in diesem Raum erinnerte Amberle an Dumbledore und ein Blick zu seinem Gemälde an der Wand, wo er nun friedlich in seinem Stuhl schlief, trieb ihr neue Tränen in die Augen. Langsam ging Amberle durch das Büro und sah flüchtig zum Denkarium, ehe sie die Stufen beschritt und vor dem Schreibtisch stand. Wehmütig ließ Amberle ihre Finger über den Rand des Tisches gleiten und sah zum Briefpapier, wo noch eine Feder lag. Offenbar hatte Dumbledore erst vor Kurzem einen Brief verfasst und es lag noch so, als würde er jeden Moment zurückkehren und weiterschreiben.
Ein leises Flattern ließ Amberle aufhorchen und sie sah zur der Stange, wo Fawkes gerade landete und sie durch seine dunklen Augen eingehend musterte. Der Phönix hatte ihren Vater nun schon so viele Jahre begleitet und er wusste genau, dass Dumbledore längst nicht mehr unter ihnen weilte. Weshalb es Amberle überraschte, dass der Phönix noch nicht fortgeflogen war.
,,Du bist noch hier.", sagte Amberle leise und trat zu der Stange, wo der Vogel sich zu ihr beugte und sie streichelte sanft über sein Gefieder am Kopf.
Amberle hatte sich Fawkes schon immer verbunden gefühlt und im Grunde waren sie das ja auch. Nicht nur, weil Amberle eine gebürtige Dumbledore war, sondern auch, weil ihre Magie einst durch Phönix-Tränen erschaffen worden waren. Und auch heute spürte Amberle die Verbindung wieder, was Fawkes ebenso tat und seine Augen kurz schloss.
Langsam ließ Amberle ihre Hand von dem Phönix gleiten, der sich wieder aufrichtete und zum oberen Teil des Büros blickte. Amberle folgte seinem Blick und ging die Stufen rauf, wo sie ein Regal entdeckte, welches die Hexe erneut bis ins Mark traf und ihre Emotionen in ein neues Chaos stürzte.
Im Regal waren unzählige Relikte der Vergangenheit aufbewahrt und Amberle erkannte sie alle wieder. Sie sah die zerbrochenen Überreste des Blutpaktes, der einst den Blutschwur ihres Vaters und Grindelwalds beinhaltet hatte, die magischen schwarzen Handschuhe, welche sie in ihrem dritten Schuljahr zur Heulenden Hütte geführt hatten und Amberle sah sogar die Schneekugel, die sie ihrem Vater vor sehr langer Zeit einmal geschenkt hatte.
Beim Anblick all dieser Erinnerungsstücke kamen Amberle wieder die Tränen und auch die vielen Fotos, die sie mit ihren Eltern und auch Freunden von früher zeigten, berührten Amberle zutiefst. Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass ihr Vater all diese Dinge noch besaß und er sie so nahe bei sich aufbewahrt hatte.
Als Amberle sich umdrehte, stand sie mit einem Mal dem magischen Spiegel Nerhegeb gegenüber. Sie hatte sich immer vor seiner Macht in Acht genommen und als sie nun einen Blick hinein warf, kam es ihr fast schon befremdlich vor, ihr eigenes Spiegelbild zu betrachten. Doch dann setzte die Magie des Spiegels ein und die Abbildung von Amberle verwandelte sich in die ihres Vaters. Er sah aus wie damals mit seinem braunen Haar, seiner makellosen Kleidung und seinen blauen Augen, die er Amberle vererbt hatte. Ein leichtes Lächeln zierte sein Gesicht und Amberle konnte kaum glauben, dass er ihr so nah und dennoch so unglaublich fern war. Zum ersten Mal in diesem Leben konnte sie den Schmerz von Harry wahrhaftig nachvollziehen, der seine Eltern so jung verloren hatte. Denn auch Amberle war nun eine Waise, da ihr Vater nach all der langen Zeit ebenfalls gestorben war.
Amberle legte ihre rechte Hand an den Spiegel und betrachtete unter Tränen das Abbild von Dumbledore, der nun etwas stärker lächelte und seine Hand ebenfalls an den Spiegel legte. Sie wusste genau, was er ihr sagen würde, wenn er nun vor ihr stehen könnte und die Macht des Spiegels war fast schon erdrückend, weshalb Amberle langsam ihre Hand von dem Glas gleiten ließ.
Vermutlich hätte sie noch ewig dort gestanden und den Erinnerungen an die Vergangenheit nachgehangen, wenn sich in diesem Moment nicht vorsichtig die Tür des Büros geöffnet hätte. Amberle sah auf und erkannte Minerva McGonagall, die zu Amberle aufsah und ein wenig zögerlich das Schweigen brach.
,,Amberle, darf ich?", fragte die Lehrerin und Amberle nickte.
,,Natürlich...Minerva."
McGonagall schloss die Tür hinter sich und Erleichterung zeichnete sich nun auf ihrem Gesicht ab, welches aber noch deutlich mitgenommen von der Trauer um Dumbledore gezeichnet war.
,,Sie erinnern sich."
Amberle nickte und trat nun langsam die Stufen wieder herunter, ehe sie auf die Hauslehrerin von Gryffindor zuging. Allerdings blieb sie in der Nähe von Fawkes stehen, der die Konversation aufmerksam verfolgte.
,,In der Tat. Eigentlich eine Schande, dass ich das vergessen konnte. Wo wir uns im Grunde schon sehr lange kennen. Und ich schätze, Sie wissen auch von diesem Bann, der mir auferlegt worden ist.", schlussfolgerte Amberle, woraufhin Minerva ein wenig schuldbewusst den Kopf senkte.
,,Nun, Professor Dumbledore vertraute es mir an. Schon bevor Sie wieder an diese Schule kamen, weihte er mich ein. Doch er sagte mir auch, dass es um jeden Preis geheim bleiben muss. Bis der richtige Zeitpunkt gekommen ist."
,,Ja. Mein Vater hatte schon immer einen großen Hang zu Geheimnissen. Er war eben ein wahres Mysterium.", brachte Amberle hervor und schwieg für einen Moment, bevor sie sich wieder an McGonagall wandte. ,,Wer wusste es noch?"
,,Einzelne Mitglieder des Ordens sind eingeweiht und Professor Snape."
,,Die Fledermaus? Ernsthaft?", kam es überrascht von Amberle und sie gab ein ergebenes Seufzen von sich. ,,Na, super. Mein Vater vertraute Snape also mehr als mir. Gut zu wissen."
Dass einige Mitglieder aus dem Orden Bescheid wussten, das hatte sich Amberle schon gedacht und nun wurde ihr natürlich auch wieder klar, weshalb Slughorn sich in diesem Schuljahr so merkwürdig ihr gegenüber verhalten hatte. Natürlich kannte er Amberle noch von ihrem vergangenen Leben und hatte sich aufgrund des Bannes nichts anmerken lassen dürfen. Hagrid wusste es sicher auch, aber die Tatsache, dass sogar Snape eingeweiht gewesen war, überraschte die Hexe dann allerdings doch.
Minerva trat an Amberle heran und legte ihr mit einem Mal eine Hand auf die Schulter.
,,Da irren Sie sich, Liebes. Ihr Vater hat nur versucht, Sie mit allen Mitteln vor Gefahren zu bewahren und deshalb weihte er auch Severus ein. Im Bezug auf ihn offenbar ein großer Fehler, wie sich nun herausstellte."
Amberle nickte stumm, denn sie konnte noch immer nicht glauben, dass ihr Vater wahrhaftig tot war. Nach all der langen Zeit war er einfach fort und sie hatte in diesem Leben nicht einmal Gelegenheit gehabt, ein ehrliches Gespräch mit ihm zu führen. Etwas, das ihre Trauer noch schwerwiegender machte.
,,Also, können Sie sich nun wieder erinnern?", nahm Minerva das Gespräch wieder auf und Amberle schob ihre traurigen Gedanken in den Hintergrund.
,,Ja. Zwar noch nicht an alles, aber es kommt nach und nach alles wieder. Und zumindest weiß ich nun wieder, wer ich wirklich bin. Amberle Theodora Dumbledore-der wiederkehrende Phönix. So hat mich mein Vater zumindest immer genannt."
,,Dann ist der Zeitpunkt gekommen, wo ich Ihnen das hier geben soll. Albus vertraute ihn mir an, mit der ausdrücklichen Anweisung, ihn erst an Sie zu übergeben, wenn Ihre Erinnerungen zurückgekehrt sind."
Minerva zog einen Brief aus der Innentasche ihres Umhanges, den sie Amberle reichte. Die junge Hexe nahm den Umschlag entgegen und erkannte ihren Namen, der in feinen Linien auf dem Pergament verzeichnet war. Es war ohne Zweifel die Handschrift ihres Vaters.
,,Danke.", brachte Amberle hervor, doch das war noch nicht alles.
,,Und noch etwas. Ihr Vater wollte, dass sein Zauberstab an Sie geht. Zwar weiß ich nicht warum, aber es war sein ausdrücklicher Wunsch und er meinte, Sie würden dann schon wissen, was zu tun ist. Was auch immer das bedeuten mag."
Dann übergab Minerva McGonagall Amberle den Elderstab, welchen die Hexe zögerlich an sich nahm. Es war mehr als nur der mächtigste Zauberstab der Welt, sondern allen voran ein Heiligtum des Todes. Und deshalb bereitete es Amberle ein wenig Unbehagen, dieses mächtige Artefakt in ihren Händen zu halten, welches ihr Vater einst im Duell gegen Grindelwald errungen hatte.
,,Vielen Dank, Professor.", sagte sie an McGonagall gewandt und diese rang sich nun zu einem Lächeln durch.
,,Wenn ich noch anmerken darf: Albus war so unglaublich stolz auf Sie, Amberle. Es war nicht leicht für ihn, Sie jedes Jahr in der Schule zu sehen und Ihnen nicht die Wahrheit zu sagen, aber er tat das alles nur zu Ihrem Schutz. Er hat Sie sehr geliebt und er war überzeugt davon, dass Sie alles zum Guten wenden können."
Ein kleines Lächeln umspielte nun auch die Lippen von Amberle. Sie wusste, dass Dumbledore sie geliebt hatte und das hatte er in der Vergangenheit ja auch oft genug beteuert. Und obwohl sie in diesem Leben nicht gewusst hatte, dass er ihr Vater war, so hatte es dennoch Momente gegeben, in denen sie sich nahe gewesen waren und Amberle eine Verbindung gespürt hatte. Und wieder einmal hatte ihr Vater im Hintergrund die Fäden gezogen und einen geheimen Plan geschmiedet, um das Wohl aller insgeheim abzusichern. Und nichts läge Amberle ferner, als den Willen ihres Vaters zu missachten.
,,Dann werden wir wohl besser alles tun, um ihn nicht zu enttäuschen.", meinte sie und Minerva warf ihr einen zuversichtlichen Blick zu.
,,Es wird sicher nicht leicht werden, aber ich glaube an Sie. Doch Sie müssen auch an sich glauben und an Ihre Freunde. Die Dunkelheit mag im Moment sehr mächtig sein, aber sie ist nicht unbesiegbar. Und wenn Sie Ihre Fähigkeiten wiederhaben, dann sollte Voldemort sich besser in Acht nehmen."
,,Ehrlich gesagt, sind er und ich uns ja damals schon begegnet und das ist letztendlich nicht sehr gut für mich ausgegangen. Aber in diesem Leben ist irgendwie alles ein bisschen anders. Zumindest habe ich in den zwei bisherigen Lebensspannen immer gewusst wer ich bin und ich war noch nie...", setzte Amberle an, als Minerva ihren Satz schon vollendete.
,,Verliebt? Ja. Albus wunderte sich ebenfalls darüber. Er meinte, nie hätte es zuvor jemand geschafft, Ihr Herz wahrhaftig für sich zu gewinnen. Doch Draco Malfoy hat es und das machte es in den Augen Ihres Vaters ja gerade so außergewöhnlich. Stammt der junge Malfoy doch aus einer Familie im Zentrum der Todesser und ist ein Slytherin-das komplette Gegenteil von Ihnen. Zwar war Albus diesbezüglich etwas überrascht und skeptisch, aber er sagte auch, dass es wohl vorherbestimmt zu sein scheint. Nun ja, wir werden es wohl nie wirklich erfahren, was er damit sagen wollte. Ich lasse Sie nun allein. Es gibt Vieles, was Sie nachholen müssen. Wir sehen uns dann...bei der Beerdigung."
Minerva tätschelte Amberle noch einmal die Schulter, ehe sie dann das Büro von Dumbledore verließ und die junge Hexe wieder allein zurückblieb. Sie legte den Elderstab auf dem Schreibtisch ab und ließ sich auf den Stufen der steinernen Treppe nieder, welche zu der Anhöhe führte. Amberle lehnte sich mit dem Rücken gegen die Säule und öffnete den Umschlag, woraus sie den gefalteten Brief zog. Und als sie ihn aufklappte und die Handschrift ihres Vaters erkannte, wurde ihr Herz erneut schwer und die Trauer stieg in ihr wieder hoch. Umso mehr berührten sie die Zeilen, die er ihr geschrieben hatte.
Amberle,
ich weiß nicht, wann du diese Zeilen lesen wirst, aber eins ist sicher:
Ich werde sie dir leider nicht selbst überreichen können.
Wenn du diesen Brief erhältst, dann werden deine Erinnerungen
zurückgekehrt und der Bann gebrochen sein, was meinen zweifellosen Tod bedeutet.
Doch sei deshalb unbesorgt: alles geschah dann so, wie ich es beabsichtigt habe.
Vermutlich fragst du dich, warum ich dir in all den Jahren dieses Lebens nie die
Wahrheit gesagt habe und es gibt auch keine Entschuldigung dafür. Es war nicht leicht, dich in diesem Leben aufwachsen zu sehen mit dem Wissen, dass du dich nicht daran erinnerst, wer du wirklich bist und dennoch war es nötig, um dich zu beschützen.
Denn all das habe ich zu deinem Schutz getan.
Du hast einst dein Leben gegeben, um mich vor dem Tod zu bewahren und nun gebe ich mein Leben, um dir die nötige Stärke zurückzugeben, mit der ihr diesen Krieg gewinnen und das Böse besiegen könnt. Obgleich sie dich kaum vor dem unvermeidbaren Schicksal bewahren kann, welches dir bevorsteht und wenn du deine Erinnerungen zurückhast, wirst du erkennen, was für ein Schicksal dich erwartet und die Prophezeiung dir verkündet hat.
Bitte verzeih mir, dass ich in diesem Leben von dir, solch ein Geheimnis um die Wahrheit gemacht und dir nicht verraten habe, was hinter allem steckt. Auch, dass ich jetzt nicht bei dir sein kann, tut mir sehr leid und dennoch weiß ich, dass du stark genug sein wirst, um den Pfad zu bewältigen. Denn du warst schon immer die Stärkere von uns beiden, weshalb mein Opfer keineswegs umsonst sein wird.
Du kennst nun die Wahrheit und weißt auch, wie man am besten gegen Tom Riddle vorgehen kann. Dennoch habe ich dir diese Phiole mit meinen Erinnerungen beigelegt, denn sie wird dir einen nötigen Einblicke in den geheimen Plan geben, den ich für den Kampf gegen Tom entworfen habe. Das wichtigste Detail vorweg: Severus Snape hat mich auf meinen eigenen Wunsch hin ermordet, denn er kennt ebenfalls die Wahrheit und er ebnet dir eine direkte Verbindung zu Voldemort.
Harry ist der Auserwählte und somit der Einzige, der Lord Voldemort vernichten kann. Doch er muss zuerst die ganze Geschichte erfahren und er muss es aus eigener Hand tun. Er wird deine Hilfe brauchen, aber dennoch darfst du ihn nicht direkt auf den erforderlichen Pfad führen. Wenn du die ganze Wahrheit erkannt hast, musst du zu deinen alten Methoden zurückkehren und aus dem Hintergrund heraus agieren-so, wie wir es schon immer getan haben.
Mir bleibt keine Zeit, um dir alles selbst zu erklären und dennoch vertraue ich darauf, dass du weißt, was zu tun ist. Doch eins will ich dir sagen: es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an unsere alten Zeiten denke und sie mir zurückwünsche. Und auch wenn mir nun der Tod bevorsteht, so werde ich immer bei dir sein. Du bist nicht allein, Amberle und du hast nun alles, was du brauchst, um diesem Krieg ein Ende zu bereiten und Harry dabei zu helfen, Voldemort zu vernichten.
Doch sei auf der Hut. Er steht ebenfalls auf der Seite von Voldemort, obwohl mir seine Rolle in dieser Hinsicht noch nicht klar ist. Aber er jagt dir auch in diesem Leben nach und nicht einmal ich bin im Stande, gegen ihn etwas zu unternehmen. Obwohl ich es versucht habe, was dir sicher mittlerweile klar geworden ist.
Der Orden wird sich bald an dich wenden und die Wahrheit bringt eine große Verantwortung, sowie Bürde mit sich. Doch sei versichert, dass alles seinen Weg gehen wird und ich bin sicher, wir werden uns wiedersehen. Sei stark, Amberle und vertraue auf deine Fähigkeiten. So, wie ich auf dich vertraue und wir alle auch auf Harry vertrauen. Gemeinsam könnt ihr das Böse besiegen und den Frieden wiederbringen.
Albus
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