Euphemia
Es stellte sich in den nächsten Tagen heraus, dass es durchaus schwierig war das Geschehene zu verarbeiten. James Eltern hatten ihm ohne zu zögern angeboten, dass ihr Zuhause ab jetzt jederzeit auch sein Zuhause sein könnte. Und Sirius... Sirius zögerte. Es war nicht so, dass er sich hier nicht sicher fühlte, zur Hölle, nach Hogwarts war es wohl einer der wenigen Plätze an denen er glücklich und gesund war. Auch wusste er, dass James sicher kein Problem damit hätte, würde Sirius tatsächlich bleiben. Er war niemand, der sich seiner Rolle in seinem Haus nicht bewusst war, genauso wenig hatte er das Gefühl um die Liebe seiner Eltern kämpfen zu müssen.
Euphemia und Charles waren nette, herzliche Menschen und Sirius glaubte auch, dass sie sich ernsthaft um ihn kümmerten, soweit man sich eben um ihn kümmern konnte. Er hätte hier einen Platz bei dem er sich endlich nicht als platzverschwendung fühlen müsste. Sich keine Gedanken über die nächste Mahlzeit machen musste. Dinge zu tun und zu sagen, zu denken ohne sich zu sorgen, wie schmerzhaft die „Konsequenzen seiner Taten" sein würden.
Sirius hatte genug Ferientage hier verbracht um all dies zu beobachten. Er wusste all dies. Und dennoch...
Selbst er wusste nicht genau , was sein Problem war. Er fühlte einen wilden Wirbel aus Gefühlen, wie ein verknotetes Wollknäuel aus Emotion, unmöglich zu erkennen oder zu entwirren.
Es waren drei Tage vergangen und obwohl er nach besten Kräften versuchte es zu verbergen, dieses undefinierbare Kopfchaos, bleib es nicht unbemerkt. Sirius war klar gewesen, dass James es bemerken würde, er kannte ihn seit 5 Jahren und konnte ihn normalerweise wie ein offenes Buch lesen. Normalerweise. James kannte Sirius als Sirius, als Unruhestifter, jemand der immer einen dummen Spruch auf den Lippen hatte, selten ruhig dassaß und häufig scherzte und lachte. Jemanden der glücklich war, denn diese Person war er in Hogwarts.
Nur selten bekam er einen Blick auf Sirius Orion Black, nur selten sah er seine Jähzornigkeit, seine Unfähigkeit Gefühle auszudrücken,jemand der wie ein wilder Hund um sich biss, mit dem Ziel zu verletzen und zerstören. Um sich selbst zu schützen. Starr und ruhig zu sein, Gefühle und Emotionen zu verstecken, selbst die Körpersprache als Abbild des perfekten Erben.
Wenn er diese Person sah, dann vor oder nach den Ferien, wenn er abwesend wurde, ruhiger, nachts aus dem Schlaf aufschruck oder zornig und trotzig wurde.
Doch jetzt war er keine dieser Seiten seines Charakters. Er fühlte sich gedämpft, taub, als läge eine Decke über ihm und seinem Leben.
Er wusste also, dass James sein verändertes Verhalten bald bemerken würde, doch entgegen seiner Erwartung sprach dieser es nicht an.
Tatsächlich war es Euphemia, welche ihn am 5 Tag nach seiner Ankunft nach dem Essen beiseite nahm. Es hatte Nudelauflauf gegeben, Sirius hatte zweimal nachgeschöpft und sich anschließend bereiterklärt ihr beim Tischabräumen zu helfen.
Das erledigen von einfacher Hausarbeit war noch so eine Sache in der sich die Potter- Familie so grundlegend von der der Blacks unterschied. Während seine Eltern wohl lieber hunderte von Hauselfen unter Versklavung umgebracht anstatt einen Finger zu krümmen, bestanden sowohl Euphemia als auch Charlus darauf, dass sie einfache Arbeit selbst erledigen konnten. Etwas James mit liebevollem Spott „im hohen Alter fit und beschäftigt bleiben" nannte und das Konzept der Hausarbeit weniger mochte. Sirius jedoch empfand diese Einstellung als seltsam Tröstlich, eine deutliche Abgrenzung und Unterscheidung zu dem Haus in dem er aufgewachsen war.
Diese Abgrenzung spürte er im Potter- Haus ständig, auch jetzt wo er Euphemia in der Küche gegenüber stand. Sie neigte ihren Kopf leicht zur Seite, ihren Körper an der Küchentheke abgestützt und begann mit ihrer ruhigen, gleichmäßigen Stimme zu sprechen. Selbst ihre Stimme war solch ein Kontrast zu der seiner Mutter, welche dauernd harsch und kalt sprach, doch auch Euphemias Stimme konnte den kalten Kloß der bei ihren Worten entstand nicht verhindern.
„Dein Vater hat mich kontaktiert. Er meinte ihr hättet eine kleine, aber nichtige Meinungsverschiedenheit gehabt und du sollest dich nicht darin verlieren. Er möchte, dass du übermorgen wieder vor seiner Tür stehst."
Sirius konnte beinahe nichts erwidern. „Eine kleine Meinungsverschiedenheit, was für eine Art es auszudrücken." dachte er, beinahe hätte er aufgeschnaubt. Er zog seine Augenbrauen hoch.
Euphemia sah es und spiegelte seinen Ausdruck. „Was ist wirklich passiert? Was war los, Sirius?"
Ja, was war den passiert?
Kein Kämpfen. Kein Streiten. Sträube dich nicht. Was im Haus passiert bleibt im Haus.
„Laut seiner Erklärung war nichts passiert, nur ein Streit. Bist du nur wegen einem Streit für 5 Tage zu uns gekommen? Es ist normal sich mal als Familie zu streiten, weißt du, ich werde euch dafür nicht verurteilen."
War nichts passiert? War das was seine Kindheit ausmachte normal, stellte er sich nur zu empfindlich an?
Zu sensibel. Hör auf zu weinen! Du hast es dir selbst zugefügt. Stell dich nicht so an. Ruhig jetzt.
Crucio!
Sirius war versucht sich die Hände auf die Ohren zu pressen um das Echo der Stimmen seiner Eltern auszublenden. Die Küche vor ihm verschwamm, Euphemias Gesicht wurde undeutlich und er konnte beinahe den Rauchgeruch in der kalten Küche riechen. Der kalte Boden brannte sich in seinen Rücken, die kleine Pastete war aus seiner Hand gefallen und lag neben dem Ofen, seine Mutter ragte über ihm auf.
„Sirius?"
Euphemias Stimme riss ihn zurück, zurück in die warme, behagliche Küche, riss ihn zurück in die Realität. Sie sah ihn besorgt an, offenbar hatte er zu lange nicht reagiert. Dumm. Er spürte wie seine Wangen rot wurden.
„Hör zu . Ich glaube ihr nicht, dass nichts vorgefallen ist."
„Tust du nicht?"
„Nein. Du bist zuvor schon hin und wieder einige Tage bei uns gewesen und du hast dich diese Zeit anders verhalten. Ich bezweifle, dass es daran liegt, dass du älter geworden bist." Sie seufzte. „Und das hab ich deiner Mutter auch gesagt."
Uh. Sirius konnte sich lebhaft vorstellen, wie das Gespräch ab dem Zeitpunkt abgelaufen war.
„Ihre Reaktion hat für mich alles bestätigt, sie meinte ich solle ihr ihren Sohn zurückgeben und abpassen, dass sie mir keine Flüche auf den Hals hetzen würde. Aber letztendlich..."
„Muss ich zurück?" fragte Sirius gehetzt, seine linke Hand fest um den Stoff seiner Jeans geballt.
„Nein, ich habe alles geregelt.Du brauchst dich darum nicht zu kümmern. Aber ich verspreche dir, dass alles gut ist."
Sirius Stirnrunzeln vertiefte sich. „Ich bin kein kleines Kind mehr, bitte erzähl mir was passiert ist." Er hasste Geheimnisse wirklich.
Euphemia zögerte, doch dann setzte sie wieder an und begann den Rest zu erzählen. „Ich sagte, ich würde sie verklagen, woraufhin sie begann mir aufzuzählen wie viel Macht, Anwälte, Geld und Verbündete im Zaubereigarmot sie hätten und das ich keine Chance hätte."
Sie sah, dass der Junge ihr gegenüber merklich blass wurde und fuhr rasch fort. „ Aber auch ich habe ein Verständnis davon, wie Politik funktioniert und so sagte ich ihr, dass ich zwar nicht sachlich gewinnen könnte, wohl aber den Ruf des Hauses Black nachhaltig schädigen. Nun, da hatte ich dann doch gewonnen, denn die Veröffentlichung einiger Papiere wollte sie wohl nicht riskieren." Sie endet mit einem kleinen, triumphierenden Lächeln auf den Lippen.
Sie erwähnte die 10000 Galeonen die als Spende auf das Konto der Blacks überwiesen wurden nicht, genauso wie die zahlreichen Beleidigungen und Beschimpfungen die über sie und den schwarzhaarigen Jungen herabgeprasselt waren. Zwar war er sicherlich kein Kind mehr, aber er musste diese Grausamkeiten nicht hören, zumindest nicht nochmals. Und sie schwor, bei ihrer Magie, dass er sie hier nie zu hören bekommen würden, dass er sich hier nie fürchten oder ducken musste. Stattdessen würde es Kekse, Scherze, Kakao und Spieleabende vor dem Kamin geben. Mit Umarmungen und Lachen und Familie.
Und als sie sah, wie nach der obligatorischen Entschuldigung, dass er ihr so viel Arbeit gemacht hätte -welche sie natürlich sofort abwischte- ein Lächeln auf seinem Gesicht aufblühte, da wusste sie, dass es das wert war.
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Joa, hat zwar eine Weile gedauert, aber hier ist ein neues Kapitel :)
Ich würde mich wirklich freuen, wenn ihr kommentiert, es motiviert mich einfach viel mehr.
Ansonsten... in meinem Leben ist viel und wenig zugleich los, mal sehen, wann ich wieder aktualisiere.
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