Alles umsonst?

So stand er da. Er stand da und sah hinunter, in den Hof. Was war nur aus der Schule geworden? Was war nur aus seinem alten zu Hause geworden? Was hatte er nur getan?

"Dumbledore, weshalb? Weshalb musste ich das tun? Sie sehen doch, was passiert ist." Doch ihm wurde seine Frage nicht beantwortet. Von wem auch? Niemand war mehr da. Niemand, der ihm auch nur irgendwas bedeutet hatte, war mehr da.

Nicht der alte Mann, dem er alles anvertraut hatte. Nun ja, zu mindest fast alles. Doch Dumbledore war der einzige, lebende Mensch gewesen, welcher ihn auch nur ein wenig kannte.
Er war einer der beiden Menschen gewesen, der ihn auch nur irgendwie kannte.
Vielleicht wäre sein Leben besser verlaufen, wäre er offener gewesen. Doch wer konnte ihn das sagen? Es hätte auch schlimmer werden können.
Trotzdem war er froh, dass er dem alten Professor von Lily erzählt hatte. Er war froh, dass er ihn nicht ausgelacht hatte, sondern versucht hatte, ihm zu helfen. Nur, war es vergebens.

Wieder blickte er hinunter. Der Weg zu springen wäre einfacher für ihn gewesen, als der Weg der vor ihm lag. Doch nun konnte er nicht aufgeben. Täte er dies, wäre alles um sonst.
Er wusste, dass er wichtig war. Er war wichtig für die Sache, die er nie verstanden hatte. Doch eines hatte er verstanden; es gibt darum, Lily Potters Sohn zu retten.

Wenn es dir wichtig ist, dann kämpfe. Kämpfe für Harry. Dann war ihr Tod nicht umsonst.

Ja, dann war Lilys Tod nicht umsonst. Dann wäre die wunderschöne Frau nie gestorben. Die einzige, die Severus je wirklich geliebt hatte.
Ihr Tod war unnötig gewesen, das wusste er. Doch auch wusste er, dass sie aus Liebe gehandelt hatte.

So wie er.

Sie hatte sich aus Liebe zu ihren Sohn Harry geopfert und so ihr eigenes leben beendet. Ihr eigenes, ebenso wie das innere Leben des Mannes.
Er wusste, dass er es nicht mehr lange machen würde. Trotz seines Jungen Alters, obwohl er noch nicht einmal 40 war, hatte er schon zu viel schlimmes erlebt.
Er hatte mehr schlimmes erlebt, als viele Menschen die älter waren als er.

Er hatte viele Menschen verloren, er hatte sich selbst verloren.
So merkte er, dass sich der schmerz immer tiefer in ihn hinein fras. Doch dadurch wurde ein neues Gefühl freigegeben. Ein Gefühl, welches jeder Menschen besitzt und welches bei jeden einmal, oder öfter, austritt.
Die Wut.

Er war wütend. Wütend auf Lord Voldemort, welcher auf der Jagd nach einem unschuldigen Jungen war. Auf Lord Voldemort, welcher so viele Leben zerstört hatte. Welcher getötet hatte, ohne auch nur ein bisschen Reue zu verspüren.

Reue. Diese überkam ihm Jedes mal, wenn er sein Leben zurück dachte. Konnte ein Mensch denn wirklich so viele Fehler in seinem Leben machen? War dies denn wirklich normal?
Doch er wusste noch einen Menschen, welcher Reue empfand. Oder empfunden hatte. Nicht nur einen, noch weitere.

Dumbledore hatte tiefe Reue empfunden.
Vielleicht war das, was Albus Dumbledore durchlebt hatte eine Form, welche sich ihm anpasste.
Doch wie hatte es der alte Zauberer so lange ausgehalten, ohne sich selbst umzubringen?
Snape wusste, dass auch Dumbledore mit der Liebe zu kämpfen hatte.

Hatten er und Dumbledore nicht das gleiche Problem? Waren sie beide nicht daran Schuld, dass die Menschen, welche sie liebten tot waren?

Doch, Dumbledore hatte es tun müssen. Er hatte es für das größere Wohl getan, auch wenn es ihm geschadet hatte.

Und er? Er hatte es aus Überzeugung getan. Er hatte nicht gewusst, dass es Lily sein würde. Doch trotzdem, war er Schuld.

Dann war ihr Tod nicht umsonst. Dann war der Tod so vieler Menschen nicht umsonst.

Kein Tod war umsonst. Jeder hatte einen Grund.

Dann war der Tod so vieler Menschen nicht umsonst. Nicht der von Lily, nicht der von James.

Nicht der von Regulus, hatte Severus damals in seinen Gedanken hinzugefügt.
Wie ging es seinen besten Freund wohl? Eigentlich wollte er gar nicht an des schwarzhaarigen denken. Wollte nicht an die Momente mit ihn denken, welche viel zu wenige waren. Ja, Regulus war zu früh gestorben. Viel zu früh. Mit 18, er hatte gerade erst die Schule abgeschlossen.
Severus hatte seinen besten Freund nun seit fast 20 Jahren nicht mehr gesehen.

Er wusste nicht, wie der Junge gestorben war. Er hatte mit bekommen und war sich sicher, dass einer der Todesser ihn umgebracht hatte. Er war sich darüber sicher gewesen.

Doch bevor Dumbledore starb, hatte er zu Severus gesagt:

Auch Regulus starb so, wie es sich mancher wünscht. Als Held. Als ein Held, welcher gefeiert werden würde. Mit seinem jungen Alter hat er etwas verstanden, das niemand nach ihm verstanden hat.

Was genau Dumbledore damit gemeint hatte, war offen geblieben. Nur eines stand für Severus fest; Regulus hatte etwas getan, um Lord Voldemort zu stürzen und war dabei umgekommen. Mit 18 Jahren.

Wieder sah er runter. Er hatte lily verloren und das noch vor ihrem Tod. Weshalb kämpfte er noch für sie? Oder war sie gar nicht die einzige Person, für die er am Leben blieb?

Lohnte es sich überhaupt noch, zu leben?
Niemand würde ihn vermissen.
Niemand brauchte ihn wirklich.
Niemand wusste über ihn bescheid.
Niemand würde weinen.
Niemand würde sein Grab schmücken.
Niemand würde bei seiner Beerdigung sein.
Niemand würde stand können, was er alles geschafft hatte.
Niemand könnte der Welt von ihm berichten.

Und als sich der Mann nach vorne beugte, blickte ein Junge hoch. Ein Junge, den der Mann mir zu gut kannte.
"Regulus." Flüsterte er.

Doch es war nicht Regulus. Es war Neville.

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