~1978, Haus der Potters~

"Ich würde dich heiraten, weißt du das?"

Der Satz verließ Sirius' Lippen  unbeabsichtigt- als wäre er zusammen mit dem Rauch seiner Zigarette entflohen- aber gedacht hatte er es schon etliche Male. Nun stand er in der Luft und Sirius konnte ihn nicht mehr zurücknehmen- nicht, dass er es wollte. Denn es war die Wahrheit.

Nun sah er zu Remus und konnte im Halbdunkeln erkennen, wie er die Augenbrauen hob. Der Rest seines Gesichts lag regungslos, es war einer dieser Ausdrücke, die Sirius nicht deuten konnte, obwohl er wusste, dass sich mehr dahinter verbarg.

Sie hatten geschwiegen- bis zu diesem Satz, der nun zwischen ihnen stand, wie die Überschrift auf einem unbeschriebenen Blatt, und darauf wartete, aufgenommen zu werden. Remus schwieg. Sirius betrachtete sein Gesicht von der Seite, bewunderte die Art, wie sich dessen Konturen im schwachen Licht der erleuchteten Fenster hinter ihnen von der Dunkelheit abhoben- die Linie seines Kiefers, seines Wangenknochens, die Narbe, die sich über seine linke Wange zog. Remus' Augen lagen im Schatten, Sirius wollte, dass er den Kopf wandte, dass er ihn ansah, dass er etwas sagte.

Sirius öffnete den Mund, obwohl er nicht einmal wusste, was er sagen wollte- es wiederholen, es zurücknehmen, das Thema wechseln- es wäre alles falsch gewesen. In dem Moment regte sich Remus, er hob die Hand und schob sich die Haare aus der Stirn, um sie bloß noch wirrer zurückfallen zu lassen, und lehnte sich weiter vor, um die Ellbogen auf die Knie zu stützen.
"Ja?"
Er schnaubte leise, fast wie die Andeutung eines Lachens. Sirius mochte die Art, wie Remus' Mundwinkel zuckten, nicht. Er konnte es gerade noch so erkennen, der Rest von Remus' Gesicht war geradezu im Dunkeln verschwunden. Es war ein amüsiertes Lächeln, als könnte er es nicht ernst nehmen- nicht Sirius'-, sondern seinetwegen. Er brauchte nicht darüber nachzudenken, er wusste, dass Remus so dachte. Dass er immer so dachte.

"Ja- Nein, ich meine es ernst. Remus."
Sieh mich an.
Es hörte sich zu ernst an. Remus. Er hatte immer Moony gesagt, er musste viel zu oft Remus sagen. Für einen kurzen Moment fühlte sich Sirius' Brust furchtbar eng an, es war alles viel zu ernst, in letzter Zeit. Viel zu groß.

Dann sah Remus ihn an, und sein Gesicht fing das warme Licht vom Inneren des Hauses auf. Ein paar Sekunden lang sahen sie sich gegenseitig an, und Sirius hatte das Gefühl, wieder Luft holen zu können, weil Remus' Augen diesen goldenen Schimmer hatten. So wie immer schon.

Schließlich senkte Remus den Blick auf die Zigarette in Sirius' Hand, die vergessen vor sich hin glühte, und nahm sie Sirius ab. Doch anstatt sie auszutreten, wie er es immer getan hatte, hob er sie an die Lippen und zog daran, ganz so, als wäre er geübt darin.

Sirius' Augenbrauen schnellten überrascht in die Höhe. Remus rauchte nicht, hatte er nie. Den neckenden Kommentar, der bereits auf seiner Zunge lag, schluckte er herunter und dachte stattdessen grinsend, dass er sich an diesen Anblick durchaus gewöhnen könnte. An die Zigarette zwischen Remus' langen, blassen Fingern, seine Lippen an dem Filter, wie er sie wieder öffnete und den Rauch in die lauwarme Nachtluft atmete.

Als Remus die Hand mit der Zigarette locker wieder auf sein Knie fallen ließ und den Kopf in den Nacken legte, sodass Sirius die feinen Bartstoppel auf seinem Kinn sehen konnte und beobachtete, wie sich sein Adamsapfel beim Schlucken bewegte, überkam ihn beinahe der Drang, Remus an sich zu ziehen und ihn zu küssen, den Rauch aus seinem Mund zu schmecken, seinen heißen Atem auf den Lippen zu spüren.

Stattdessen biss Sirius sich auf die Unterlippe, bis es einen Moment lang wehtat, um sich wieder zu fangen.
Er wartete, auf eine Reaktion, auf irgendetwas.

Flüchtig glitt Remus' Blick wieder zu Sirius, als er zu lange schwieg, um einen Grund dafür zu finden.
"Würdest du."
Den Blick wieder nach vorne, ein weiterer Zug, Rauchschwaden in der Dunkelheit. Sirius starrte auf Remus' Hände, anstatt auf seinen Blick zu warten.

"Würde ich, ja. Du nicht?"
Er wollte nicht so klingen. Es war zu erwartungsvoll, zu drängend. Sirius zwang sich zu denken, Remus verdiene mehr als genug Zeit, um darüber nachzudenken, er musste es aber trotzdem wissen. Ob Remus die gleichen Gedanken hatte, wenn er ihn ansah, ob er sich das gleiche wünschte. Oder ob er wirklich noch nie darüber nachgedacht hatte.

"Das ist...", wieder ein Schnauben, fast ein Lachen, "Das ist in keinem Fall eine Option." Remus lächelte, diesmal war es echt, wenn auch nicht besonders glücklich.

Sirius musste lachen. "Das ist mir klar. Deshalb sage ich ja, ich würde. Ich würde, wenn ich könnte."

"Wenn wir nicht...", anstatt den Satz zu beenden, hielt Remus sich die Zigarette ein weiteres mal an die Lippen. Es war nicht nötig, die Wörter standen unausgesprochen in der Luft und sie beide kannten die Bedeutung.

Wenn ich keine Angst haben müsste, auf der Straße deine Hand zu halten.
Wenn ich dich in Hogwarts hätte küssen können, ohne dich versteckt hinter eine Säule zu ziehen.
Wenn wir nicht sagen müssten, wir hätten "das richtige Mädchen noch nicht gefunden", wenn es um Beziehungen ging.
Wenn wir nicht mitten in einem Krieg feststeckten.
Wenn ich nicht jeden Vollmond um dein Leben fürchten müsste.
Wenn wir nicht so jung wären.
Wenn ich nicht trotzdem jeden Tag Angst haben müsste, dich zu verlieren.

Sirius nickte, und die Enge in seiner Brust war wieder da. Bevor sie ihm die Kehle zuschnüren konnte, griff er nach der Zigarette und verschränkte stattdessen Remus' Finger mit seinen eigenen. Sirius' Hand war wärmer, und Remus griff sofort danach, als hätte er nur darauf gewartet.
Sirius strich mit dem Daumen über Remus' Handfläche, zog an der Zigarette, und mochte das Gefühl, das Remus' Lippen an dem Filter hinterlassen hatten. Daran konnte er sich wirklich gewöhnen.

"Habe ich in der Angelegenheit denn auch etwas zu sagen?" Remus' Ton war leichter, nachdem sie ein paar Momente lang geschwiegen hatten, er sah Sirius an und ein schiefes Lächelnd umspielte seine Lippen. Sirius atmete aus. Ein sanftes Lachen entwich seiner Kehle, es fühlte sich befreihend an.

"Das will ich doch wohl schwer hoffen, Moony."
Remus schüttelte den Kopf, schnaubte leise. Er sah amüsiert aus.
"Du sagst sowas einfach... Sirius, ich weiß wirklich nicht-"
Lächelnd lehnte sich Sirius näher zu ihm, sah ihm in die Augen. Er wollte ihn küssen, er wollte ihn wirklich küssen.

"Ich weiß. Ist okay. Sag mir einfach... würdest du? So ganz theoretisch."

"Dich heiraten."

"Genau."

"So ganz theoretisch."

Sirius lehnte sich weiter vor, spürte beinahe Remus' Lächeln an seinen Lippen, fühlte Remus' Atem auf seiner Haut, als er hauchte: "Ja. Würde ich."

Die Enge löste sich flatternd ins Nichts auf, wie von selbst, während er Remus an sich zog, ihn küsste, den Rauch in seinem Mund schmeckte.

***

Irgendwie habe ich das Gefühl, das Ende ist immer der schlechteste Part meiner Oneshots...
Naja, wie findet ihr diesen? Ich mag ihn sogar, im Moment :3

(nicht probegelesen, weil ich immer noch Schiss davor habe... :)))