Mondlicht II
Eine friedliche Stimmung lag über dem Gryffindor Gemeinschaftsraum. Das warme Orange des Kaminfeuers mischte sich mit dem goldenen Licht der untergehenden Sonne, das durch die bodentiefen Fenster schien. Vereinzelt saßen Schüler auf den rot-goldenen Sesseln und Teppichen und lasen, spielten Zaubererschach oder schrieben Aufsätze.
Die gemächliche Stimmung wurde von zwei Jungen unterbrochen, die durch das Portätloch kletterten. Sie trugen durchnässte Quidditchuniformen und schlammige Stiefel und hatten ihre Besen geschultert.
James Potter strich sich durch die schweißnassen Haare, die wie immer in alle richtungen abstanden, und warf lachend den Kopf in den Nacken. Sirius Black lief neben ihm und hatte ein lässiges Lächeln aufgesetzt, während er seinem Freund etwas schilderte.
Sie liessen sich gegenüber von einem kleinen, blonden Jungen auf ein Sofa fallen. "Hey, Pete. Du wirst nicht glauben, was Sirius beim Quidditchtraining gemacht hat-", fing James gackernd an, bevor er sich selbst unterbrach: "Wo ist Moony?"
Peter Pettigrew warf Sirius einen unsicheren Blick zu, bevor er auf seine Hände starrte. "Oben, im Schlafsaal.", murmelte er unsicher. "A-aber er meinte, er wolle alleine sein, also-", fügte er schnell hinzu, als seine Freunde sich erhoben und durch den Raum schritten.
Doch Sirius unterbrach ihn: "Tja, dann muss er das jetzt wohl ertragen, denn wir müssen duschen gehen." Er deutete auf James und sich, während sie die Wendeltreppe hochgingen.
Die drei Jungen fanden Remus in der Erker-Nische vor, gekuschelt in einen großen Pullover und in ein Buch vertieft. Seine braunen Augen zuckten nur kurz in ihre Richtung, dann starrte er wieder auf die Seiten des Buches.
Sirius verschwand im Bad, während James seine Quidditch-Ankedoten zum besten gab. Seufzend zog er den nassen, verschmutzten Umhang und den Pullover aus und ließ beides achtlos auf die Fliesen plumpsen.
Im Spiegel betrachtete er sein Gesicht. Ein tiefer Kratzer zog sich quer über seine schmale Nase und seine Unterlippe war aufgeplatzt. Seinen neugierigen Mitschülern hatte er erzählt, er sei in eine Schlägerei geraten.
Sirius stellte sich unter die Dusche und ließ das warme Wasser auf sein Gesicht prasseln. Er genoss das stete Rauschen des Strahls und schloss die Augen.
Die letzten Tage waren nicht einfach für die Rumtreiber gewesen. Remus hatte sich abgeschottet und redete kaum noch mit ihnen. Sirius schmerzte es, seinen Freund so zu sehen.
Als der Black aus der Dusche trat und sein Handtuch vom Boden klaubte, entschloss er sich dazu, endlich mit Remus zu reden. Er hatte schon mehrere Versuche gestartet, die Geschehnisse vom letzten Vollmond anzusprechen, doch Remus hatte ihn jedes Mal abgewürgt. Doch jetzt musste Sirius hartnäckig bleiben.
Als er jedoch aus dem Bad auftauchte, mit nassen Haaren und einem Handtuch um die Hüfte gewickelt, waren die Vorhänge von Remus' Bett bereits zugezogen. Resigniert seufzte Sirius und legte sich ebenfalls Schlafen.
~
Die große Halle war wie jeden Morgen erfüllt von den fröhlichen Stimmen der Schüler, die zusammen mit den Geräuschen von Geschirr und lautem Lachen die ganze Halle erfüllten. Sirius, Peter und James saßen sich gegenüber am Gryffindortisch. Sie redeten ungewöhnlich wenig und schlangen nur ihr Frühstück herunter.
Sirius sah von seinem Müsli auf und erblickte Remus, der die Halle betrat. Er steckte wieder in einem übergroßen Pulli und seine Locken fielen ihm in die müden Augen. Er schlurfte genau auf die Rumtreiber zu und in Sirius keimte Hoffnung auf, doch Remus stoppte vorher und nahm neben Lily Evans Platz.
Remus hob kurz den Blick, schaute aber schnell wieder runter auf seinen Toast, als er Sirius' Blick traf, der auf ihm ruhte. Wie gerne wäre er einfach zu seinen Freunden hinübergegangen. Wie gerne hätte er mit ihnen geredet und Streiche ausgeheckt, so wie früher. Aber er konnte nicht, das war ihm klar.
"Remus?", ertönte Lilys Stimme sanft. Remus hob den Kopf und sah in ihr hübsches Gesicht. "Was ist los?", fragte die Rothaarige fest. Der Gryffindor öffnete den Mund, um eine lasche Entschuldigung hervorzubringen, doch Lilys durchdringender Blick ließ ihn verstummen. Schwach zuckte er mit den Schultern.
Lily verstand, dass ihr Freund noch nicht darüber reden wollte. Sie respektierte das und nahm sich vor, einfach für ihn da zu sein.
Den ganzen Schultag verbrachte Remus mit Lily und ignorierte Sirius' Blicke, die er durchgehend auf sich spürte. Am Nachmittag, nach seiner letzten Stunde, ging er alleine runter zum See. Er setzte sich an ein Stück Ufer und begann, gedankenverloren Steinchen ins Wasser zu werfen.
"Moony!", hörte er nach einer Weile James' Stimme. Remus drehte den Kopf und sah die restlichen Rumtreiber über die Wiese stapfen, direkt auf ihn zu. Seufzend erhob sich der Braunhaarige und setzte dazu an, in Richtung Wald zu verschwinden, doch er kam nur ein paar Schritte weit, bevor James ihn von hinten packte und festhielt. "Oh nein, diesmal haust du uns nicht ab!", sagte er fest.
James drehte Remus' Arme auf seinen Rücken und dieser zischte halb ärgerlich und halb aus Schmerz, da James ihm die Hand abquetschte. "Lass mich los, du Idiot!", rief er und zappelte, doch er hatte mit seinem hageren Körper keine Chance gegen den trainierten Quidditchspieler.
"Wenn du uns versprichst, nicht abzuhauen."
Remus schnaubte und verdrehte die Augen, zischte dann aber: "Ja, okay, ich verspreche es. Zufrieden?"
Mit einem zufriedenen Lächeln ließ James von seinem Freund ab und stellte sich neben Peter.
"Wir wollten mit dir reden, Remus.", begann Peter nach ein paar Momenten des Schweigens. "Ja, das habe ich mir auch schon gedacht.", schnaubte Remus.
Sirius trat einen Schritt vor und atmete noch einmal tief durch, bevor er sagte: "So kann das doch nicht weitergehen, Remus. Wie lange willst du uns noch ignorieren? Du weißt genau, dass niemand dir die Schuld gibt. Es ist nicht deine Schuld.", wiederholte der Black eindringlich.
"Es ist egal, wessen Schuld es ist. Ich kann nicht länger mit euch befreundet sein, verdammt, ich hätte mich garnicht darauf einlassen sollen.", erwiderte Remus mit erstickter Stimme und versuchte, den Klos in seinem Hals runterzuschlucken.
Die drei Jungen sahen sich erschrocken an, dann trat Sirius noch weiter vor, bis er direkt vor Remus stand, der vermied, ihn anzusehen und an seinem Ärmel herumnestelte.
"Was redest du eigentlich für einen Schwachsinn, Lupin?", sagte Sirius aufgebracht und gestikulierte wild. "Denkst du wirklich, wir lassen dich das durchziehen? Wir lassen dich gehen, nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben?" Seine Stimme wurde immer weicher und er strich vorsichtig über den Arm seines Freundes. James und Peter waren ebenfalls näher getreten und nickten zustimmend.
"Das müsst ihr aber!", rief Remus mit einem mal und wich vor Sirius' Berührung weg.
"Ihr könnt nicht mit mir befreundet sein, ich bin gefährlich!" Die drei Jungen starrten ihn erschrocken an, so kannten sie den ruhigen Remus garnicht. Doch er war noch nicht fertig:
"Genau deswegen!", brüllte er mit Tränen in den Augen, "Genau deswegen war es ein Fehler, damals überhaupt mit euch zu reden! Und jetzt ist das unvermeidliche passiert. Ich habe dich verletzt! Du hättest sterben können!", rief er hysterisch und zeigte auf Sirius' verbundenen Brustkorb, die Tränen liefen ihm über die geröteten Wangen.
"Wer weiß, was ich als nächtes tuhe?! Ich bin unberechenbar, ein Monster! Und das passiert, wenn man seine Zeit mit mir verschwendet.", schloss er mit brüchiger Stimme und eilte mit zitternden Händen an seinen Freunden vorbei.
Alle drei standen reglos da, geschockt von den Worten des Werwolfs. Peter war der erste, der sich regte: "Wir können nicht einfach hier sinnlos rumstehen, kommt, Moony braucht uns jetzt!"
Seine eindringlichen Worte zeigten Wirkung und die Gryffindors rannten zusammen in die Richtung, in die Remus verschwunden war.
Die drei Freunde irrten im Schloss herum und suchten Remus, sie sahen im Gemeinschaftsraum nach, im Schlafsaal, in der Bibliothek und in der großen Halle. Doch ohne Erfolg. Sie wollten es schon aufgeben und im Gemeinschaftsraum auf ihn warten, da bekam Sirius einen Geistesblitz. "Ich glaube, ich weiß, wo er noch sein könnte!", rief er und stürmte los, Peter und James ihm verwirrt hinterher.
Vor der Treppe zum Astronomieturm machten sie halt. "Ich hoffe, du hast Recht damit.", schnaufte James außer Atem und Sirius nickte bestimmt. Sie sahen sich um, dass auch ja niemand sie beobachtete, und hasteten dann die Treppe hinauf.
Der schlacksige, dünne Junge saß mit dem Rücken zu ihnen am Rand des Turmes und betrachtete tief in Gedanken versunken den Sonnenuntergang. Er zuckte zusammen, als Sirius ihm eine Hand auf die Schulter legte und die drei Jungen sich zu ihm setzten. Schweigend betrachteten sie das Farbenspektakel des Himmels, bis die Sonne fast vollends vom Horizont verschluckt war.
"Remus.", begann Sirius vorsichtig und erwartete, unterbrochen zu werden, doch Remus sah ihn nur unverwandt an und wartete auf seine Worte.
"Es ist uns egal, dass du ein Werwolf bist." "Wie oft müssen wir das noch erklären?", warf James scherzhaft dazwischen. Sirius warf ihm einen halb warnenden, halb belustigten Blick zu und fuhr fort: "Denkst du wirklich, wir wären illegal Animagi geworden um dir beizustehen, damit wir dich bei sowas fallen lassen? Na und, dann verwandelst du dich halt jeden Monat in einen großen Wolf, wen scherts? Du bist immernoch Remus, der Streber, der keiner Fliege was zu leide täte und den ganzen Tag mit Lesen und Schokolade essen verbringt. Remus, der regelmäßig dafür sorgt, dass wir uns nicht umbringen bei unseren verrückten Ideen. Wir wären ohne dich veloren mann, egal was dieser Wolf macht!"
Sirius beendete seinen Monolog und bekam zustimmende Laute von James und Peter.
"Und jetzt komm endlich mit nach unten und hör dir an, was Wurmschwanz und ich für morgen geplant haben!", rief James und boxte Remus freundschaftlich gegen die Schulter. "Diese Slytherins werden Augen machen.", fügte Peter kichernd hinzu.
Remus schwieg ein paar Sekunden, dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus und er boxte James zurück. "Was habt ihr jetzt für eine idiotische Idee, doch nicht wieder Stinkbomben?"
"Kannst du hellsehen?", fragte James grinsend und zog seinen Freund auf die Füße. Lachend und herumalbernd verließen die Rumtreiber den Turm.
***
So, hier ist die Fortsetzung und ja, ich weiß, wieder sehr dramatisch, aber irgendwie war ich in der Stimmung dafür😂
Ich bin nicht wirklich zufrieden, aber was solls. Würde mich über Kritik freuen😁
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