Kapitel 19.2
»Dafür würde ich doch nicht Eure Mutter töten. Damit würde ich Euch schaden, nicht ihr«, sagte sie fast schon beleidigt. Sie würde die Rothaarige töten, wenn sie die Möglichkeit hätte, doch damit würde sie dem Highlord wehtun und das wollte sie nicht.
Augenblicklich schnellte Kaden zu ihr und packte sie unsanft am Oberarm. »Du lässt die Finger von ihr, hast du verstanden?«, knurrte er zischend und bohrte seinen Blick in den von Chiana.
Diese wurde bei dieser unerwartet heftigen Reaktion blass im Gesicht und wirkte, als würde sie jeden Moment in Ohnmacht fallen. »Ich habe ihr nichts getan«, hauchte sie verzweifelt und Panik tobte in ihr. War das wirklich der Mann, den sie kannte? Den sie glaubte, zu kennen? Früher hatte er sie geliebt und umworben, doch diese Person schien wie vom Erdboden verschluckt.
»Und das wird auch weiterhin so bleiben«, fauchte Kaden und löste seinen Griff von ihrem Arm. Er lief einige Schritte, bis er hinter ihr stand und legte ihr eine Hand in den Nacken. »Du hast mein Vertrauen zu weit strapaziert und du solltest dankbar sein, dass ich dich noch nicht aus dem Harem genommen habe«, erklärte er nun wieder gefasst und löste ihr Halsband, um ihr ein neues anzulegen, bis es klickte. »Ich will nichts mehr von dir hören«, befahl er und machte eine wegwerfende Handbewegung, als Zeichen, dass sie gehen sollte.
Chiana blickte ihn mit großen Augen an und griff an ihren Hals. Was war das für ein Halsband?
Mit zittrigen Beinen erhob sie sich und machte einen Knicks. Sie musste hier raus, in ihr Zimmer und sich beruhigen. Allerdings wurde sie draußen von einer Wache empfangen, die sie nicht zurück in ihr Zimmer brachte.
Wütend raufte sich Kaden die Haare, jedoch eher über sein eigenes Verhalten, als über Chianas Worte. Er hatte Mühe seine Haltung zu wahren und hatte es sogar kurz vergessen. Er schloss die Augen und atmete einige Male tief durch, ehe er eine Wache von der Tür zu sich rief. »Bringt Laura als Nächstes her«, befahl er und warf die Tür zu.
Es verging keine Minute, als sich die Tür nach kurzem Klopfen wieder öffnete. Laura wirkte ein wenig unsicher und nervös. Scheinbar hatte sich herumgesprochen, was er hier trieb. Dennoch machte sie einen Knicks, wie es sich gehörte. »Mylord hat gerufen«, grüßte sie und wartete.
»Setz dich, Laura«, befahl er mit einem Kopfnicken und wartete, bis sie ihm Folge geleistet hatte. »Du weißt sicherlich, wieso du hier bist.«
»Es geht um den feigen Anschlag«, erwiderte sie nüchtern. »Ich kann Euch leider nicht sehr viel erzählen. Ich kam erst an, als Sergej den Wachen aufgetragen hatte, Lilitha in die Kerker zu bringen, dabei hätte sie zuerst zu einem Arzt gemusst.«
Kaden rieb sich nachdenklich das Kinn. »Du wolltest ihr helfen?«, fragte er ungläubig, wobei er keinen Hehl daraus machte, was er von Laura hielt.
»Ja, natürlich«, entgegnete sie fast schon harsch. »Sie ist so ein süßes, kleines Ding, als würde sie irgendwen umbringen können. Sie kann sich ja nicht einmal selbst verteidigen«, winkte sie ab. »Außerdem ist sie meine Freundin. Ich verbringe lieber Zeit mit ihr, als mit den meisten anderen Frauen hier«, fügte sie hinzu.
Herausfordernd hob Kaden eine Braue und wirkte mehr als misstrauisch. »Gar keine Eifersucht?«, fragte er.
Laura verzog die Mundwinkel lediglich zu einem Schmunzeln. »Ich bin nie eifersüchtig. Das mit Chiana ist etwas Persönliches und hatte rein gar nichts mit Euch zu tun. Sie fliegt meiner Meinung nach einfach zu hoch«, erklärte die Werwölfin und überschlug galant die schönen, dunklen Beine. »Außerdem wäre ich wohl nicht auf sie eifersüchtig. Eher auf Euch, aber das ist eine andere Geschichte. Ihr sucht nach dem Täter? Meiner Meinung nach solltet ihr mit Sergej reden. Er war zu erpicht darauf, sie sofort in den Kerker zu werfen, ohne sicherzugehen, dass sie behandelt wird und überlebt«, erklärte sie.
Kaden nahm einen tiefen Atemzug und musterte die blonde Frau eingehend. »Du sagtest, du wärst mit Lilitha befreundet? So wie ich das mitbekommen habe, hast du sie eher bedrängt«, erklärte Kaden.
»Ach«, meinte Laura abwinkend. »Sie braucht jemanden, der sie aus der Reserve lockt, sonst wird sie hier untergehen.«
Der Highlord rollte innerlich die Augen und setzte sich auf den gegenüberliegenden Stuhl. »Sie ist seit gestern wieder im Harem«, meinte er nachdenklich und stemmte die Unterarme gegen den Tisch.
»Oh«, machte Laura und ihre Augen funkelten. »Wirklich? Dann werde ich sie gleich wieder begrüßen gehen.«
»Du benimmst dich«, warnte er und lehnte sich zurück.
»Natürlich, Mylord«, sagte sie mit einem Lächeln. »Aber ich möchte trotzdem wissen, ob es ihr wieder gut geht und sie braucht sicherlich Hilfe.«
Kaden erhob sich und deutete ihr mit einem Kopfnicken zu gehen. »Danke für deine Hilfe. Auch wenn wir noch nicht durch sind. Aber fürs erste, bist du entlassen.«
»Danke, Mylord. Dann werde ich mich jetzt auf die Suche nach Lilitha machen«, sagte sie mit einem Lächeln und erhob sich.
Seufzend legte Kaden ratlos seinen Kopf in die Hände. Irgendwie kam er so nicht weiter und das Dienstmädchen, was angeblich die Kräuter von Lilitha bekommen hatte, schien auch nicht weiterzuhelfen. Auch wenn er mit dieser noch nicht fertig war.
Der Blonde blickte auf, als es plötzlich klopfte und kurz darauf wurde die Tür geöffnet. Lilitha blickte vorsichtig hinein. »Störe ich?«, fragte sie leise.
Kaden holte langsam und hörbar tief Luft, als er sie erblickte. Es war gerade mal eine Nacht her, dass sie nun wieder im Harem lebte und dennoch bemerkte er, wie sehr er bereits begann sie zu vermissen. »Natürlich nicht. Du störst nie«, antwortete er sanft und lächelte leicht.
Lilitha erwiderte das Lächeln und trat ein. Vertrauensvoll schmiegte sie sich an ihn. Er seufzte erleichtert und schloss die Augen, als er sie auf seinen Schoß zog. »Wie war es im Harem?«, fragte er aus Sorge, sie sei aus einem bestimmten Grund zu ihm gekommen.
»Es ist alles in Ordnung. Fey ist sehr nett«, erklärte sie beruhigend. »Ich vermisse dich dennoch.«
Müde legte er seine Stirn auf ihre Schulter. »Du fehlst mir auch«, murmelte er und lehnte sich entspannt zurück. »Seit wann verstehst du dich so gut mit Laura?«
»Na ja, es ist eine Hassfreundschaft. Meist geht sie mir auf die Nerven, aber sie meint es gut. Und sie hat sich mehr als einmal zwischen mich und Chiana gestellt. Ich glaube, sie ist am ehesten so etwas wie eine Freundin«, erklärte Lilitha und genoss die Nähe des blonden Vampirs.
Kaden seufzte und strich in gleichmäßigen, beruhigenden Bewegungen über ihren Oberarm. »Vertraust du ihr?«
»Mehr als den meisten Anderen«, antwortete die Rothaarige.
»Hast du schon deine Planung für die nächste Woche gemacht?«, wollte er wissen und spürte, wie Lilitha sich versteifte.
»Nein, ich habe niemanden gefunden, der mir mit mehr als der Theorie helfen kann«, murmelte sie.
»Dann sollten wir heute Abend in die Stadt gehen, damit ich dir etwas erklären kann und wir auch zur Schneiderin kommen.«
Strahlend hob Lilitha den Blick, um Kaden anzusehen, als es plötzlich wieder an der Tür klopfte. Die Rothaarige zuckte zusammen und ließ den Kopf zu dieser schrecken, anstatt zu dem Vampir.
Kaden seufzte genervt und schloss kurz die Augen. »Ich werde dich später abholen, in Ordnung?«, fragte er und versuchte das beständige Klopfen zu ignorieren, als sich dann doch einfach die Tür öffnete.
Sergej trat herein und wirkte alles andere als begeistert. Sein Blick glitt über Lilitha, zu Kaden. Dann knirschte er ein wenig mit den Zähnen. Ihm war anzusehen, dass er nicht begeistert war, die Rothaarige hier zu treffen.
Kaden strich über Lilithas Schulter und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Bis heute Abend«, sagte er und schob sie sanft in Richtung Tür. Seit der Sache mit dem Gift und dem Gefängnis war das Verhältnis zwischen seiner Geliebten und seinem Berater bestenfalls angespannt und schlimmstenfalls explosiv. Sergej schien noch immer davon überzeugt, dass Lilitha die Attentäterin war, womit er jedoch mehr Zeit verschwendete, die sie nutzen sollten, um den richtigen Mörder zu finden. »Komm rein, Sergej«, rief Kaden seufzend, während Lilitha gesenkten Hauptes aus der Tür hinausschritt und diese hinter sich wieder ins Schloss zog.
Sergej hob eine Augenbraue und musterte Kaden. »Das, was Ihr hier tut, ist nicht gut. Es dringen bereits Gerüchte nach außen. Ihr würdet Euch zu sehr auf dieses Kind konzentrieren und Eure Aufgaben vernachlässigen«, erklärte der Mann und nahm auf einem Stuhl Platz. »Ihr habt keine andere Frau mehr zu Euch geholt. Schon lange nicht mehr.«
Kaden lachte missmutig, was schon fast einem Schnauben glich. »Das klingt so, als würdest du mitzählen«, murmelte er und wollte sich lieber nicht vorstellen, dass Sergej selbst sein Liebesleben mit Argusaugen überwachte.
»Es ist Eure Aufgabe, einen Nachkommen zu zeugen. Ihr habt die Gesetze des Harems schon sehr oft verletzt und Ihr wisst, wie wichtig diese sind. Ich habe Euch gewähren lassen, weil Ihr mein Herrscher seid. Doch die Gerüchte dringen nach außen. Das können wir uns nicht leisten. Das ist weder gut für Euren Ruf noch Euer Volk«, fuhr Sergej unerbittlich fort. »Und auch nicht für die Frau, der Ihr Eure Liebe geschenkt habt. Das Volk wird sie nicht akzeptieren, wenn sie der Meinung sind, Ihr würdet wegen ihr Eure Pflichten vernachlässigen.«
Der blonde Vampir rollte die Augen und erhob sich, um zu einem kleinen Beistelltisch zu schreiten und sich ein Glas mit roter Flüssigkeit einzuschenken.
»Und ich dachte, du kommst mal ausnahmsweise wegen guten Neuigkeiten«, murmelte er unwillig und nahm einen Schluck. »Ich weiß, was meine Pflichten sind, Sergej, daran musst du mich nicht ständig erinnern«, fügte er hinzu und wandte sich wieder zu dem schwarzhaarigen Mann.
»Anscheinend wisst Ihr es nicht, sonst müsste ich es Euch auch nicht immer wieder sagen. Habt Ihr eine Ahnung, wie lange es für einen weiblichen Vampir dauern kann Nachwuchs zu gebären, wenn der Partner noch dazu ebenfalls ein Vampir ist? Abgesehen davon seid Ihr viel zu anhänglich, Mylord. Man wird sie als Euren Schwachpunkt sehen«, erklärte Sergej ruhig und gelassen, als sich Kadens Gesichtszüge verschärften. Dennoch konnte er Sergej nicht widersprechen. Immerhin musste es einen Grund gegeben haben, wieso Lilitha angegriffen wurde. Man hatte ihn damit treffen wollen.
Er war der Herrscher dieses Gebietes. Lilitha war ein Niemand unter dem Volk. Warum sollte es jemand auf sie abgesehen haben? Der gemeinsame Nenner war eindeutig er und das war ein Problem.
Sergej hatte Recht. Je länger und näher er ihr kam, desto mehr brachte er sie auch in Gefahr. Nur leider war das nicht so einfach. Er brauchte ihre Nähe. Ihr einfach den Rücken zuzudrehen war keine Option. Doch er bekam ein schlechtes Gefühl, wenn er an Lilithas Sicherheit dachte. »Du willst, dass ich mich von ihr distanziere«, stellte Kaden fest, wobei es eher nach einer Frage klang.
Sergej zuckte nur die Schultern. »In einer Ehe werdet Ihr Euch sowieso früher oder später auseinanderleben. Es dient somit nur ihrem eigenen Schutz, Mylord«, fügte er hinzu und blickte Kaden ohne Pause eindringlich an. Sein Standpunkt schien bombenfest und traurigerweise musste Kaden ihm Recht geben.
»Ich ... werde darüber nachdenken«, willigte Kaden leise, aber auch unwillig ein und nippte gedankenverloren an seinem Glas. Das war alles so unglaublich kompliziert.
Wenn er Lilitha heiratete, stünde sie noch mehr im Mittelpunkt. Dann würden noch andere Leute versuchen sie zu verletzen, oder zu entführen, um an ihn heranzukommen. Vor allem, wenn sie sahen, wie viel Kaden wirklich an ihr lag. Somit würde er sie auf den Präsentierteller stellen. Vielleicht hatte Sergej Recht und er sollte sich erst einmal ein wenig von ihr distanzieren. Zumindest so lange, bis er wusste, dass sie eigene, zuverlässige und vertrauenswürdige Leibwächter besaß. Und selbst dann müsste er darauf achten, wie sehr er sich mit ihr in der Öffentlichkeit zeigte. Das würde wirklich alles andere als leicht werden.
Immerhin wollte er sogar heute mit ihr in die Stadt, um Vorbereitungen zu treffen ... sie hatte doch sonst niemanden. Aber ihr Leben würde immer in Gefahr sein, sobald er sie heiratete, so viel war ihm klar. Er konnte es nicht riskieren, es noch schlimmer zu machen, indem er jede freie Sekunde mit ihr verbrachte.
Dieser Gedanke schmerzte ihn sehr. Er wollte lieber gar nicht wissen, wie sehr er Lilitha damit verletzen würde. Aber zumindest wäre sie nicht so sehr in Gefahr. Sergej würde seine Entscheidung wahrscheinlich auch nicht verstehen, aber er wäre zumindest zufriedener.
»Ihr solltet auch endlich wieder damit beginnen, andere Frauen in Euer Bett zu holen, sonst werden sie ihre aufgestaute Frustration an Eurer Liebsten auslassen.«
Nun schnaubte Kaden hörbar aus und schüttelte den Kopf. »Übertreib es nicht, Sergej«, warnte er und schenkte sich ein weiteres Glas ein.
»Nur so werdet Ihr auch Eurer Aufgabe gerecht. Ihr seid zwar noch jung, aber ein Kind oder zwei würden Eure Nachfolge sichern. Erst dann wird das Volk beruhigt sein«, fügte Sergej hinzu, ehe er sich erhob. »Aber das ist Eure Entscheidung. Nur denkt daran, dass die Bewohner der Stadt mehr mitbekommen, als Ihr manchmal glaubt.«
Kaden schüttelte nur leicht und beiläufig den Kopf, während er einen weiteren Schluck nahm. Wer genau sein Bett wärmen durfte, war noch immer seine Entscheidung, in die sich selbst Sergej nicht einzumischen hatte. Abgesehen davon, war Lilitha nun einmal die einzige, die ihn interessierte. Und wenn es jemanden geben sollte, der seinen Thronfolger zur Welt brachte, dann sollte es Lilitha sein, dessen war er sich sicher.
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