Kapitel 17.1

»Ich hoffe doch, du hast kein Korsett an«, flüsterte er verführerisch lächelnd, als sie sich zu den Ställen begaben.

»Nein, natürlich nicht, das wäre zum Reiten wirklich unglaublich unpraktisch«, empörte sie sich mit einem leisen Lachen. Obwohl sie wusste, dass es einige Unterbrustkorsagen gab, die auch für sportliche Aktivitäten geeignet waren. Trotzdem würde sie so schnell kein Korsett mehr tragen, wenn sie nicht musste.

Kaden lächelte und blieb bei einer Box stehen, in welcher das Pferd stand, auf dem sie schon damals geritten waren, als sie in die Stadt gegangen waren. »Ich nehme an, du willst deines selbst aussuchen«, meinte er, als er begann sein Pferd nach draußen zu führen.

Lilitha nickte und ging ein wenig durch die Stallungen, ehe sie zu einer Box kam, in der sich ein Pferd befand, dass Lilitha sofort ansprach. Allerdings eilte einer der Stallburschen herbei. »Verzeiht Mylady, aber dieses Pferd ist sehr stur. Es wirft seine Reiter permanent ab, das würde ich Euch nicht empfehlen«, erklärte er stammelnd, als wäre es ihm unangenehm, Lilitha zurechtweisen zu müssen. Lag seine Angst darin begründet, dass er sie zurechtwies, oder wirklich darin, dass sie vom Pferd fiel? Lilitha konnte das nicht genau sagen. Irgendwie machte es den jungen Mann aber sympathisch.

Kaden beobachtete sie aufmerksam aus dem Augenwinkel, während er sein Pferd sattelte, mischte sich aber nicht ein.

Zuerst wirkte sie ein wenig überrascht, ehe sie den Stallburschen anlächelte. »Das ist schon in Ordnung«, meinte sie und schob die Box auf. Der junge Mann schien davon nicht begeistert. Kaden konnte den Schweiß auf seiner Stirn sehen und sein heftig klopfendes Herz hören. Die Vampirin hingegen schien ihn komplett zu ignorieren, stellte sich vor die Box und streckte die Hand nach dem Tier aus.

»Lilitha«, mahnte Kaden leise, fast schon aus einem Instinkt heraus und trat zu der Rothaarigen, um ihre Hand zurückzuziehen. »Es sind noch genug andere Pferde da«, erklärte er ruhig und deutete dem Stallburschen mit einem Kopfnicken zu verschwinden. Dieser leistete mit ängstlich aufgerissenen Augen Folge und ging schnellen Schrittes seiner Wege. Vermutlich war er erleichtert, dass sich der Highlord damit befasste und er keinen Ärger fürchten musste.

»Das Pferd ist wirklich nicht gefährlich«, beharrte Lilitha und streckte die andere Hand aus. Kurz darauf spürte sie die Nüstern des Tieres an ihren Fingern und streichelte vorsichtig seine Schnauze. »Sie ist nur wählerisch«, erklärte sie, mit einem Lachen in der Stimme und stupste dem Tier ein wenig gegen die Nase. Das Pferd schnaubte, schüttelte den Kopf und wedelte mit dem Schweif, aber ansonsten wirkte es nicht ansatzweise gefährlich. Es war noch nicht einmal sonderlich groß.

Kaden beobachtete die Reaktion der Stute und wandte sich mit einem Seufzen wieder zu Lilitha um. »Reicht dir ein eigenes Pferd nicht? Willst du, dass ich mir noch mehr Sorgen um dich mache, als ohnehin schon?«, fragte er niedergeschlagen, als wäre genau das Lilithas Absicht dahinter.

Diese lachte auf. »Ich habe als Kind mit Wölfen gespielt«, erklärte sie, als würde das alles erklären. »Du musst dir wirklich keine Sorgen machen. Ich verspreche dir, dass nichts passieren wird.« Damit streichelte sie das Pferd und ihr Blick wirkte weich, während sie das Tier betrachtete. Wenn es um Tiere ging, konnte sie einfach nicht anders, dabei verstand sie Kadens Sorge durchaus, nur nachvollziehen konnte sie diese nicht ganz. »Armes Mädchen. Hast du immer die schweren Reiter abbekommen?«, wollte sie wissen und strich über ihren Rücken.

Kaden verengte die braunen Augen, doch er ließ ihre Hand wieder los. »Du liebst es wirklich, mich zu quälen, nicht wahr?«, fragte er mit einem Kopfschütteln.

Er war sich nicht sicher, ob das eine gute Idee war, doch wenn Lilitha dieses Tier wollte, dann würde er nicht nein sagen.

»Entschuldige«, sagte sie. »Das ist wirklich nicht meine Absicht«, versicherte Lilitha und wirkte schuldbewusst. Sie wollte Kaden wirklich nicht quälen.

Mit einem Seufzen zog er sich hoch auf das große Pferd und blickte vielsagend zu ihr. »Du weißt, ich werde dir nichts verbieten, ich will nur, dass du aufpasst«, erklärte er und zog ein wenig an den Zügeln. Lilitha nickte und holte das Pferd aus der Box, ehe sie sich einen Sattel holte, der zusammen mit anderen über einer Halterung hing. Es dauerte nicht lange, da hatte sie dem Pferd auch noch die Zügel angelegt und mit einer eleganten Bewegung schwang sie sich nach oben.

Lilitha drückte sanft ihre Fersen in das Tier, damit es loslief, doch dieses reagierte mit einem Schnauben. Sie verengte die Augen. »Jetzt komm schon«, murmelte sie und das Pferd schnaubte erneut. Ein Seufzen entkam ihr und sie rutschte vom Pferd, um sich einen der Helme zu holen, die ebenfalls aufgereiht in der Nähe der Sättel hingen. Dann blickte sie das Pferd an und stülpte ihn sich über den Kopf. »Zufrieden?«, fragte sie beleidigt und schwang sich wieder auf das Tier. Dieses Mal trabte es ohne zu zögern los.

Kaden zog ein wenig verwirrt die Augenbrauen zusammen, doch tat er es Lilitha gleich und trabte ihr hinterher. Er überlegte, sie darauf anzusprechen, doch er entschied sich dagegen. Hier waren zu viele Leute anwesend. Doch der Gedanke, Lilitha kommuniziere mit Tieren, schien ihm doch recht unbekannt.

»Wir traben bis zum Grenzgebiet. Ab da kannst du so schnell reiten wie du willst«, erklärte er und überholte sie kurz, damit er ihr den Weg weisen konnte.

Lilitha nickte und folgte ihm in einem eher ruhigen Trab. Sie spürte den Wind zwar noch nicht so sehr, wie im Galopp, doch es wurden Erinnerungen an ihre Kindheit wach. Auch da hatte sie ein Pferd gehabt, auf dem sie regelmäßig ausgeritten war. Ein Pony, das zu ihrer damaligen Größe gepasst hatte.

Viele der Blicke verfolgten sie beide, wenn auch eher zögerlich. Vermutlich zum einen, weil Kaden in eher schlichten Sachen gekleidet war, die ihn, mit einem lockeren weißen Hemd, einer braunen Reithose und Stiefeln, schon fast ländlich wirken ließen. Und zum anderen wohl auch, weil Lilitha bei ihm war. Vermutlich ging die Botschaft einer Verlobung schon umher und somit würde es für viele nicht schwer sein, eins und eins zusammenzuzählen.

Ob Lilitha sich dessen bewusst war? Wahrscheinlich nicht. Obwohl sie ein wenig angespannt war und sich immer wieder neugierig umsah. Jedoch sprach sie kaum und war auch nicht so ausgelassen, wie Kaden es sich erhofft hatte.

Es dauerte zum Glück nicht allzu lange, bis sie die Grenze zur Stadt erreichten und Kaden statt einem Signal begann schneller zu werden. Lilitha tat es ihm mit einem Lächeln gleich, als sie über den kleinen Hügel galoppierte und die prachtvolle Weide voller bunter Blumen entdeckte, auf welche die Spätsonne schien. Lilitha lachte herzhaft auf, als der Wind ihr in die Haare fuhr und holte Kaden ein, um neben ihm zu reiten. Sie liebte es einfach, sich so frei zu fühlen und liebte es, in der Natur zu sein. Mit Kaden zusammen.

Eine Weile galoppierten sie, bis es fast schon zu einer Art Wettrennen wurde. Mit einem lauten Auflachen überholte sie Kaden und trieb die Stute immer weiter an, bis sie zu ihm über ihre Schulter schielte und feststellte, dass er stehengeblieben war. Lilitha drehte sofort um und ritt zu ihm zurück, ehe sie langsamer wurde und sich fragend neben ihn stellte. »Was ist los?«, wollte sie wissen und legte den Kopf schief.

Kadens Lächeln war warm, während ihm die blonden Locken wild auf dem Kopf lagen und immer wieder vom Wind aufgewühlt wurden. »Ich wollte dir nur zusehen«, meinte er schulterzuckend und stieg lächelnd vom Pferd. »So hab ich dich noch nie gesehen«, gestand er fast schon schuldbewusst und blickte zu ihr hinauf, während er das Pferd grasen ließ.

Lilitha legte den Kopf ein wenig schief. »Ist es so interessant, mir zuzusehen?«, fragte sie leise. Sie konnte sich nicht vorstellen, was Kaden meinte.

Der Blonde ließ die Zügel fallen in dem Wissen, dass das dressierte Pferd nicht wegrennen würde und lief einige Schritte durch das schulterhohe Gras, um sich neben Lilitha zu stellen und über ihr Bein zu streichen.

»Du sahst so glücklich aus.«

Sie lächelte und beugte sich ein Stück hinab, um Kaden sanft über die Haare zu streichen. »Ich liebe die Natur und Tiere gehören dazu«, erklärte sie, als würde das alles erklären.

Langsam atmete er ein und blickte sie ein wenig rätselnd an. »Wollen wir ein paar Schritte laufen?«, fragte er und machte eine Kopfbewegung, dass sie vom Pferd steigen solle.

Lilitha nickte und ließ sich elegant hinabgleiten, ehe sie dem Tier das Zaumzeug löste, damit es grasen konnte, ohne sich zu verletzen.

Langsam setzte Kaden seinen Weg mit ihr durch das Feld fort. »Vorhin im Stall ... wegen des Helmes«, setzte er zögernd an und wusste nicht so recht, wie er es formulieren sollte. »Kannst du mit Tieren kommunizieren?«, fragte er ein wenig irritiert und wandte ihr seinen Blick zu. Immerhin war es das Naheliegendste, was ihm einfiel.

»Ja, kommunizieren«, sagte Lilitha und nickte. »Aber nicht reden im üblichen Sinne«, murmelte sie in dem Versuch sich zu erklären. »Es ist eher so, als würde ich verstehen, was sie wollen.«

Mit einem langsamen Nicken senkte er den Blick und strich sich über den Nacken. »Das hast du mir gar nicht erzählt«, stellte er fest und schien in Gedanken versunken. Sie hatten ohnehin schon einen Streit gehabt, weil sie ihm nicht anvertrauen wollte, welche Gaben sie besaß. Er wollte diesen nicht wieder entfachen, indem er zu neugierig wurde.

»Entschuldige«, sagte sie und wurde ein wenig rot um die Nase. »Ich bin es nicht gewohnt, dass sich jemand für mich interessiert«, erklärte sie ein wenig ausweichend. »Ich hielt es nicht für wichtig genug.« 

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