Kapitel 16.2
»Weil ich Sachen von dir verlange, die du nicht möchtest«, erläuterte er vorsichtig und legte sich wieder auf den Rücken.
»Das wird es in jeder Beziehung geben. Wir müssen eben Kompromisse schließen und ich weiß, dass du dich an Regeln zu halten hast«, erklärte sie ehrlich und wusste, dass ihr diese Regeln nicht gefallen mussten. Dennoch waren es Regeln, die schon so lange in dem Bewusstsein ihrer Welt verwurzelt waren, dass nicht einmal der Highlord, der mächtigste Vampir ihres Landes, diese einfach so ändern konnte.
»Für dich würde ich die Regeln brechen«, entgegnete er entschlossen und zog sie dichter zu sich, um sie auf seine Brust zu ziehen.
»Das weiß ich, aber dieses Privileg werde ich erst nutzen, wenn es wirklich überhaupt nicht anders geht. Ich will dich nicht wegen solcher Kleinigkeiten in Erklärungsnot bringen«, murmelte sie und schmiegte sich vertrauensvoll an ihn.
»Ich muss mich nicht erklären. Wenn ich etwas befehle, ist dem Folge zu leisten«, stellte er klar und wurde wieder zu dem Highlord, der Lilitha eine Gänsehaut bescherte.
»Dessen bin ich mir bewusst, doch jeder deiner Befehle wird Folgen mit sich ziehen und einige davon können wir nicht absehen«, sagte sie nachdenklich und ermahnte sich dazu nicht wieder Euch zu sagen. Obwohl sie kurz davor gewesen war.
»Du denkst zu viel nach«, entgegnete er.
Lilitha entschied sich, nicht auf seine Worte einzugehen. Sie wollte nicht mit ihm diskutieren. Er hatte ja Recht, doch sie dachte schon in letzter Zeit sehr viel nach. Immer und immer wieder. Das konnte sie nicht einfach abschalten.
Langsam strich er in beruhigenden Zügen über Lilithas Rücken und legte den Kopf zurück. »Möchtest du die Hochzeit eigentlich selbst planen oder soll ich jemanden beauftragen?«, fragte er gedankenverloren und schien bereits das Thema gewechselt zu haben.
»Ich denke, ich würde sie gern selbst planen. Aber ich brauche jemanden, der mir erklärt, worauf ich achten muss«, sagte sie. »Ich habe keine Erfahrungen mit Hochzeiten dieser Art.«
Kaden spürte, dass Lilitha sich ein wenig unsicher auf seiner Brust bewegte. »Wenn du möchtest, kannst du sie planen wie du willst«, beruhigte er sie und strich weiter über ihr Kleid. »Im Grunde sind die gesellschaftlichen Ereignisse vor der Hochzeit wichtiger für den Adel, aber wenn du willst, kannst du die auch planen«, meinte er mit einem leisen Lachen und rollte sich mit Lilitha zusammen, bis er über ihr lag. »Andererseits ist der Gedanke auch verführerisch, einfach im Geheimen zu heiraten. Ohne den Harem und haufenweise Adlige, die ich sowieso nicht leiden kann«, schlug er so vor, als würde er es vor seinen eigenen Augen sehen und strich Lilitha dabei über die Stirn, bis er ihr einen Kuss auf den Mundwinkel hauchte.
»Die Idee ist verführerisch, aber ich möchte mich nicht schon am Tag unserer Hochzeit bei dem Adel unbeliebt machen. Dazu habe ich noch genügend Zeit. Und wenn ich dich unterstützen möchte, sollte ich sie auch kennenlernen. Also wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben, als das ganze Trara über uns ergehen zu lassen«, murmelte sie.
Kaden lachte bei ihrer Bemerkung leise und ließ langsam sein Gewicht auf ihren Körper sinken. »Das ist nicht der Harem, keine Sorge. Sie werden dich lieben. So wie ich es tue«, flüsterte er leise und begann damit, kleine Küsse auf ihrem Hals zu verteilen.
Lilitha keuchte über diese unerwartete Aktion und lächelte leicht. »Ich denke nicht, dass sie mich mögen werden, aber das werden wir sehen«, murmelte sie und beugte ihren Hals zur Seite, damit Kaden freie Bahn hatte. Wie sehr hatte sie seine Berührungen vermisst. Sie genoss jede von ihnen in vollen Zügen und wenn es nach ihr ginge, würde sie am liebsten alle Gedanken an andere Dinge vergessen.
»Vertrau mir. Wenn du lange genug mit jemandem zusammen bist, würdest du jeden in deinen Bann ziehen können«, murmelte er beruhigend und vergrub sein Gesicht in ihrem Haar.
Sie lachte rau. »Dafür würden mich einige für eine Sirene halten«, antwortete sie ausweichend und dachte daran, dass Kaden eigentlich völlig falsch lag. Sie hatte es immerhin schon erlebt. Damals hatte sie niemanden in ihren Bann ziehen können. Im Gegenteil.
Sein Kopf bewegte sich ein wenig, als er diesen entweder tiefer in ihrem Haar vergrub oder ihn verneinend schüttelte. Sie wusste es nicht so genau. »Nein, das glaube ich nicht«, hauchte er leise und bewegte erneut seinen Kopf, bis sie plötzlich spürte, wie er begann, die empfindliche Haut unter ihrem Ohr zu liebkosen. Ein angenehmer Schauer lief ihren Rücken hinab und für einen kurzen Moment glaubte sie, Kadens Küsse würden die aufkommenden Bilder vertreiben.
Doch statt einem aufregendem Herzflattern, spürte sie eine unendliche Leere in sich aufsteigen, als Bilder von längst vergangenen Erinnerungen in ihr aufflackerten. Momente, die in ihr eine tief verankerte Einsamkeit hervorriefen, die sie nie wirklich loslassen konnte. »Ich wurde aus mehreren Dörfern geworfen. Ich glaube, ich habe eher ein Talent dazu, Leute gegen mich aufzubringen«, erklärte sie nüchtern, doch Kaden konnte den Schmerz hinter ihren Worten hören.
Langsam sog er die Luft ein, als er sich ein Stück erhob, um auf sie hinabzublicken. »Sag sowas nicht«, bat er leise. »Mich hast du doch auch nicht verschreckt«, versuchte er sie eindringlich aufzumuntern und strich ihr immer wieder durch das rote Haar.
»Ja, das stimmt, obwohl ich mehrmals erwartet habe, dass du mich doch noch rausschmeißt«, erklärte sie fast schon schüchtern und genoss es, wie er sie streichelte. Es fühlte sich so gut und vertraut an. Als würde er diese schrecklichen Erinnerungen einfach aus ihren Gedanken fortwischen.
Mit einem Stirnrunzeln stupste er mit seiner Nase gegen ihre Wange und musterte sie besorgt. »Wieso dachtest du das?«, fragte er irritiert.
»Ich war sehr schusselig und tollpatschig und habe die Regeln nicht verstanden«, sagte sie ausweichend. Wenn sie daran dachte, was sie getan hatte, wunderte sie sich heute noch darüber, dass es so glimpflich verlaufen war. Und viel mehr noch, weil er ihr so sehr vertraute, dass er sie sogar zur Frau nehmen wollte.
Kaden seufzte und richtete sich wieder auf, um ihr ebenfalls eine helfende Hand anzubieten. »Du warst noch jung und neu im Harem«, wägte er ab, als würde das alles rechtfertigen.
Lilitha ließ sich aufhelfen und klopfte sich ein wenig das Gras vom Kleid. »Das sehe ich nicht unbedingt als Entschuldigung«, murmelte sie nachdenklich, widersprach aber ansonsten nicht weiter. Vampirkinder waren halt in ihrem Denken anders, als andere Kinder.
Ein wenig mitleidig legte Kaden den Kopf schief und krempelte seine Ärmel hoch. »Was möchtest du heute machen?«, fragte er und griff nach ihren Händen, um ihre Finger mit seinen zu verschränken.
»Ich weiß nicht«, nuschelte sie und dachte daran, was noch so anstehen würde, bevor die Hochzeit begann. Sie hatten noch so viel vorzubereiten und dabei wollte sie einfach nur Zeit mit Kaden verbringen. Doch sie wusste, dass es nur für noch mehr Ärger sorgen würde, wenn sie nun so oft aneinander hingen und am Ende Kaden noch seine Arbeit vernachlässigte. Und dann war da noch der unbekannte Angreifer.
In einer Bewegung zog Kaden an Lilithas Händen, bis diese an seiner Brust war und legte die Arme um ihre Hüften. »Bitte, Lilitha. Ich möchte dir eine Freude machen«, sagte er leise, aber mit einem charmanten Unterton, dem Lilitha kaum widerstehen konnte und legte die Wange gegen ihren Kopf.
»Ich würde sehr gern wieder einmal ausreiten«, erklärte sie vorsichtig, da es Kaden scheinbar ernst war. Und wenn er sie schon fragte, konnte sie es auch vorschlagen. Er konnte es immer noch ablehnen, wenn es nicht in Ordnung war.
Ein schiefes Grinsen zierte seine Lippen, als er über ihre Seiten strich. »Wo möchtest du hin?«, fragte er, statt einer Antwort und mit diesem schiefen Lächeln und den leuchtenden Augen schien er beinahe menschlich. Wie ein ganz normaler Mann, der seiner Angetrauten zeigen wollte, wie sehr er sie liebte.
»Das ist mir eigentlich egal. Durch die Stadt, oder durch einen Wald. Ich weiß nicht. Ich kenne mich hier nicht sonderlich gut aus«, erklärte sie nachdenklich. Obwohl sie ein paar Jahre hier in der Stadt auf der Straße gelebt hatte, war sie doch eher jemand, der sehr viel von Stadt zu Stadt gezogen war. Wenn auch nicht immer ganz freiwillig.
»Erinnerst du dich noch an unseren letzten Ausflug, wo wir ausgeritten sind?«, fragte er und führte Lilitha zurück zum Palastinneren. »Im Frühling ist das Feld viel schöner als im Herbst«, teilte er ihr lächelnd mit.
Lilitha schenkte ihm ein Strahlen. Ja, an das Feld konnte sie sich noch sehr lebendig erinnern. »Auch wenn ich es genossen habe, mit dir zu reiten, bekomme ich dieses Mal ein eigenes Pferd?«, fragte sie neugierig und blickte zu ihm auf. Er schien wenig begeistert und verzog unwillig den Mund. »Magst du es nicht, wenn ich hinter dir sitze? Ich mag es, dir so nahe zu sein«, wandte er ein. In seinem Blick stand die Botschaft, dass er es ihr nicht abschlagen würde, sollte das wirklich ihr Wunsch sein.
»Doch, natürlich mag ich es«, wehrte Lilitha ein wenig schmollend ab. »Aber ich bin seit Jahren nicht mehr selbst geritten. Ich möchte gern sichergehen, dass ich es noch kann.«
Nachdenklich rieb sich Kaden das Kinn und öffnete Lilitha seine Gemächer, damit diese sich umziehen konnte. »Und wenn ich mich hinter dich setzte?«, fragte er verführerisch und schlang seine Arme von hinten um Lilitha herum.
Diese lachte heiser. »Du saßt das letzte Mal auch schon hinter mir und hattest die Zügel in der Hand«, erinnerte sie ihn. »Außerdem glaube ich, dass es seltsam aussieht, wenn du mich reiten lässt. Also werde ich mich wohl geschlagen geben«, erklärte sie schicksalsergeben, ehe sie sich zu Kaden herumdrehte und ihm einen Kuss auf das Kinn gab.
Der Blonde grummelte unwillig und faltete die Hände an Lilithas unterem Rücken. »Gut, du bekommst dein eigenes Pferd«, murmelte er augenrollend und entließ Lilitha aus seiner Umarmung, um sich passende Kleidung für ihr Vorhaben anzuziehen.
»Also über Kompromisse müssen wir noch einmal reden«, sagte sie und musste grinsen. Kaden schien ihr wirklich keinen Wunsch abschlagen zu können.
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