Kapitel 13.4

Natürlich waren ihre Kleider schön und aufwändig, aber im Grunde nicht anders als zuvor. Wenn sie so genau darüber nachdachte, hatte sie schon immer aufwändigere Kleider getragen als andere und da dieses Ereignis spontan war, hatte Kaden wohl auch kein extra Kleid für sie anfertigen lassen, wie bei der Bestattung.

Lilitha biss sich ein wenig auf die Unterlippe, bevor sie ein Kleid hervorzog, das ihr gefiel. Es war goldgelb und wirkte wie ein Wasserfall aus Licht. Es war ihrer Meinung nach zwar eine Spur zu auffällig, aber das war ihr im Moment egal. Fragend hielt sie es Kaden unter die Nase. Dieser verschränkte die Arme und betrachtete es, während sie es an sich hielt.

»Gefällt es dir etwa nicht?«, fragte er unsicher und musterte Lilitha mit dem Kleid. Sonst fragte sie ihn doch nie, ob sie etwas Bestimmtes tragen sollte.

»Doch schon. Es ist nur sehr ... auffallend. Ich trage sonst nicht so auffallende Kleider«, nuschelte sie unsicher. Sie hatte keine Ahnung wie es war, mit diesem Kleid durch den Harem zu laufen, denn die Farbe Gelb war eher selten, wenn überhaupt, anzutreffen.

»Du würdest hübsch aussehen«, warf er positiv ein und blickte über ihre Schulter hinweg zu ihren anderen Kleidern. »Aber wenn dir dabei unwohl ist, kannst du auch etwas Anderes wählen«, erklärte er und ging an ihr vorbei, um sich einige ihrer anderen Kleider zu besehen. Er kannte sie alle, doch er wusste auch nicht, was für diesen Anlass geeignet war. Es war nicht so, als hätte er damit Erfahrung. Sicher hatte sein Vater auch zu Zeiten Hochzeiten mit mehreren Frauen gefeiert, doch für deren Kleiderwahl hatte er sich als Junge eher weniger interessiert.

»Wenn du es schön findest, dann werde ich es tragen«, erklärte Lilitha entschlossen und fragte sich wirklich, wo diese Beziehung noch hinging und was sie von ihr abverlangen würde.

Es war ein kleiner Gefallen, oder auch ein Opfer in dem Zusammenhang. Doch es war das Erste und setzte somit eine eindeutige Symbolik. Kaden würde ihr künftiges Leben zeichnen und mit ihm auch der gesamte Harem, vor dem sie sich doch so fürchtete.

Sie kleidete sich an und machte sich die Haare. Absichtlich wählte sie eine Frisur, bei der die meisten Haare hochgesteckt waren, auch wenn sie sich dabei nicht so geschickt anstellte. Es war eine Sache es bei anderen zu machen, aber bei sich selbst vor dem Spiegel war es unglaublich kompliziert. Sie überlegte schon, ob sie die Pflanzen zur Hilfe holen sollte, doch da Kaden noch im Raum war, hielt sie sich zurück. Auch wenn er von ihrer Gabe an sich wusste, so wollte sie ihn lieber nicht verschrecken. Immerhin war er schon nicht recht begeistert gewesen, als sie damals die Birne hatte zu Erde verfallen lassen.

»Du musst dich doch nicht nach mir richten. Du sollst dich darin wohlfühlen ...«, wandte er nach einer Weile ein, während er sie dabei beobachtete, wie sie eine rote Strähne versuchte so zu befestigen, dass man die Haarnadel nicht sehen konnte.

Nach einigen misslungenen Versuchen erhob sich Kaden und stellte sich hinter Lilithas Hocker, um ihr die Locke aus der Hand zu nehmen und diese vorsichtig mit einer untergeschobenen Haarnadel zu befestigen.

»Ich habe mich dazu entschieden, die Kleidung als eine Rüstung zu sehen. Vielleicht werde ich mich dadurch sicherer fühlen«, erklärte sie seufzend und erinnerte sich wieder an die Worte ihrer Eltern.

Kaden seufzte ebenfalls und legte ihr die Hände auf die Schultern, während er sie durch den Spiegel musterte. »Was hältst du von der Idee, wieder in den Harem zu ziehen?«, fragte er unsicher und schien nicht einmal selbst wirklich überzeugt von seinen Worten. Sie hatten das Thema Harem doch schon gehabt, doch sie hatte nicht erwartet, dass er wirklich wollte, dass sie wieder dorthin zog. Dass sie mit diesem zusammenleben musste, war ihr irgendwo klar gewesen, doch mittendrin zu sein, war nicht das, was sie wollte.

Ihr Gesichtsausdruck wurde hart. »Ich dachte, wir heiraten. Willst du wirklich, dass deine Frau wieder in den Harem zieht?«, fragte sie fast schon enttäuscht, denn wenn er es so wollte, würde sie es akzeptieren, auch wenn es ihr überhaupt nicht gefiel. Es war eine Sache, Zeit im Harem zu verbringen, aber eine ganz andere, wieder dort zu wohnen.

Kaden schluckte und trat einen Schritt hervor, um sich gegen Lilithas Schminktisch zu lehnen und sie direkt anzublicken, anstatt nur durch den Spiegel. »So ist das nicht, Lilitha und das weißt du. Und ich sage auch nicht, dass du sollst, nur ... laut Tradition müssen die Ehefrauen trotzdem im Harem bleiben. Auch wenn ich dich viel lieber bei mir hätte, so will ich nicht, dass dich jemand als meine Schwäche sieht. Ich habe nämlich das Gefühl, dass du genau deswegen angegriffen wurdest«, erklärte er und hatte Mühe Lilithas goldenem Blick standzuhalten.

Das Herz der Rothaarigen schmerzte. Ehefrauen. Mehrzahl. Ob er das bewusst gesagt hatte? Wollte er ihr so mitteilen, dass sie nicht die einzige sein würde? »Wenn es die Tradition verlangt, werde ich mich dieser beugen«, gab sie sich widerwillig geschlagen. Doch sie würde sich nicht gegen die Traditionen stellen, auch wenn ihr Herz brach bei dem Gedanken, dass Kaden vielleicht noch andere Frauen heiraten würde. Aber er war nun einmal nicht nur Kaden, sondern auch der Highlord. Damit musste sie leben. Die Frage war nur, ob sie das überleben würde. Die Vorstellung, Kaden für sich zu haben, war viel zu schön gewesen, um wahr zu sein, das hätte sie wissen müssen. Dennoch schmerzte der Gedanke und war verflucht realistisch.

Lilitha rieb sich mit der Faust über die Stelle, wo ihr Herz saß, doch natürlich brachte es keine Wirkung. Der Schmerz wurde nicht weniger. Dennoch versuchte sie sich an einem Lächeln. Sie würde Kaden heiraten und war ihm damit näher als alle anderen sonst. »Komm, lass uns gehen«, sagte sie und hoffte, dass ihr Lächeln nicht allzu gekünstelt wirkte.

Kaden blickte sie besorgt an und legte die Stirn in Falten. »Ist das auch wirklich in Ordnung für dich?«, fragte er unsicher und musterte Lilitha, als sie sich erhob und vor ihm innehielt.

Erneut erhielt er dieses gekünstelte Lächeln, das ihr nicht stand und einen Schmerz verstecken sollte, der für ihn deutlich sichtbar war.

»Ja«, sagte sie, aber nur, weil sie wusste, dass sie keine andere Wahl hatte. Sie konnte diese Welt akzeptieren und dafür an Kadens Seite bleiben, oder aber beides hinter sich lassen.

Sein Gesichtsausdruck wurde weicher, als er nach ihrer Hand griff, um sie näher zu sich zu ziehen und sie fest anzublicken. »Ich hab es dir schon mal gesagt und ich sage es nochmal. Ich hasse es belogen zu werden«, sagte er langsam und blickte sie abwartend an.

Lilithas Lächeln verblasste ein wenig und sie senkte den Blick. »Wenn ich es nicht akzeptiere, verliere ich dich vielleicht«, sagte sie. »Das möchte ich nicht.«

Auffordernd hob Kaden ihr Kinn an, damit sie ihn ansah. »Das wirst du nicht. Wenn du das nicht möchtest, dann sag es und wir lassen das Thema«, erklärte er besorgt und wartete.

Er ließ ihr die Wahl. Lilitha atmete tief durch. »Kaden. Als deine Frau werde ich Teil deiner Welt sein. Sowohl als Kaden, als auch als Highlord. Ich weiß nicht, wie ich damit zurechtkommen werde, aber ich werde es probieren. Ich möchte bei dir sein und das kann ich nicht, wenn ich nicht auch die negativen Aspekte deines Titels kennenlerne und akzeptiere«, fügte sie hinzu, wenn auch ein wenig widerwillig. Sie hatte gelernt, dass man im Leben nicht immer entscheiden konnte, was man wollte. Wenn dem so wäre, wäre schon längst einiges anders verlaufen. Doch darüber wollte sie jetzt lieber nicht nachdenken.

Kaden senkte den Blick und musterte sie einmal prüfend von oben bis unten. »Ich weiß das wertzuschätzen. Aber ich will dich zu nichts zwingen, Lilitha. Du musstest schon genug durchmachen«, setzte er an und wurde sich erneut der letzten Ereignisse schmerzlich bewusst. »Wir verschieben die Entscheidung auf später, in Ordnung?«, fügte er hinzu, nachdem er tief Luft geholt hatte.

»In Ordnung«, stimmte Lilitha zu, auch wenn sie wusste, dass es eigentlich keine Entscheidung war. Es war Tradition und nicht einmal Kaden konnte diese von heute auf morgen komplett umwerfen. Sie war sich sicher, dass er das auch selbst wusste, aber vielleicht kämpfte er gedanklich ebenso darum eine Ausrede zu finden wie sie. Also würde sie sich widerwillig zurück in den Harem begeben und dort wohnen. Sie hoffte nur, dass sie trotzdem die meiste Zeit in Kadens Gemächern würde verbringen können. Und da war ja noch der Wintergarten, welchen sie so lange Zeit nicht mehr sehen konnte. Ob er wohl noch stand? Immerhin hatten sie Lilithas Zimmer leergeräumt, nachdem sie in den Kerker gekommen war. Es würde sie nicht einmal wundern, wenn es abgerissen worden war.

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