Kapitel 12
Irgendwann in der Nacht wurde Lilitha wach. Es war kalt im Bett und verschlafen rieb sie sich die Augen, um sich im Dunklen des Zimmers umzusehen.
Wo war Kaden? »Kaden?«, murmelte sie leise in die Dunkelheit, ehe sie sich aus der warmen Bettdecke schälte, um nach dem Highlord zu suchen. Hoffentlich war nichts passiert.
Besorgt blickte sie sich ein wenig hektisch um und rieb fröstelnd ihre Hände an ihren Armen, als sie sich aufsetzte. Es war irgendwie doch recht zugig geworden. Kalter Wind umspielte ihre Haut. Aber warum? War ein Fenster offen? »Kaden?«, wiederholte sie nochmal, diesmal ein wenig lauter, doch ihre Stimme war noch sehr rau und heiser.
Langsam und schleppend griff sie suchend nach einem der dünnen Seidenlaken, um sich darin einzuwickeln und sich zu erheben. Doch kaum hatten ihre nackten Füße den kalten Steinboden berührt, kam Kaden aus der Glastür, welche zu einem kleinen, abgetrennten Balkon führte, zu dem man nur von diesem Zimmer aus Zugang hatte.
»Tut mir leid, hab ich dich geweckt?«, fragte er enttäuscht und schloss ein wenig paranoid die Tür wieder hinter sich.
Lilitha blinzelte und versuchte an ihm vorbeizuschauen. Warum wirkte er so enttäuscht und geheimnistuerisch? Hatte er vielleicht eine andere Frau? Bei diesem Gedanken setzte Lilithas Herz kurz aus und sie fragte sich, ob er ihr schon überdrüssig wurde, doch schnell verwarf sie diesen Gedanken wieder. Sie wollte nicht so denken und sich vielleicht unnötig Sorgen machen. Doch gegen die Angst an sich konnte sie nichts tun. Sie blieb. Vielleicht sogar für immer.
»Du warst nicht da«, sagte sie leise. »Ich habe mir Sorgen gemacht.«
Kurz drehte sich Kaden nochmal zu dem Balkon um, ehe er langsam auf sie zutrat und sie in die Arme zog. »Tut mir leid, dass ich dir Sorgen bereite«, flüsterte er mit leiser, angenehmer Stimme.
Doch auch wenn Lilitha seine zwar kalte, aber liebevolle Umarmung genoss, so war er doch anders als sonst. Irgendwie angespannt, ja geradezu nervös. Warum war Kaden so nervös? Versteckte er etwas vor ihr? Sie wollte lieber gar nicht daran denken, was es war.
»Ist nicht schlimm«, erwiderte sie und versuchte ruhig zu bleiben. Sie wollte nicht zeigen, wie nervös sie gerade selbst war. Unruhig schluckte sie und schielte über Kadens Schulter zu dem mit Gardinen verhangenem Balkon. Doch als er sie wieder losließ, richtete sie ihren Blick schnell wieder auf ihn.
Gezwungen versuchte sie sich an einem schwachen Lächeln, als Kaden ihr Gesicht in seine Hände nahm und sie lange und intensiv musterte. »Komm mit«, meinte er plötzlich leise und nickte in Richtung des Balkons, von dem er gekommen war und hielt ihr abwartend seine offene Hand entgegen.
Überrascht blickte Lilitha ihn an. Neugierig, folgte sie ihm hinaus auf den Balkon. Dort schnappte sie nach Luft. Alles war mit wunderschön duftenden Blumen und verschnörkelten Kerzen dekoriert. Das Licht schimmerte wunderschön und tauchte den kleinen Balkon in ein magisches Farbenspiel.
Auch wenn sie noch immer nicht genau wusste, was das sollte, so war sie doch erleichtert keine andere Frau vorgefunden zu haben.
Ein wenig fröstelnd zog sie das glatte Laken um sich, bevor sie Kadens Wärme hinter sich spürte, welcher sie umarmt hielt. »Ich wollte dich eigentlich später wecken. Es sollte eine Überraschung werden«, gestand er ein wenig verlegen. So hatte sie ihn noch nie gehört. Eine Überraschung? Für sie?
Mit mehr Neugier betrachtete sie den Ort und genoss Kadens Wärme und Duft. »Es ist eine schöne Überraschung«, flüsterte sie und schmiegte sich mit dem Rücken an ihn.
Doch er wirkte irgendwie nicht weniger angespannt. Ganz im Gegenteil. Er schien immer unruhiger zu werden. Fast schon ein wenig hektisch und voreilig schritt er nach vorne und zog einen weißen, dünnen Vorhang beiseite, hinter dem ein kleines, gemütliches Sofa zum Vorschein kam, um welches kleine, magische Lichter herumschwebten, als wären sie lebendig.
»Willst du dich vielleicht setzen?«, fragte er mit einem schiefen Grinsen und ließ ihr die freie Auswahl.
Lilitha wirkte ein wenig irritiert, bei seiner hektischen Art. Sie kam sich vor, als würde sie träumen. Alles fühlte sich so surreal an. Dennoch lächelte sie und trat auf das Sofa zu, das Kaden ihr angeboten hatte. Ihr Blick dabei auf den blonden Mann gerichtet, in der Hoffnung vielleicht eine Erklärung für sein seltsames Verhalten zu finden. Fragend blickte sie zu ihm hinauf, als sie sich auf die weichen Polster niederließ und die Beine anzog, um sie vom kalten Boden zu nehmen.
Das war alles so merkwürdig.
Kaden erwiderte den goldenen Blick stumm und setzte sich langsam neben sie, damit er sie direkt anblicken konnte, ohne den Kopf zu drehen. »Ist dir kalt?«, fragte er und musterte sie abwesend.
»Die Nacht ist kühler, als erwartet«, stellte sie leise fest und kuschelte sich an ihn, da er die perfekte Heizung bildete. Dann hob sie ihren Blick, um in die Sterne schauen zu können. Wie hatte sie diesen Anblick vermisst? Seit dem Anschlag war sie kaum noch nach draußen gekommen. Es war viel zu gefährlich und sie hatten eine Menge anderer Dinge zu tun gehabt.
Kaden, der sie an seine Brust gedrückt hielt, strich ihr über Beine und Arme, während er ihre Mimik bis ins kleinste Detail beobachtete. »Über was hast du mit meiner Mutter eigentlich immer geredet?«, fragte er nun und strich Lilitha eine rote Strähne hinters Ohr, jedoch eher als Ausrede, um sie berühren zu können. Auch wenn er wusste, dass er diese Ausrede nicht brauchte.
»Anfänglich sind wir zusammengekommen, weil wir uns Sorgen um dich gemacht haben«, erklärte sie leise. »Du warst immer das Gesprächsthema. Fast immer, es sei denn sie hat versucht mir das Malen beizubringen.«
Ein leichtes, trauriges Lächeln bildete sich auf Kadens Gesicht, während er Lilitha keine Sekunde aus den Augen ließ. »Ja, ich war schon immer ihr Lieblingsthema«, stimmte er Lilitha zu und streichelte ihr weiter über die Wange, auch nachdem die Strähne bereits weg war. »Als wäre es ihr einziger Lebensinhalt gewesen, sich Sorgen um mich zu machen.«
»Wenn man hier lebt, hat man einen eintönigen Alltag. Auch wenn sie die mächtigste Frau in diesem Palast war, so war sie doch die meiste Zeit allein und hatte nichts zu tun«, erklärte Lilitha leise. »Sie konnte auch nicht einfach rausgehen und sich mit Freunden treffen. Nicht, dass sie welche hatte«, murmelte sie, denn auch das war ein Thema gewesen. »Ich habe ihr viel von meinem Leben auf der Straße erzählt«, gestand sie leise und erinnerte sich daran, wie neugierig Kadens Mutter auf ihre Geschichten gewesen war.
»Ja«, murmelte Kaden zustimmend und senkte den Blick ein wenig. »Sie war doch recht einsam. Und dennoch schien es ihr immer wichtiger zu sein, dass ich nicht einsam war«, erklärte er leise und nachdenklich. »Aber das ist es wohl, was Mütter tun, egal wie alt ihre Kinder sind. Sich um sie kümmern.« Mit diesen Worten hob er den Blick wieder zu Lilitha und musterte sie nachdenklich.
»Ja, Mütter machen sich immer Sorgen um ihre Kinder«, stimmte sie leise zu und schenkte ihm ein leichtes, wenn auch ein wenig trauriges Lächeln.
Wie gebannt erwiderte er ihren Blick und strich ihr gleichmäßig durch das weiche, wellige Haar, welches leicht verstrubbelt auf ihrem Kopf lag. Eine Weile war es still und nur das beständige Rauschen des Windes war leise im Hintergrund wahrzunehmen.
»Lilitha«, flüsterte er wie schon am frühen Abend und musterte sie ein wenig unentschlossen.
»Ja?«, fragte sie leise und musterte Kaden ebenfalls, versuchte aber nicht zu aufdringlich zu wirken. Sie war neugierig, was er ihr schon die ganze Zeit sagen wollte. Es schien ihm schwer auf der Seele zu liegen.
Ein leises, nervöses Lachen entfuhr ihm, als er kurz den Blick senkte, um sich zu fassen und diesen dann wieder fest auf Lilitha richtete.
»Die Trennung durch die Schlacht, dann noch der Tod meiner Mutter und deine Gefangenschaft ... das hat mir zu denken gegeben«, gestand Kaden und ließ sie nicht aus den Augen, als würde er in ihrem Blick etwas suchen.
Überrascht über dieses plötzliche Thema musste Lilitha sich Mühe geben, ruhig zu bleiben. Die Erinnerungen daran ließen ihr Herz noch immer heftig schlagen und Angst machte sich in ihr breit. Doch Kaden war da. Er würde sie beschützen, oder?
Die Rothaarige traute sich nicht, etwas zu sagen. Sie wollte Kaden nicht unterbrechen, da dieser scheinbar nach Worten zu ringen schien. Aufmunternd und erwartungsvoll blickte sie ihn an und nickte kurz, um ihm zu symbolisieren, dass er es ruhig angehen sollte.
Er seufzte ein wenig beruhigt und hielt ihrem Blick stand. »Ich will nicht, dass sowas nochmal geschieht. Niemals«, setzte er an und rutschte ein wenig hoch, um sich richtig hinzusetzen. »Meine Mutter war immer sehr besorgt, dass ich allein enden würde, weil ich immer so distanziert war, wie du sicher weißt«, fügte er hinzu und bei seiner Bewegung tat Lilitha es ihm gleich, um ihn besser ansehen zu können. Diese Ansprache sorgte dafür, dass sich bei ihr alle Nackenhaare aufstellten, doch sie wusste nicht genau, ob das ein gutes, oder schlechtes Zeichen war. Ihre Atmung beschleunigte sich vor Nervosität. Worauf wollte Kaden hinaus?
»Aber du ... «, hier machte er kurz eine Pause und seufzte. »Du hast es irgendwie geschafft, dass ich diese Phase, oder was es war, überwunden habe«, beendete er schließlich seinen Satz. »Ich liebe dich, Lilitha. Und ich will nicht, dass uns nochmal etwas trennt. Nicht mal im Tod.« Mit diesen Worten griff er in seine Hosentasche und öffnete seine geballte Faust langsam vor Lilithas Augen.
Was diese erblickte, ließ ihr Herz für einen Augenblick stehenbleiben, ehe es wieder begann, heftig in ihrer Brust zu schlagen. Nun war sie sich sicher, dass sie träumen musste. Es war ein Ring. Ein wunderschön gearbeiteter Silberring mit Blüten und Ranken. Aufwändig und doch elegant.
Lilitha starrte das kleine Schmuckstück an, ehe sie zu Kaden blickte. Dieser atmete tief durch. »Lilitha, willst du mich heiraten?«, fragte er und die Rothaarige musste sich dazu zwingen, weiter zu atmen. War das hier wirklich echt? Oder nur ein unglaublich realistischer Traum?
Zitternd streckte sie die Finger nach Kadens Hand aus, in welcher der Ring lag und legte sie darauf. Dann blickte sie Kaden fest in die Augen. In diesem Moment hörte sie nur auf ihre Gefühle und dachte nicht an alles andere. In diesem Augenblick schien alles um sie herum unwichtig. Nur sie, Kaden und der Ring, waren das einzige, was zählte. »Ja«, hauchte sie leise.
Erleichtert atmete Kaden aus, als hätte er den Atem bis jetzt die ganze Zeit angehalten und lächelte sie strahlend, wenn auch unsicher an, als er kurz ihre Hand drückte.
»Eigentlich wollte ich ihn noch auf dem Tisch schön herrichten und präsentieren, aber dann bist du aufgewacht und-«, begann Kaden ein wenig beschämt, ehe Lilitha sanft den Kopf schüttelte.
»Es ist perfekt so wie es ist«, flüsterte sie leise zu Kaden und hob die Hand, als er den Ring in seine Finger nahm.
»Ich verspreche, dich immer zu beschützen«, sagte er leise und streifte Lilitha langsam den Ring über ihren Finger, welcher sich magisch perfekt an diesen anpasste.
Lilitha lächelte ihn an und musterte den Ring begeistert. »Und ich werde dich immer lieben«, flüsterte sie leise und strahlte nur noch mehr. Sie konnte es gar nicht glauben. Das hier musste ein Traum sein.
Er lächelte breit und lehnte sich im nächsten Moment nach vorne, um Lilitha in einen festen, leidenschaftlichen Kuss zu ziehen. »Ich lasse dich nie wieder allein«, hauchte er kurz, als er von ihr abließ, um Luft zu schnappen und sie kurz darauf wieder zu küssen.
Lilitha kam unter Kadens Küssen gar nicht dazu etwas zu sagen und entschloss sich einfach den Kuss zu genießen. Schließlich löste sie sich von Kaden und griff seine Hand. »Ich möchte, dass auch alle anderen wissen, dass du mir gehörst«, verkündete sie und eine Ranke schlängelte sich um Kadens Finger und bildete einen Ring, der später durch einen passenderen ersetzt werden würde. Doch da Lilitha damit nicht gerechnet hatte, hatte sie auch keinen Ring.
Kaden senkte den Blick und beobachtete das grüne Wesen, welches sich um seinen Ringfinger schlängelte. Keuchend lächelte Kaden und hatte Mühe seinen regen Herzschlag zu beruhigen.
»Das werden sie«, hauchte er leise, als er den Blick wieder hob und Lilitha erneut in einen Kuss zog, wobei er ihre Beine zu sich zog, damit die Rothaarige unerwartet ruppig auf dem Rücken landete und Kaden sich über ihr abstützen konnte. Statt darüber verärgert zu sein, lachte Lilitha freudig auf. So etwas hätte sie nie erwartet und sie fühlte sich so glücklich wie schon lange nicht mehr. Ein solches Hoch nach dem gestrigen Tief ließ die beiden Tage wie Halluzinationen erscheinen. Unwirklich und doch unglaublich berauschend. Süßer als jeder Mohn der Welt.
Mit einem Lächeln über Lilithas Euphorie küsste er ihre Nasenspitze und musterte sie verliebt von oben, während seine blonden Locken ihm ins Gesicht hingen.
»Ich liebe dich«, wiederholte er erneut, als könnte er es gar nicht oft genug sagen und streichelte über Lilithas Beine, um den weich fließenden Stoff des Lakens immer weiter hochzuschieben.
Lilitha hob ihr Bein und ließ es auffordernd über seines nach oben fahren. »Ich liebe dich auch«, hauchte sie, bevor sie sich seinem Kuss erneut hingab und das Gefühl genoss.
Vielen lieben Dank fürs lesen. Wir würden uns sehr über Rückmeldungen in Form von Votes und Kommentaren freuen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top