Kapitel 10
Es lag Totenstille im Raum, während Lilitha sich abwesend durch das nasse Haar kämmte. Kaden schlief noch immer, doch ausnahmsweise hatte es sie früher aus dem Schlaf gerissen. Heute war der Tag der Bestattung und man schien dem ganzen Königreich die Trauer anzumerken. Als würde die Aura der Gegend sagen, es sei ein Tag der Stille, um zu gedenken.
Sie hatte Kaden nicht wecken wollen, weswegen sie sich unbemerkt aus seinen Armen geschält hatte, um sich zu waschen und nun hier saß, um sich, für den Trauertag, vorzubereiten. Natürlich würde heute das ganze Königreich schwarz tragen, als Symbol. Doch das Kleid, was Kaden ihr von der Schneiderin geholt hatte, war auch für andere Tage ein wunderschönes Kunstwerk geworden. Ein hochgeschlossener Kragen, wie Lilitha ihr erzählt hatte, jedoch mit viel Spitze, die nur an ihren intimen Stellen mit schwarzem Stoff unterlegt war. Alles wirkte, als wäre das Muster auf ihre Haut gemalt worden. Es schmeichelte ihren Rundungen wirklich gut.
Im Moment saß sie jedoch noch immer nackt vor dem Spiegel und ließ in der Stille einige Erinnerungen Revue passieren. Es fühlte sich an, als wäre sie schon ihr Leben lang hier, dabei waren es gerade einmal sechs Monate.
Leise seufzend schob sie ihr Haar über die Schulter nach vorne, um es an manchen Stellen besser kämmen zu können, als sie plötzlich Kaden hinter sich im Spiegel erblickte, der mit verschlafenem Blick auf sie zukam. Schluckend versuchte sie sich an einem traurigen Lächeln, welches sie ihm durch den Spiegel hindurch zuwarf, doch Kaden setzte sich lediglich breitbeinig hinter sie auf denselben Hocker. Dort legte er seine Arme um ihre Taille, und zog sie an sich, wo er kurz ihre nackte Schulter küsste.
»Du bist schon so früh wach«, stellte er murmelnd fest und strich kraulend über ihre weiche Haut. Es war mehr eine verwunderte Feststellung, als eine Frage, da sie beide eher dazu neigten, dem Aufstehen so lange wie möglich aus dem Weg zu gehen.
»Ja, ich war wach und wollte meine Gedanken etwas ablenken«, flüsterte sie, schmiegte sich in seine Umarmung und genoss die Zweisamkeit. Kadens Duft hüllte sie ein und sie wollte ihn nie wieder hergeben. Ob er noch wusste, welcher Tag heute war? Keineswegs hatte er es vergessen ... doch ob er sich dem auch wirklich bewusst war? Sie machte sich noch immer Sorgen, da er sich nach wie vor so verhielt, als wäre nichts gewesen.
»Wie hast du geschlafen?«, fragte er müde und legte sein Kinn auf ihrer Schulter ab, um sie durch den Spiegel anzusehen.
Lilitha senkte den Blick. »Sehr gut«, sagte sie, fühlte sich aber ein wenig schuldig. Wie konnte sie so gut schlafen, bei dem, was auf sie wartete?
Besorgt zog er die Augenbrauen zusammen und beobachtete ihre Mimik. Vorsichtig griff er nach ihrem Kinn, um ihr Gesicht nach hinten zu drehen, wo er ihr direkt in die Augen blicken konnte. »Schau doch nicht so«, flüsterte er aufmunternd und gab ihr einen Kuss auf den Mundwinkel.
Ein schwaches, doch noch immer betrübtes Lächeln zog an Lilithas Lippen. »Ich bin traurig«, sagte sie leise und rieb ihre Nase an der von Kaden. Nachdenklich blickte er sie an und streichelte mit dem Daumen über ihre Wange, während er ihr ein wenig näherkam, um seine Stirn an ihre zu legen.
»Ich weiß«, flüsterte er. Dabei musste Kaden kein Hellseher sein, um zu wissen, dass es wohl an der bevorstehenden Bestattung lag. »Aber ich möchte nicht, dass du traurig bist«, fügte er leise hinzu und gab ihr einen erneuten Kuss auf die Wange, bevor er sich wieder zum Spiegel drehte und über Lilithas Bauch zu ihren Beinen strich. »Du musst nicht mitkommen, wenn du das nicht möchtest«, fügte er dann noch hinzu und schien das doch tatsächlich ernst zu meinen.
Lilitha schüttelte ungläubig den Kopf. »Nein. Es gehört sich so. Außerdem mochte ich deine Mutter. Sie hat mir sehr geholfen und ich bin es ihr schuldig. Außerdem möchte ich sie noch einmal sehen«, erklärte die Rothaarige und senkte wieder ihren Blick, nachdem sie Kaden im Spiegel fest in die Augen gesehen hatte.
Als er dies bemerkte, tat er es ihr gleich und folgte ihrem Blick zu ihrem Schoß, wo sie ein wenig nervös mit ihren Fingern rang. Sanft griff Kaden nach ihrer Hand, um diese zu umschließen und ihre Fingerknöchel zu streicheln. »Sie hat dich auch gemocht. Und egal ob es sich gehört oder nicht ... ich möchte nicht, dass du dich gezwungen fühlst.«
»Ich fühle mich nicht gezwungen. Ich möchte wirklich. Außerdem möchte ich dich heute nicht allein lassen«, sagte sie und wurde am Ende immer leiser. Bei dieser Bemerkung musste Kaden schmunzeln und konnte sich ein kurzes Lachen nicht verkneifen.
»Ich bin ein erwachsener Mann, Lilitha. Keine Sorge, ich kann schon auf mich aufpassen«, erinnerte er sie und setzte dazu an, ihr in die Seiten zu kneifen, unterließ es jedoch rechtzeitig, als er sich zurückerinnerte, was das letzte Mal passiert war, als er das getan hatte.
Ein Seufzen entrang sich ihren Lippen. »Ich weiß, aber trotzdem möchte ich nicht, dass du heute allein bist«, sagte sie und in ihrer Stimme schwang Entschlossenheit mit.
Kaden war sich sicher, dass sie sich an ihn heften würde, wenn er nein sagte. Er atmete tief durch und nickte ihr dann stumm als Einverständnis zu, ehe er sich erhob. Kurz hielt er neben ihr inne und neigte sich zu ihr runter, um ihr einen weiteren Kuss auf die Lippen zu drücken, bevor er sich seufzend ins Bad begab. Ein wenig verwundert blickte Lilitha ihm hinterher und hörte nach einer Weile das Wasser plätschern. Er schien zwar so kühn und gelassen wie immer in ihrer Gegenwart, aber doch irgendwie anhänglich von seiner Körpersprache her. Er küsste sie in jeder freien Minute und tat so, als würde sie jeden Augenblick verschwinden können.
Lilitha lächelte sanft, ehe sie sich wieder ihren Haaren und dann ihrem Kleid widmete. Sie war gerade dabei, es anzuziehen, als Kaden aus dem Bad zurückkam. Seine Haare noch nass und um seine Hüfte lediglich ein Handtuch. Schluckend schielte sie flüchtig über ihre Schulter und erblickte ihn, als er sich durch die Haare fuhr, um sie nach hinten zu kämmen. Wie gebannt starrte er sie an und musterte ihren Aufzug, als er an sie herantrat und begann die kleinen, feinen Knöpfe am Rücken des Kleides zu schließen.
»Du siehst hübsch aus«, flüsterte er in ihr Ohr und strich ihr sanft über die Arme. Als er fertig war, bewegte er sich jedoch nicht von der Stelle.
»Ich habe Angst, dass jemand denkt, ich würde diesen Tag dazu nutzen aufzufallen«, murmelte sie und fragte sich, warum sie kein unauffälligeres Kleid hatte.
Kadens Hände glitten von ihren Armen zu ihrem Körper, wo er sie sanft an ihrer Taille zu sich drehte. »Mach dir darüber keine Gedanken«, antwortete er mit einem seichten Kopfschütteln und nahm Lilitha an beiden Händen, um diese ein wenig auseinander zu heben und ihre Aufmachung nun auch von vorne zu bewundern.
Er kannte das Kleid, denn er hatte es selbst von der Schneiderin geholt. Doch an ihr gesehen hatte er es noch nicht.
»Du siehst wirklich wunderhübsch aus«, bemerkte er abermals und zog Lilitha wieder zu sich heran. »Wärst du nicht schon fertig frisiert und geschminkt, würde ich dich glatt wieder entkleiden«, merkte er neckend an und gab ihr einen kurzen Kuss auf die Wange. Kurz darauf wandte er sich von ihr ab und begab sich in seinen begehbaren Kleiderschrank.
Bei dieser Aussage wurde sie rot und versuchte ihr heftig schlagendes Herz wieder zu beruhigen. Dann stellte sie sich so hin, dass sie Kaden dabei zusehen konnte, wie er sich anzog, ohne dass er es so schnell bemerken würde. Er begutachtete nur nochmal den schwarzen Festtagsanzug, welchen man ihm rausgelegt hatte und begann sich abzutrocknen.
Lilitha atmete tief durch und trat auf ihn zu, bevor sie ihm das Handtuch aus der Hand nahm und die Arbeit für ihn fortführte. Sie suchte seine Nähe genauso sehr, wie er ihre.
Es dauerte nicht lange, da setzte sich Kaden auf einen der Hocker, damit Lilitha die nassen Haare besser trocknen konnte. Diese ging ihrer Aufgabe stumm nach, auch wenn sie sehr viel Körperkontakt zuließ. Kaden erinnerte sich mit einem Schmunzeln zurück, als sie diesen noch gescheut und jede Möglichkeit genutzt hatte, um Abstand zu gewinnen. Besonders das erste Mal, als sie ihn gewaschen hatte. Er würde wohl nie ihren unersetzlichen Gesichtsausdruck vergessen, mit dem sie ihn besehen hatte, oder besser gesagt aus dem Weg gegangen war.
Als sie fertig war, stand er wieder auf und wollte gerade nach seiner Hose greifen, als Lilitha ihm diese aus der Hand nahm. Bevor sie ihm diese jedoch anzog, schmiegte sie sich von hinten gegen ihn und küsste seinen Rücken hinauf und wieder hinunter.
Kaden wirkte sichtlich überrascht von Lilithas Initiative, die er so niemals von ihr gesehen hatte. Dennoch mochte er ihre Lippen auf seiner Haut und schloss genussvoll die Augen. Wie paralysiert drehte er sich zu ihr um und zog sie an sich, um ihr einen leidenschaftlichen Kuss zu schenken. Diese Frau machte ihn einfach verrückt!
Lilitha erwiderte diesen, bevor sie Kaden seine Hose zurückgab und sich noch einmal an ihn drückte, ehe sie sich von ihm löste. Ihr Blick sprach Bände, doch beide wussten, dass sie dafür keine Zeit hatten.
»Wir sollten das vielleicht auf später verschieben«, hauchte er atemlos und schluckte gezwungenermaßen. Sie war noch nie mit einer solchen Offenheit auf ihn zugegangen und hatte den ersten Schritt getan, doch umso mehr wollte er sie jetzt.
»Ja, das werden wir«, sagte sie und ließ es wie ein Versprechen klingen.
Zurückhaltend biss sich Kaden auf die Unterlippe. Er sollte das lieber lassen, bevor er sich noch in ihr verlor. Widerwillig wandte er sich wieder um und zog sich an, bis auch er in Schwarz gekleidet war.
Als er fertig war, atmete er tief durch und reichte Lilitha seinen Arm. Diese wirkte verwundert, nahm das Angebot aber an. Sie ging davon aus, dass sie sich voneinander lösen würden, wenn sie in den öffentlichen Bereich kamen, doch auch dort behielt Kaden diese Position bei.
Ein wenig unsicher senkte Lilitha ihren Blick, doch hielt stets neben Kaden das Tempo ein. Etwas anderes war auch schlecht möglich, da er sie immer, wenn sie aus Instinkt hinter ihm laufen wollte, ein Stück nach vorne zog, bis sie wieder neben ihm war. Dabei dachte er nicht einmal daran, ihren Arm loszulassen. Als hätte er Angst, dass sie jeden Moment verschwinden oder weglaufen würde. Was sie nicht tun würde, doch richtig wohl fühlte sie sich auch nicht. All die Blicke, die auf ihr lagen, machten ihr Angst. Was, wenn nun wirklich eine der Haremsfrauen den Anschlag verübt hatte und eigentlich sie treffen wollte? So wie sie teilweise angesehen wurde, war das durchaus möglich.
Die Rothaarige schluckte nervös und trat mit dem Highlord nach draußen in einen großen Innenhof, welcher extra für den heutigen Tag hergerichtet wurde. Als sie jedoch auf die Lichtung traten, vor der sich die meisten Haremsfrauen in Schwarz bereits versammelt hatten, hielt Kaden inne. Als er den Sarg vor dem Mausoleum erblickte, zuckte er kurz zusammen und versteifte sich etwas.
Vielen lieben Dank fürs lesen. Wir würden uns sehr über Rückmeldungen in Form von Votes und Kommentaren freuen.
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