Zweiter Versuch
Ich drehte das Schild herum und Fiennes lachte. „Na gut, du darfst noch rein."sagte ich und hielt ihm die Tür auf.
„Du siehst müde aus, Liebes."murmelte er und küsste meine Wange, sofort ging ein Kribbeln durch meinen Körper, obwohl ich von Henry geträumt hatte.
Nein, eigentlich von einem Ork, der wie Henry geredet und mich zum Oralsex genötigt hatte. Und noch andere Sachen gemacht hat, Ralph spürte es nicht, zum Glück war er da nicht empfänglich für, sodass ich nicht in Verlegenheit kam, ihn abwimmeln zu müssen. Er guckte sich um, während ich aufräumte und meine Jacke und Tasche holte.
„So viele Bücher und so wenig Zeit."murmelte er.
„Das Gute an der Arbeit hier ist, dass du zwischendurch viel Zeit hast zum Reinlesen. Ich hab das gesamte Schaufenster schon nach Schrott und genial sortiert!"kicherte ich.
„Und wohin gehört der Erotikfotos- Band?"grinste der Schauspieler.
Ich rollte mit den Augen.
„Ist im Niemandsland. Die Fotos sind toll, aber die sogenannten Geschichten dazu einfach peinlich. Interessiert es dich? Wir sind gerade noch mal zehn Prozent runter gegangen."grinste ich.
„Ich dachte, du schenkst es mir zum Abschied?"
„Wieso, musst du weg?"wunderte ich mich, er hielt mir die Tür auf.
„Wegen der Trennung."murmelte er. „Damit ich was zum Ausgleich habe."
„Du hast doch Steph."murrte ich und schloss ab.
„Sie ist nicht hier."
„Dann zieh verdammt noch mal nach Irland!"
„Warum bist du so gereizt?"schmunzelte er.
Ich erklärte es ihm, während wir zu meiner Wohnung spazierten, er lachte.
„Was ist daran komisch?"fauchte ich. „Ich habe doch recht, oder?"
„Du bist genauso unfähig, wie ich."
„Sag das nicht. Ich war länger verheiratet, als du."
Er schaute mich ernst an und ich nickte: „Okay, okay. Ich hab Mist gebaut, oder? Was soll ich machen?"
„Kommt drauf an, ob du Henry willst oder nicht."murmelte Ralph, während er aufschloss, ich hatte die Hände voll mit seinen Einkäufen und meinen Farbtöpfen. Und Büchern, die mein Boss weg werfen wollte. Hallo? Man konnte doch keine Bücher wegwerfen! Selbst, wenn es Schund war! Ralph hatte bereits seine Sachen abholen lassen und die häßlichen Möbel, die schon in der Wohnung gewesen waren, als er eingezogen ist, hatten wir gespendet. Mein Zeugs war zum Teil noch im Haus, das wir gemeinsam bewohnt hatten. Manchmal nervte es, weil es vielleicht so aussah, als würde ich doch zurück kommen, aber es lag an rein praktischen Gründen! Nun, das größte Zimmer meiner Wohnung, das vorher ein Schlafzimmer gewesen war, sollte für meine Bücher her halten, ich brauchte nicht viel Schlafplatz. Wir hatten es schon fast fertig renoviert, fehlten nur noch die Regale, die hatte ich von Ralph geschenkt bekommen.
„Mist, wenn wir um diese Zeit herum bohren, killen mich die Nachbarn."seufzte ich und knabberte an einer Karotte, Ralph schnippelte gerade Gemüse für das Essen und ich hockte auf dem Barstuhl und schaute zu.
Wieviele Frauen kamen in den Genuss, dass der Ex für sie kocht und renovieren hilft, was für Ralph wirklich der Horror war? Ja, das war seine Art von Liebe. Ich seufzte schwer und stand auf, gab ihm einen Wangenkuss. Er murrte und tat so, als wäre ich nicht da, ich ging also ins Bücherzimmer und packte schon mal die Regale aus. Morgen würde es wieder zu spät werden, weil ich am Vormittag Hannah ersetzen musste, normalerweise war ich nur Montag, Mittwoch und Freitag Vormittag bei La Riche und Montag bis Donnerstag Nachmittag im Buchladen. Samstags und Sonntags hatte ich frei, außer, wenn ich Lust hatte, konnte ich Samstagvormittag im Buchladen aushelfen. Oder zu einer Friseurmesse fahren, dann kriegte ich in der Woche frei, nun, ich hatte zig Überstunden bei La Riche. Im Buchladen schrieb ich sie nicht auf, das war ja fast wie ein Hobby! Endlich war das Essen fertig und Ralph rief mich, ich hatte mit dem Imbusschlüssel versucht, schon ein paar Bretter leise zusammen zu schrauben, aber es reichte nicht aus. Ich war zu schwach!
Wir unterhielten uns angeregt, wie immer, und der Barde ging um zehn, ohne, dass er mir gesagt hatte, was ich mit Henry anstellen sollte. Vielleicht war er doch eifersüchtig? Nein, nicht Ralph Fiennes! Also rief ich Steph an, sie schrieb kurz, dass sie gleich mit Ralph videochatten wolle. Ich starrte wieder mal auf mein Handy, Henry hatte meine Nachricht immerhin gelesen. Und mich nicht geblockt, aber in unserem Alter war das doch echt albern! Ich öffnete sein Bild und zoomte es heran. Dann googelte ich Fitnessclubs in London, nun, meine Spürnase war schon nicht schlecht, ich erkannte seinen Club an einem winzigen Detail auf dem Werbefotos! Hoffte ich, jedenfalls, ich zog meine Jacke über und lief los. Der Club war vier U-Bahn Stationen entfernt. Henry wird gelaufen sein, wie ich ihn kannte, aber ich bräuchte dafür bis zum Morgengrauen, bestimmt! Mein Herz raste vor Aufregung, als ich dem Gebäude näher kam. Die Gegend war ruhig, denn hier gab es kaum Geschäfte, noch Wohnhäuser, eher Lagerhallen, eine Tennishalle, ein Autohaus und eine Gokart- Bahn. Und das hell erleuchtete „24h- Workout", nun, sehr einfallsreicher Name! Drinnen war es voll. Anscheinend nutzten viele es, um sich zu treffen und an der Bar zu hocken, anstatt Fitness zu machen. Henry war nicht dabei. Auch eine Hundebar gab es, Kal war nicht zu sehen. Wahrscheinlich war der Schauspieler schon wieder sonst wo!
„Hallo, was kann ich für dich tun?"begrüsste mich ein muskelbepackter Kerl mit Sommersprossen und Stirnband.
Sein Schild wies ihn als „Lenny" aus.
„Oh, ich suche nur jemanden."gab ich zurück, nein, im Leben nicht würde der mir ein Abo andrehen!
Auch, wenn ich es vielleicht nötig hätte...
„Wen?"hakte er nach.
„Henry."
„Davon haben wir hier so ungefähr...zwanzig? Und fünf davon arbeiten hier."grinste er.
„Cavill."
„Kevin?"
Ich stöhnte.
„Sorry, ich darf eh keine Daten raus geben, Datenschutz, eh?"
Na super! Nein, es war sowieso Unsinn, er würde mich nicht mal anhören. Und wollte ich es überhaupt? Naja, ich wollte nicht, dass er mich für eine eiskalte Bitch hielt, andererseits hatte ich doch recht. Wenn Kerle eine Frau nur für das Bett wollten, war es okay! Plötzlich stupste mich etwas Kaltes in der Handfläche und ich zuckte zusammen, Lenny schaute nach oben. Ich roch Henry, bereits, obwohl er sich nie zu aufdringlich parfümierte, ganz im Gegenteil. Kal leckte mein Handgelenk und ich drehte mich um, nun, der Hund sah erfreuter aus, mich zu sehen, als sein Herrchen und ich konnte das verstehen! Zum Teil. Ich kraulte Kal und schaute in die ernsten, blauen Augen des Schauspielers, die mir nun fast so vertraut waren, wie Ralphs. Nur von einem halben Tag, den wir miteinander verbracht hatten!
„Ich dachte, meine Message wäre klar."brummte er.
„Ich hab keine bekommen."
„Das war die Message."
„Soll ich sie rauswerfen, Mr. Cavill?"fragte ein Sicherheitstyp.
„Nein, SIE geht von allein."schnaubte ich und liess den Hund los, er fiepte.
Ja, vielleicht war es doch besser so. Wir passten nicht zusammen, nicht so. Kurz vor der Glastür zögerte ich. Draußen stand er, lässig die Hände in den Taschen! Ich drehte mich um, Henry schaute mir nach, was ich nicht erwartet hätte, der Sicherheitstyp war fort. Aber neben mir stand auch einer am Eingang. Warum war ich nur immer so in Gedanken und passte nicht auf, wer mir folgte?
„Was ist nun, wollen sie die Tür blockieren?"knurrte der Security.
„Können sie die Polizei rufen?"fragte ich.
„Warum?"
„Weil ich bedrängt werde, und nicht anders herum, Herrgott."schnappte ich.
„Mr. Cavill bedrängt sie doch nicht."
Oh, doch, er hat mir seinen Schwanz in den Hals gerammt und spielt nun den Unschuldigen, aber darum geht es nicht. Wieder, mein kleiner Freund, der mich anscheinend lieb gewonnen hatte. Der Hund kuschelte sich an meine Beine und ich fragte mich, ob Henry ihn dazu gebracht hatte. Ich hockte mich vor Kal und fragte: „Bringst du mich zur U- Bahn, damit der böse Mann mich nicht belästigt?"
„Wen meinst du?"brummte Henry und ich bekam eine Gänsehaut.
„Da."murmelte ich und zeigte auf den Pizzaboy, der nun so tat, als wolle er gehen. „Er ist auf Steph scharf, aber sie ist wieder zuhause. Ich schätze, er verfolgt mich, weil er hofft, sie zu finden."schloss ich leise.
„Das ist so unfair."seufzte Henry. „Jetzt muss ich wieder den Helden machen, dabei wollte ich dich erstmal ignorieren!"
„Musst du nicht. Ich kann Kal mitnehmen."grinste ich.
Er reichte mir die Leine. „Wenn du es wieder gut machen willst, dann gehe ne Stunde mit ihm spazieren, während ich mein Workout mache. Fahr besser in die City, da ist mehr los. Aber Kal wird schon auf dich aufpassen."
„Gebongt, Captain."lächelte ich und tippte an meine Stirn, Henry lachte. Er sah mich einen Augenblick verträumt an.
„Ich...hab es ehrlich gemeint. Und du..."er stockte.
„Hm. Ich weiß. Tut mir leid."hauchte ich und gab ihm einen sanften Kuss, er zog mich fest heran und küsste mich richtig.
Sodass Pizzaman es garantiert sehen konnte, aber ich wußte ja, dass es ihn nicht interessierte, wen ICH datete. Kaum hatte Henry sich gelöst, sagte ich: „Vielleicht sollte ich ne falsche Spur legen, damit ich ihn loswerde?"
Er maulte: „Du bist echt romantisch."
Ich kicherte: „Sorry, sowas muss immer sofort raus aus dem Kopf."
„Ich denke, damit machst du ihn nur wütend. Er wird schon irgendwann aufgeben, hm?"
„Nicht mal die Verfügung schockt ihn."seufzte ich. „Na gut, schauen wir mal, wie er auf den Hund reagiert."
„Wenn du Angst hast, dann komme ich mit?"
„Nein, mach nur dein Ding. Der wird sich hüten, mir näher zu kommen. Es sieht eher so aus, als hätte er Angst vor mir. Wenn ich die Tür aufmache, läuft er weg."
„Bist du des Wahnsinns, ihn reinzulassen?"schnappte Henry nun, nahm die Leine und schob mich Richtung Tür.
„Komm schon, der ist harmlos. Er nervt nur."jaulte ich, weil der Riese direkt auf den Pizzajungen zuschoss.
Natürlich rannte der Kleinere und wesentlich schmächtigere Kerl weg und Henry blieb stehen. Seufzte, Kal kläffte und ich schüttelte den Kopf: „Mein Plan war besser!"
Der Große drehte sich zu mir und wir beide mussten lachen.
„Wo willst du ihn eigentlich hinschicken?"grinste Henry.
„Timbuktu? Südpol?"grinste ich zurück.
„Bisschen zu auffällig, meinst du nicht?"
„Hm. So, was nun?"
„Sag du es mir."
„Wir gehen ne Runde spazieren und sprechen uns aus?"fragte ich hoffnungsvoll.
„Worüber? Das ich ne andere Vorstellung von UNS habe, als du?"
Nun fiel mir die Kinnlade runter. Ich schüttelte den Kopf.
„Nein, echt jetzt, für ein UNS ist es zu früh, auch für dich."
„Ich habe dir gesagt, dass ich bereit bin. Du nicht, das ist okay, aber hör auf, mich wie einen Toy Boy zu behandeln, ehrlich, das hab ich nicht nötig."
„So hab ich das nicht gemeint."jaulte ich.
„Wie denn?"
„Ich wollte einfach nur Sex, Herrgottnochmal."fluchte ich und jemand grölte: „Gib mir deine Nummer, Pinkie!"
„Uch."machte ich, „Siehst du. Ich will dich, nicht...sonst hätte ich mir einen gemietet."
„Du hast doch deinen Ex, wozu noch Geld dafür ausgeben?"knurrte er.
„Den ich nicht will! Warum kapiert ihr das nicht?"fauchte ich, ich hatte echt genug davon!
„Weil du dich selbst belügst! Ehrlich, ich habe keine Lust, immer in seinem Schatten stehen zu müssen! Nur der Ersatzmann zu sein, der dich zwischendurch mal auffängt oder befriedigt, und dann, wenn dein Traummann von deiner Freundin genug hat und mit den Fingern nach dir schnippt, sitzen gelassen zu werden!"bellte er, er hatte sich in Rage geredet und ich wich erschrocken zurück.
„Ist okay. Ich hab dich verstanden."hauchte ich.
„Hast du nicht!"knurrte der Riese.
„Mach es gut, ich schreibe dir nie wieder und lauere dir auch nicht mehr auf."erklärte ich und drehte mich schnell um, damit Henry nicht sah, dass ich weinte.
Ich ging zur U-Bahn Station, hörte aber, dass er mir folgte. Zu seinem Unglück wurde er erkannt und aufgehalten, so konnte ich schnell in den Zug schlüpfen. Dann fiel mir ein, dass er wußte, wo ich wohnte. Was wollte er nur? Eine halbe Stunde, nachdem ich zuhause war, klingelte es an der Tür und ich drückte den Summer, weil ich dachte, es wäre Henry. Doch die Schritte im Flur waren leicht und unsicher, also schloss ich mich schnell wieder ein. Hockte mich vor die Tür und weinte bitterlich.
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