Noch nicht bereit
„War ich gut?"murmelte Henry nach einer Weile.
„So gut, dass ich dir geglaubt habe."seufzte ich.
„Wenn du mir gleichgültig wärst, hätte ich dich nach deiner ersten Abfuhr in Ruhe gelassen."
„Was meinst du mit „erste Abfuhr?""wunderte ich mich, es ging aufwärts und ich kam in Schnaufen.
„Du hast mich in der Halle stehen lassen. Obwohl ich ganz klar gebaggert habe. Und dann nochmal, du hast mich sowas von gedisst, das ist mir noch nie passiert."
„Und es hat deinen Jagdtrieb geweckt."kicherte ich.
„Mehr oder weniger. Zuerst, ja, dann wollte ich einfach nur bei dir sein. Wollte dich zum Lachen bringen, dich spüren. Sorry. Du hast es hier mit einem ernsten Stalker zu tun."
„Also doch CG."
„Uah, nein. Das von heute Morgen wird nie wieder vorkommen."
„Hättest du es gerne zu Ende gebracht?"flüsterte ich.
„Nein, natürlich nicht, ich hab es nicht mal genossen. Es war furchtbar, dich so zu sehen, aber ich war so...wütend, erst dieser Idiot da draußen, und dann du, die mich immer wieder eiskalt im Regen stehen lässt. Aber ich weiß, warum, hab es eben wieder gespürt. Geb dir einen Ruck, ehrlich. Bevor es zu spät ist."
Ich blieb stehen und stemmte die Fäuste in die Hüften, keuchte.
„Oh Gott, es ist zu warm! Henry, ich weiß nicht, was du meinst. Ich bin total glücklich damit, wie es jetzt ist!"
„Oh, super. Phase zwei, Verleugnung, herzlichen Glückwunsch zum..."
Ich schubste ihn verärgert beiseite, Kal kläffte und ich lief den Berg wieder runter, hey, so war ich sogar richtig schnell! Nur war der Athlet schneller, packte meine Hüften, ich quietschte und der Hund lief fröhlich um uns herum, während ich strampelte und lachte.
„Okay, du hast Recht."keuchte ich.
„Womit?"
„Mit allem, was du sagst, jetzt lass mich runter."
„Nein. Mich speist du nicht mit einer rundum- Entschuldigung ab."
„Ich brauche noch Zeit, um die Trennung zu verdauen."
„Fein. Und?"
„Ich stehe doch auf Muskelpakete."
„Was?"
Er hatte mich auf seinen Schultern geparkt und schaute hoch, ich piepste: „Mir wird schlecht."
Nun ging er in die Knie und ich sprang ab. Setzte mich in den Sand, Kal lief um mich herum und schien zu überlegen, was er von mir halten sollte. Ich legte mich zurück und schloss die Augen.
„Ich weiß nicht, was mit mir los ist."seufzte ich.
„Oh, da sind wir schon zwei."murmelte er und legte sich neben mich.
„Aber das jetzt ist schön."
„Ja."raunte er und nahm meine Hand.
„Ich schaffe es nie nach ganz oben."
„Soll ich dich tragen?"feixte er und ich boxte ihn. Er fuhr ruhiger fort: „Weißt du, dass ich fast abgesagt hätte? Ich war total fertig wegen der Trennung von meiner Freundin. Aber alle meinten, gerade dann sollte ich gehen, ich hab tatsächlich bis zum letzten Moment gehadert. Und jetzt bin ich froh, dass ich es gemacht habe. Auch, wenn wir verloren haben."
„Haben wir doch gar nicht."grinste ich.
Er kam hoch und beugte sich über mich. Uh. Kal fiepte und ich musste grinsen, nun lachte auch Henry los. Er bewarf den Hund mit Gras und ich kicherte: „Lass ihn, er weiß nicht, was Romantik ist. Bei ihm gibt's nur läufig oder nicht."
„Heute morgen waren wir ziemlich läufig, oder?"schmunzelte der große Typ. „Ich bin ein Idiot. Hätte n geilen Blow Job haben können."
„Hm, über das „geil" liesse sich noch streiten. Ich hab einfach n Witcher- Kink und muss dauernd daran denken, es bei ihm zu tun. Sorry, dass ich dich objektiviere."
„Nein, nein, schon okay. Warum hast du das nicht gleich gesagt?"kicherte er. „Wenn du möchtest, besuche mich doch mal am Set."
„Absolut möchte ich das!"japste ich. „Ein Traum wird wahr!"
„Hm, dafür, dass du ein Fan bist, hast du mich aber ganz schon abgekanzelt."lachte er.
„Ich bin ein Fan vom Witcher, nicht von dir."grinste ich.
Er schmollte und ich küsste seine süßen Lippen. Nun knurrte er und mein Bauch fing an, zu flattern, es wurde mehr und ich spürte Hitze aufwallen, als seine Zunge auf meine traf. Es ist nur Lust, sagte ich mir. Und es wäre gemein, mit seinen Gefühlen zu spielen. Nachdem er sich gelöst hatte, fragte ich: „Theoretisch könnte ich auch dein Trostpflaster sein?"
„Und praktisch sind wir es wohl beide füreinander."gab er zurück.
Ich schaute ihn ernst an. Er streichelte mit dem Zeigefinger mein Gesicht. Kal bellte, Henry sah auf. Als er aufstand, erschauderte ich wieder vor seiner Masse, er reichte mir die Hand, ich schaute ihn immer noch an, ohne auf die ankommenden Wanderer zu achten. Liess mich hochziehen, dann drehte ich mich auch um, seufzte. Eine fröhliche Familie.
Als wir endlich beim Zeichen angekommen waren, war ich nicht nur körperlich erledigt. Je mehr Zeit ich mit diesem Mann verbrachte, desto mehr kam ich durcheinander. Die Familie, die gleichzeitig mit uns angekommen war, bat uns, sie zu fotografieren und tat es uns dann nach, die Frau meinte, wir wären ein sehr schönes Paar. Ob wir Kinder hätten, ich verzog das Gesicht.
„Noch nicht."lächelte Henry und umarmte mich sanft.
„Wird in meinem Alter etwas schwierig werden."brummte ich, als die anderen außer Reichweite waren.
„Zuerst hab ich auch gedacht, dass wir ungefähr gleich alt wären."gab der große Kerl blinzelnd zurück.
„Also bin ich ja von Anfang an im Nachteil gewesen!"jaulte ich. „Ich konnte die Wette ja nur verlieren. Vielleicht hätte ich mich nicht so aufbrezeln sollen?"
„Du hast doch gar nicht verloren..."grinste er.
„Wer weiß das schon. Technisch gesehen..."
„Müssten wir rauskriegen, wann sie sich geküsst haben."
„Wahrscheinlich sollten wir es wirklich vergessen!"murrte ich und er nickte.
Kaum zurück im Hotel, war ich froh, dass Babs wieder da war. Wir verabredeten uns alle zum Neujahrsessen in ein schickes Restaurant auf dem Wasser, und es erschien wie ein wundervoller Abschluss, obwohl es ein Beginn war. Henrys Hund lag auf meinen Füßen, anscheinend meinte er, ich müsse bleiben, der Hüne saß neben mir und hatte seinen Arm auf meiner Lehne, scherzte mit Tom Hiddleston, der uns gegenüber saß. Neben mir an der langen Tafel saß Ralph, daneben Steph, mir gegenüber Steffi und das Ehepaar Cumberbatch. Babs hatte nicht mit gewollt, was ich total bedauerte, aber sie war echt fertig, sie hatte mit einem der Bandtypen angebändelt, der rausbekommen hatte, dass sie auch Musikerin war, sie hatte ein paar Songs zusammen gesungen. Am Morgen, nachdem sich die Party langsam aufgelöst hatte, hatte der Musiker Babs auf die Yacht von Kanye West mitgenommen und dort wurde weiter gefeiert, die Gute hatte seit 48h, wenn man den Flug mitrechnete, kein Auge zugetan! Wahrscheinlich hatte ich deshalb auch so lange geschlafen, ich war immer noch groggy.
Wenn Ralph eifersüchtig war, merkte man es ihm nicht an. Aber ich vermutete, es war ihm egal. Ich fragte tatsächlich nicht mehr nach, wer die Wette denn nun gewonnen hätte, wollte einfach den Abend genießen und lachte über Hiddleston und Cumberbatch. Im Restaurant saßen noch weitere Promis, jedoch war es nicht zu vergleichen mit gestern Abend. Alles war ruhig und gesittet und alle schienen nun Ruhe zu brauchen. Kurz, bevor Ralph und Steph sich verabschiedeten- mal wieder die Ersten, die gingen, erklärten sie mir, dass sie nicht wie geplant den Flug morgen früh um sechs nehmen würden, sondern später nach New York fliegen wollten, dort wolle Ralph mit ein paar Freunden nachfeiern. Und anscheinend war es wirklich ernst mit den Beiden, so, wie ich es erhofft hatte, doch nun war es doch komisch. Weil ich es verglich, mit uns, wie ich darum gekämpft hatte, dass Ralph sich zu mir bekennt, und Steph nahm er schon einen Tag, nachdem sie zusammen gekommen waren, mit nach New York! Da ich bei Steffi mit dem Thema auf taube Ohren traf, weil sie der Meinung war, ich hätte es mir selbst eingebrockt, und Babs wie gesagt nicht anwesend war- und wahrscheinlich mit Steffi einer Meinung war- schnappte ich mir Henry. Er hörte geduldig zu, während ich ihm mein Leid klagte.
„Was soll ich dazu sagen?"grinste er, als ich geendet hatte.
Wir saßen am Wasser, über dem Pazifik ging die Sonne unter und ich verunstaltete den romantischen Moment mit diesem Thema. Aber ich musste es loswerden und hören, was ich vermutete.
„Tut er das, um mich eifersüchtig zu machen?"fragte ich.
„Keine Ahnung. Du kennst Fiennes bestimmt besser, als ich. Vielleicht liebt er sie ja auch mehr, als dich."
Ich starrte ihn an.
„Ja, los. Mach."grinste er. „Geh auf mich los, als wenn ich was dafür könnte. Du hast es so eingefädelt. Du hast dich getrennt..."
„Ah, ah!"ging ich dazwischen. „WIR haben uns getrennt."
„Wie auch immer. Ähm, Bugs, ich muss leider auch gehen. Muss den Flieger um drei Uhr morgens nehmen und brauche noch eine Runde Schönheitsschlaf."
Nun spürte ich, wie meine ganze Euphorie von mir abfiel.
„Dann mach es gut. Danke nochmal für alles."murmelte ich.
„Du willst mich nicht wieder sehen?"
„Vielleicht ist es besser, wenn wir auch erstmal unsere Wunden heilen."
„Wieso auch? Okay, wenn ich ehrlich bin, glaube ich, dass der Kerl fake ist, so, wie er dich anglotzt, bist du ihm nicht egal. Wenn du nachgeben würdest, nimmt er dich garantiert auch mit nach New York."
„Ich bettele doch nicht darum!"schnappte ich.
„Dann lass es. Komm gut nach Hause, falls du meine Nummer nicht löschst, melde dich gerne, ich bin in ungefähr drei Wochen wieder in England."
Ich nickte. Der große Kerl hatte die ganze Zeit auf einem Holzsteg gesessen, während ich hin- und her gelaufen war, nun stand er auf und Kal fiepte freudig. Ich schaute zu Henry auf und seufzte traurig. Er nahm mein Kinn und ich schloss die Augen, ich hielt es kaum aus, ich wollte das für ihn sein, was er wollte, und umgekehrt, statt dessen eierten wir rum wie Teenager. Oder ich. Hm, seine Lippen schmeckten nach dem leckeren Dessert, ich stöhnte und er zog mich enger heran. Wieder verloren wir uns, völlig, wie am Nachmittag in den Hills. Ich könnte ihn stundenlang küssen! Nun hob er mich hoch und ich kicherte. Er blieb ernst.
„Ich wäre bereit."sagte er.
***
Die Lösung, wer die Wette gewonnen hatte, lag in unserem Hotelzimmer auf dem Wohnzimmertisch. Ein Umschlag mit dem Haustürschlüssel von Ralphs kleineren Londoner Wohnung, die ich so liebte, weil sie so urig lag. Und von da aus musste ich auch nicht so weit zur Arbeit fahren. Zu einer, jedenfalls...ja, ich hatte mehrere Jobs, da ich keine Lust hatte, auf Ralphs Kosten zu leben, und nun, wo er mir die Wohnung überlassen hatte, hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil andere Leute sich Wohnungen in London kaum leisten konnten. Ich durfte mich wirklich nicht beschweren! Im Umschlag war noch ein Brief und ich entfaltete ihn langsam, mir war etwas flau, was mich jetzt erwarten würde. Ich hörte Babs herum rumoren und Steffi am Telefon lachen, sie telefonierte mit ihrem Schatz.
„Liebes,
Denk ja nicht, dass du allein dafür gesorgt hast, dass du gewinnst. Du hast ein bisschen gemogelt, ja, mit dieser Idee des Hotelzimmers, aber nur ein bisschen, ich weiß, dass du es auch für Steph getan hast. Es war ein glücklicher Zufall zu deinen Gunsten. Wenn ich Steph nicht gewollt hätte, wäre die Wohnung jetzt noch mein. Aber ich mag sie, länger, als du ahnst. Ich habe oft darüber nachgedacht, ob ich mir die Falsche von euch ausgesucht habe. Und ich denke, dass dieser Satz dir weniger weh tun wird, als ich immer vermutet habe, denn du hast sie schließlich mit mir verkuppeln wollen. Was nicht bedeutet, dass du mich nicht liebst, ich weiß das, ich befürchte, du hast dir erhofft, dass es dir so leichter fallen würde, mich zu verlassen. Vergiss nicht, dass ich immer für dich da sein werde, egal wann, wie, wo, wenn du mich brauchst, bin ich da, für was auch immer. Steph weiß das und kann damit leben, genau, wie du jetzt mit ihr an meiner Seite leben wirst. Ich hätte dich gerne mit nach New York genommen, aber ich bin mir nicht sicher, ob dein neuer Boyfriend so angetan von unserem Arrangement ist. Ich wünsche dir und ihm alles Gute, ihr seid ein schönes Paar.
Ich melde mich, wenn wir angekommen sind. Und viel Freude mit der Wohnung, mach aus ihr, was du möchtest, sie ist dein.
Ralph
Nun saß ich da und heulte. Steffi legte sofort auf und auch Babs kam angelaufen, sie setzten sich links und rechts von mir auf die Couch und redeten auf mich ein, das, was sie vermuteten, was mich zum Heulen gebracht hätte.
„Siehst du, das war ne dumme Idee. Ruf ihn an."
„Kopf hoch, er wird schon noch merken, was du für ihn bist."
„Soll ich ihn für dich anrufen?"
„Er kommt zurück, ganz sicher."
Und so weiter. Nach einer Weile hatte ich endlich wieder meine Stimme unter Kontrolle und nahm Steffi das Telefon aus der Hand.
„Nein, ihr Lieben, das ist es nicht. Mir ist nur gerade klar geworden, wie sehr ich mich tatsächlich über dieses neue Leben in London freue. Ich muss niemals wieder drüber nachdenken, ob Ralph mich noch will, wenn er sich Ewigkeiten nicht meldet, oder so tun, als wäre alles in Ordnung, um keine Klammerfreundin zu sein, dabei will ich so gerne fragen, warum er mich so hängen lässt! Nie wieder muss ich daran zweifeln, ob er mich liebt, ich weiß jetzt, dass er es auf eine andere Weise tut, als ich möchte, und das er trotzdem für mich da bleiben will, ist so schön, ich werde ihn nicht verlieren. Versteht ihr?"
„Nein, ich kapiere null."murmelte Babs, aber Steffi legte den Kopf schief.
„Ich hab mir schon gedacht, dass er poly ist."
„Nein, ich denke, er ist nicht wirklich poly. Keine Ahnung, was wir sind, aber es ist in Ordnung. Ich fühle mich gerade total befreit. Wow."seufzte ich und wischte meine Tränen fort.
„Vielleicht bist du doch nicht für ne normale Beziehung gedacht."lächelte Babs und umarmte mich.
„Hm. Egal. Lebe den Moment. Hat eine von euch Zeit und Lust, mit mir nach London zu kommen?"
„Leider nicht, mein Schatz wartet."seufzte Steffi und Babs meinte, ihr Urlaub wäre vorbei.
Ich nickte. Dann fiel ich todmüde ins Bett.
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