It's my party

Arbeit war die beste Therapie. Da Hannahs Mum gestorben war, war ich nun täglich in der Fabrik und nachmittags im Buchladen, die Wochenenden renovierte ich, alleine, ich hatte Ralph gebeten, mich in Ruhe zu lassen. Er war tatsächlich nach Dublin geflogen, vielleicht hatte er es endlich kapiert. Das Problem war, ich kriegte die Regale alleine nicht aufgebaut, also schnappte ich mir eines Abends das Pickelgesicht, bevor er wieder weg rennen konnte, und rekrutierte ihn zum festhalten. Der junge Stalker hieß Elliot und guckte mich die ganze Zeit ängstlich an, als könnte ich ihn anspringen, ich machte ihm klar, dass ich nicht pädo wäre, und er schimpfte, er sei schon neunzehn, fast zwanzig. Wäre von der Schule geflogen und stand auf Megan Fox, tatsächlich dachte er ebenfalls, Steph wäre Megan! Ich bekam ausserdem heraus, dass er bipolar war und eine wenig unterstützende Familie hatte. Allerdings war es nicht so, dass er mich jetzt ständig belästigte, er hatte kapiert, dass Steph nicht Megan war und darauf hin musste ich ihn quasi nötigen, etwas mit mir zu unternehmen, weil er wie ich dazu neigte, sich zu verkriechen. So war er irgendwie meine Rettung und ich seine. Ich besorgte ihm einen Job bei uns in der Herstellung und färbte seine Haare grün, sodass seine Mutter mich nun doch nicht mehr für eine Heilige hielt und unsere Beziehung hinterfragte. Ich sagte ihr, ich wäre seine Vorgesetzte und würde das niemals auf's Spiel setzen, und seine Haare wären Werbung, sie gab sich zufrieden und mischte sich nicht mehr ein, wenn er zu mir wollte. In Elliot hatte ich einen Witcher- Bruder im Geiste gefunden, wir zogen uns die Serie immer wieder rein, jedoch maulte er, wenn ich andere Henry- Filme gucken wollte, aber da musste er durch! Mittlerweile kannte mein junger Kumpel die Story von Ralph, Henry und mir und er fühlte sich schuldig, weil er dachte, er hätte meine Entschuldigung bei Henry vereitelt, aber ich sagte ihm, ich hätte es garantiert auch ohne ihn verkackt. Wobei ich das gar nicht hatte, mal ehrlich gesagt, der Ork hatte mich angebrüllt!

„Nur, weil er verletzt ist, Sweets."seufzte Steph. „Und, was sagst du nun?"

Es war ein kühler Märzabend, wir saßen trotzdem an der Themse und schauten auf das Wasser, während wir Pommes aßen. Steph war Strohwitwe und hatte Urlaub, so war sie mich besuchen gekommen und amüsierte sich über den schüchternen Elliot, der sich bei ihr entschuldigt hatte. Heute war er allerdings nicht dabei, denn wir wollten etwas Wichtiges besprechen.

„Ich finde, es ist nicht nötig."brummte ich. „Ich werde zweiundfünfzig, ist kein großer Geburtstag. Und ich habe deinen vergessen, verdammt. Ich hab das nicht verdient."

„War ja auch nicht nur meine Idee, Steffi und Babs haben mich angerufen. Ich finde trotzdem, dass wir eine schöne Zeit haben könnten."

„Und Elliot? Ich kann ihn doch nicht alleine lassen."seufzte ich.

„Himmel, er ist doch nicht dein Haustier!"lachte sie. „Komm, das wird lustig, nur wir Mädels und Ralphie zahlt. Und du hast gleichzeitig ein Geschenk für Steffi."

„Hm. Okay. Aber nicht eine ganze Woche, so lange will ich El echt nicht alleine lassen."

„Gut. Ich schreibe Ralph."

„Alles okay zwischen euch?"hakte ich besorgt nach.

Sie zuckte mit den Schultern.

„So, wie immer halt. Er wird nicht antworten, aber auf ihn ist verlass, dass er brav alles buchen wird!"lachte sie.

Ich nickte und schaute wieder auf das Wasser. Hatte ein bisschen Muffensausen, wie ich Elliot beibringen sollte, dass ich mit den Mädels in LA meinen Geburtstag feiern würde, aber er war cool damit, als wir es ihm später erklärten. Wir waren im Kino und guckten Aquaman. Hätte ich gehofft, dass der große Kerl endlich aus meinem Gedächtnis verschwand, war es umsonst. Egal, wie weit entfernt die Handlung oder die Charaktere eines Filmes von Henry Cavill waren, fand ich immer irgendeinen, wenn auch winzigen Bezug, um an ihn zu denken, und hey, mit Jason Momoa hatten wir schließlich getanzt. Ich hatte nie mit ihm geredet, trotzdem brachte er schöne Erinnerungen hoch, an Henrys Umarmung, den Moment in den Hills, den letzten Kuss und schon flennte ich, obwohl es gerade total wild auf der Leinwand war. Ich stopfte mir schnell Schoki rein und atmete gezielt durch die Nase, wischte so unauffällig wie möglich die Tränen fort, doch die anderen guckten eh woanders hin, Elliot starrte auf die Leinwand, Popcorn mampfend, Steph auf ihr Handy. Aber sie bemerkte, dass ich sie ansah, lächelte und nahm meine Hand. Obwohl ich nicht glaubte, dass sie wußte, um wen ich weinte...

Die Mädels beschlossen, dass Elliot auch eine von uns wäre und wir ihn mitnehmen sollten. Artig buchte Ralph uns Zimmer in dem Hotel, in dem er und Steph genächtigt hatten, wir würden eine Woche in LA und eine in New York in seiner Wohnung verbringen, da war er allerdings wieder dabei. Ostern feierten wir nicht, an dem Wochenende war eine Friseurmesse und ich war richtig gut eingespannt, sodass ich den Urlaub zehn Tage später wirklich gebrauchen konnte. Elliots Mutter hatte sich bereit erklärt, wenigstens zwei Tage in der Buchhandlung zu arbeiten und La Riche kam gut zwei Wochen ohne mich aus, obwohl nach Ostern die Anfrage gestiegen war. Ich versuchte, soviel wie möglich weg zu schaffen, war abends so erledigt, dass niemand mehr etwas mit mir anfangen konnte und schlief den ganzen Flug über. Kaum im Hotel, kam alles hoch. Zum Glück hatten wir dieses Mal Einzelzimmer und ich flitzte in meines, sagte, dass ich auspacken wolle, und heulte eine Runde. Holte mein Handy raus und änderte meinen Status in das alljährliche: „It's my party and I cry if I want to", dieses Jahr passte es.

Er hatte mich ignoriert. Ich war mir sicher, dass er mich sogar gelöscht hatte, und ich hatte mich an meine Ansage gehalten. Es klopfte, natürlich. Ich stöhnte: „Ist gut, bin gleich bei euch. Den Spruch bringe ich doch jedes Jahr!"

„Das wußte ich nicht."antwortete Elliot.

„Oh, natürlich, du nicht."seufzte ich und öffnete.

Da standen sie, alle vier, und guckten mich betreten an.

„Also, was geht heute noch? Ich wäre für singen."grinste ich.

Eigentlich war es noch zu früh für Karaoke, aber viel zu heiß für Shopping, also machten wir uns auf die Suche und fanden tatsächlich eine Bar, die schon um fünf aufmachen würde. Bis dahin gingen wir an den Strand und glühten in einer Cocktail Bar schon mal vor. Ich ignorierte die Stimmen im Hinterkopf, die mich mahnten, an Silvester zu denken, meine Freundinnen spielten heute keine Moralapostel und sagten nichts. Vielleicht spürten sie auch, dass ich es heute brauchte. Denn letztes Jahr, genau an meinem Geburtstag, war ich mit Ralph zusammen gekommen, ich schaute Steph an und raunte ihr zu: „Wir haben was gemeinsam."

„Ich weiß!"blinzelte sie, wir stießen an.

„Ihr seid Dicksisters."grinste Steffi und wir lachten.

„Ich will das nicht hören."maulte El, nun lachten wir noch mehr.

Und diskutierten, wie cool es wäre, wenn wir alle Dicksisters wären, El meinte, er wäre schon neugierig, aber nein danke, Babs, dass sie nicht an Ralphs Dick interessiert wäre und nun ging unsere Schwärmerei über das Prachtstück des Engländers los, obwohl ich langsam, aber sicher überzeugt war, dass Henrys hübscher war. Das würde ich natürlich nie laut sagen, obwohl sie alle, bis auf Elliot, von dem versuchten Blow Job wußten. Auch Steffi erklärte, dass ihr Ralphs Dödel, sollte er noch so verlockend sein, niemals in die Quere kommen würde, also musste ein Kerl gefunden werden, der uns alle interessierte, Elliot holte einen Zettel raus und schrieb fleißig mit. Ehe wir uns versahen, war die Sonne untergegangen und der Tisch voller Gläser, und wir hatten nicht einen Mann gefunden, den nicht wenigstens drei von uns ins Bett lassen würden. Gut, Tom Hiddleston vielleicht, aber so richtig auch nicht, meine Steph, Babs fand ihn häßlich.

„Leute, was ist mit dem Witcher?"fragte Elliot, das Aas!

Ich wußte, meine Freundinnen hatten Henry extra nicht erwähnt. Schweigen. Ich hob meine Hand, nun stöhnte Babs: „Sicher, der ist schon cool."

Steph schüttelte den Kopf: „Nope."

Ich atmete erleichtert auf, Steffi war ebenfalls raus.

„Nun, es sieht so aus, als würdet ihr niemals alle Dicksisters werden."grinste Elliot.

„Vielleicht auch ganz gut so, lasst uns singen gehen!"rief Babs und stand auf.

Im Taxi wollte ich mein Phone checken und bemerkte, dass ich es im Hotel liegen gelassen hatte. Gut, ich konnte es nicht ertragen, wenn Ralph anrief und gratulierte, nicht heute! Dennoch hatten wir Superspaß in der Bar. Selbst Elliot wurde lockerer und machte bei unserer Backstreet Boys Nummer mit. Er war etwas irritiert, weil wir die Merkins- Version sangen, „I'll kill you that way", aber wir bekamen trotzdem Mega- Applaus und die wenigen Leute im Club trommelten und grölten mit. Anscheinend war er nicht sehr angesagt, aber das war uns ganz recht und die Getränke waren günstig. Alles in einem war es ein wundervoller Geburtstag, vielleicht sogar besser, als der vom letzten Jahr- viel weniger emotional und so albern! Elliot lachte sich einen Typen an und schließen landeten wir in einer Drag Show, die einfach super war, dann in einer Gay Bar und am Morgen betrachteten wir den Sonnenaufgang vom Hollywood- Sign aus, was mich wieder etwas runter brachte. Aus uns fünf waren nun acht geworden, Elliots Freund, der wirklich cute war, und noch ein ABBA- Pärchen aus der Show, die uns die Ecken Los Angeles' zeigten, die sonst keiner sah. Und sie luden uns für den Abend in den Club ein, zu einer Amy- Winehouse- Tribute Show. Ich war total groggy und schlief sofort ein, kaum war ich im Bett, doch ich wachte nach drei Stunden auf und plante mein Kostüm. So war das in meinem Alter- to sleep or not to sleep, ich duschte und bestellte Kaffee. Dann checkte ich endlich mein Phone, wappnete mich den Gefühlswallungen und die erste kam mit einer Message von Henry.

„Tut mir leid zu hören, dass du an deinem Geburtstag weinen musst. Vielleicht kann dich das aufheitern:"

Er hatte ein Video aufgenommen, er sang Happy Birthday mit Wunderkerzen in der Hand und Kal heulte dazu, es war zu komisch, am Ende verbrannte Henry sich noch und warf die Kamera um. Er stellte sie wieder auf und schaute ernst hinein.

„Hab einen wundervollen Tag, kleines Häschen. Ich würde dich jetzt gerne ganz fest drücken. Happy Birthday, ich denke an dich."

Er machte schnell aus, das „dich"war kaum noch zu hören gewesen und ich könnte schwören, er hatte Tränen in den Augen. Also antwortete ich ihm zuerst. Ich rief an, ohne darüber nachzudenken, dass wir in verschiedenen Zeitzonen waren, aber immerhin war es noch Tag da drüben. Ja, die Message war von gestern Abend, er musste sie gleich nach dem Aufstehen geschrieben haben. Als mein Geburtstag da drüben schon vorbei war!

„Hey."unterbrach mich seine schöne Stimme. „Jemand hat mir verraten, du seist außer Landes?"

„Wer?"lachte ich.

„So ein Typ namens Instagram. In deinen Stories war ein Photo vom LAX. Und dann kam lange Zeit nichts mehr...hab mir schon Sorgen gemacht."

„Ich hab das Handy zuhause gelassen. Die peinlichen Videos findest du in Stephs Feed."

„Sie hat mich noch nicht geaddet. Ich nehme an, ich bin bei deinen Freundinnen unten durch, hm?"

„Nein, sie haben es genauso gesehen, wie du. Aber ich glaube, mittlerweile haben wir uns alle daran gewöhnt, dass ich jetzt der einzige Single der Gang bin- bis auf unseren neuen Member, ach, Mist, der hat ja seit gestern auch einen Freund."

„Der Stalker?"

„Wow. Woher weißt du das? Oh- Instagram. Du stalkst mich!"

„Nein, ich geile mich nur ab und zu an deinem heißen Anblick auf. Du machst das schließlich auch."

Ich schmunzelte, ja, ich likete noch ab und zu seine Posts. Besonders die mit Kal.

„Meinst du das ernst?"seufzte ich und legte mich hin.

„Du zeigst ja nie viel. Aber dein Lächeln, oh, Gott, dieses Lächeln. Kann ich dich über Video anrufen?"

„Ja. Warte."

Ich setzte mich wieder hin und legte auf. Und da war er schon.

„Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll."begann er, oh, er sah müde und abgekämpft aus.

„Ich auch nicht, ich meine, ich weiß ja nicht mal, was du sagen willst?"

„Du bist ne Ulknudel."

„Ach, das weiß ich doch. Hey, du musst dir unbedingt unser Slashstreetboys- Video angucken!"

„Birgit."sagte er ernst.

Ich zuckte zusammen.

„Ich hab großen Mist gebaut. Ich wollte dich nie so anschreien, ehrlich. Es macht mich wahnsinnig, dass ich dir vielleicht total Angst gemacht hab und du mich für einen gewalttätigen Idioten hältst. Erst der Ausbruch unter der Dusche, und dann das, das war ich nicht, bitte, glaube mir."

„Vielleicht hab ich es provoziert? Und tue dir nicht gut?"

„Nein, du hast mich in einer blöden Phase erwischt. Aber ich bin jetzt clean."murmelte er und ich seufzte.

„Ich verstehe. Hab mir schon sowas gedacht. Dieses Muskelaufbauzeugs ist tricky."

„Wie gesagt, ich habe mein Ziel erreicht, mein körperliches wie mein kognitives- perfekte Fitness mir nicht mehr so wichtig, viel wichtiger sind die Menschen um mich herum. Und natürlich Kal und...du. Ich vermisse dich."

„Henry..."schniefte ich.

„Schräg, hm? Aber seit Silvester ist kein Tag vergangen, an dem ich nicht an dich gedacht habe. Wenige mit Magengrummeln, sehr viele mit Herzflattern und einige mit Morgenständer."

Ich lachte.

„Warum war ich nur so ein Idiot. Ich hab mich selbst zwei Male gecockblockt. Dämlich, hm? Gibst du mir noch eine Chance?"

„Ja, sicher. Ich bin aber erst zu deinem Geburtstag zurück."

„Passt doch wunderbar. Du bist eingeladen!"lachte er.

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