15
Melanie
"Wie geht es dir?" Ich weiß ganz genau, dass ich mir diesen mitleidigen Blick nicht aus dem Gesicht waschen kann und Kathy weiß das auch, denn sie verdreht die Augen. "Es geht mir gut! Und lass diesen Blick, behandle mich nicht, als wäre ich totkrank." Und das sagt sie, obwohl sie ganz genau weiß, dass sie sterben wird. Doch in letzter Zeit hat Kathy mich gelehrt, dass Verdrängung manchmal die beste Art ist mit Problemen umzugehen. "Ich versuchs.", verspreche ich ihr also und bemühe mich um einen neutralen Gesichtsausdruck, welchen meine beste Freundin zum Schmunzeln bringt. "Wann kommen Liv und Jack eigentlich wieder?", wechselt sie das Thema und sofort muss auch ich lächeln. Ich freue mich einfach so auf die beiden, dass ich den Tag ihrer Ankunft kaum noch erwarten kann. "In anderthalb Wochen.", antworte ich lächelnd, seufze aber trotzdem, da es noch so lange hin ist. Bestätigend nickt die Brünette vor mir. "Weißt du was wir auf jeden Fall machen müssen?", frage ich und grinse noch breiter. Kathy schüttelt den Kopf. "Wir müssen zusammen losgehen und ganz viele Kleider kaufen, schließlich brauchen wir zwei Hochzeitskleider und jeder zwei Brautjungfernkleider.", erkläre ich. Es ist lustig, dass wir alle zur selben Zeit verlobt sind, naja verlobt sein werden, denn Kathy weiß ja noch nichts von ihrem Glück, finde ich und auch Kathy sieht das anscheinend so. "Ich hab da schon so etwas im Kopf.", mit diesen Worten zieht sie ihr Handy hervor und entsperrt es. "Sie müssen schließlich auch dir und Liv gefallen, aber ich finde sie schön. Die Frage ist nur, ob es die Brautjungfernkleider deiner Hochzeit werden, oder die von Liv's.", meint sie und reicht mir ihr Handy. Es ist eine Seite geöffnet, auf welcher wunderschöne Brautjungfernkleider verkauft werden und genau die zwei die Kathy ausgesucht hat, gefallen mir am Besten. "Sie sind atemberaubend schön.", lächle ich und schaue fasziniert aufs Display. Mit schönen Kleidern konnte man mich halt schon immer kriegen. Ich bin aufgeregt, die nächste Zeit wird lustig, aber auch anstrengend und ich kann es kaum noch abwarten.
Olivia
"Hallo, schön das ihr kommen konntet!", begrüßt Carla mich und Jack, als wir aus dem Fahrstuhl getreten sind und schließlich auf der Party angekommen sind. Ich lächle und lasse mir gezwungener Maßen ein Glas Sekt von ihr in die Hand drücken. Nachdem wir um die Ecke gebogen sind, reiche ich es Jack. "Ich trinke eh schon zu viel Alkohol.", behaupte ich auf seinen verwirrten Ausdruck. Er zuckt nur mit den Schultern und schlingt seinen Arm fester um meine Hüfte. "Wenn es wichtig wäre, würdest du es mir erzählen, oder?" Wie kann er mich so gut durchschauen? Ich nicke und schließe kurz die Augen, während er mir einen Kuss auf die Wange gibt. "Ich liebe dich.", flüstert er in mein Ohr und küsst schließlich mein Ohrläppchen. "Ich liebe dich auch.", murmel ich und sehe ihn zufrieden lächeln. Dadurch das wir diese Worte nicht oft sagen, sind sie immer etwas besonderes für uns. Kurz sehe ich mich im Konferenzraum um, aus dem sämtliche Tische und Stühle geräumt wurden, nur noch Stehtische sind hier zu finden und es läuft leise Musik, die aber vom stetigen Stimmengewirr übertönt wird. Ich sehe Molly aufgeregt nach mir winken und wende mich wieder Jack zu. "Ich bin kurz bei Molly.", informiere ich ihn und bemerke, dass er mich gar nicht anguckt. Verwirrt folge ich seinem Blick. Das kann doch nicht wahr sein! Genervt winde ich mich aus seinem Griff und endlich schweift sein nachdenklicher Blick von Lucy auf mich. "Was-", setzt er an, doch ich lasse ihn einfach stehen und durchquere den Raum. Dieser Blick. Wie er sie angesehen hat. Ich halte das nicht aus, weswegen ich ersteinmal tief einatme, als ich bei Molly angekommen bin. "Was ist los?", fragt sie besorgt und wirft einen prüfenden Blick auf meinen Bauch, der in ein schlichtes, schwarzes Kleid gehüllt ist. "Alles gut.", lüge ich und setze ein gezwungenes Lächeln auf. In letzter Zeit lüge ich viel zu oft, aber dadurch das bei mir momentan einfach die Hölle los ist, muss das wohl mal in Ordnung sein. Auch wenn ich mich schlecht gegenüber Molly fühle, da ich sie fast nur anlüge. "Komm, wir holen dir mal ein Glas Wasser, du siehst nämlich fertig aus.", Molly greift sanft nach meinem Handgelenk und seufzend lasse ich mich von ihr mitziehen. Wasser hört sich gut an.
"Setz dich.", fordert der dunkle Lockenkopf und deutet auf einen Küchenstuhl. Dankbar für die Sitzgelegenheit lasse ich mich auf den Holzstuhl fallen und beobachte Molly dabei, wie sie ein Glas aus dem Schrank kramt. "Wie ist es eigentlich schwanger zu sein?", fragt sie, als sie mir das Glas Wasser mit einem Eiswürfel darin reicht. "Irgendwie komisch. Klar, ich freue mich, aber ich muss jetzt bei allem so vorsichtig sein. Es ist krass zu wissen, dass da noch jemand in deinem Körper steckt.", erkläre ich und streiche mir eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. "Hört sich toll an.", meint Molly ironisch und grinst, was mich auch zum Grinsen bringt. "Es ist nicht schrecklich, nur angsteinflößend." Eine Weile sitzen wir da und plaudern, bis Molly sich entschuldigt und auf Toilette geht. Nachdenklich schwenke ich mein Getränk im Glas hin und her. Es macht mich unruhig, dass ich Jack zurückgelassen habe und er jetzt wahrscheinlich bei Lucy ist. Plötzlich höre ich Stimmen aus dem Flur. Sofort erkenne ich Lucy's und augenblicklich werde ich hellhörig. "Es macht mich langsam fertig, Jack!", sagt sie genervt. Ich wusste es. "Hast du es ihr gesagt?", fährt sie fort. "Ja.", höre ich nun Jack's Stimme. Neugierig aber auch ängstlich spitze ich meine Ohren. Was hat er mir angeblich gesagt? "Und wann sagst du ihr, in welcher Beziehung ich zu dir stehe? Verleugnest du mich?" Geschockt ziehe ich die Luft ein und schlage mir eine Hand vor den Mund. Bitte, bitte lass da nicht mehr zwischen den beiden sein. "Nein, natürlich nicht! Ich liebe dich und das weißt du, aber ich habe es einfach nicht für nötig gehalten." Und es fühlt sich so an, als hätte er mir seine Hand in den Brustkorb gerammt und mir mein Herz herausgezogen. Die ersten Tränen sammeln sich in meinen Augen. Jack, mein Verlobter, die Liebe meines Lebens betrügt und belügt mich.
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