❄️Türchen zwanzig ❄️

Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen.

Ganz sanft strich er mit einen meiner Stiften über meinen nackten Handrücken und erzeugte somit ein ungewolltes,aber gewohntes Gribbeln auf meiner Haut.Langsam bewegte er den roten Filzstift darüber und hinterließ somit schwungvoll seinen eigenen Namen. Taehyung. Seine Schrift war sauber und ordentlich und ich hätte schwören können,dass er lange gebraucht hatte um diesen Schreibstil zu beherrschen.Noch dazu mit Links.

Ich funkelte ihn kurz schüchtern an, auch wenn wir schon Jahre lang beste Freunde waren.Er erwiderte daraufhin ein schelmisches Grinsen, was ihm ein Grübchen entlockte, welches sich leicht in seinen linken Mundwinkel bohrte.Sofort entwich mir der schüchterne Ausdruck und ich lächelte.

Wir saßen beide in unserem Klassenzimmer.Hier stank es nach schweren Parfüm, (welches einer meiner Klassenkameriadinnen wohl trug)Schweißfüße und ich meine auch dezent den Geruch von Asche wahrzunehmen.In der hintersten Reihe saßen die Coolen.Zumindest fanden sie sich selbst ziemlich cool und bezeichneten sich auch so.Warum ihnen also nicht den Spaß dran lassen?Ich fand mich selber auch irre cool,auch wenn die anderen das letzte Wort bevorzugten.

Irre.

Hauptsache Taehyung fand mich cool.Er war mit denen in der hintersten Reihe befreundet und doch setzte er sich neben mich.Schon ein ganzes Jahr saßen wir nebeneinander.

Ein ganzes verdammtes Jahr.

Wir hatten gerade Mathe, doch meine Aufmerksamkeit galt ganz alleine dem braunhaarigen Jungen neben mir.Er lächelte.Das tat er jedes mal.In seinen Augen konnte man nichts außer Lebenfreude sehen.Er strahlte es förmlich aus und verteilte es somit überall.Auch in mir.Ganz tief in meinem Herzen.

Er passte nicht im Unterricht auf.Das tat er nie, doch Ärger bekam er auch nicht.Er war sowas wie der Lehrer Liebling und ich war mir sicher, dass seine Noten auch nicht gerade die schlechtesten waren, auch wenn er sie mir nie zeigte.Er wollte nicht angeben, da bin ich mir sicher.Schließlich waren meine Noten miserabel und obwohl er mir ab und zu versuchte zu helfen, zu lernen, war ich ein Hoffnungsloser Fall. Ich war eine Träumerin.Ganz tief in mir drin beämpfte ich Drachen und wurde von verzauberten Fröschen oder Prinzen wach geküsst.

Doch wenn ich in Taehyungs braunen Augen, die fast schwarz und doch so glanzvoll waren, schaute, vergaß ich all das.Ob Traum oder Realität, ob Frosch oder Prinz, mir war egal was Taehyung darstellte, für mich war er nicht irgendein Traum.Er war mein bester Freund, doch ich war mir sicher das er wusste, was ich für ihn fühlte.Schon so lange hatte ich Gefühle für ihn. Er lächelte nur, doch allein das reichte mir.Ich wusste wie sich seine Stimme anhörte.So rau und dunkel, so schön wie die Nacht.

Nein,Taehyung war schöner.

,,Na, Freak, wie geht's dir heute?",sagte eine Klassenkameradin hämisch und baute sich vor mir auf.Die Stunde war längst vorbei und doch saß ich immer noch hier, träumte vor mich hin.Sogar der Lehrer hatte den Raumverlassen, gleichgültig ob ich noch hier saß oder nicht.

Hauptsache Taehyung blieb bei mir.

Das Mädchen, welches vor uns stand, stemmte ihre Hände in die Hüften und kaute belanglos auf einem Kaugummi rum.Sie schaute ganz allein mich an.Taehyung würdigte sie keines blickes.Die zwei waren mal zusammen.Das ist schon lange her, doch so wie es aussieht hatte sie ihm immernoch nicht verziehen, dass er mit ihr so plötzlich Schluss gemacht hatte.

,,Gut.",flüsterte ich beschämt, wohlbedacht das mein bester Freund sich nicht schützend vor mich stellen würde.Er war niemand der Streit suchte oder gar verursachte.Mir war das schon lange klar geworden, auch wenn es immer wieder schmerzte.Nie würde sich jemand für mich einsetzen.Ich war der Freak, die Irre.

Die Blondine lagerte ihr Gewicht von dem linken Bein auf das rechte.Ihr Gesicht zog sich zu einem fiesen grinsen,doch dann wanderte ihr Blick auf meine Hand und sie schüttelte den Kopf.Ihr Lächeln wich aus ihren Gesicht und sie schüttelte langsam den Kopf.

Ein kleines Glücksgefühl überkam mich.Vielleicht war sie eifersüchtig, wer weiß.Taehyung schrieb nicht jedem seinen Namen auf die Hand und erst recht nicht mit einem Herzen dahinter.

,,Dir kann man echt nicht mehr helfen.Ich Frage mich, wann sie dich endlich wegstecken."

Dann ging sie.Die Tür fiel lautstark ins Schloss.Das Licht erlosch schon vorhin.Jetzt waren wir alleine.Alleine in diesem Asche riechenden Raum.

Ein kurzen Blick nach rechts verriet mir, dass Taehyung diese ganze Szene sehr amüsant fand.Er hatte seine Arme verschränkt.Ein schmunzeln überkam ihn und endlich, endlich sprach er wieder mit mir.

,,Die hat doch nich' mehr alle Tassen im Schrank, ey."

Ich lächelte, denn ich mochte seine Art zu denken.Er stand mir bei, wenn auch nur im geistigen Sinne.

Dann fiel mein Blick auf meine Uhr und ich riss geschockt meine Augen auf.

,,Mist, ich muss zum Bus!"Ich räumte schnell meine Sachen in den schon ziemlich veranzten, alten rucksack.Er war klein und eigentlich nur für Ausflüge gedacht, doch ich konnte mich nicht von ihm trennen.Er erinnerte mich an die frühere Zeit, als Taehyung und ich noch unser ganzes Taschengeld zusammen getan und dann den Einkaufmarkt ausgeräumt hatten.Jedenfalls fühlte es sich so an, auch wenn es am Ende nur zwei Flaschen KiBa, ein Päckchen Studentenfutter, eine Packung Chips und Schokobananen waren.

Wir hatten alles in diesen Rucksack gesteckt und sind damit an einem heißen Tag durch die Straßen gezogen.Natürlich war die Schokolade geschmolzen und die Getränke ungenießbar warm und doch hatten wir es lachend genossen, alles in uns reinzuschlingen.

Es war eisig kalt, als wir aus der Schule traten.Alter Schnee hang noch auf dem Bürgersteig und glatt war es auch noch.Fast wäre Taehyung auf der Treppe ausgerutscht und ich brach in lautes Gelächter aus, was mir ein paar Merkwürdige Blicke einbrachte.Sie schauten mich so an, als hätten sie einen geist gesehen, schüttelten dann aber den Kopf und drehten sich wieder weg.

Schulterzuckend lief weiter.Sie mochten mich nicht.Niemand mochte mich und ich wusste nicht mal, wieso.

,,Du bist komisch.",sagte ein Mädchen, als sie an mir vorbei lief.

Ich schaute ihr irritiert hinterher.Taehyung machte es mir gleich.

,,Muss wohl an der Kälte liegen.",bemerkte ich beiläufig.,,Menschen werden kalt, wenn Ihnen selber kalt ist."

,,Vielleicht sind sie Neidisch.",überlegte Taehyung, während wir uns beeilten, zur Bushaltestelle zu kommen.Er lief wie immer mit mir mit, auch wenn er nicht mit dem Bus fahren musste.Er wohnte nicht weit von der Schule entfernt.

,,Neidisch?Auf was denn bitte?",antwortete ich ihm.Wir liefen an den vielen Gebäuden vorbei, die Lagerhallen, von denen die meisten leer standen, dem Schrottplatz, auf dem schon so viele Autos zerquetscht worden und jetzt wie große, bunte Teller aufeinander gestapelt worden sind, der Friedhof, der direkt neben der Bushaltestelle lag.

Wir blieben vor dem Busplan stehen.Zwei Minuten hatte ich noch.Eine reihe jugendlicher warteten ebenfalls auf den Bus.Ich schaute hoch zu Taehyung.Er war nur einen halben Kopf größer als Ich, doch manchmal fühlte es sich so an als wäre er ein Riese.

,,Darauf das du mit mir abhängen kannst, und die anderen halt nicht.",zuckte er grinsend mit den Schultern.Er hatte lange gebraucht um diese Wörter auszusprechen, vielleicht hat er einfach lange gebraucht um sie sich zu überlegen, um mich aufzumuntern.

Ich lächelte.,,Ja, vielleicht."

Mein Bus kam angefahren und ich knackte nervös meine Finger.Ich wollte nicht alleine sein.Taehyung würde mich alleine lassen, so wie er es nach der Schule immer tat.Früher war das nicht so.Früher haben wir immer Zeit miteinander verbracht, auch außerhalb der Schule.

Ich wollte nicht das es vorbei ist.Ich wollte seine Nähe spüren, ihn umarmen, ihn küssen, so wie wir es früher immer getan haben.Ich wollte ihn nicht aus den Augen verlieren.

Er lächelte, so wie er es immer tat.Diesmal lag aber Trauer in ihnen.Er wusste, dass er mich alleine lassen musste.

Schließlich nahm ich dennoch all meinen Mut zusammen, als der Bus zum stehen blieb.,,Kommst du mich heute Abend besuchen?"

,,Vielleicht.",war das einzige, was zögernd über seine Lippen kam.

Er streckte seine Hände in die Hosentasche.Seine Braunene Haare fielen ihm wie immer in die Stirn, verdeckten ihm fast seine Wunderschönen braunen Augen.Es verlieh ihm was spitzbübisches und es gefiel mir, so wie es mir früher schon gefiel.

Ich lächelte ihn nochmal kurz an,ehe ich mich auf den weg in den Bus machte.Er erwiderte es und hob kurz deine langen finger zum Abschied.Ich wünschte, sie hätten mich berührt.Ein einziges mal.

Zuhause wartete ich bis es Abend wurde an dem Küchenfenster, welches sich auf die Straße richtete.Ab und zu fuhren hier Autos entlang.Sie hatten die Scheinwerfer an, denn diesen Abend fing es wieder an aus allen Wolken zu schneien und verdeckte somit die Sicht auf fast allem.

Ich wartete auf ihn, wollte seine Präsenz spüren, wollte sein Lächeln wieder sehen.Ich wollte das er seine dumme Witze reißte und mir seine idiotischen Ideen andrehte.

Ich wollte ihn aus vollem Halse lachen hören.Ihn schlagen, wenn er sich lustig über mich machte.

Mit festem Blick starrte ich auf die Straße.Ich fesselte mich so sehr an sein Vielleicht.

Vielleicht hieß früher immer Ja.

Ich sah Menschen die Einbahn Straße entlang stapfen, doch ihn sah ich nicht.Schließlich ließ ich mich seufzend auf dem Thresen nieder, schaute auf mein Handrücken.

Taehyung, stand da.Ein Herz dahinter.Ich lächelte.Wir hatten schon soviel erlebt.

Meine Mutter kam in die Küche und schaute mich verwundert an.Sie hatte ihren Morgenmantel an, den sie immer trug, wenn sie schon im Nachthemd steckte.

,,Wieso bist du noch wach?Konntest du nicht schlafen?",fragte die fürsorglich und kam auf mich zu.

,,Ich warte.",antwortete Ich und ignorierte den Fakt, dass ich noch gar nicht versucht habe zu Schlafen.

,,Auf wen?"Zwischen ihren Augenbrauen bildete sich eine kleine Falte, doch dann schaute sie runter.Zu meiner Hand.

,,Auf ihn.",flüsterte Ich, bevor sie etwas sagen konnte.

Elendig blickte sie mich wieder an.In ihren Augen spiegelte sich Trauer, sie wusste sich nicht zu helfen.

,,Hast du deine Tabletten heute nicht genommen?",fragte sie ganz langsam, als würde sie sicher gehen wollen, dass mich ihre Worte nicht berührten.Nicht in ewige Trauer versetzten.

Das taten sie aber und auch als sie mir die Verdammten Dinger einflößte, ging es mir nicht besser.Tränen bildeten sich in meinen Augen.

,,Er wird nicht kommen.",sagte sie fest entschlossen, auch wenn es ihr leid tat sowas sagen zu müssen.,,Er ist tot und er kommt nicht mehr zurück."

Ich schluckte, versuchte die Tränen zu unterdrücken, schluchzte laut und konnte sie dann nicht mehr zurück halten.Sie liefen meine Wangen hinunter, welche er einst so gerne küsste.

,,Du halluzinierst, das was du siehst, ist nicht echt.",sprach sie weiter auf mich ein und such wenn es Realität war, auch wenn sie recht hatte und mir es immer wieder sagen musste, brach es mir das Herz.

Taehyung hatte nie eine schöne Schrift und er konnte nicht mit links schreiben.

Er hätte sich nie freiwillig neben mich gesetzt, wollte seinen Ruf als Coolen nicht schaden, auch wenn er Nachmittags immer mit mir rumhing.

Er war eine gottverdammte Niete in der Schule.Seine Noten waren nicht gut und er war nie Lehrer Liebling.

Mit dem Mädchen hatte er sich nie getrennt.Er war noch bis zu seinem Tod mit ihr zusammen, auch wenn er mir des öfteren gesagt hatte, dass seine Liebe zu ihr die meine niemals überschreiten konnte.

Er liebte mich, doch ich liebte ihn anders.Ich liebte ihn von ganzem Herzen.

Hätte ich es ihm doch nur früher gesagt.

written by jessi_477

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