❄️Türchen fünfzehn❄️

Nicht die Dinge selbst, sondern unsere Vorstellungen darüber machen uns glücklich oder unglücklich.

Schon öfters passierte es mir, dass ich ihn beobachtete.
Von meinem Fenster aus, da ich in sein Zimmer sehen konnte.
Seit vielen Jahren war Taehyung schon mein Nachbar und seit diesen vielen Jahren hatten wir nur zwei Mal gesprochen.

Dennoch erinnere ich mich gerne an unsere Gespräche, ich erinnere mich gerne an Kim Taehyung, den Jungen mit den herzförmigen Lippen und dem weißen, strahlenden Lächeln.
Ich weiß nicht, ob er je an mich denkt.
Ich weiß auch nicht, ob er sich an unsere Gespräche erinnert oder ob er sie sich oftmals durch den Kopf gehen ließ.

Ich denke, ihm war es nicht erlaubt daran zu denken.
Ich denke, ihm wurde es generell verboten an Menschen zu denken, wenn es nicht Frauen waren.
Seine Familie hatte sich noch nie mit meiner verstanden, noch nie hatten sie ordentlich reden können wie erwachsene Elternteile.
Sie stritten sich, seit Jahren.
Und das, weil meine Mutter eine Affäre mit Taehyungs Vater hatte.

Damals war ich gerade erst fünf Jahre alt, verstand von alldem nichts.
Ich wusste nicht was vor sich ging, wieso meine Eltern so laut schrien, warum sie sich verletzten.
Seit Taehyungs Vater es meinem Dad erzählt hatte, sprachen sie kein Wort mehr miteinander.
Er war ein guter Freund von meinem Dad, sie kannten sich schon lange.
Es muss fürchterlich gewesen sein heraus zu finden, dass der beste Freund eine Affäre mit der eigenen Frau hatte.

Ich war froh, klein gewesen zu sein.
Ich war froh, nichts verstanden oder mitgekriegt zu haben.
Denn nun verstand ich es und es war beschissen.
Es war schrecklich, daran zu denken und auch wenn ich Taehyung seit Jahren hinterher schmachtete, brachte ich es nicht übers Herz zu ihm rüber zu gehen.

Es war so einfach, vielleicht würden wir uns sogar mögen.
Doch mein Kopf ließ es nicht zu.

Taehyung und ich gingen in die selbe Schule, nur sah er mich nie.
Ich war immer schon ein Mensch gewesen, der sich versteckte.

,,Was machst du da eigentlich?"

Wie von der Tarantel gestochen sprang ich auf, wirbelte herum und starrte in das Gesicht meines Nachbarn.
Ich war so sehr in Gedanken vertieft, sodass ich gar nicht bemerkt hatte wie Taehyung sich angeschlichen hatte.
Das wäre nun unser drittes Gespräch und ich war vor lauter Aufregung ganz aus dem Häuschen.
,,Eh-..", stammelte ich, während Taehyung sein glattes Haar zurück strich und sanft lächelte.
Ich sah diesen Jungen selten lächeln, meist hatte ich gesehen wie er Gedanken verloren in Bücher starrte oder Musik hörte.
Dieses Lächeln war etwas ganz Neues.

,,Ich denke nur nach.", sprach ich die Wahrheit aus, erwartete dabei schon einen misstrauischen Blick.
Doch statt mich blöd anzuglotzen, wie es die meisten taten, setzte er sich zu mir als wäre ich einer seiner Freunde.
,,Jimin, richtig?"

Ich nickte eifrig, hätte mich dafür schon wieder ohrfeigen können.
,,Ich seh dich öfters von meinem Fenster aus.", erzählte Taehyung und kurz stockte mein Atem.
Lange hatte ich ihn beobachtet, fühlte mich manchmal wie ein Stalker doch nun erfuhr ich dass er möglicherweise dasselbe tat.
,,Also es ist nicht so, dass ich dich stalke oder so..", stammelte er etwas unbeholfen, versuchte sich aus der unangenehmen Situation zu retten.
Ich nickte wieder, fand die richtigen Worte nicht.
,,Ich weiß, das von unseren Familien ist eine ziemlich schräge Situation.", fing der Gleichaltrige dann an ,,aber ich denke nicht, dass uns das irgendwie betreffen sollte, oder?"
,,Wie meinst du das?"

Erneut wollte ich mir selbst eine verpassen.

,,Na.. Ich weiß, dass du mich manchmal von deinem Fenster aus beobachtest."
Mein Herz rutschte mir buchstäblich in die Hose und ich holte einmal tief Luft. Das nun war zu viel des Guten.
,,Richtig?", stichelte er, langsam nickte ich und blickte dabei auf meine verschränkten Hände auf meinem Schoß.
Ich wollte im Erdboden verschwinden.

,,Ich wollte dich daher fragen, ob du nicht Mal etwas... Trinken  gehen willst, also mit mir."
Taehyungs Augen strahlten, nahezu wirkte das dunkle Braun verträumt und liebevoll.
Ich hatte noch nie die Chance dazu, ihm so lange in die Augen zu sehen.
,,G-gerne." ich schluckte ,,t-tut mir leid, falls ich nicht rede."
Er lächelte nur und sagte:,, Schon gut, ich bin nicht hier um dich zu verurteilen nur weil du nicht sprichst."

Taehyung stand auf, putzte sich einige Schneeflocken von der Hose, die sich darauf abgesetzt hatten.
Es war ein wunderschöner Wintertag, etwas mehr als eine Woche dauerte es noch bis Weihnachten war.
Es war kalt, ich rieb meine Hände aneinander und hoffte sie würden sich dadurch erwärmen.
,,Hast du vielleicht jetzt Zeit?", kam es aus dem Jungen, der etwas unsicher vor mir stand.
Stumm nickte ich, zwang mich auf meine vor Kälte zitternden Beine.
Lächelnd hielt Kim Taehyung mir seine Hand hin, er trug Handschuhe die unglaublich warm und weich aussahen.

Etwas zögernd nahm ich seine Hand, ehe er mich durch den Schnee zog.

written by HanSolo00

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top