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Sams Training startete erst am frühen Nachmittag, deshalb konnte sie den Vormittag mit Georgios verbringen, der heute die ersten Fotos von seiner neuen Kollektion schießen lassen wollte. Ines und Sam hatten sich sofort bereit erklärt, ihn dabei zu unterstützten und zum Glück war Georgios zur gut erzogen, um zuzugeben, dass ihm die beiden eigentlich nur zur Last fielen. 

Sam beobachtete Ines schmunzelnd, wie sie durch die Kleiderstangen striff, Teile herauszog, probeweise zusammenhielt und dann nebeneinander an der Stange platzierte. Bevor die Sache mit den Kraikos vor einem Jahr eskalierte, studierte Ines Modedesign an einer privaten Universität. Jetzt war es nicht mehr sicher und Ines weigerte sich eine andere Akademie zu besuchen, als diese. 

"Sie hat ein einzigartiges Gefühl für Farben", kommentierte Georgios, der sich neben Sam auf den Boden fallen ließ und Sam zuckte hilflos mit den Schultern. Das Einzige, was an Mode interessierte war das Zeichnung von Entwürfen. Sie mochte die statischen Formen. 

"Ich würde gerne in paar Fotos von dir machen lassen", ergriff Gerogios wieder das Wort, als Sam nicht weiter reagierte. Sofort ruckte ihr Kopf herum. Seit ihre Eltern starben, hatte sie keine Bilder mehr veröffentlicht. "Für den Vorstand," beschwichtigte Georgios und legte ihre eine Hand auf die Schulter, "Ich habe Marcel gebeten, die Fotos zu machen. Mit Sicherheit findet Ines etwas, dass dir hervorragend steht" Sam sah nochmal flehend zu ihm auf. Warum konnte man sie bis die ersten Turniere losgingen, nicht in Ruhe lassen? Aber Georgios Miene war ernst und geschlagen erhob sich Sam. Wie sagte Helen immer? Sie hatte eine Verantwortung gegenüber ihrer Familie. 

***

Ines hatte Sam in langes, dunkelblaues Kleid mit großen, gelben Sonnenblumen gesteckt. Zu ihrer Erleichterung, drückte ihre Ines auch eine Sonnenbrille in die Hand, die Sam sich sofort auf die Nase schob. All die Blicke am Set waren ihr unangenehm. 

"Bist du soweit?", Marcel hatte sich eine Kamera um den Hals gehängt und seine Wangen waren vor Aufregungen gerötet. Er schlang einen Arm um seine Schwester und dirigierte sie  fort von Georgios Set zu einer Allee voll Olivenbäumen, die mittlerweile kreuz und quer wuchsen. 

»Geh einfach Mal da runter« wies sie Marcel an und deutete auf die Allee, die längst keine statische Form mehr war, sondern bereits ein kleiner Dschungel. "Und die hier kommen da hinauf", Marcel schob Sams Sonnenbrillen über ihre Stirn und Ines war sofort zur Stelle, um ihre Haarpartien zu richten. Sofort verkrampfte sich Sam und richtete ihren Blick auf den Boden. Sie hatte Angst, in ihren Augen könnte man sofort jede ihrer Unsicherheiten sehen. MArcel ignorierte ihre Unsicherheit und gab Sam einen sanften Stups in Richtung Allee. Sam gab sich Mühe betont gelassen zu gehen. »Schau auf den Boden, sonst stolperst du« warnte sie Marcel vor den dicken Wurzeln im Boden und Sam senkte sofort den Blick.


»Sie mich an« forderte schließlich Ines und Sam wandte sich schmunzelnd zu ihrer Cousine um. Ines Blick war kritisch und sofort sanken auch Sams Mundwinkel. Sie ließ auf den Boden plumpsen. Schließlich ließ Marcel die Kamera sinken und trat näher auf Sam zu. »Ist dir nach weinen zumute?« fragte er plötzlich leise in Deutsch. Bisher redeten die beiden immer Griechisch miteinander, im äußersten Notfall Englisch, aber Marcel hatte es immer respektiert sich von ihrer Muttersprache fernzuhalten. Sofort stiegen ihr Tränen in die Augen und sie sah hilfesuchend zu Marcel auf. Genau in diesem Moment schoss er ein Foto. Sam sah schnell weg und Marcel drückte nochmal ab. »Ist in Ordnung, Sam. Nur noch einmal« verlangte er, und Sam zwang sich, ihn nochmal anzusehen. Gleich darauf stürmte Ines auf sie zu und schlang ihre Arme um sie. Ein letztes Klicken, dann waren plötzlich auch Marcels Arme um sie geschlungen. »Wir holen das mit den Fotos für Georgios nach, in Ordnung?«


***

Sam scrollte die Selfies durch, die sie vorhin mit Ines und Marcel gemacht hatte. Wie hatte Marcel ihr mit so wenigen deutschen Worte das Strahlen vom Gesicht wischen können? Sie hatte völlig unterschätzt, welche Bedeutung diese Sprache für sie hatte. Ines lag auf ihrer Couch und spielte ebenfalls mit ihrem Handy. Mittlerweile war auch ihr perfektes Aussehen verrutscht, die Müdigkeit blitzte durch. Müdigkeit und auf jeden Fall Angst. »Tut es weh?« fragte Sam leise und Ines legte ihr Handy zur Seite. Gerade in diesem Moment blickte ihr Handy auf. Ines hatte die neuen Instragramm Fotos kommentiert. Sam hatte sie dazu entschieden nichts dazuzuschreiben. Das schien ihr passend für den heutigen Tag. Ines schien ihr zu folgen. Es war lediglich ein Punkt zu sehen und einen Moment später tauchte auch Marcels Kommentar auf. Ebenfalls ein Punkt. »Meinst du den Entzug?«»Ja«»Plötzlich spüre ich wieder alles ... das ist ... viel«Sam lachte auf und rollte sich auf den Rücken. Ines kritischer Blick ruhte auf ihr, während ihre Brust immer noch bebte. »Ich glaube, viel ist eine gute Beschreibung« ergänzte sie und sah Ines wieder an. Da war mindestens genauso viel Schmerz wie Mut. Irgendwie würde es ihre Cousine da wieder rausschaffen. »Wir sollen sofort in Tante Helens Büro kommen« rief Marcel durch die Tür, bevor er sie zaghaft öffnete. Als er merkte, dass er nichts zu befürchten hatte, trat er ganz ein und sah zwischen den beiden hin und her. »Ich glaube, wir bekommen Ärger«


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Ärger war eine Untertreibung. Tante Helen wanderte rastlos in ihrem Büro auf und ab und funkelte die drei abwechselnd böse an. »Kannst du mir erklären, warum du ausgerechnet von Angelos Ligeia Drogen kaufen musstest?« schrie sie plötzlich und alle drei zuckten zusammen. Ines sah sofort entschuldigend zu Sam, die sich langsam zusammensacken ließ. Angelos war kein Drogendealer. Zumindest hätte er den Anstand sie nicht an Sams Cousine zu verkaufen. »Du hast einen Drogendealer zu Ines gebracht!« zischte Helen Sam an, die sofort ein Stückchen kleiner wurde. Ihr lag bereits die Erwiderung auf der Zunge, dass sie nichts von Angelos Drogenvergangenheit wusste, aber es wäre völlig offensichtlich gelogen. Jeder wusste, dass Angelos Drogen verkaufte. Zumindest kannte jeder das Gerücht. Sam hätte ihre Hand dafür ins Feuer gelegt, dass diese Geschichten alle erfunden waren. »Es ist nicht Sams Schuld, Mama. Ich habe Angelos von alleine aufgesucht« gestand Ines leise und Helen raufte sich durch die Haare. Ihr Blick glitt von Ines zu Marcel und sie presste die Lippen zusammen. Sam rutschte in ihrem Sessel zurück. Tante Helen war ansonsten eine äußerst beherrschte Frau. Dieses Verhalten sah ihr überhaupt nicht ähnlich. »Ich will euch alle drei nicht sehen«, fauchte Helen schließlich, worauf wir uns alle langsam aus unseren Sesseln erhoben. »Marcel« wir erhielten alle drei auf unseren vorsichtigen Rückzog sofort inne. Als hätte man bei einer CD auf Pause gedrückt, »ziehe nie wieder deine Schwester in deine kriminellen Machenschaften hinein"


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Sam hatte sofort die Flucht ergriffen. Ines hatte ihre Drogen von Angelos, genauso wie Marcel anscheinend. Zuvor hatte sie sich noch nie gefragt, wo Ines das Zeug her hatte. Sam hatte aufgrund ihres eigenen  "Shootings" und Helens Schipftriade bereits einen Teil ihrer Trainingszeit verschwendet und beeilte sich deshalb in die Reithalle zu kommen. 

Aber sie war noch nicht lange geritten, da bemerkte sie einen Schatten im Eingang zur Reithalle. Sofort wurde Sam langsamer, checkte ab wo sich Markos war und näherte sich langsam den Eingang. Als die Gestalt die Kapuze zurückschlug, gab Sam schnaubend ihre vorsichtige Haltung auf. »Du darfst nicht hier sein« sagte Sam knapp und warf einen Blick über die Schulter, ob Markos sie gerade im Blick hatte. Zum Glück nicht. Abgesehen davon, dass sie mit Ines Drogendealer nichts zu tun haben wollte, würde Markos ausrasten, wenn ihr Angelos hier sah.

»Bitte komm mit. Es ist wichtig«Sam zog zweifelnd ihre Stirn kraus. Ob Ines ihn gewarnt hatte? »Wer ist das?« rief Markos und Sam wandte sich fluchend um. Markos machte sich gerade auf den Weg zu ihr und Sam nahm aus dem Augenwinkel wahr, dass Angelos die Kapuze wieder in sein Gesicht zog. Sofort wandte sich sich zu ihm um und schirmte Angelos damit vor seinem Blick ab. »Familiensachen« flüsterte sie ihm zu und verzog ihr Gesicht. Nicht einmal gestellt. Was auch immer Angelos von ihr wollte, sie freute sich keinesfalls herauszufinden, was es sein wird. 


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Hallo ihr Lieben!

Tut mir leid, dass diese Woche kein Kapitel kam, aber ich hatte Prüfungsstress :/

Ich habe generell festgestellt, dass Mittwoch und Samstag keine guten Update-Tage für mich sind und verschiebe sie deshalb auf Montag und Donnerstag - das klappt hoffentlich besser. 

Ich wünsche euch noch einen schönen Abend! 

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