I.

"Wer ist John Maynard?"
Theodor Fontane, 1886


9. August 1841, Lake Erie

Buntes Treiben herrschte an diesem warmen Augustmorgen auf den Docks am Hafen von Detroit. Menschen aller Länder kamen hier zusammen, trieben Handel, verreisten oder bestaunten die an- und abfahrenden Schiffe, darunter Segelschiffe, Fischerboote und die mordernen Raddampfer.

Während die Passagiere an Bord der Schwalbe, einem herrlichen Raddampfer, gingen und die Ladung unter Deck verstaut wurde, verabschiedete sich der Rudergänger John Maynard von seiner Frau mit einem Kuss, die Hand dabei schützend und liebevoll auf dem Bauch in dem ihr gemeinsames Kind heranwuchs. Frohgemut machte er sich auf den Weg zum Hafen, wo die Schwalbe auf ihn wartete. Der Himmel war klar, eine sanfte Brise wehte und so war kein Grund zur Besorgnis. Pfeifend lief er mit dem typischen schwankenden Gang eines erfahrenen Matrosen über die Planke aufs Schiff. 

Er nickte dem Kapitän freundlich zu. "Mr. Maynard, herrliches Wetter für die Überfahrt nach Buffalo" begrüßte ihn dieser. "Ja Herr, ruhiges Wasser und ein Brise aus Osten, die Schwalbe wird nur so dahinfliegen." antwortete Maynard bevor er sich zum Ruderhaus begab. Das Ruderhaus befand sich am Heck der Schwalbe und über den Steuerhebel war das Ruder am Heck zu bedienen.

Unter Deck begannen die Heizer ihr Werk, warfen Schaufel um Schaufel der schwarzen Kohlen in den hungrigen feurigen Schlund der Dampfkessel. Schwitzend und vom Kohlenstaub bedeckt, mit zusammengekniffenen Augen und nackten Oberkörpern gingen sie ihrer so notwendigen Arbeit nach. Rauch stieg aus dem Schlot der mittig zwischen den Beiden Segeln aus dem Schiff herausragte. 

Der Kapitän stand am Bug vor seinem Befehlsstand und überwachte die letzten Handgriffe der Besatzung. Da erklang die Pfeife des Deckoffiziers über das Deck und die Sprachrohre, die Planken wurden eingezogen, die letzte Leine war gelöst. Stampfend setzten sich die schweren Schaufelräder auf beiden Seiten der Schwalbe in Bewegung. Gekonnt bugsierte John Maynard das Schiff weg von der Kaimauer. Nach wenigen Minuten erscholl der nächste Pfiff und es wurden zusätzlich die Segel aufgezogen. Ein Ruck ging durch das Schiff, als sich diese im Wind blähten und das Schiff schneller wurde. Mit gut und gerne zehn Knoten flog die Schwalbe über den Eriesee gen Osten, Gischt schäumte weiß am Bug, der die Wassermassen zerteilte.

Die Passagiere verteilen sich auf Deck, lachten mit den Möwen und erfreuten sich an den Fischschwärmen, die das Schiff begleiteten. Der Kapitän machte seine Runde und bei John Maynard angekommen fragte er nach dessen Einschätzung wann sie in Buffalo sein werden. "Gegen Morgengrauen Herr, sofern Wind und Wetter uns gewogen bleiben". Der Kapitän stimmte ihm bei, vertraute er doch dem erfahrenen Steuermann bedingungslos. Kinderlachen und Gesang begleitete John Maynards Dienst den ganzen Tag über, es herrschte ausgelassene Stimmung und es wurde ruhig, als es zu dunkeln begann und die meisten Passagiere, die sich eine Kajüte leisten konnten unter Deck gingen. 

Vereinzelte Gespräche waren noch an Deck zu vernehmen, doch auch diese verstummten mit dem Glanz der Sterne über dem stillen See, während die Heizer unermüdlich weiter ihrem Werk nachgingen und auch John Maynard auf seinem Posten blieb.  Nur selten drangen Anweisungen aus dem Befehlstand über das Sprachrohr zu ihm, er kannte die Strecke und wusste sich an den Sternen zu orientieren und so blieb die Fahrt recht ereignislos.

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