Das Gruselzimmer

Als meine Klasse nach Schloss Neuschwanstein fuhr, um dort unsere Klassenfahrt zu verbringen, waren wir alle ziemlich aufgeregt. Alle bis auf mich. Mich nervte es einfach nur noch, dass wir nicht endlich ankamen. Ich meine vier Stunden lang busfahren...und das mit den wahrscheinlich kindischsten Mitschülern, die es auf dieser Welt gab. Ich seufzte bei diesen Gedanken. Zu gerne wäre ich jetzt zu Hause und hätte auf meiner Nintendo Switch gespielt...aber nein, ausgerechnet, wenn es ein Update bei Fortnite gab, musste ich in diesen eigentlich bequemen Bus sitzen und zu sehen wie sich mein Bank- und Sitznachbar zum Affen macht. Matthias. Der Klassenclown. Schon seid der ersten Klasse saßen wir nebeneinander und ab der dritten Klasse dachte er, wir seien Freunde. Dieser Volltrottel. Ich starrte aus dem Fenster. Die Landschaft flog nur so an mir vorbei. Hoffentlich hatte ich Glück und bekam ein Zimmer mit meinen Freund Ash. Er und ich waren wie ein Herz und eine Seele. Mit ihm machte ich immer Schüler, der unteren Klassen, zur Schnecke. Wobei er immer den Vortritt hatte. Ich mochte es mehr zuzusehen und das Leid der Schüler zu belächeln. Mein Leben wäre fast perfekt ohne diese Klassenfahrt und dieses sturrköpfige Mädchen, Klara, die versuchte mich und Ash, die ganze Zeit zu belehren. Doch es bisher nicht geschafft hatte. Ich seufzte und ein kleines Lächeln schlich sich bei diesen Gedanken auf meinen Mund. Sie war wirklich toll. Ich blinzelte ein paar Mal. Das hatte ich jetzt nicht wirklich gedacht!?
Nein, nicht ich.
Nicht der schlechteste und arrogantes Schüler dieser Klasse.
Nicht derjenige, der alle anderen verabscheute und auf sie herab blickte.
Ich blinzelte ein paar Mal und schüttelte den Kopf. Das regte die Aufmerksamkeit von Matthias wieder auf mich. Der Trottel legte mir sanft seine Hand, die ich an Liebsten weg geschlagen hätte, auf meine Schulter und sagte besorgt: ,,Alles okay?" ,,Ja.", meinte ich bissig. Mit einen leichten Ruck meiner Schulter in die entgegensetzte Richtung von Matthias zwang ich ihn, mich loszulassen. Ihn schien es jedoch nur noch mehr zu ermutigen, denn er beharrte fort: ,,Sag schon, Kumpel." Wie konnte jemand nur so nervig sein? Ich warf ihn einen drohenden Blick zu. Er antwortete darauf nur, in dem er mir seinen Arm um die Schulter warf. ,,Komm schon. Mir kannst du es sagen." Ich rollte nur mit den Augen. Matthias forderte nun wirklich das Feuer heraus. ,,Geht es um ein Mädchen?", fragte dieser Idiot neckisch. Sofort schwang mein Blick zu ihm. ,,Sag noch ein Wort und ich schlage dich Windel weich, Volltrottel." Mein Blick ließ keine Gnade wallten. Matthias tat diese Drohung nur mit einen Lächeln ab. ,,Du hast schon mal bessere Witze gemacht." Böse starrte ich ihn an. ,,Das war kein Witz!", zischte ich und drehte mich wieder zum Fenster. Aus dem Augenwinkel sah ich wie Matthias mit den Schultern zuckte und begann wieder mit den anderen zu reden. Oh...er nevte so. Wieso hatte er sich auch an mich festgebissen, wie ein Hund?

In diesem Moment sprach unser Lehrer, Herr Meier, der wahrscheinlich der dümmste Lehrer der Schule war und das sollte schon etwas heißen, zu uns und ich wandte meine Aufmerksamkeit - so wie jeder Andere - zu ihm: ,,Wir sind angekommen. Bitte, packt alles ein und steigt aus. Unten bekommt ihr dann vom Busfahrer eure Koffer wieder." Und da er anscheinend schon alles eingepackt hatte, machte er es uns allen auch gleich vor, wie wir es nicht machen sollten, denn enthusiastisch sprang er aus den Bus. Ich rollte mit den Augen. Wie konnte jemand sich bloß so zum Affen machen? Matthias hatte mein Augenrollen gesehen und entgegnete meinen Gedanken: ,,Also ich finde Herr Meier nett." Ich seufzte. Dieser Trottel. Genauso dumm wie "sein Freund" Herr Meier. Ich freute mich schon darauf, allein mit Ash in einem Zimmer zu sein. Nur ich und Ash. Nur ich, er und Fortnite. Das war mein einzigster Lichtblick. ,,Denk, was du willst, Volltrottel.", meinte ich nur und nahm meine Sachen, um endlich diese Klette hinter mir zu lassen. Doch Matthias ließ sich nicht so leicht abschütteln und folgte mir, als ich den Bus verließ. ,,Hey! Es ist nicht nett seinen Kumpel allein in den Bus zurück zu lassen."
,,Erstens ich bin nicht dein Kumpel. Zweitens solltest du dir echt mal einen anderen "Freund" suchen und drittens es ist allen egal, was du sagst oder tust.", sagte ich genervt, als der Busfahrer mir meine Tasche gab. Ohne ein weiteres Wort ging ich zu Ash, den ich mit ein etwas Abstand zu einer Gruppe Mädchen stehen sah. Er begrüßte mich mit einem großen schelmischen Lächeln. ,,Wenn das nicht Big A ist. Ich habe mich schon gefragt, wo du abgeblieben bist." Ich deutete auf den Trottel, der noch immer nicht aufgegeben hatte, mich zu verfolgen. ,,Sorry, wurde aufgehalten." ,,Ich seh schon.", meinte Ash hönisch und begutachtete Matthias. Ein fieses Lächeln auf seinen Gesicht. ,,Wenn das nicht der Klassenfreak ist." Matthias Augen verloren ihren Glanz, währendessen meine begannen vor Schelm zu strahlen. ,,Du meinst wohl eher der Klassenclown.", fügte ich hinzu. Die Augen vom Freak begannen vor Wut zu flackern. ,,Bin ich nicht!" Ash tat sein Versuch seinen Stolz zu bewagren nur mit einen Lachen ab. ,,Idiot." Matthias Hände ballten sich zu Fäusten. ,,BIN ICH NICHT!" Nun konnte auch ich nicht mehr mein Grinsen verkneifen. ,,Oh doch...das bist du.", sprach ich voller Genugtuung. Die Wut des Trottels versüßte mir den Tag um Einiges. Gerade als ich dachte, der Tag war wieder zu seiner wahren Schönheit zurück gekehrt, ließ mich eine gewisse Stimme erstarren. ,,Was wird das hier?", fragte keine andere als Klara. Sie hatte ihre Arme verschränkt und beobachtete mich und Ash. Diese heiße Zicke. Sie starrte uns regelrecht ernst an. Sie war so unglaublich schön. Ihr braunes Haar flog leicht im Wind und ihre blauen Augen funkelten wie das Meer. Was zum - was dachte ich hier bitte schön! Ich musste mich sofort wieder einkriegen. Mein Körper entspannte sich und ich nahm meine typische lässige Haltung ein. ,,Wieso interessiert dich das, Süße?" Ich zwinkerte Klara zu. Was!? Das wollte ich doch gar nicht sagen! WIESO HABE ICH DAS NUR GESAGT!? Und wieso zum Teufel habe ich gezwinkert!!! Ash sah mich mehr oder weniger geschockt an und der Trottel hob verwirrt eine Augenbrauhe. Und Klara...Klara zeigte keine Reaktion. Es war, als wäre mein Satz an einer harten Wand abgeprallt. ,,Es interessiert mich, weil ich Klassensprecherin bin. Das bedeutet, dass es meine Aufgabe ist, jeden in dieser Klasse zu helfen und das Leben in der Schule erträglich zu machen. Nur falls du das vergessen hast, Arthur Aachen." Natürlich, hatte ich es nicht vergessen. Nur aus diesen Grund nervte sie mindestens genauso sehr wie dieser Idiot, Matthias. Warte - hatte sie gerade meinen vollständigen Namen gesagt? Röte stieg mir ins Gesicht. Was ist nur mit mir los!? Wieso ist es aufeinmal zu heiß ihr drin!? Sag nicht...nein! Ich nicht! Ich habe mich auf gar keinen Fall in diese Nervensäge verliebt!!! Das...das war...unmöglich! Ganz genau. Unmöglich...Ich schüttelte energisch meinen Kopf, um all diese Gedanken loszuwerden. Als ich mich beruhigt hatte, bemerkte ich erst, dass mich alle Drei anstarrten. Gerade als Ash irgendwas sagen wollte, mischte sich Herr Meier mit überlegender Stimme ein: ,,Okay, dann seid ihr das vierer Zimmer." Er begann etwas auf einen Notizblock zu schreiben und blickte immer wieder auf. ,,Ash...Matthias...Klara...und zum Schluss Arthur." Als unser Lehrer fertig war, ging er weiter. Wir alle starrten ihn hinterher. ,,WAS!?", schrie Ash und rannte Herr Meier hinterher. Ich schaute ihn verdattert nach. Hatte ich gerade irgendwas verpasst? Nach etwa einer Sekunde lief auch Klara Ash hinterher. Matthias folgte dich hinter ihr. Er erklärte kurz angebunden: ,,Wir alle wurden von Herr Meier in das selbe Zimmer eingeteilt." Nachdem er das gesagt hatte, war er auch schon weg. Erst jetzt schien die Information in mein Gehirn durch zu sickern. Warte, was!? ICH und mit der Nervensäge und den Volltrottel schlafen. In. Einem. Zimmer! DAS durfte auf keinen Fall passieren!

Doch genau das passierte. Nach drei Stunden fanden wir völlig erschöpft UNSER vierer Zimmer. Wir hatten mindestens zwei Stunden lang mit Herr Meier diskutiert, aber dieser Lehrer war stur wie ein Bulle. Also hatten wir keine andere Wahl gehabt. Murrend betraten wir unser Zimmer. Es sah aus als wäre es direkt aus dem Mittelalter in unsere Zeit gereist. Noch dazu sahen die Betten aus, als wären sie aus einem Krankenhaus. Und ein seltsamer Laborgeruch lag in der Luft. Ich rümpfte die Nase. Galle stieg in meinen Hals auf. Es fühlte sich an, als müsste ich jede Sekunde brechen. Ash hielt sich die Nase zu und sah mindestens genauso blass aus wie ich. ,,Igitt.", sagte er ohne seinen sonst immer arroganten Tonfall. Ich nickte nur, denn ich wagte es nicht meinen Mund zu öffnen. Plötzlich ging jemand an uns vorbei. Es war Matthias. ,,Es ist wunderbar." Er drehte sich im Kreis mit ausgestreckten Armen. Ich starrte ihn nur verwundert an. Was? Er fand dieses grauenvolle Zimmer schön? Was für ein Loser. Als ich zu Ash blickte, merkte ich, dass er das Gleiche zu denken schien.
Plötzlich ging auch Klara an uns vorbei und meine Augen folgten ihr, ohne das ich es wollte. ,,Ja, es ist okay.", meinte sie und begutachtete das Zimmer. ,,Du hast recht.", sprach ich ungewollt. Normalerweise hätte ich sie für dieses Denken beleidigt, aber wieso auch immer, war ich nicht mehr Herr meines eigenes Körpers. Ash starrte mich komplett geschockt an. Ich starrte ihn mindestens genauso geschockt zurück an. Dann schluckte ich und betrat das Zimmer.

Da ich und Ash nichts mit den anderen Idioten zu tun haben wollten - obwohl ich die ganze Zeit Klara beobachtete - hatten wir uns ohne zu fragen eines der Doppelstockbetten, was am weitesten von der Tür entfernt war ausgesucht und hatten uns eingerichtet. Ich unten und Ash oben. Matthias akzeptierte unsere Wahl und machte sich im anderen Doppelstockbett neben den Fenster im oberen Bett bequem. Klara begann zwar eine Diskussion, aber Ash machte sie eiskalt runter. So also nahm sie sich das letzte verbliebene Bett.

Sie und Matthias redeten gefühlt stundenlang. Irgendwann war der Volltrottel eingeschlafen. Dann begann Klara zu lesen. Ich wusste nicht was, aber sie tat es lange. Es schien ihr wohl zu gefallen. Bald schlief auch sie ein. Meine Augen wurden langsam immer schwerer. Gerade als ich fast eingeschlafen war, machte Ash ein Geräusch um mich aufzuwecken: ,,Ssst...Arthur bist du noch wach?" Ich drehte mich bloß auf die andere Seite und murrte etwas, was man als ,,Lass mich schlafen..." gelten lassen könnte. Ein Moment blieb es still. Dann fragte Ash plötzlich: ,,Liebst du Klara?" Überrascht öffnete ich die Augen. Ich war wieder hellwach. ,,Ich...diese Fotze lieben? Sag mal, was denkst du eigentlich von mir!?" Mein Blick lag auf den Bett von Ash, obwohl ich nur den unteren Teil sah. ,,Du benimmst dich so." Ich konnte ihn förmlich seine Augen rollen hören. Doch seine Stimme war auch ein wenig getränkt von Sorge oder bildete ich mir das bloß ein? ,,Du bist einfach zu paranoid, Smal A.", neckte ich meinen Freund. Dieser erwiderte bloß: ,,Dann bist du aber gay." Finster starrte ich auf das Holz des Bettes, als könnte ich so, Ash eine reinschlagen, ohne dass ich mich bewegen musste. ,,Bin ich gar nicht!", stellte ich wütend nach einer Weile klar, als ich es nicht schaffte. Das Bett meines Freundes quietschte, als er sich wahrscheinlich eingeschnappt umdrehte. ,,Das war Ironie." Es war wie ein Schlag in die Magengrube. Mein Abwehrmechanismus schien sich wie von selbst einzuschalten und unterdrückte dieses Gefühl in meiner Magengrube. Deshalb sagte ich halb wütend, halb arrogant: ,,Das konnte ich doch nicht wissen." Darauf folgte Stille. Nach kurzer Zeit löste sich auch meine Anspannung. Ich und Ash stritten fast jeden Tag und vertrugen uns immer recht schnell wieder. Dieses Mal würde es bestimmt nicht anders sein. Mein Gedanke beruhigte mich zwar, aber dieses Mal bließ er nicht das Zerren in meiner Brust weg. Es dauerte nicht lange dann war ich wieder eingeschlafen. Tief und fest.

Doch irgendwann in der Nacht schreckte ich auf. Mein Herz raste unnatürlich und ich schwitzte am gesamten Körper. Meine Hände zitterten. Ich schaute mich im Zimmer um. Klaras Bett, in das ich genau hineinschauen konnte...war leer. ,,Zicke?", fragte ich ein wenig verängstigt. Als niemand antwortete stand ich auf. Mein Blick richtete sich auf Matthias Bett, was genau über dem von Klara war. ,,Volltrottel?" Wieder Stille. Wieso musste jetzt ausgerechnet mein Herz noch schneller schlagen? Wahrscheinlich erlaubten sich die beiden nur ein Scherz. Das würde Matthias ähnlich sehen. Ich drehte mich um. Dieses Mal starrten meine Augen auf das Bett über meinen. Das von Ash. Ich atmete tief ein und aus. Wovor hatte ich überhaupt Angst? Wenn ich jetzt gleich fragen würde, würde Ash antworten und gemeinsam würden wir über die Dummheit dieser Idioten lachen. Trotzdem raste mein Herz wie wild. ,,Smal A?" Keine Antwort. Es war, als würde ich in ein tiefes Loch fallen. Alles in mir drehte durch. ,,Kommt schon! Wo seit ihr verdammte Scheiße!?" Ich stampfte auf den Boden. Die darauf folgende Stille gab mir den Rest. ,,Shit! Shit! Shit!" Nervös strich ich mit meine kurzen schwarzen Haaren zur Seite. ,,IHR IDIOTEN!!!" Doch noch immer reagierte niemand. Mein Herz pochte nun so schnell, dass ich dachte, es wollte einen neuen Rekord im Sprinten aufstellen. Panisch schaute ich mich im Zimmer um.

Gerade als ich dachte, ich würde verrückt werden, passierte etwas stranges an der Wand neben dem Doppelstockbett von Matthias und Klara. Eine runde wellenartige Bewegung nahm ich war. So als ob...aber das war unmöglich. Ich blinzelte schnell. Doch die Bewegung fuhr fort bis...sie plötzlich stoppte und ein Oval formte. ,,Wie habt ihr das denn hinbekommen?", fragte ich und schaute mich im leeren Zimmer um. ,,Ich wusste nicht, dass ihr so unbedingt wollt, dass ich verrückt werde!", knurrte ich halb und ging auf die Wellenbewegung zu. ,,Aber ich habe euch durchschaut. Diesen Genius werdet ihr nicht täuschen." Ein arrogantes Grinsen erschien auf meinen Gesicht. Langsam fuhr ich mit meinen Zeigefinger auf die Bewegung zu. Und dann...verschwand mein Grinsen und wurde durch große Augen ersetzt, denn meine Hand fuhr einfach durch die Wand hindurch. ,,Hilfe!" Ich versuchte meine Hand zu lösen, aber ich wurde weiter gezerrt. ,,KANN MIR DENN NIEMAND - " Weiter kam ich nicht, da ich schon auf der anderen Seite der Wand war. ,, - helfen.", beendete ich peinlich berührt meinen Satz. Denn sechs bekannte Augen starrten mich eingehend an.

,,Wo sind wir?", fragte ich nach einer Weile, als sich der Schreck gelegt hatte, dass Ash, Matthias und Klara hier waren. Wo auch immer hier war. Ash meinte nur mit einen Augenrollen: ,,Das ist noch nicht ganz klar." ,,Aber es ist super gruselig!", gestand der Trottel sofort voller Furcht. Die Zicke klopfte ihm auf die Schulter und schaute bedrückt in den dunklen Gang, der vor uns lag. Ash rollte mit den Augen. ,,Du bist ein Angsthase, Matthias. Aber du hast Glück. Ich werde uns hier sicher raus führen.", sprach mein Freund erhaben. ,,Wenn du denkst, dass du das schaffst.", sagte ich gelassen. ,,Sollten wir uns nicht mehr Sorgen, um diese Statuen machen?" Klara zeigte auf Menschenstatuen, die halb in der Wand waren und vor Schmerz zu schreien schien. Rote Tränen, die aussahen wie Blut zierten ihr Gesicht. Mir lief es kalt den Rücken runter, aber ich behielt meine gelassene Haltung ein. Ash lachte spöttisch. ,,Das sind nur-", weiter kam er nicht mit seinen Satz, weil der neu benannte Angsthase hysterisch schrie: ,,WIR WERDEN ALLE STERBEN!!!" Und sich an Klara klammerte, die sich mit einem Seufzen sich seiner Umarmung hingab. Ich wusste nicht wieso, aber in diesen Augenblick schoß mir eine heiße Glut nach oben. Mein Herz schien sich plötzlich in ein Messer verwandelt zu haben, was mich zu töten versuchte. Ich atmete tief ein und aus. Ich durfte nicht ausrasten. Nicht wegen sowas. Sie bedeutete mir rein gar nichts. Daher sagte ich großspurig: ,,Wovor hast du denn Angst, Volltrottel? Uns kann überhaupt nichts passieren. Es ist ja nichts so, als gäbe es böse Statuen, die Menschen fressen und ihr Herz und Gehirn aufbewahren, um ihre Schmerzen für immer in Erinnerung zu behalten. Du hast zu viel Fantasie, Kindergartenfreak." Matthias drückte sich noch enger an Klara. Und murmelte sowas wie:
,,Wir werden alle sterben.
Wir werden alle sterben.
Wir werden alle sterben." Die Zicke warf mir einen bösen Blick zu. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber irgendwie wollte mein Herz sie beeindrucken und hielt es nicht aus, sie so nah an dem Freak zu sehen. Doch natürlich machte mir das alles nichts aus. Wieso auch? ,,Ich glaube, du hast zu wenig Fantasie, Big A.", neckte mich Ash und ging auch zu Matthias und Klara, um den Trottel zu trösten. Ich rollte nur mit den Augen. Was scherte mich es, wenn mein bester Freund diese Idioten vorzog? Ich merkte, wie sehr ich mich selbst belügte. Zu gerne wäre ich zu ihnen gegangen und hätte mich entschuldigt, aber das ließ mein Stolz nicht zu. Ash würde eh bald zu mir zurück kehren, schließlich würde er keine Gelegenheit verpassen wollen, den Angsthasen zu ärgern oder vor ihm zu prahlen.

Nachdem sich der Trottel endlich beruhigt hatte, gingen wir durch den Gang. Immer wieder veränderte sich die Form und Art der Wände, der Decke und des Bodens. Noch dazu erschienen immer wieder diese gruseligen Statuen. Ich tat noch immer so, als wäre alles normal. Obwohl ich im Innern wusste, dass das nicht normal sein konnte. Die Angst hatte mich inzwischen übernommen. Wieso waren wir hier? Was war das für ein Ort? Und wieso spielte Ash sich auf als wäre er ein Held mit göttlicher goldenen magischer Rüstung? Das ergab alles immer noch keinen Sinn für mich. Doch ich ließ ihn nur machen. Er war immerhin mein Kumpel. Mit mir sprach er nicht. Wahrscheinlich wegen unseren noch immer bestehenden Streit.

,,Ich kann nicht mehr.", murrte irgendwann Matthias. Ash rollte die Augen, doch zwang sich zu einen Lächeln. ,,Schön, dann warten wir eben...aber sei dir gewiss, dass das es nicht meins Schuld ist, wenn jemand stirbt." Der Volltrottel schaute Ash geschockt an. ,,St...Sterben?" ,,Ja, sterben.", sagte Ash ernst. Der Freak schluckte und die Zicke sah ihn mitleidig an, nur um meinen Freund einen Blick zu zu werfen, der förmlich sprach: ,,Das wirst du bereuen." Ash zuckte nur mit den Schultern und ging weiter. Mein Blick folgte ihn, doch ich bewegte mich nicht vom Fleck. Stattdessen schaute ich zu Matthias. ,,Ash wollte dich wirklich nur verarschen, weil du nun ja...ein sehr sehr peinlicher Angsthase bist. Glaub mir, es gibt hier nichts, was du füchten musst.", sagte ich gelassen, arrogant und neckisch zugleich. Dann erst folgte ich meinen Freund.

Doch...er war verschwunden. ,,Ash?", fragte ich im die Dunkelheit des Ganges. Die Idioten kamen mir hinterher. ,,Stimmt etwas nicht?" Klara sah mich besorgt an. Mein Herz begann zu flattern und mein Buch angenehm zu kitzeln. Für einen Moment war ich wie gelähmt. ,,Ja...nein...och komm schon! Ash ist verschwunden. Wahrscheinlich hat er den Ausgang gefunden." Ich lächelte die Zicke bitter an. Matthias warf sich sofort wieder an den Arm von Klara. ,,Verschwunden...?", fragte der Volltrottel mit zitternder Stimme. ,,Ja.", murrte ich meine Antwort. ,,Wir müssen ihn suchen. Jetzt." Dieses Mal...konnte ich nur schwer meine wahren Gefühle verbergen.
Irgendwie brachte ich meine Beine dazu, in Schrittgeschwindigkeit zu laufen. Am liebsten wäre ich gerannt...so schnell ich konnte. Nicht Ash. Nicht Ash. Es durfte ihn einfach nichts passiert sein. Die anderen Beiden folgten mir langsam. Wir schaute uns unsicher um.

,,Fühlt...fühlt ihr das auch?" Klara hielt sich ihre Hand an ihr Herz und da spürte ich es auch. Meine Hand glitt wie von selbst auf meinen Brustkorb. Mein Herz. Es pochte wie wild. Aber wieso? Meine Hände hatten begonnen zu zittern und eine Gänsehaut breitete sich in meinen gesamten Körper aus. Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie der Klassenclown sich die Ohren zu hielt. Ich wollte gerade sagen, dass es komplett still war, als ich einen schmerzerfüllten Schrei hörte. Ash, dachte ich. Ich wollte losrennen, aber als ich einen Schritt nach vorne ging, schien der gesamte Gang zu beben. Es war als wäre ich zu Eis erstarrt. Was war das? Wieso fühlte sich das so...erdrückend an? So...beendend...wie der Tod?

So schnell wie dieses Gefühl gekommen war, war es auch wieder verschwunden. Ich ballte meind Hand zu Fäusten und rannte den Gang entlang. Mir war es egal, ob diese Idioten hinterher kamen oder nicht...Ash war in Gefahr oder noch schlimmer: tot.
Ich blickte mich weiter suchend um und dann...entdeckte ich ihn. Mein Herz blieb für einen Moment lang stehen. Er war einer dieser vor Qual schreienden Statuen. Meine Hände öffneten sich. Ash war tot. Diese Erkenntnis...konnte ich nicht ertragen. ,,Nein, nein, nein!" Etwas, dass ich lange unterdrückt hatte, brach aus meinen Innern heraus: Trauer. Mein Körper fühlte sich aufeinmal schwach an. Ich konnte nicht mehr stehen. Meine Hände glitten, die Wand hinunter, in der mein toter Freund steckte. Hoffnungslosigkeit überkam mich. Die erste Träne seit einer Ewigkeit wagte sich über meine Wange.
Mir war es egal.
Mir war absolut alles egal.
Mein Blick richtete sich auf den Boden. Weitere Tränen fielen hinunter.
Ich hatte aufgegeben.

Plötzlich berührte etwas Warmes die Fingerspitzen meiner rechten Hand.
Ich ignorierte es.
Es lief über meine Hand.
Ich ignorierte es.
Über meinen Oberarm.
Ich ignorierte es.
In meinen Pullover.
Ich ignorierte es.
Über mein Herz.
Ich ignorierte es.
Aber in der nächsten Sekunde viel mein Blick auf eine rote Flüssigkeit, die über die Wand lief. Blut. Meine Augen wanderten die Wand entlang nach oben. Die Figur von Ash hatte begonnen Blut zu weinen und es lief...ich starrte geschockt auf die Blutlinie, die über meinen Arm in meinen Pullover lief. ,,WTF!!!", schrie ich auf und wich schlagartig zurück. Die Figur begann nur noch stärker zu weinen. Es wurde immer mehr. Und es lief auf mich zu. Schnell krabbelte ich weiter zurück. Panick packte mich. Das Blut, was über meinen Arm gelaufen war, sammelte sich an mein schneller schlagendes Herz. Es fühlte sich an, als würde die rote Flüssigkeit meine Haut wegätzen und immer weiter zu meinen Herzen vordringen. Ich begann vor Schmerz zu schreien. Schnell packte ich mein Pullover und versuchte dort, wo mein Herz war, es zu zerdrücken. Währendessen kam das andere Blut immer dichter. Kurz vor meinen Schuh stoppte es plötzlich und wich zurück. Die rote Flüssigkeit auf meinen Herzen tat auch nicht mehr weh. Ich atmete erleichtert aus. Dann hörte ich die Schreie von Matthias und Klara.

Ich wollte mich aufrappeln, als Matthias mich schon umarmte. ,,Dir geht es gut!" Ich...ich wusste nicht, wie ich den Trottel antworten sollte. Dann begann die Zicke vorsichtig: ,,Wir...". Ihr Blick war wohl auf die Statue von Ash gefallen, denn im nächsten Moment hauchte sie: ,,...haben uns Sorgen gemacht." Ich hörte wie sie ihre Hand auf den Mund schlug und Tränen auf den Boden fielen. Auch Matthias löste sich ein wenig von mir und versuchte auf das zu schauen, was Klara weinen ließ. Aus dem Augenwinkel heraus sah ich, das auch ihm Tränen über die Wangen liefen. ,,Ash..." Seine Stimme brach. ,,Ja...er...er ist tot." Ich unterdrückte meine Tränen. Ich musste stark sein. Ich musste stark sein. Ich war Big A. Nun muss ich nicht nur meinen Namen, sondern auch Ash alle Ehre machen. Nur deshalb löste ich den Griff von Matthias, der mich daraufhin verdutzt anstarrte. ,,Lasst uns gehen.", befahl ich kalt. Klara starrte mich geschockt an. ,,W-Was...?" Sie kam auf mich zu und ihr Blick traf meinen. Ihre Augen schimmerten vor Tränen und Verzweiflung. Mein verräterisches Herz begann schneller zu schlagen bei ihren wunderschönen Anblick. Am Liebsten hätte ich sie beschützerisch in die Arme genommen. Oh man...jetzt dachte ich schon wieder so etwas Dummes. Bei meinen Gedankengang hatte ich nicht gemerkt, dass mein Mund nach oben gezuckt war und ein Lächeln bildete. Klara betrachtete mich hasserfüllt. ,,Was! Bist du nicht traurig? Dein bester Freund ist...tot und du lächelst? Hast du denn gar kein Mitgefühl in dir? Noch nicht mal für deinen Freund!?" Ihr Zeigefinger hatte dich in meine Schulter gebohrt. Ich blinzelte ein paar Mal verdutzt. ,,Klara...", versuchte Matthias sie zu beruhigen. ,,NEIN!" Genervt stampfte sie davon. Der Freak starrte mich eine Sekunde lang an, dann folgte er ihr. Noch einmal blinzelte ich verwirrt. Damn rannte auch ich ihnen hinterher. ,,HEY!!! Warte, du Volltrottel!"

Völlig aus der Puste kam ich bei den Beiden an. Klara begutachtete mich immer noch böse. Matthias strich so beruhigend über ihre Hand, dass ich neidisch wurde. Schnell schob ich dieses Gefühl beiseite und lächelte die Idioten lässig an. ,,Seht ihr. War doch gut weiter zu laufen oder?" Der Klassenclown erwiderte halb mein Lächeln. ,,Ja...war es." Die Zicke rollte mit den Augen und drehte ihren Kopf protestantisch von mir weg. Ein Stich hinterließ dieses Schachzug von ihr in meinen Herzen. ,,Komm schon, bist du immer noch wütend?", fragte ich mit einen falschen Lächeln. ,,Ja, natürlich. Du benimmst dich schließlich wie ein Idiot! Dein bester Freund ist getötet worden und du tust so als wäre alles okay!!!" Ich winselte auf bei ihren Worten und zuckte zurück. Es war als hätte die Nervensäge...mit einen Schlag meine Fassade zerschlagen. Mein innerer Schalter legte sich um. Mein Lächeln verschwand und wich einer traurigen einsichtigen Miene. ,,Du hast recht...Klara." Daraufhin veränderte sich ihre Miene auch von wütend zu mitfühlend. ,,Ich...ich habe recht?" Ihre Stimme zitterte. Unsere Blicke trafen sich. Es war als würden zwei Seelen, die so lange dafür gemacht worden waren, endlich zu einer verschmolzen.
Mein Herz begann schneller zu schlagen. Doch dieses Mal nicht aus Angst.
Nein, dieses Mal aus Freude.

,,Hey, ihr Turteltäubchen! Ich glaube da drüben ist der Ausgang.", holte uns dieser Idiot in die Wirklichkeit zurück. ,,Dein Ernst!", murrte ich, doch Klara hielt mich auf, in dem sie meine Hand nahm. ,,Das sind gute Nachrichten.", erinnerte sie mich mit einen wahren Grinsen im Gesicht, dass ich nur erwidern konnte. ,,Ich bin der Erste, der da ist!", störte der Freak schon wieder den schönen Moment zwischen Klara und mir. Dann war er auch schon weg. Mal wieder. Ich seufzte genervt. Die Jungendliche wartete auf mich, verfolgte jedoch den Tollpatsch mit den Augen. ,,Wenn er so weiter macht, verletzt sich der Klassenclown noch.", kommentierte ich, als Klara und ich begannen hinter dem Trottel her zu laufen. ,,Sei nicht so gemein, Big A." Die wunderschöne Klassensprecherin schlang ihren Arm um meinen. Es fühlte sich an wie in einem Traum. So surreal. Doch als bei mir endlich der Spitznamen ankam, den sie verwendete hatte, flog ich von Wolke sieben herunter. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Mein Blick richtete sich auf den Boden. ,,Bitte...benutze diesen Spitznamen nicht.", sagte ich fast traurig. ,,Aber -", wollte Klara protestieren, wurde jedoch von einen Schmerzenschrei unterbrochen.
Vom Volltrottel der Schmerzensschrei.

Ohne weiter Zeit zu verzögern rannten wir zu dem Trottel.
Mein Herz setzte einen Schlag aus, als wir ankamen.
Ein seltsames Klingeln lag in meinen Ohren.
Ein Kotzreiz bahnte sich einen Weg meine Kehle hoch.
Der Freak war durchbohrt von spitzen Steinen, die zum Boden dazu gehören zu schienen.
Überall, wo sie in seinen Körper stachen, sah ich rotes Blut.
Sein Blut.
Es tropfte in eine Blutlarche auf dem Boden.
Seine Hand, die einen weißen Türknaupf festhielt, der ein komisches Symbol eingraviert hatte, war aufgeplatzt vor einer Hitze, die wir nicht sahen.
Bluten tat auch sie.
,,Voll-Volltrottel?", sagte ich, als ich meine Stimme wiedergefunden hatte.
Der Jugendliche richtete seinen Kopf in meine Richtung.
Schmerzen standen ihn ins Gesicht geschrieben.
,,Matthias!!!", schrie Klara auf und rannte mit Tränen in den Augen auf ihn zu.
,,Nicht...", sprach der Freak schwach, als Klara einen, der Steine, die seinen Köroer durchbohrten, berühren wollte.
Sie senkte ihre Hände.
,,Wie...wie ist das passiert?", fragte die Jugendliche mit zitternter Stimme. Sie sackte auf den Boden neben Matthias Blutlarche.
,,Ich habe...diesen Türknauf angefasst...Plötzlich wurde alles hell und dann...sind aus dem Nichts diese Steine aufgetaucht..."
,,Du Volltrottel!", zischte ich halb verzweifelt, halb traurig. Meine Hände ballte ich zu Fäusten. Etwas zu aggressiv als beabsichtigt kam ich auf ihn zu.
Doch dann stoppte ich abrupt.
,,Volltrottel! Volltrottel! Volltrottel!" Meine Verzweiflung nahm überhand und ich stampfte brutal auf den Boden. Klara beobachtete mich dabei. Währendessen...der einstige Klassenclown nur mich anlächelte.
Meine Wut nahm überhand.
,,Wie kannst du lächeln!? Du wirst sterben!!! Und wir können dir nicht helfen..."
Aufeinmal bebten meine Fäuste.
Meine Fassade bröckelte weiter. Was schon vorher durch den Tot von Ash kaum noch stand, wurde nun noch zerstörte.
Tränen wollten sich aus meinen Augen lösen, doch ich zwang sie zurück.
Sei stark, sei stark, sei stark.
Irgendwie schaffte ich es.
,,Ist schon in Ordnung."
Meine Hände öffneten sich erneut.
Verdammt...
Jetzt brachte mich dieser Volltrottel doch noch zum Weinen.
Auch Klara schienen diese Worte hart erwischt zu haben, denn im nächsten Moment griffen ihre Hände nach meinen Arm.
Ihr Griff war fest und stark.
Ihre Finger zitterten.
,,Nein! Es ist rein gar nichts in Ordnung!!!"
Eine einzelne Träne lief über meine Wange.
Ich biss die Zähne zusammen.
Nein.
Ich wollte nicht weinen.
Doch ich tat es.
Verdammt! Verdammt! Verdammt!
Was war nur mit mir los!?
,,Könntest du bitte meinen Namen sagen, Arthur? Nur einmal..?"
Meine Augen wurden groß.
Klaras Griff um meinen Arm wurde unmerklich schwächer.
,,Was?" Ich konnte diese Bitte kaum glauben.
,,Sag meinen Namen. Bitte...", wiederholte der Freak nochmal.
Meine Stimme bebte, als ich sprach: ,,Ma...tthias."
Das traurige Lächeln des Trottels wurde größer.
,,Danke. Das ist wirklich wunder..."
Weiter kam er nicht, weil eine weitere steinerne Spitze aus dem Boden schoß und sein Herz durchbohrte.
,,MATTHIAS!!!", entwich mir ein Schrei und ich machte einen reflexartigen Schritt zu meinen...Freund.
Ich war selbst überrascht davon, dass ich so dachte.
Der Jugendlichen entwich ein Schluchzer.
Währendessen Matthias kein Laut entweichen konnte.
So schrie er stumm auf vor Schmerz.
Kurz strahlten seine Augen noch vor Leben, dann waren sie leer.
Er war tot.
Matthias war tot.
Mein zweiter Freund war tot.

Ich und Klara starrten noch sehr lange auf die Leiche, die zwischen den spitzen Steinen hing.
Wir beide hatten uns aneinander geklammert. Hoffnungslosigkeit war überall um uns herum spürbar. Selbst der mörderische Gang schien in sich zu ruhen.
Das einzige Geräusch kam von den erstickten Schluchzern von meiner Freundin und meiner Atmung. Mein Blick lag weiterhin auf den Boden. Es war als wäre ich nicht mehr ich selbst. Alles war so leer und kalt. Nur Klara wärmte mich. Und das, obwohl sie selbst versunken in Traurigkeit war.

Irgendwann raffte ich mich dann doch auf. Wir mussten aus diesen Gruselgang irgendwie entkommen. Wir beide.
Ich zerrte meine Freundin hinter mir her. Verdutzt und noch immer gedanklich abwesend fragte die Klassensprecherin: ,,Wieso gehen wir weiter? Sollten wir nicht...sie begraben oder so?"
Ich antwortete nicht, da in diesem Moment eine weitere Statue in meinem Augenwinkel auftauchte.
Die Statue von Matthias.
Sofort stoppte ich.
Genau wie schon Ash schien er vor Schmerzen zu schreien und Bluttränen flossen aus seinen steinernen Augen.
Klara zog scharf die Luft ein.
,,Deshalb...", antwortete ich viel zu spät auf die Frage meiner Freundin.
,,Komm. Lass uns weitergehen."
Ohne einen weiteren Blick zurück zog ich die Jugendliche hinter mir her.
Wieder folgte sie mir ohne Gegenwehr.

,,Weißt du...bei all den schrecklichen Sachen, die passiert sind, muss ich sagen, finde ich schön, so einen Bad Boy wird dich an meiner Seite zu haben.", sprach dann irgendwann Klara, als die Stille begonnen hatte erdrückend zu werden. Ich seufzte. Ein paar weitere Brocken fielen aus meiner Fassade.
,,Ich muss sagen...es ist schöner als gedacht, so eine schlaue zickige Klassensprecherin beschützen zu dürfen." Ich merkte förmlich wie die Angesprochene peinlich berührt ihren Kopf wegdrehte. Ich tat es ihr gleich.

Aufeinmal tauchte vor uns eine Tür auf. Sie war silbern mit schönen goldenen Scharnieren. Klara spannte sich sofort an. Mutig, aber mit zitternder Hand griff ich nach dem Türknauf.
,,Was tust du da!?", schrie Klara entsetzt. ,,Hast du vergessen, was mit Matthias passiert ist!" Meine Hand stoppte. ,,Nein. Aber wir haben keine andere Wahl. Das ist der einzige Weg raus." Entschlossen fasste meine Hand den Griff und drehte ihn um. Quitschend ging die Tür auf.

Sobald ich gerade Mal ein wenig hinein sehen konnte, rannte die Jugendliche schon in den Raum. Ich folgte ihr eilig. ,,Warte, Klara!" Mir stockte der Atem. Es war ein altes Zimmer. An den Wänden haftete ein Rosenduft. Ein gemütlicher Teppich lag in der Mitte. Im Kamin knisterte fröhlich ein Feuer. Zwei bequeme Sessel waren in der Mitte des Raumes.
,,Was? Wie?" Mein Geist schien mir dieser neuen Situation nicht klarzukommen. ,,Es ist alles genau so wie ich es mir vorgestellt habe!" Klara strahlte mich an. Und plötzlich wurde mir mulmig zu mute. ,,Genauso wie du es dir vorgestellt hast?", wiederholte ich mit zitternder Stimme. ,,Ja!", erklärte sie mir schlagartig. Plötzlich begann mein Herz zu rasen. ,,Findest du das nicht komisch?" Die Jugendliche hob eine Augenbrauhe. ,,Wieso sollte ich das komisch finden?" Klara streckte ihre Hände in die Höhe und drehte sich freudig in Kreis. ,,Das ist alles, was ich immer wollte!" Ich seufzte verzweifelt auf. Meine Freundin schien wie verzaubert und ehrlich gesagt, machte mir das große Sorgen. ,,Aber es ist aus dem Nichts erschienen, Klara. In einem Gang, der alles daran setzt, uns zu töten." Sie stoppte abrupt. Ihr Blick durchbohrten mich förmlich. Wie ein kleines Kind setzte sie einen Schmollmund auf. ,,Du bist so paranoid!" Ich rollte mit den Augen. Schon klar. Ich war paranoid. Weil ich auch derjenige war, der die ganze Zeit sie umklammert hielt, aus Angst mir würde etwas passieren. Wow. Wie ich es liebte ironisch zu denken. Auf jeden Fall packte ich erneut Klaras Hand und zerrte sie aus dem Zimmer. Doch die Jugendliche wehrte sich mit voller Kraft. ,,Lass mich los!" Ich tat nicht, was sie sagte und festigte sogar meinen Griff. ,,Nein.", sagte ich sturr. Dadurch wurde sie nicht gereizter. Mit einer ruckartigen Bewegung löste sie meinen Griff, um ihre Hand und rannte zurück zum Stuhl. Ich war nicht schnell genug und konnte sie nicht mehr greifen. ,,Nicht!", rief ich atemlos, aber es war zu spät. Ich sah nur noch wie sie sich auf einen der Sessel setzte. ,,Siehst du.", meinte Klara und strich fast lieblich über den bequemen Stuhl. ,,Es ist passiert rein gar..." Ihren Augen wurden groß, als plötzlich aus den Stuhl spitze Ranken stoben. Mit Grauen sah ich zu, wie sie um die Jugendliche sich wickelten. ,,Klara!!!" Ich rannte auf sie zu. Dieses Mal ohne nachzudenken. Die Jugendliche schrie vor Schmerz auf, als die Ranken sich tiefer in ihre Haut gruben. Es war, als wäre ich derjenige, der in diesen Sessel gefesselt und leidend saß. Jeder Schrei von meiner Freundin zerschmetterte mein Herz aufs Neue. Ich hatte die Jugendliche schon fast erreicht. Tränen liefen über ihre Wangen. Blut ran überall aus den Stellen, wo die Dornen in ihren Körper stießen. Eine Ranken hatte sich fest, um ihren Hals gelegt.
Ich konnte ihr nicht mehr helfen.
Voller Traurigkeit sah mich meine feste Freundin an. ,,Ich liebe dich..." Das waren ihre letzten Worte. An mich. Dann verließ auch sie das Leben. Die Zeit schien stillzustehen. Es war, als hätte jemand mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Eine Sekunde herrschte Stille.
Dann stoben erneut die spitzen Steine aus dem Boden. Von der Stelle aus, wo die Leiche meiner Freundin lag. Panisch wich ich zurück.

Ich wusste nicht wie oder wann, aber irgendwie schaffte ich es aus den Raum. Als die Tür ins Schloss fiel, verschwand sie. Ich drehte mich fast in Zeitlupe um. So als ob jemand plötzlich einen Schalter umgelegt hätte, lief ich schnell zurück zur Wand und pochte mit beiden Fäusten gegen sie. ,,Nein! Nein! Nein! Gib mir meine Freundin zurück!" Mit einem Mal zerbrach meine gesamte Fassade und gab nach sehr sehr langen Zeit mein zerstörtes zerbrochenes verletztliches Ich frei. Tränen strömten über mein Gesicht. Es gab kein Halten mehr. Mein Körper wurde schlaff und ich dachte auf den Boden. Schluchzer überfielen mich. ,,Ich liebe dich auch...", sprach ich mit bebender Stimme. Mein Herz zersprang in tausend Stücke bei diesen Worten.
Klara war tot.
Meine Klara war tot.
Aufeinmal ohne einen wirklichen Grund schrie ich laut auf. ,,NEIN! NEIN! NEIN! GIB SIE MIR ZURÜCK!!!" Noch einmal hämmerte ich gegen die Wand. Selbst wenn ich wusste, dass das nichts brachte. Dann verließ mich erneut die Kraft. Weitere meiner Tränen fielen auf den Boden. ,,Du hättest mich töten sollen. Mich allein!" Die Leere in mir war unerträglich. ,,Ich hätte es verdient gehabt." Mein gesamter Körper zitterte heftig. ,,Ich allein..." Ich drückte meine Augen zu. Weiterhin flossen Tränen über meine Wangen.
Es war alles meine Schuld.

Aufeinmal lief es mir kalt den Rücken hinunter. Ich schaute auf. Über der Wand erschien die Statue von ihr. Klara.
Das machte mich noch noch verzweifelter. ,,Bitte...verzeih mir.", flüsterte ich. ,,Ich flehe dich an...aus dieser Horroranstalt kann man nicht entnommen." Leer starrte ich auf meine Hände, die gegen die Wand gedrückt waren.
,,Du konntest es nicht und...ich werde es auch nicht können. Es ist alles meine Schuld!"
Jetzt erst bemerkte ich, wie sehr mir all diese Personen, am Herzen lagen.
Ash, Matthias und Klara.
Ich war ein absoluter Idiot gewesen...und jetzt hatte ich die für immer verloren.

Ich bemerkte erst, dass die Statue begonnen hatte zu Blut weinen, als die Schmerzen von der Ätzung einsetzten. Wie aus der Trance gerissen, setzte ich mich auf. Verdammt! Es wurde immer mehr. So ungern ich es wollte, aber ich hatte keine Wahl. Ich musste Klara zurück lassen. Schweren Herzens drehte ich mich um und rannte zurück. Den gesamten Gang. Dieser schien mich aber nicht gehen lassen zu wollen. Daher glich der Gang kurzerhand ein tötliches Labyrinth. Mir war es egal. Durch Adrenalin getrieben, hetzte ich durch den Gang. Ich spürte kaum wie ein spitzer Stein meine Schulter durchbohrte. Alles in mir schrie danach, aus diesen Gang zu entkommen. Deshalb schaute ich auch nicht zurück. Weiter und weiter rannte ich. Irgendwann stach meine Seite so sehr, dass ich dachte, Dolche durchstießen mich. Aber ich hielt nicht an. Denn wenn ich es getan hätte, dann wäre das mein Todesurteil gewesen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam ich an eine Gabelung. Ein Gang davon leuchtete angenehm weiß, der Andere war düster schwarz. Ich hatte keine Zeit lange zu überlegen. Meine Beine wählten wie von selbst den dunklen Gang. In der Finsternis sah ich nichts bis...ich eine Wand durchdringen zu schien.

Ich blinzelte benommen. Meine Beine gaben von der Anstrengung nach. Ich seufzte erleichtert, als ich auf den Boden unseres Zimmers fiel.
Des normalen Zimmers.
Die Schmerzen der Wunde, die ich durch die Steinspitze erhalten hatte, setzten schlagartig ein und ich zog scharf die Luft ein.

Wie lange ich dort lag, wusste ich nicht. Aber bald ging die Tür auf und mit einem entsetzen ,,Arthur?" wurde meine Zuversicht größer. Herr Meier. Noch nie war ich so froh gewesen, die Stimme von jemanden zu hören. Mit meiner letzten Kraft schaute ich auf. Mein Lehrer sah geschockt aus und auch ein wenig besorgt. ,,Was...was ist passiert?" Und sofort war meine Freude verschwunden. Alle Gefühle und Eindrücke im Gang waren wieder da. Mein Körper zitterte auf. ,,Sie...sie sind alle tot." Die Augen von Herr Meier wurden vor Entsetzen groß.

Seit diesen Tag an, legte ich alle Arroganz ab und schloss nie wieder Freundschaften. Ich hatte zu große Angst meine nächsten Freunde genauso schmerzhaft zu verlieren wie...an ihre Namen konnte ich noch nicht mal denken, ohne Traurigkeit und Schuldgefühle. An sich war ich nun ziemlich still. Wenn meine Klassenkameraden etwas spielten, dann beteiligte ich mich nicht mehr. Wenn es dann nachts wurde und ich versuchte Einzuschlafen überfielen mich die schrecklichen Erinnerungen. Meine Klasse hat seitdem keine Klassenfahrten mehr gemacht und niemand hat mehr ein Wort über diesen Vorfall geredet. Nur ich allein musste in den Zeugenstand bei der Polizei, die versuchte etwas zu ermitteln, aber wegen meinen Aussagen ,,Es liegt an dem Zimmer." und ,,Der Gang hat sie getötet!" setzten sie die Ermittlungen bald mit einem Lachen ab. Herr Meier redete inzwischen auch oft mit mir. Jedoch war es meistens ein Monolog. Anscheinend narkten seine eigenen Schuldgefühle an ihm. Irgendwann war aber auch das vorbei. Und meine Freunde gerieten in der Klasse in Vergessenheit. Aber nicht bei mir. Denn in mir sprudelte so etwas wie eine Schuld, Trauer, Reue Mischung, die mich nun viel netter im Umgang mit meiner Familie machte.
Es schien, als hatte ich mein altes arrogantes Selbst in diesen verfluchten Gang gelassen.

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