Kapitel 29
Als wir den riesigen Palast betraten, fühlte ich mich sofort unwohl. Alles war düster, prunkvoll und... bedrohlich. Die Vampire, die uns umgaben, warfen mir neugierige Blicke zu. Und, wie ich befürchtet hatte, hielt mich wirklich jeder hier für ein Mädchen. „Wieso passiert mir das immer?!" dachte ich frustriert, während ich nervös versuchte, Nicos Schritt zu folgen.
„Bleib dicht bei mir," murmelte Nico über seine Schulter. „Ich weiß, dass das unangenehm ist, aber du darfst dich nicht von ihnen einschüchtern lassen."
„Leicht gesagt," grummelte ich leise. „Die denken alle, ich bin dein... Mädchen oder so."
Nico zog eine Augenbraue hoch und lächelte leicht. „Tja, das bist du ja irgendwie auch."
„Sag das nicht!" protestierte ich heftig und warf ihm einen finsteren Blick zu. „Ich bin ein Junge, verdammt nochmal!"
Doch bevor ich noch weiterreden konnte, spürte ich plötzlich eine seltsame Präsenz. Ein Vampir ging an mir vorbei – langsam, fast gleitend – und mein Herz setzte einen Schlag aus. Er hatte braunes Haar, das ihm leicht ins Gesicht fiel, und Augen, die genauso rot waren wie meine. Irgendetwas an ihm fühlte sich... vertraut an. Als er mich ansah, erstarrte ich. Wieso hatte ich das Gefühl, als hätte er Macht über mich?
Der Vampir blieb kurz stehen und betrachtete mich. „Interessant," murmelte er leise, mehr zu sich selbst als zu mir. Seine Stimme war tief und irgendwie... vertraut. Ich konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Irgendetwas stimmte hier nicht.
Nico bemerkte den Blickwechsel und trat sofort dazwischen. „Dylan, komm weiter," sagte er scharf, und der Vampir lächelte leicht.
„Dylan?" wiederholte der Vampir und sah mich direkt an. „So heißt du also?"
„Ja, so heiße ich," antwortete ich, bevor ich mich bremsen konnte. Warum sprach ich überhaupt mit ihm? Ich fühlte mich, als wäre ich von etwas Unerklärlichem gefangen.
Nico stand plötzlich direkt vor mir und schob mich sanft hinter sich. „Er hat nichts mit dir zu tun," sagte er in einem Ton, der keine Widerrede duldete. „Verschwinde."
Der Vampir lächelte weiterhin, doch seine Augen verengten sich leicht. „Ach, Nico... hast du ihm noch nichts erzählt?" fragte er in einem fast süffisanten Ton. „Vielleicht wäre es an der Zeit, die Wahrheit zu offenbaren. Es wäre doch schade, wenn er in Unwissenheit bliebe..."
„Halt den Mund!" fauchte Nico, seine Fäuste geballt. Ich konnte die Spannung zwischen den beiden förmlich spüren. Was zur Hölle ging hier vor? Wieso schien dieser Vampir so viel über mich zu wissen?
„Warte mal," sagte ich und trat einen Schritt vor. „Wer bist du? Warum fühlst du dich so... vertraut an?" Ich wusste nicht, warum ich das fragte, aber die Worte kamen einfach über meine Lippen.
Der Vampir lachte leise. „Na, na... so viele Fragen. Aber ich nehme an, du hast ein Recht darauf zu wissen." Er musterte mich erneut, dann nickte er langsam. „Mein Name ist Lucius. Aber vielleicht ist es einfacher für dich, mich Vater zu nennen."
Mein Atem stockte. „Was?" flüsterte ich, unfähig, das Gehörte zu verarbeiten. „Du... mein Vater?"
Nico warf mir einen scharfen Blick zu. „Lass ihn nicht mit dir spielen, Dylan. Er will dich nur verwirren."
Doch Lucius trat einen Schritt näher, seine Augen fest auf mich gerichtet. „Nico hat dir nichts von mir erzählt, oder? Typisch. Aber ja, ich bin dein Vater. Ich habe dich erschaffen. Dein Blut, deine Fähigkeiten – alles stammt von mir." Seine Stimme war leise, fast hypnotisch. „Das fühlst du doch, nicht wahr? Die Verbindung zwischen uns?"
Ich wich einen Schritt zurück, während mir die Luft zum Atmen wegblieb. „Das... das kann nicht sein," stammelte ich. „Mein Vater... ich kenne ihn doch nicht..."
„Doch, du kennst mich," sagte Lucius ruhig. „Du hast es nur nie gewusst."
Nico trat erneut vor und packte meinen Arm. „Dylan, wir müssen hier raus. Jetzt."
Aber ich konnte mich nicht bewegen. Die Worte von Lucius hallten in meinem Kopf wider. War er wirklich mein Vater? Und wenn ja... was bedeutete das für mich?
„Ich komme wieder," sagte Lucius sanft, während er sich langsam umdrehte. „Und wenn ich wiederkomme, wirst du mir gehören, mein Sohn."
Nico knurrte wütend und zog mich schnell weg, bevor Lucius endgültig verschwand. Doch in meinem Kopf drehte sich alles. Mein Vater... war ein Vampir. Und nicht nur irgendein Vampir. Der Vampir, der scheinbar mehr Macht über mich hatte, als ich mir jemals vorstellen konnte.
Als wir endlich in einem der hinteren Gänge ankamen, blieb Nico stehen und ließ meinen Arm los. „Ich wollte es dir nicht so sagen," murmelte er. „Aber ja... er ist dein Vater. Und er will dich."
„Warum hast du mir das nicht vorher gesagt?" fragte ich atemlos, während mein Herz raste.
Nico sah mich ernst an. „Weil ich dachte, du wärst sicherer, wenn du es nicht weißt. Aber jetzt... jetzt müssen wir einen Weg finden, ihn aufzuhalten."
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