Kapitel 21
Am nächsten Morgen wachte ich auf, die warme Decke um mich geschlungen und das Kissen noch leicht feucht von meinen Tränen in der Nacht. Einen Moment lang starrte ich an die Decke, die Sonnenstrahlen, die durch das Fenster drangen, fühlten sich surreal an. Es war fast, als wäre alles nur ein Traum gewesen. Ein Traum, in dem ich mich endlich meinen Gefühlen gestellt hatte. Aber als ich mich im Bett aufrichtete und Nicos vertrauten Duft in der Luft wahrnahm, wusste ich, dass es kein Traum gewesen war.
Ich strich mir über das Gesicht und atmete tief ein. "Es war echt...", murmelte ich leise zu mir selbst.
Gerade als ich aufstehen wollte, öffnete sich die Tür. Nico trat leise herein, seine Augen auf mich gerichtet. „Du bist wach," stellte er fest, seine Stimme tief und beruhigend wie immer.
„Ja..." Ich setzte mich auf und sah ihn an. Irgendwie fühlte es sich komisch an, jetzt, wo ich ihm meine Gefühle gestanden hatte. Als ob eine unsichtbare Last von mir genommen war, aber gleichzeitig eine neue, tiefere Verbindung zwischen uns entstanden war.
Nico kam zu mir und setzte sich auf die Bettkante, seine blutroten Augen musterten mich eingehend. „Du hast gut geschlafen", sagte er schließlich, eine Hand sanft auf mein Bein legend. „Keine Albträume mehr?"
Ich schüttelte den Kopf und lächelte schwach. „Nein... keine Albträume. Es war... seltsam ruhig."
Er zog seine Augenbrauen hoch, als ob er überrascht wäre, aber dann lehnte er sich leicht vor und fuhr mit seiner Hand durch mein zerzaustes weißes Haar. „Ich bin froh", sagte er leise. „Du brauchst Ruhe."
Für einen Moment saßen wir einfach nur da, seine Hand in meinem Haar, meine Gedanken wirr und doch ruhig zugleich. Dann brach ich das Schweigen: „Nico... gestern Nacht... war das alles echt? Oder hab ich es mir eingebildet?" Meine Stimme war leise, fast ängstlich, obwohl ich wusste, dass es keine Einbildung gewesen war.
Er zog leicht die Stirn in Falten und beugte sich näher zu mir, bis ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte. „Es war real, Dylan. Jedes einzelne Wort."
Ich nickte langsam, unfähig, seine Augen zu verlassen. „Ich dachte... ich dachte, es wäre nur ein Traum. Aber es fühlt sich so unwirklich an."
„Unwirklich?" Er zog leicht an einer Strähne meines Haares, ein kleines Lächeln auf seinen Lippen. „Unwirklich vielleicht, aber deswegen nicht weniger wahr."
Seine Nähe war beruhigend, doch gleichzeitig war da dieses seltsame Ziehen in meiner Brust. Eine Mischung aus Angst und Erleichterung. Ich wusste nicht, wie ich mit all diesen neuen Gefühlen umgehen sollte. „Ich bin mir nicht sicher, wie ich damit umgehen soll", gestand ich leise.
Nico lehnte sich etwas zurück, sah mich durchdringend an und nickte schließlich. „Es ist in Ordnung. Du musst nicht alles auf einmal verstehen. Du musst nicht sofort wissen, was das alles bedeutet." Er legte seine Hand wieder sanft auf meine, seine kalte Haut ein vertrauter Kontrast zu meiner Wärme. „Wir haben Zeit."
Seine Worte beruhigten mich irgendwie, aber dennoch nagte eine Frage an mir, die ich nicht länger unterdrücken konnte. „Nico... warum ich? Warum ausgerechnet ich? Ich meine... du bist der zukünftige Vampirkönig. Du könntest jede andere Person haben, jemanden, der stärker, besser ist."
Er schwieg einen Moment, als ob er über meine Worte nachdachte, dann nahm er mein Gesicht in seine Hände und zwang mich, ihm in die Augen zu sehen. „Weil du du bist, Dylan. Es geht nicht darum, wer stark oder mächtig ist. Es geht darum, dass du mich verstehst... und dass ich dich verstehe. Wir passen zusammen, auf eine Weise, die niemand sonst könnte."
Ich schluckte und sah ihn an. „Aber ich bin nicht mal ein reiner Vampir. Ich bin ein Halbwerwolf."
„Und genau das macht dich einzigartig", erwiderte er mit einem leichten Lächeln. „Du bist nicht wie die anderen. Du bist besonders."
Seine Worte hallten in meinem Kopf wider, aber bevor ich etwas erwidern konnte, zog er mich sanft zu sich und küsste mich auf die Stirn. „Und jetzt", sagte er leise, „hör auf, dir so viele Gedanken zu machen. Es gibt niemanden, der besser zu mir passt als du."
Ich konnte nicht anders, als leicht zu lächeln. Vielleicht hatte er recht. Vielleicht war es wirklich an der Zeit, aufzuhören, mich ständig zu hinterfragen.
„Also...", begann ich und sah ihn neugierig an, „was machen wir jetzt?"
Nico grinste und stand auf, während er mir die Hand reichte. „Frühstück. Aber ich verspreche, dieses Mal verbrenne ich es nicht."
Ich lachte leise und nahm seine Hand. „Na, das will ich sehen."
Als wir zusammen aus dem Zimmer gingen, fühlte es sich an, als wäre die schwere Last, die immer auf mir gelegen hatte, endlich verschwunden. Nico hatte recht – wir hatten Zeit. Und für das erste Mal in meinem Leben fühlte ich, dass das vielleicht genug war.
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