Kapitel 14
Nico lag neben mir, seine Finger fuhren wie gewohnt durch mein Haar, auf der Suche nach meinen versteckten Werwolfsohren. Es war fast schon zu einer Angewohnheit geworden, die ich widerwillig akzeptiert hatte. Er war wie ein Kind, wenn es um meine Ohren ging, und irgendwie war mir das lieber, als wenn er bemerken würde, dass mich etwas anderes beschäftigte. Denn das tat es – in letzter Zeit immer häufiger.
Wer war mein Vater?
Dieser Gedanke nagte an mir. Es war plötzlich, aber die Erkenntnis, dass mein Vater ein Vampir gewesen sein musste, fühlte sich wie ein Blitzschlag an. Ich war immer ein Außenseiter im Rudel gewesen, und jetzt wurde mir klar, warum. Ich war nicht nur ein Halbwolf, sondern auch zur Hälfte Vampir. Aber wer war dieser Vampir, der mein Vater war? Und warum hatte ich ihn nie gekannt?
„Du versteckst sie gut, weißt du?" Nico grinste und zog leicht an einer Haarsträhne, in dem Versuch, meine Ohren zu finden. Seine blutroten Augen funkelten amüsiert, als er weitersuchte.
Ich lächelte schwach, ohne wirklich bei der Sache zu sein. „Ich hab's halt drauf," murmelte ich abwesend.
Er hielt inne, musterte mich und legte den Kopf schief. „Was bedrückt dich?" Seine Augen verengten sich, als er mich durchbohrte, als könne er jede meiner Sorgen lesen, wenn ich ihm nicht sofort antwortete.
„Nichts." Ich schüttelte hastig den Kopf, aber mein Herz begann schneller zu schlagen. „Es ist wirklich nichts, Nico."
Er hob eine Augenbraue, und ich wusste, dass er mir nicht glaubte. Aber zu meinem Glück zuckte er nur mit den Schultern und ließ das Thema fallen. Stattdessen ließ er sich wieder auf das Kissen sinken und setzte seine Suche nach meinen Ohren fort. Es war fast beruhigend, dass er diese kleine Besessenheit hatte, anstatt auf meine Gedanken einzugehen.
Trotzdem konnte ich den Knoten in meinem Magen nicht loswerden. Je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass ich keine Ruhe finden würde, bis ich wusste, wer mein Vater war. War er noch am Leben? Warum hatte er mich verlassen? Oder wusste er überhaupt, dass ich existiere? Fragen, die sich in meinem Kopf drehten, während Nico gedankenverloren durch mein Haar strich.
Ich biss mir auf die Unterlippe und überlegte, ob ich Nico fragen sollte. Er war schließlich ein Vampir und schien in die höheren Kreise dieser Welt eingebunden zu sein. Vielleicht wusste er etwas. Aber dann verwarf ich den Gedanken wieder. Was, wenn es besser war, es nicht zu wissen? Wenn mein Vater mich nicht wollte, warum sollte ich dann nach ihm suchen?
„Du bist heute ungewöhnlich ruhig," bemerkte Nico plötzlich und sah mich mit einem forschenden Blick an. „Hast du irgendwas auf dem Herzen, das du mir nicht erzählst?"
Ich zögerte. Sollte ich es ihm sagen? War das der richtige Zeitpunkt? Ich holte tief Luft und schüttelte schließlich den Kopf. „Es ist nichts. Wirklich."
Er sah mich skeptisch an, aber sagte nichts weiter. Stattdessen setzte er sich auf und streckte sich. „Na gut, ich lass es vorerst so stehen. Aber wenn du irgendwann reden willst, du weißt, wo du mich findest."
Ich nickte, froh darüber, dass er nicht weiter bohrte. Ich war mir nicht sicher, ob ich wirklich bereit war, diese Tür zu öffnen. Aber etwas in mir sagte, dass ich es früher oder später tun musste. Vielleicht war Nico der Schlüssel zu den Antworten, die ich suchte. Vielleicht wusste er mehr über meine Vergangenheit, als er zeigte.
„Du solltest dich wirklich mehr entspannen," sagte Nico schließlich und stand auf. „Ich werde uns was zu essen holen. Bleib hier."
Als er das Zimmer verließ, atmete ich tief durch und ließ mich zurück in die Kissen fallen. Mein Herz fühlte sich schwer an, als ich erneut über meinen Vater nachdachte. Wer war er? Und was würde es für mich bedeuten, wenn ich es herausfand?
In dem Moment, als Nico zurückkam und sich wieder neben mich legte, ließ ich das Thema für eine Weile ruhen. Aber tief in mir wusste ich, dass die Frage nach meinem Vater mich nicht loslassen würde.
Und eines Tages würde ich die Wahrheit herausfinden müssen. Egal, ob ich bereit war oder nicht.
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