track 5
Disc 5
Track 5 - End Of The Day
» when the sun goes down I know that you and me and everything will be alright «
LOUIS
im fünften Jahr nach der Trennung von One Direction
"Lou, du warst großartig!"
Ich hatte die Bühne kaum einen Schritt verlassen, als sich Lottie von hinten über mich stürzte und wie ein Äffchen um meinen Hals schlang. Komplett überfordert schwankte ich zunächst ein wenig nach vor und zurück, wodurch Lottie ihre Arme noch fester um mich schloss, um nicht herunterzufallen. Lachend wandte ich meinen Kopf zu ihr zurück, "dir hat es also gefallen?", fragte ich sie, doch sie hingegen schaute mich daraufhin nur mit geweiteten Augen und offenstehendem Mund an. Für einen kurzen Moment rechnete ich sogar damit, eine Backpfeife einzukassieren. "Es hat mir mehr als nur gefallen, Lou. Die Show war der Wahnsinn. Die Songs waren der Wahnsinn. Du warst der Wahnsinn. Alles an der Show war einfach du. Ohne Scheiß, es war dein bisher bester Auftritt - und das mit Abstand."
Verlegen schaute ich von ihr weg auf den Boden. Lottie hatte schon immer gewusst, wie sie mich rot werden lassen konnte. Kurzerhand löste mich aus ihrem Griff und drehte mich ihr so zu, sodass wir beide inmitten des Flurs einander direkt gegenüberstanden. "Danke, das bedeutet mir wahnsinnig viel. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie nervös ich war, seitdem ich gewusst hatte, dass ihr heute hier sein und mir zusehen würdet. Ihr seid einfach mein größter Schwachpunkt", gab ich zu, woraufhin mich Lottie wieder zurück in ihre Arme zog. "Dein Frauengeschmack scheint sich ja endlich doch noch in die richtige Richtung zu entwickeln. Dass ich sowas noch erleben darf", murmelte sie lachend mit mein Shirt und ich verdrehte seufzend die Augen. Lottie würden wohl nie die Anspielungen auf Ava ausgehen und sie genoss es jedes Mal aufs Neue, mich damit ein kleines wenig aufzuziehen. "Hast du eigentlich jemals irgendeine Freundin von mir gemocht?" Dieses Mal war Lottie diejenige, die von mir abließ. Ihre Augen schienen miteinander um die Wette zu funkeln, währenddessen sie mich frech angrinste. "Ist das gerade eine erst gemeinte Frage?", schoss sie zurück.
Nachdenklich zog ich die Augenbrauen zusammen. Obwohl sie es mir während der Beziehung nie zeigen hatte wollen, wusste ich spätestens seit der Trennung, dass Lottie mich dafür, dass ich mich überhaupt erst auf Ava eingelassen hatte, für den größten Idioten hielt. Mit Briana sah das Ganze nicht wirklich anders aus, außer dass Lottie viel zu sehr verschossen in Freddie war, um nicht doch irgendwie das Gute in ihr zu sehen. Mit Eleanor war sie, sofern ich mich recht erinnern konnte, damals eigentlich ziemlich gut klargekommen, doch damals war Lottie noch zu jung, um das wirklich als eine Verbindung bezeichnen zu können. Sie war noch ein Kind gewesen und darüber hinaus Eleanor diejenige, die von mir nicht gut genug behandelt wurde, und nicht umgekehrt.
"Schau, da hast du deine Antwort."
Lottie hob mir mit ihrem Mittel- und Zeigefinger leicht das Kinn an, sodass ich gar nicht anders konnte, als den Blickkontakt zu erwidern. Ich nahm einen scharfen Atemzug, währenddessen ich mich von einem Gedanken an den nächsten verlor. "Sind die anderen eigentlich noch da?", fragte ich sie. "Hey, jetzt versuch nicht, das Thema zu wechseln", versuchte Lottie, mich weiter zu necken, aber ich schüttelte bestimmt den Kopf. "Bitte. Sind sie denn noch da oder sind sie schon zum Hotel zurückgefahren?" Ein wenig verloren strich sie sich mit beiden Händen ihre blonden Haare zurück, ihre Augen suchte dabei die fahle Mauer hinter mir nach Antworten ab. "Soweit ich mitbekommen habe, ist Mama direkt nach der Zugabe mit den Zwillingen gegangen. Sie wollten dich gerne noch sehen und mit dir quatschen, aber die beiden waren einfach viel zu müde." Sie sah zu mir zurück und lächelte mich verträumt an.
"Und was ist mit Fizzy? Ist sie mit ihnen mitgegangen?", hakte ich weiter nach. Erneut schien Lottie keine Ahnung zu haben, denn sie zuckte lediglich mit den Schultern, "ich weiß nicht, wir haben uns während dem Konzert verloren, aber eigentlich müsste sie noch da sein. Wahrscheinlich hängt sie in der Cafeteria herum. Warum fragst du?" Gedankenverloren ließ ich meinen Blick von Lottie durch den Flur, den ich bisher vollkommen ausgeblendet hatte, gleiten. Erst zu diesem Zeitpunkt fiel mir auf, wie viel um uns herum los war, wie viel Personal an uns vorbeirauschte und wie mein Shirt und meine Jeans vor Schweiß förmlich an meiner Haut klebten.
"Nur so, ich will einfach wieder ein bisschen mit ihr reden. Es ist schon viel zu lange her, seitdem wir beide das letzte Mal so richtig miteinander gesprochen haben und ich muss zugeben, dass ich es unglaublich vermisse", erwiderte und bemerkte, wie meine Stimme mit jedem Wort weicher und verletzlicher wurde. Manchmal hatte ich, obwohl sie und ich zurzeit kaum Kontakt hatten, das Gefühl, dass ich von all meinen Schwestern mit Fizzy die stärkste Bindung hatte. Wir tickten so ähnlich, dass es gar nicht viel brauchte, um einander nahe zu fühlen. Und selbst wenn wir einen Ozean voneinander getrennt waren.
"Oh, sie vermisst es auch. Ich meine, sie hat es nie offen zugegeben, aber sie spricht immer von dir. Besonders in letzter Zeit. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr sie sich auf heute gefreut hat. Man kann meinen, sie wäre ein größerer Fan von dir als Mama", sie kniff lachend die Augen zusammen, "aber wie gesagt, ich schätze, sie ist in der Cafeteria. Zumindest gibts dort gratis Kaffee, also wo sollte sie schon sonst sein?" Nickend stimmte ich ihn ihr Lachen mit ein. "Ja, das klingt eigentlich ziemlich legitim. Dann werde ich das mal machen", erwiderte ich. Lottie hielt daraufhin ihre beiden Handflächen in die Luft und ging ein paar Schritte zurück. "Na dann will ich dich nicht länger aufhalten. Ich meld mich morgen", sagte sie noch, ehe sie in der Menschenmenge verschwand.
Ohne lange herumzustehen, machte ich mich sofort auf den Weg durch den Backstagebereich in die Cafeteria. Dabei bahnte ich mir einen Weg durch die Techniker und meine Bandkollegen, die ich kurzerhand in eine feste Gruppenumarmung zog und ihnen einmal wieder erklärte, wie unendlich dankbar ich dafür war, sie an meiner Seite zu haben.
Als ich wenig später die Türen zur Cafeteria aufstieß, dachte ich, Fizzy wäre nicht dort. Erst, als ich ein paar Schritte in den Raum hineingegangen war, konnte ich sehen, wie sie hinter der offenstehenden Tür auf der Rauchterrasse stand und ziellos in die Ferne schaute. Sie hatte die Arme um ihren Bauch geschlossen, der von einem übergroßen weißen Kapuzenpulli bedeckt war. Sie bewegte nicht einmal eine Fingerspitze. Ich fragte mich, worüber sie wohl gerade nachdachte.
"Hey, du", sagte ich, währenddessen ich zu ihr nach draußen schritt und mich neben ihr gegen das halbhohe Geländer lehnte. Ganz langsam schaute Fizzy von der Ferne zu mir und augenblicklich zauberte sich ein schwaches Lächeln auf ihre Lippen. Ihre dunklen Haare reichten ihr mittlerweile bis zur Hüfte und sie war schon fast so groß, dass ich das Gefühl hatte, dass ich in ein paar Monaten zu ihr aufschauen müsste. "Oh, hey. Ich habe dich gar nicht kommen hören", erwiderte sie. Ihre Stimme klang genauso sanft, wie ich sie in Erinnerung hatte. "Das dachte ich mir schon", ich sah an ihr auf und ab, "was machst du denn hier draußen? Ist dir nicht kalt?"
"Ob mir kalt ist? Ach, Lou, ich bin nicht diejenige von uns zweien, die hier in einem Fußballtrikot steht", lachte sie, machte einen Schritt nach vorne und streckte beide Arme über das Geländer. Eine Sekunde lang ließ ich meinen Blick über Fizzys Finger gleiten und schloss erleichtert die Augen, als ich feststellte, dass da nirgendwo eine Zigarette hervorschaute. Und dass sie nicht nach verbranntem Tabak roch. "Ich fühl' mich als würde ich schmelzen. Ich hab' mich seit Monaten nicht mehr so gut gefühlt wie jetzt. Es ist, als wäre da ein Schnitt, zwischen allem, was die letzten Jahre über passiert ist und alldem, was momentan passiert und passieren wird", meinte ich, wohingegen Fizzy sich von mir abwandte und stattdessen wieder in den Nachthimmel sah.
"Mama ist wieder krank."
Obwohl sie gerade laut genug sprach, dass ich sie verstehen konnte, traf mich jedes von Fizzys Worten wie Messerspitzen direkt in die Brust. Ich schluckte, atmete tief durch und beugte mich mit dem Oberkörper in ihre Richtung. "Was hast du gesagt?", fragte ich sie ungläubig, als ob ich mir selbst einreden wollte, dass ich mich verhört hatte. Unsicher sah Fizzy zu mir zurück. Sie öffnete den Mund, deutete an, etwas zu sagen und schaffte es schließlich doch nicht. Es tat unfassbar weh, mitanzusehen, wie sie sich mir öffnen wollte, aber nicht die passenden Worte zu finden schien. "Ich sollte es ja nicht einmal wissen, Lou. Lottie, die Zwillinge, Papa und sogar Dan - Mama hat es niemandem von uns erzählt. Da war einfach dieser verdammte Brief, der zwischen der Kaffeemaschine und der Wand hervorgeschaut hatte und ich war zu neugierig gewesen. Dabei hätte ich es mir denken können. Sie war in letzter Zeit so in sich gekehrt gewesen." - "Hast du den Brief denn gelesen, Fizzy?"
Dieses Mal schaffte sie es nicht mehr, mir zu antworten. Stattdessen schaute sie mich einfach nur an, ihre Augen schimmerten und jedes Mal, wenn sie die Lider zusammenkniff, war ein weiterer Versuch, gegen ihre Tränen, die sie schon viel zu lange zurückgehalten haben zu schien, anzukämpfen. Es war alles andere einfach, ihrem Blick standzuhalten. Ich wollte sie einfach nur in eine innige Umarmung schließen und an mich drücken und das war es auch, was ich als Nächstes tat.
Kaum hatte ich sie in meine Arme gezogen, vergrub sie ihr Gesicht in meinem Nacken und begann, zu weinen.
Und ich tat es auch.
"Es ist beängstigend, ich weiß, Fizzy. Aber Mama ist stark. Und du bist das tapferste Mädchen, das ich je gekannt habe. Mit dir an deiner Seite wird sie diese Krankheit ein für alle Mal besiegen. Es gibt keinen anderen Ausweg. Meine beiden kleinen Engel", ich strich durch ihre Haare,"auch wenn du mich nicht siehst, du bist nie mehr als einen Gedanken entfernt. Immer in meinem Herzen. Vergiss das nie", flüsterte ich ihr zu, während ich ihren Rücken mehrmals auf und ab strich. Sie zitterte, schluchzte und bohrte ihre Fingernägel in den Stoff meines Trikots. "Warum fängt alles wieder von vorne an? Wie kann ich das noch einmal durchstehen? Wie soll Mama das noch einmal durchstehen?", presste Fizzy schließlich hervor.
Ich ließ ein wenig von ihr ab und sah ihr in die Augen. Ihr Gesicht war ganz rosig angelaufen und an den Wangen bahnten sich ein paar dünne Spuren aus Tränen und verlaufener Wimperntusche ihren Weg zu ihrem Kinn. Doch trotz all der Traurigkeit war sie immer noch unfassbar schön. Es gab schlichtweg nichts, dass ihr das jemals nehmen könnte. "Wir sind eine Familie", meinte ich vorsichtig. Sie hielt den Atem an. Sie senkte den Kopf. "Solange wir zusammenhalten, gibt es nichts, wovor wir uns fürchten müssen."
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