track 17
Disc 5
Track 17 - Made in the A.M.
» I'm always gonna look for your face «
ZAYN
im fünften Jahr nach der Trennung von One Direction
Meine Hände schlossen sich etwas fester um die Riemen meines Rucksacks, nur um sich an irgendetwas festhalten zu können. Hilflos folgte ich der Menge von der Straßenbahnhaltestelle über das Kreuz zum Campus. Obwohl ich so oft im Internet nachgeschaut hatte, hatte ich eindeutig keine Ahnung, wo ich hin musste. Alles, was ich in diesem Moment wusste, war, dem Strom zu folgen, und das war es dann auch, was ich machte.
Ich fühlte mich nicht nur so, ich sah auch so aus. Ich trug diese blaue Jeans, die ich nur trug, wenn alles andere in der Wäsche war, ein schlichtes weißes Hemd unter einer Jacke, Adidas und zu guter Letzt den Rucksack über den Schultern. Eigentlich hasste ich Rucksäcke. Im Normalfall steckte ich immer alles in meine Hosentaschen und wenn es sein musste auch mal unter den Bund meiner Boxershorts. Doch Lilien passten da nicht hinein. Und hier mit irgendeiner Supermarktpastiktüte aufzutauchen, wollte ich Gigi nun wirklich nicht antun.
Mit jedem Schritt legte ich meinen Kopf immer weiter in meinen Nacken. Gigis Universität sah aus wie die aus den Filmen - mit Backsteinmauern, hohen Fenstern, Efeu zwischen den Fugen und unzähligen Studenten, die von einem Haus zum anderen liefen. Ich stolperte feierlich vom Bürgersteig auf den Vorplatz und versuchte, mich unter die Menge zu mischen.
Irgendwo hier musste die Mensa sein, in der Gigi gerade saß und auf mich wartete, damit wir zusammen Mittagessen würden. Orientierungslos drehte ich mich um die eigene Achse, aber auch danach sah jedes einzelne der Gebäude aus wie das daneben.
Kurzerhand blieb ich stehen. Ich griff in die hintere Hosentasche, holte mein Handy heraus und suchte Gigis Kontakt. Ich presste das Telefon fest an mein Ohr, als ich sie anrief. Währenddessen beobachtete ich, wie alle an mir vorbeizogen und hinter den Türen verschwanden, bis nur noch ich übrig war. Wahrscheinlich begannen gerade die nächsten Kurse.
"Hey, bist du schon da?", begrüßte mich Gigi sofort. Ihre aufgeregte Stimme ließ mein Herz sofort schneller schlagen. Unwillkürlich lächelte ich durch den ganzen Campus. "Ja, ich habe es zur Uni geschafft, aber das war's auch schon. Irgendwie sieht hier alles gleich aus und ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll", sagte ich. Daraufhin lachte ich sie liebevoll in den Lautsprecher und. Ich konnte mir gut vorstellen, wie sie jetzt die Wangen in die Hände nehmen musste, damit sich nicht alle umdrehten und starrten. "Das stimmt", meinte sie, "ich verlaufe mich immer noch manchmal, wenn ich einen Raum finden muss, in dem ich noch nie war. Die Mensa ist im Gebäude ganz rechts. Direkt im Erdgeschoss, der Eingang befindet sich auf der Seite."
"Bleib dran."
Ich stellte sie auf Lautsprecher und ging dorthin, wo sie gesagt hatte. Als ich mich zur Seite des letzten Gebäudes drehte, konnte ich schon all die Studenten an den Tischen sitzen sehen. "Ok, ich glaube, ich habe es gefunden. Wo sitzt du denn?" "Super. Ich sitze an einem der Seitentische, direkt an den Fenstern. Ich kann dich sogar von hier aus sehen ... oder ... ja, klar, das bist du", antwortete sie, woraufhin ich meinen Blick durch die Glasfront scannte. Aber egal, wo ich hinschaute, ich konnte sie nicht sehen.
Ohne aufzulegen, schritt ich durch die automatischen Türen in die Mensa. Hier waren die Tische nur so eng wie möglich aneinandergereiht, damit möglichst viele Studenten hier reinpassen. Jeder Tisch, an dem ich vorbeikam, war vollständig besetzt.
"Nur noch ein paar Meter geradeaus und dann einfach nach links schauen", führte mich Gigi inzwischen weiter. Das tat ich und als ich schließlich nach links schaute, sah ich sie schon über das ganze Gesicht grinsen und mit beiden Armen in die Luft winken. Schritt für Schritt steigerte ich mein Tempo.
Gigi saß am Fenster und hatte den Platz neben sich mit ihrer Handtasche reserviert. Ich schob den Stuhl zurück, stellte die Tasche vorsichtig von der Sitzfläche darunter und ließ mich fallen.
"Gott, du siehst müde aus", meinte Gigi, beugte sich über den Tisch und strich mir die zu langen Haare aus dem Gesicht. Mit einer Hand fuhr sie weiter über meine Kieferpartie. Ich holte tief Luft: "Bin ich auch. Konnte nach deinem Wecker nicht mehr weiterschlafen. Also habe ich den ganzen Morgen damit verbracht, mich hin und her zu wälzen, bis ich keinen Sinn mehr dahinter sah", gab ich zu und Gigi zog meinen Kopf an ihren und drückte mir einen sanften Kuss auf die Wange. "Es tut mir so leid, Baby. Aber ich bin so froh, dass du hier bist. Ich habe schon den ganzen Tag auf diesen Moment gewartet."
"Ich auch", sagte ich. Gleichzeitig legte ich meine Hand auf ihre. "Es gibt so viel, was ich dir zeigen muss, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll." - "Es ist eine Universität, Gigi. Bei dir hört sich das an, als wäre es eine ganz neue Welt."
Sie ließ meine Hand los. Stattdessen zog sie sie zurück und schaute mir eindringlich in die Augen: "Weil es sich für mich wie eine ganz neue Welt anfühlt. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich jemals irgendwo glücklicher gefühlt habe - außer bei dir, aber das weißt du ja." Nachdenklich musterte ich ihr Gesicht. Obwohl sie vollkommen ernst wirkte, funkelten ihre Augen noch genauso sehr wie als ich zu ihr hergekommen war. Es war unverkennbar, wie viel ihr Studium ihr bedeuten musste. Und damit wahrscheinlich nicht nur ihr Arbeitszimmer, sondern alles um sie herum. "Erzähl mir mehr davon. Ich will jedes einzelne Detail hören", bat ich sie.
Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Ohne zu zögern, erzählte Gigi mir von ihrem Forensikkurs, den sie unglaublich toll fand, den Studentenpartys, zu denen sie am Wochenende eingeladen war, ihrer neuen Freundesgruppe bis hin zu ihren ungeschriebenen Seminararbeiten. Sie redete auch noch dann darüber, als wir uns in der Schlange an der Kantine anstellten.
"Das klingt eigentlich ganz cool. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass es so viel Spaß machen würde. Irgendwie dachte ich, dass man hier nur in die Vorlesungen geht und lernt, wenn man keine hat", gab ich zu, während ich mich wieder setzte und auf meine Gemüsewraps und die Pommes hinunterblickte. Bis jetzt hatte ich gar nicht gemerkt, wie hungrig ich war.
"Ich meine, es gibt auch solche Leute, aber zu denen gehöre ich eigentlich nicht", griff sie lachend zu Gabel und Messer, um ihren Burger in zwei Teile zu schneiden. Danach nahm sie eine Hälfte in die Hand und nahm einen kräftigen Bissen. Ich hatte schon immer geliebt, wie egal es ihr war, was die anderen denken könnten. Und daran, wie sie genüsslich mit dem Daumen die Sauce von ihren Mundwinkeln wischte, konnte ich ablesen, dass sie es mindestens genauso liebte.
Auch ich widmete mich nun meinem Wrap. Nur dass ich mich im Gegensatz zu Gigi noch zu sehr um die Meinung anderer Gedanken machte und deshalb immer noch lieber schnitt und stocherte. "Diesen Sommer müssen wir übrigens ein dreiwöchiges Praktikum absolvieren. Es gibt eine Stelle bei der psychiatrischen Abteilung der Kriminalpolizei in New Orleans, auf die ich mich gerne bewerben würde. Ich weiß, es ist ein bisschen weit weg."
"Ein bisschen weit weg? Das liegt über tausend Meilen entfernt."
Gigi biss sich auf die Lippen, tippte nervös mit den Fingerspitzen auf den Teller und überlegte, wie sie sich richtig ausdrücken sollte. Die Situation war ihr genauso unangenehm wie mir. Ich hoffte nur, dass sie nicht dachte, ich sei sauer auf sie. "Ich wusste auch nicht so recht, wie ich es dir sagen sollte", hob sie an, "ich möchte nur noch einmal irgendwo hingehen. Es wird sowieso viel zu ernst, wenn ich einen Job habe." Kurzerhand griff ich nach ihren Händen und verschränkte sie mit meinen. Ich schenkte ihr ein kurzes Lächeln. "Dessen bin ich mir völlig bewusst. Es war nur so unerwartet. Geh, wohin du willst, solange du kannst. Und ich werde hier sein, neben ihr schlafen und für dich bereit sein, wann immer du mich anrufst oder eine SMS schreibst. Oder wenn du vor meiner Tür stehst und einfach nur eine Umarmung willst", versprach ich ihr, woraufhin all ihre Sorgen wie weggewischt zu sein schienen.
"Ja?", fragte sie mich ungläubig und ich nickte. "Was für eine Frage, Gigi. Ich liebe dich und ich vertraue dir. Und irgendwie werde ich mich schon beschäftigen. Auch wenn ich mich, egal was ich tue, immer ein bisschen langweilen werde, wenn du nicht da bist", antwortete ich. Dann nahm sie ihren angebissenen Burger wieder in die Hand und hob ihn zum Mund. "Liam und Niall sind in dieser Zeit auf Tournee in den USA. Vielleicht könntest du ein paar Auftritte mit ihnen vereinbaren, wenn du dich dabei wohlfühlst. Oder einfach mit ihnen an ihrem freien Tag abhängen oder so." Ich zuckte mit den Lippen und wiegte meinen Kopf hin und her. Ich bewunderte es immer noch, dass sie sowohl zu meinem Geburtstag als auch zu meiner Hochzeit zu mir geflogen waren, aber sie auf einer Tournee wiederzutreffen, stresste mich irgendwie gewaltig. "Ich kann nicht mehr performen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie an ihren freien Tagen lieber schlafen als auch nur irgendetwas zu unternehmen. Zumal seit der Hochzeit ist der Kontakt wieder völlig abgebrochen ist", zweifelte ich.
Zehn Jahre. Tatsächlich war es in noch nicht einmal einen Monat exakt zehn Jahre her, dass die Jungs und ich in der Band zusammengewürfelt worden sind und sich unser aller Leben praktisch jede Nacht auf den Kopf gestellt hatte. Solche Dinge sind nicht selbstverständlich, aber ich habe sie viel zu sehr als selbstverständlich angesehen. Ich schloss die Augen, holte tief Luft und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Aber dafür schlug mein Herz viel zu laut. Mein Herz, das nie gewusst hatte, wie sehr es die anderen vermissen würde.
Abermals fischte mein Handy wieder aus meiner Hosentasche und begann noch am Esstisch eine Nummer zu wählen. Gigi schaute irritiert von mir zu meinem Telefon und wieder zu mir. "Ist etwas passiert?", fragte sie mich leise und ein wenig besorgt. "Sieht so aus", lächelte ich sie an, um mich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war und begann gleichzeitig mit der Stimme am anderen Ende der Leitung zu sprechen. "Hey, ich bin's, Zayn. Ich wollte fragen, ob es möglich ist, ein Wiedersehen für den dreiundzwanzigsten Juli zu arrangieren."
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