track 16
Disc 1
Track 16 – Another World
» you know I'll take you to another world «
HARRY
im ersten Jahr nach der Trennung von One Direction
„Harry, warte!"
Ich drehte mich im Stand um, als ich meine Schwester über den Zaun nach mir rufen hörte. Ich hatte bereits den Autoschlüssel hervorgezogen. Gemma lief auf mich zu, wobei ihre Sonnenbrille aus ihren Haaren hinab auf ihre Nasenspitze rutschte. Sie hatte mehrere Dosen Tupperware an ihren Brustkorb gedrückt. „Mama hat ganz darauf vergessen, dir das hier mitzugeben", sagte sie, während sie das Gartentor hinter sich zufallen ließ. Ich streckte beide Hände aus und schob ihr die Brille zurück. „Danke dir", sie lachte kurz auf, „hier sind noch ein paar Portionen Spaghetti, Hühnchenreis und - wie sollte es auch sonst sein - selbstgebackene Tacos." Grinsend schüttelte ich den Kopf. „Oh, wow, das ist wirklich eine Menge", meinte ich und schob daraufhin die Schlüssel zurück in meine Hosentasche.
Um uns herum zwitscherten Vögel und Bienen flogen von einer Blume zur nächsten. Der süße Duft von Blütenstaub kitzelte meine Nase. Kurzerhand nieste ich in meine Ellenbeuge, Gemma wünschte mir Gesundheit und ich nahm ihr dankend die Dosen der Reihe nach ab. „Das wäre wirklich nicht nötig gewesen", sagte ich. Schulterzuckend richtete Gemma einen Träger ihres Sommerkleides. „Mama hat darauf bestanden. Sie meinte, zwischen dem ganzen Tiefkühlmüll und den Buffets würde dir es mal ganz gut tun, zwischendurch auch mal was Anständiges zu essen." Ich schielte über den Zaun zu unserer Mutter, die gerade auf der Veranda das Geschirr abräumte und mich dabei breit angrinste.
Gemma begleitete mich noch bis zu meinem Auto. Sie lehnte sich gegen die Hintertür, woraufhin ich die Tupperware in meinem Kofferraum verstaute und danach die Heckklappe herunterzog. „Es war schön, dich endlich wieder bei uns zu haben, Harry." Gemma kam mir ein wenig näher und schloss ihre Arme um meinen Nacken. „Finde ich auch. Ich weiß, ich sollte öfters vorbeikommen. Ich meine, ich hätte ja nicht mal weit ... ", erwiderte ich , aber Gemma legte ihren Zeigefinger auf meine Lippen. „Jetzt hör doch auf, dich andauernd für Dinge zu entschuldigen, für die gar keine Entschuldigung notwendig ist. Und viel Glück heute Abend. Du schaffst das. Wir sind alle sehr stolz auf dich, vergiss das nicht." Sie drückte mir noch einen leichten Kuss auf die Wange, ehe sie sich allmählich von mir löste.
Die Lichter meines Autos blinkten kurz auf, als ich es aufsperrte. Ich öffnete die Fahrertür, lehnte mich mit verschränkten Armen über die Kante und winkte meiner Mutter aus dem Handgelenk noch einmal zu. „Hey, Harry!", hörte ich Gemma ein zweites Mal nach mir rufen. Ich drehte meinen Kopf in ihre Richtung. „Bring doch nächstes Mal deine Freundin mit", zwinkerte sie mir zu, währenddessen sie den Riegel des Gartentors umlegte. Verlegen lachte ich in meine Halsbeuge. Im Nachhinein wunderte es mich gar nicht mehr, dass Gemma nach all den Gesprächen über Estelle denken musste, dass ich mit ihr zusammen war.
Die Fahrt zurück in die Innenstadt verging unglaublich langsam. Ich war gerade auf der Autobahn unterwegs, als der Verkehr auf allen Spuren ins Stocken geriet. Schrittweise schaltete ich auf den ersten Gang zurück, bis ich letztendlich abbremsen musste. Es herrschte das typische Sommerferienverkehrschaos.
Ich drückte das Handschuhfach herunter und holte eine angebrochene Packung Zigaretten sowie ein altes Feuerzeug hervor. Nebenbei ließ ich das Seitenfenster hinab. Die frische Luft strömte in meine Lungen, währenddessen ich den Rauch ausatmete. Kurzerhand streckte ich meinen Arm ins Freie und klopfte mit dem Mittelfinger den Tabak aus, sodass Millionen Funken auf den Asphalt rieselten.
Es verging gut eine halbe Stunde, in der ich nichts Anderes machte als in die Kupplung zu treten. Angespannt trommelte ich mit meinen Fingern am Lenkrand. Wenn sich der Stau nicht bald bessern würde, würde ich keine Zeit mehr dazu haben, um bei meiner Wohnung vorbeizuschauen. Stattdessen würde ich direkt ins Studio fahren und Estelle am Weg dorthin abholen müssen. Während ich mit einer Hand nach meinem Handy langte, schnippte ich mit der anderen meine Kippe auf den Straßenrand und tippte auf dem Zahlenblock Estelles Nummer ein. Wir telefonierten so oft, dass ich sie schon auswendig kannte.
Alles hatte damit angefangen, dass wir uns im Frühling regelmäßig zum Frühstücken im Hotel getroffen hatten, bis ich weder Blattspinat noch Schokohörnchen länger riechen konnte. Letzte Woche hatte sie mich dann unter einer Tasse Schwarztee gefragt, ob ich ihr nicht auch einmal meinen Arbeitsplatz zeigen könnte. Das hatte letztendlich dazu geführt, dass ich sie dazu eingeladen hatte, zu meinem ersten Musikvideodreh mitzukommen. Doch das wusste Estelle nicht. Alles, was sie wusste, war, dass sie ihren guten Freund Harry zu einem regulären Geschäftstermin begleitete.
„Hey du." Ich drückte mein Handy etwas fester an mein Ohr, nachdem Estelle abgehoben hatte. Sofort fragte sie mich, was los sei. Vermutlich hörte sie es an meiner Stimme, wie gehetzt ich war. Oder sie kannte mich mittlerweile einfach schon zu gut. „Ich stehe seit über einer halben Stunde auf der Autobahn. Langsam geht es zwar wieder etwas voran, aber mein ganzer Zeitplan fällt gerade auseinander. Mit viel Glück werden wir es gerade noch rechtzeitig schaffen", erklärte ich. „Verstehe. Soll ich dann trotzdem vorm Hotel auf dich warten?" Ich setzte gerade dazu an, etwas zu antworten, als ich von einem mehrfachen Hupen aus meinen Gedanken gerissen wurde. Erschrocken sah ich auf und stellte fest, dass die Autos vor mir bereits einige Meter vorgefahren waren.
„Harry?" Estelles Stimme dröhnte aus den Handylautsprechern. „Wäre es okay für dich, wenn du stattdessen zur Bushaltestelle kommen würdest? Dann könnte ich nämlich durchfahren", meinte ich und klemmte mein Smartphone zwischen Schulter und Ohr. „Kein Problem. Meld dich einfach rechtzeitig, ja?", sagte sie. Unbewusst grinste ich durch die Windschutzscheibe. „Abgemacht. Aber könntest du mir eventuell noch einen Gefallen tun?" „Für dich doch immer", lachte sie und steckte mich automatisch mit an. „Kommst du vielleicht nach der Arbeit an irgendeinem Laden vorbei?", ich schaute auf mein legeres T-Shirt hinab, „ich bräuchte ein Hemd. Ich werde nicht mehr dazu kommen, nach Hause zu fahren und mich dort umzuziehen. Einfach ein normales, unspektakuläres Hemd." - „Kein Problem, das lässt sich einrichten. Ich werde mein Bestes geben."
Wir verabschiedeten uns und ich widmete mich wieder dem Chaos auf der Autobahn. Inzwischen hatte ich den dritten Gang eingelegt, nach und nach schaltete sich die Straßenbeleuchtung ein.
Die Sonne war bereits untergegangen, als ich zur Bushaltestelle einbog. Angespannt umklammerte ich das Lenkrad. Estelle saß bereits auf der schmalen Bank, ihre Beine hatte sie übereinandergeschlagen und neben ihr stand eine Tüte von H&M. Das Licht meiner Scheinwerfer blendete ihre Augen, woraufhin sie sich schützend eine Hand vor ihr Gesicht hielt, als ich neben ihr stehen blieb.
Wenige Sekunden später zog sie die Beifahrertür auf. „Hey, Harry", begrüßte sie mich und ließ sich auf den Sitz neben mir fallen, wobei sie den Rock ihres schwarzen Kleides etwas weiter über ihre Oberschenkel zog. „Hey, es tut mir leid, dass du auf mich warten musstest", entschuldigte ich mich und stellte den Motor ab. „Nicht schlimm. Ich hatte sowieso bis gerade eben Schicht. Und übrigens, hier", Estelle reichte mir die Tüte, „dein Hemd. Ich hoffe es gefällt dir einigermaßen. Ich habe es gesehen und dachte mir die Farbe passt unglaublich gut zu ... zu deinen Augen."
Gespannt zog ich die Plastikverpackung hervor. Selbst im fahlen Abendlicht leuchtete das Hemd förmlich vor Intensität. „Das sieht wirklich gut aus. Danke dir. Ich bin dir definitiv etwas schuldig", antwortete ich lächelnd. Estelle atmete erleichtert auf, sah jedoch sofort wieder von mir weg, als sie bemerkte, dass ich mit den Händen unter mein Shirt fuhr, um es mir auszuziehen. Ich ließ ab und neigte lachend meinen Kopf beiseite. „Noch nie einen Typen oben ohne gesehen?", meinte ich. Estelle sah wieder zu mir auf. „Haha. Ich hab mir das einfach nur so angewöhnt. Und immerhin kennen wir uns beide doch kaum."
Wider meinen Willen musste ich mir eingestehen, dass sie nicht unrecht hatte. „Wenn es dir lieber ist, kann ich mich auch draußen umziehen", schlug ich schulterzuckend vor. Estelle fasste sich an den Nacken und schien nicht sonderlich zu wissen, was sie darauf antworten sollte. „Hast du eigentlich Hunger?", fragte ich sie deswegen, „ich habe von meiner Mutter ein paar Sachen mitbekommen." Sie nickte mir schwach zu. „Gerne. Ich habe es sowieso nicht mehr geschafft, etwas zu essen", sagte sie. Ich schnallte mich ab, schnappte nach dem Hemd und stieg aus dem Auto.
Achtlos warf ich mein Shirt in den Kofferraum und schlüpfte durch die Ärmel des Hemdes, die mir etwa bis zur Mitte meines Unterarmes reichten. An meinem Nacken kratzte des Preisschild. Also fasste ich mir mit einer Hand um den Kragen und riss es ab. Dabei schaute ich auch kurz über meine Schultern, um sicherzugehen dass da niemand stand und mich beobachtete. Irgendwie hatte ich da immer so ein bisschen Paranoia.
Ich beugte mich über die Ladefläche und öffnete eine Tupperware nach der nächsten. Der deftige Geruch sog sich in die Fasern der Leinen. Zaghaft holte ich einen der in Aluminium eingewickelten Tacos hervor und ließ den Kofferraum ins Schloss fallen.
„Hier, bitteschön", sagte ich, während ich die letzten Knöpfe des Hemdes durch die Schlaufen zog, „Besteck habe ich leider keines dabei." Estelle warf mir einen entgeisterten Blick zu. „Es gibt Menschen, die ernsthaft Tacos mit Besteck essen?", fragte sie lachend und nahm die Portion entgegen. Ich legte ihr die Plastikverpackung des Hemdes unter. „Ach, danke dir", sagte sie, ehe sie sich dem Taco widmete und mit den Fingernägeln vorsichtig das Aluminium abzulösen begann.
Ich rückte den Rückspiegel zurecht, sodass ich mich selbst darin sehen konnte, richtete meinen Kragen und fuhr mir noch einmal die Haare zurück. Mit der anderen Hand drehte ich derweil den Schlüssel um. „Was würdest du eigentlich von ein wenig Musik halten?" Ich wandte mich zu Estelle, die erwartungsvoll von ihrem Taco zu mir aufsah. „Ja, klar", entgegnete ich und wollte gerade das Radio einschalten, als sie ihre Hand auf meinen Arm legte. Abermals drehte ich mich zu ihr und suchte in ihren Augen nach einer Erklärung. „Ich habe ein Album mitgebracht, das ich gerne mit dir anhören würde, wenn das für dich in Ordnung wäre." Ich nickte stumm. Estelle legte ihren Taco auf dem Plastik ab und holte aus der Seitentasche ihres Kleides eine CD-Hülle hervor.
Midnight Memories.
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