track 1
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Disc 4
Track 1 - Steal My Girl
» if i don't have her, the sun doesn't shine, the world doesn't turn «
LOUIS
im vierten Jahr nach der Trennung von One Direction
Es war das Wochenende nach Freddies Geburtstag. Während in England wahrscheinlich alles in Eiseskälte versunken war, stand in Los Angeles die Sonne hoch am Himmel. Sie kitzelte auf meiner Haut, spiegelte sich im Meer und tauchte den Winter in eine einzige Sommeridylle.
Ich schaute von der Aussicht zurück zu Freddie, der auf dem für ihn viel zu niedrigen Stuhl saß und seine kleinen Arme weit über die Tischplatte streckte, um seine Cornflakes zu essen. Bei jedem Bissen rannen Milchspuren den Löffel und seine Mundwinkel hinunter. Ein weiteres Mal griff ich nach dem Handtusch neben mir und wischte zuerst Freddie und danach den Bereich um seine Plastikschüssel sauber und trocken. "Schmeckt's?", fragte ich ihn derweil. Wie auf Kommando streckte er seinen Daumen nach oben. "Fantastisch", nuschelte er, während er weiterhin auf seinen bunten Flocken herumkaute.
Ein paar Sekunden später schob Freddie seine Schüssel mit beiden Händen ein Stück von sich weg. Ich sah ihn fragend an und er meinte, er wäre satt, griff nach seiner Tasse Kakao und nippte ein wenig daran. Währenddessen schaute er mit seinen großen, blauen Augen immer wieder zu mir auf. Ich beugte mich ein wenig zu ihm hinüber. Er hatte bis auf eine Lache Milch und ein paar Krümel alles aufgegessen. "Ist schon gut, Großer. Gehst du inzwischen rauf, putzt dir die Zähne und ziehst dich um? Ich hab' dir eine Jeans und ein Hemd auf dein Bett gelegt." Mit einem Nicken senkte er seine Tasse. "Ist Tante Lottie denn schon da?", fragte er aufgeregt. Ich streckte meine Hand aus und strich im seine verwuschelten Stirnfransen zurecht, "noch nicht. Aber ich bin mir sicher, sie ist bereits unterwegs. Und wir wollen doch nicht, dass sie dich so schmuddelig sieht, oder?", antwortete ich.
Sofort stellte Freddie seine Tasse neben der Schüssel ab, "ja, wahrscheinlich. Aber kannst du bitte mit nach oben kommen?" Seufzend schüttelte ich den Kopf. "Ich muss hier erst noch ein bisschen aufräumen. Lottie soll schließlich den allerbesten Eindruck von uns beiden bekommen", sagte ich. "Mh, okay, na gut. Wenn es sein muss", grummelte Freddie, rutschte von seinem Stuhl und drehte sich um, um direkt aus der Küche zur Treppe zu gehen. Seine hochgekrempelten Ärmel rutschten ihm bei jedem Schritt über seine Hände. Freddie hatte die Angewohnheit, nur in Pullovern einschlafen zu können, ganz egal, wie warm es war. Und wenn es nach ihm gehen würde, würde er auch den ganzen Tag nichts anderes tragen.
Ich schaute ihm so lange hinterher, bis ich seine Füße auf der Etage über mir laufen hören konnte. Danach stemmte ich mich von meinem Stuhl hoch, griff nach Freddies Geschirr und ging hinüber zur Küchenzeile. Ich spülte es noch im Waschbecken aus, ehe ich den Geschirrspüler aufzog und es darin einsortierte. Über die letzten Tage hinweg hatte sich dort das Geschirr bis zum Rand angesammelt. Das Vatersein hatte mich vollkommen aus der Routine geworfen. Ich war es noch immer viel zu sehr gewohnt, alle Zeit de Welt für mich selbst zu haben, wenn ich zu Hause war, oder mich um rein gar nichts selbst kümmern zu müssen, wenn ich zu tun hatte. Wenn Freddie bei mir war, kam das alles auf einmal zusammen. Dann war ich nicht mehr nur Louis Tomlinson, sondern auch bester Freund, eine Bezugsperson und ein Teilzeitsuperheld.
In diesem Moment brauchte ich meine Superkräfte dafür, das Geschirr mit einem Fingerschnippen sauber zu zaubern und in die Schränke zu räumen. Dem Aberglauben halber schnippte ich tatsächlich mit den Fingern, aber natürlich sah das Geschirr danach genauso schmutzig und unsortiert aus wie zuvor, weswegen ich den Tab in die Vorrichtung legte, den Spülvorgang startete und den Geschirrspüler zudrückte.
Sobald ich den Geschirrspüler arbeiten hörte, ließ ich mich mit dem Rücken gegen die Theke fallen. Ich fuhr mir mit den Händen über mein Kiefer zu den Schläfen und ließ sie dort für einen kurzen Augenblick ruhen. Mein Blick fiel dabei direkt auf die Fensterscheibe vor mir. Zwischen Palmen und Wellen zeichnete sich dort auch meine unspektakuläre Reflexion ab. Ich sah irgendwie ausgelaugt aus. Daran konnten nicht einmal die Röhrenjeans und mein Jersey etwas ändern. Aber ich war mir sicher, dass das Lottie nichts ausmachen würde. Eigentlich dachte ich sogar, dass sie sich darüber freuen würde. Darüber, mich so zu sehen, wie sie mich kannte. Ein wenig chaotisch und immer ein bisschen überfordert.
Es war fast ein Jahr her, dass wir einander das letzte Mal gesehen hatten. Damals hatten mir meine Geschwister und meine Eltern dabei geholfen, meine Umzugskartons zu packen. Es war ein komisches Gefühl, darüber nachzudenken, wie schnell die Zeit seither vergangen war. Aber da Lottie mittlerweile den Schulabschluss in der Tasche hatte und sich in ihrer Visagistenausbildung gerade im Selbststudium befand, hatte sie vorgeschlagen, dass sie gerne zwei Wochen bei uns verbringen würde.
Das Surren der Türklingel riss mich aus einen Gedanken und Lottie aus meinen Tagträumen direkt in mein Leben. Ich stieß mich mit den Fersen vom Tresen ab und spürte, wie das Adrenalin durch meinen Körper rauschte. Mit einem Mal fühlte ich mich unglaublich wach. Ich joggte durch die Küche und den Flur zur Eingangstor. Gerade, als ich die Tür aufschließen wollte, klingelte es ein zweites Mal.
"Lou!"
Da stand sie. Am Straßenrand hinter ihr hielt ein Taxi, dessen Fahrer gerade darauf wartete, wieder in die Gegenrichtung einzuschlafen. Ich schaute von dem Auto zurück zu meiner Schwester. Sie trug einen Kapuzenpulli und hatte darüber hinaus einen Mantel über ihre Sporttasche geschlagen. Obwohl sie wirklich müde aussah, strahlten ihre Augen nur so vor Energie. Eine Weile standen wir da, grinsten vor uns hin und wussten gar nicht so recht, wie wir einander begrüßen sollten. "Ach, komm einfach her", meinte ich letztendlich, nahm sie an den Händen und zog sie in eine feste Umarmung. Sie stolperte ein wenig, doch das brachte uns nur noch mehr zum Lachen. Ich grub meine Nase in ihr langes, blondes Haar, währenddessen sie ihre Arme um meine Hüfte schloss. "Ich habe dich vermisst", flüsterte sie mir zu.
"Wie war dein Flug?", fragte ich, woraufhin Lottie sich wieder von mir löste. Sie schaute zu mir hoch, ein ironisches Grinsen huschte über ihre Lippen. "Keine Verspätungen, kein Gepäcks as verloren gegangen ist, und keine Perverslinge, die versucht haben, mich zu kidnappen", scherzte sie, "aber eigentlich habe ich von dem Flug an sich nicht viel mitbekommen. Ich habe die meiste Zeit geschlafen. Wobei ich mich immer noch ziemlich kaputt fühle." - "Du kannst dich jederzeit hinlegen und dich ein bisschen ausruhen. Wir haben extra das Gästezimmer für dich vorbereitet - oder besser gesagt, Freddie hat es für dich vorbereitet." Lotties Augen weiteten sich vor Erstaunen, "hat er das?" "Ganz allein. Er brauchte nur ein ganz kleines wenig Hilfe. Seitdem ich ihm erzählt habe, dass du kommst, redet er nur noch von dir", antwortete ich und Lotties Müdigkeit wich mit einem Mal aus ihrem Gesicht. "Oh, wie niedlich ist das denn? Ich will ihn sehen. Ist er hier?"
Ich deutete mit dem Daumen über meine Schulter, "Ich hab' ihn eben nach oben geschickt, um sich umzuziehen und die Zähne zu putzen. Aber ich wette darauf, dass er schon an der Treppe steht, uns von oben zuhört und nur darauf wartet, dass du endlich reinkommst", meinte ich. Lottie bückte sich, um ihre Sporttasche hochzuheben, doch ich hielt sie davon ab. "Ich mach' das schon." Sie lächelte mich erneut an, legte eine Hand an mein Kiefer und drückte mir einen leichten Kuss an die Wange. "Du bist der Beste, Lou."
Mit einer geschickten Bewegung schulterte ich Lotties Sporttasche. Währenddessen sie schon einmal hineinging, drückte ich die Tür hinter uns zu und beobachtete, wie sie ihren Kopf neugierig in jede Richtung drehte. "Du hast nicht übertrieben, als du gesagt hast, es sei das perfekte zu Hause für euch beide. Das Haus sieht fantastisch aus. Noch besser als auf den Fotos. Obwohl es für meinen Geschmack ein bisschen mehr Dekoration vertragen könnte. Es sieht so ... männlich aus", meinte sie, ohne sich zu mir umzudrehen. Lachend vergrub ich mein Gesicht in meiner Halsbeuge, als ich neben ihr zum Stehen kann. "Ich wusste, dass du das sagen würdest. Es sieht jetzt nur so aus, weil wir extra für dich aufgeräumt haben. Wenn außer Freddie und mir niemand da ist, herrscht hier so viel Chaos, dass da für Deko gar kein Platz mehr ist. Glaub mir", versicherte ich ihr, nur um hinterher zu bemerken, dass sie mir gar nicht zuhörte. Mein Blick folgte ihrem und blieb an Freddie hängen, der tatsächlich am Stiegenaufgang stand und schüchtern zu uns herüberschaute.
Lottie schaute wieder in meine Richtung und sah so aus, als würde sie mit aller Kraft versuchen, ein aufgeregtes Quietschen zu unterdrücken. "Er sieht einfach eins zu eins aus wie du", flüsterte sie in abgehakten Worten, wobei ihr Blick zwischen ihm und mir hin und her wechselte. "Das tut er wirklich. Und ich bin mir sicher, er mag dich mindestens genauso gern wie ich es tue", antwortete ich, "komm, geh zu ihm. Er wartet ja förmlich nur noch darauf, dich kennenzulernen."
Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Kurzerhand wandte sie sich von mir ab und ging in vorsichtigen Schritten auf Freddie zu. Je näher sie ihm kam, desto tiefer ging sie vom Stand in die Hocke. "Hey du", begrüßte sie ihn in einer sanften Tonlage, ließ sich auf die Knie fallen und streckte eine Hand nach ihm aus. "Ich bin Lottie." Sie strich mit den Fingern über seine Wange zu seinem Haaransatz. "Alles Gute zu deinem Geburtstag, mein Schatz. Du bist echt groß geworden", sprach sie weiter, währenddessen ich einfach nur dastand und die beiden schweigend beobachtete. Sie schienen wie zwei Seelenverwandte, die nach etlichen Umwegen endlich zueinander gefunden hatten. Und vielleicht waren sie das auch. Es war eine unglaublich schöne Szene. Fast so, als hätte man sie aus einem Film herausgeschnitten und wollte mir weismachen, dass das hier tatsächlich die Realität war.
Freddie legte seine Hand auf die von Lottie. Er schloss seine Finger um ihre Handfläche und ließ sie von seinem Gesicht auf die Höhe seiner Brust sinken. Dann lehnte er sich so weit vor, dass sich seine und Lotties Nasenspitzen berührten. "Kann ich dich etwas fragen?", wisperte er. Lottie nickte und zuckte zugleich mit ihren Schultern. "Du kannst mich immer alles fragen, mein Großer", erwiderte sie, wodurch Freddies Grinsen noch breiter wurde. Er schluckte, zuckte mit den Mundwinkeln und holte einen kurzen, schwarzen Atemzug. "Ich wollte ... Ich wollte dich fragen, ob ich dir vielleicht den Strand zeigen kann. Und die Muscheln."
Lottie schaute verliebt über ihre Schulter zu mir zurück. Sie hatte ihre Hand noch immer mit seiner verschränkt und musterte mich erwartungsvoll. "Klingt nach einem Plan, findest du nicht, Lou?", meinte sie, aber ich war zwiegespalten. Ich wollte nicht, dass Lottie sich Freddie zuliebe übernahm. "Wenn dir nicht danach ist, müssen wir es nicht tun. Wir haben doch noch mehr als genug Zeit, um zum Strand zu gehen. Du hast doch vorhin selbst gesagt, dass du völlig fertig bist", zweifelte ich. Lottie jedoch schien ihre Meinung nicht so einfach ändern zu lassen, denn sie wandte sich wieder Freddie zu und strich mit dem Daumen über seinen Handrücken. "Ich glaube, ein kleiner Spaziergang ist genau das, was ich gerade brauche. Und schließlich sehen wir uns ohnehin viel zu wenig. Jetzt, wo ich endlich bei euch bin, möchte ich keine einzige Minute davon verschwenden, noch länger zu warten."
Ihre Worte berührten mich mehr als sie es sich vorstellen konnte. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, zu sehen, zu welch einer großartigen, starken und selbstbewussten Frau sie herangewachsen war. Früher hatte ich sie immer ein wenig um ihre Charakterstärke beneidet, aber jetzt war ich schlichtweg wahnsinnig stolz darauf, dass genau sie meine Schwester war. Also gab ich nach. Nicht, weil ich das Gefühl hatte, keine andere Wahl zu haben, sondern weil ich es wollte. Weil alles andere sich nicht richtig angefühlt hätte. "Na dann, wann willst du denn losgehen?", fragte ich sie daher und das Funkeln in ihren Augen blitzte erneut auf.
"Wie wär's mit jetzt?"
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