Kapitel 26
Ich beobachtete das kleine Haus aus der Ferne. Bobby und Dean stritten sich, wie ich durch das Fenster sehen konnte. Castiel stand neben mir. Auch er hatte den Blick schweigend auf Bobbys Anwesen gerichtet.
»Du weißt, warum wir das tun müssen.«
»Und doch gefällt's mir dadurch nicht besser«, meinte ich und wandte mich ab. »Tu es.«
Im nächsten Moment standen wir in einer Lagerhalle. Oder besser: Dean und Castiel befanden sich in dem Raum, der mitten in der Lagerhalle stand, während ich draußen um den Beton-Kasten herumlief. Ich konnte sie hören. Jedes Wort klang klar bis nach draußen. Nur Dean würde mich nicht bemerken. Er würde gar nichts von all dem außerhalb erfassen können. Denn der Raum war so verzaubert, dass er nur diesen sah und wie einen Raum von einem prunkvollen Haus wahrnahm.
»Hallo, Dean«, hörte ich Zachariahs Stimme. »Du siehst gut aus.«
»Ich bin überrascht. Das Hotel Zach und Cas.« Keine Antwort. »Das ist, ähm ... ach, was soll's. Also, wo, zum Teufel, bin ich hier?«
»Nenn es den Warteraum«, sagte Zachariah. »Wir nähern uns jetzt dem großen Finale - und bis zur Showtime wollen wir auf dich aufpassen. Versuch einen Burger. Die magst du doch. Deine Lieblingsburger aus dieser Strandbude in Delaware. Da warst du gerade elf.«
Ich runzelte die Stirn und lief weiter mit verschränkten Armen auf und ab. Zachariah sollte nicht so viel um den heißen Brei herumreden und endlich mal zur Sache kommen, sonst würde Sam Fehler begehen, die schlimme Folgen mit sich tragen werden.
»Ich habe keinen Hunger«, meinte Dean ernst.
»Nein? Wie wär's mit Ginger aus der zweiten Staffel von Gilligans Insel? Auf die stehst du doch, oder?«
»Verführerisch. Verrückt.«
»Mary Ann gibt's gratis dazu.«
»Nein, nein, das ist ... Streichen Sie für mich das Holodeck, okay? Ich will wissen, wie der Plan aussieht.«
»Lass das unsere Sorge sein. Du solltest dich konzentrieren und relaxen.«
»Tja, aber ich werd' gleich richtig sauer, und gehe, wenn ihr Sackgesichter nicht anfangt zu reden«, provozierte Dean.
Zachariah seufzte. »Alle Siegel sind gebrochen, bis auf eins.«
»Das ist eine beeindruckende Leistung. Kommt gleich nach der von Washingtons Generälen.«
»Hältst du deinen Sarkasmus für angebracht? Wenn man bedenkt, dass du der Auslöser warst?«
Dean schwieg.
»Aber das letzte Siegel, da wird es anders sein.«
»Wieso?«
»Lilith muss es brechen. Sie ist die Einzige, die das kann. Morgen um Mitternacht.«
»Wo?«
»Daran arbeiten wir noch«, sagte Zachariah.
»Dann arbeitet härter.«
»Wir erledigen unseren Job, kümmer du dich um deinen.«
»Ja, und welcher wäre das genau? Soll ich derjenige sein, der sie aufhält? Wie? Mit dem Messer?«
»Alles zu seiner Zeit.«
»Und wann ist das?«, wollte Dean wissen.
»Hab' Vertrauen.«
»Was? In Sie? Wieso sollt' ich Ihnen vertrauen? Sie haben meine Freundin bedroht und wollten meinen Bruder töten.«
»Weil du deinen Gehorsam geschworen hast«, meinte Zachariah. »Deswegen.«
Kurz darauf erschienen Castiel und Zachariah neben mir und sauer sah ich den Vorgesetzten Castiels an.
»War das wirklich nötig gewesen?«, fragte ich. »Dieses ganze Gehorsam-Zeugs und Ihre Drohungen?«
»Du hast nicht das Recht, mich in Frage zu stellen«, meinte Zachariah. »Tu das, was dir aufgetragen wurde.«
»Oh, ja. Abwarten, lauschen - und der dritte Punkt? Ach, stimmt. Happy Birthday rufen, oder? Ich bitte Sie. Ich als Plan B, falls er sich weigert? Auf mich wird er sicher hören, nachdem er weiß, was ich bin!«
»Du musst es ihm ja nicht erzählen«, sagte Zachariah tonlos.
»Klar. Er wird ja auch nicht fragen, wie ich hierhergekommen bin!«
Der Engel erschien vor mir. Wütend packte er mich am Kragen und zog mich zu sich heran. »Wir hatten das alles schon einmal. Dein ganzes Theater geht mir gehörig auf die Nerven, und wenn du dich nicht an das hältst, was dir aufgetragen wurde, machen wir da weiter, wo wir vor Monaten aufgehört haben«, drohte er.
Wütend funkelte ich ihn an und mit einer abfälligen Handbewegung ließ er mich los. Kurz darauf waren er und Castiel verschwunden.
»Verdammte Engel!«, fluchte ich.
Ich hörte, wie Dean telefonierte. Er sprach auf Sams Mailbox. Dann herrschte einige Zeit Stille, bis irgendwann irgendetwas zerbrach. Ich zog nur verwundert die Stirn in Falten. Ich konnte sowieso nicht nach ihm sehen, da die Tür verzaubert und für mich unzugänglich war.
Cas' Stimme erklang. Er sprach mit Dean, welcher um ein Gespräch mit Sam bat, doch der Engel verwehrte ihm dieses.
»Willst du sagen, ich bin hier gefangen?«, fragte Dean, als Castiel auf seine Bitte hin mit einem «Nein« antwortete.
»Du kannst gehen, wohin du willst«, meinte der Engel.
»Super, dann will ich jetzt zu Sam.«
»Zu Sam kannst du nicht«, sagte Castiel sofort.
»Dann will ich spazieren gehen.«
»Schön, ich komme mit.«
»Allein.«
»Nein.«
»Weißt du was? Du kannst mich mal. Ich verschwinde hier.« Schritte erklangen und ich wusste, dass Dean zum Ausgang lief.
»Durch welche Tür?«, fragte Castiel.
Als vor mir die Tür verschwand, wusste ich, dass Dean keine mehr sah.
»Du hättest das nicht machen sollen, Cas«, meinte ich und wandte mich ihm zu.
»Es ist zu seinem Besten«, sagte der Engel nur.
Auf einmal erklangen dumpfe Schläge gegen die Wand - Dean versuchte sie einzuschlagen. Unsicher wandte ich mich um und musterte den Raum.
»Keine Sorge. Er ist geschützt. Er wird nicht herauskommen.«
»Hör auf, dich wie ein wild gewordener Brüllaffe aufzuführen«, hörte Zachariah durch die Wände sagen. »Das ist unschicklich.«
Ich verdrehte genervt die Augen. »Habt ihr Engel auch 'ne normale Sprache drauf?«
»Was meinst du mit »normaler Sprache«?«, fragte Castiel.
Ich antwortete nicht.
»Lassen Sie mich hier raus!«, rief Dean.
»Wie ich schon sagte, es ist gefährlich da draußen. Zu viele Dämonen.«
»Ich muss doch ständig Prügel einstecken. Und jetzt sorgen Sie sich um meine Sicherheit?«, fragte Dean verständnislos. »Sie lügen. Ich will meinen Bruder sehen!«
»Davon rat' ich dringend ab.«
»Wissen Sie, ich bin Ihre scheiß Rätsel und Ihre selbstgefällige, fette Visage leid. Was, zum Teufel, läuft hier, he? Wieso darf ich nicht zu Sam? Und wie soll ich Lilith töten?«
»Du wirst nicht Lilith töten, klar?«, meinte Zachariah.
»Was?«
»Lilith wird das letzte Siegel brechen. Das steht absolut fest. Der Zug hat den Bahnhof verlassen.«
»Aber Sam und ich, wir können's aufhalten«, sagte Dean.
Zachariah schwieg.
»Sie wollen's gar nicht aufhalten«, bemerkte der Winchester.
»Nein, das wollten wir nie«, gestand der Engel. »Das Ende naht, die Apokalypse kommt, Junge. In einem Kino, ganz in deiner Nähe.«
Ich ließ den Kopf sinken. Zachariah hatte mich, seit ich wieder bei ihm war, eingeweiht - und es war schrecklich gewesen, Dean nicht die Wahrheit sagen zu können.
»Was sollte dann der ganze Mist vom Retten der Siegel?«
»Wir konnten doch dem Fußvolk hier unten nicht die ganze Wahrheit sagen. Dann hätten wir 'ne Rebellion am Hals gehabt. Ich meine, denk' nach, würden wir tatsächlich zulassen, dass 65 Siegel gebrochen werden, wenn es unsere Oberen nicht so gewollt hätten?«
»Aber wieso?«, flüsterte Dean.
»Wieso nicht?«, setzte Zachariah entgegen. »Die Apokalypse. Schlechtes Marketing schreckt die meisten Leute ab. Wenn es doch letztendlich nur um Ali oder Foreman geht - in etwas größerem Rahmen. Und unsere Chancen gefallen uns. Wenn unsere Seite gewinnt, und das wird sie, dann ist das das Paradies auf Erden. Das ist doch ziemlich gut, oder?«
»Und was passiert mit den Menschen während eures kleinen Pinkelwettbewerbs?«, fragte Dean.
»Na ja. Ohne zerschlagenen Eier kann man kein Omelette machen. In diesem Fall sind es Wagenladungen von Eiern - du verstehst schon«, sagte Zachariah. »Hör zu, so was passiert. Das ist nicht die erste planetarische Darmspülung, der wir ausgesetzt sind. Oh, nein, Dean. Versuch gar nicht erst, mir mit dem Ding den Schädel einzuschlagen. Das würde ziemlich böse für dich enden.«
Ich atmete tief durch. Wann würde Zachariah endlich mit dem Scheiß aufhören?
»Was ist mit Sam?«, hörte ich Dean fragen. »Er wird sicher versuchen, Lilith aufzuhalten.«
»Sam. Er spielt eine wichtige Rolle. Das sollte man nicht unterschätzen. Mag sein, dass er noch einen kleinen Stups braucht, aber ich werd' dafür sorgen, dass er mitmacht.«
»Was wollen Sie damit sagen?«, wollte Dean mit unruhiger Stimme wissen. »Was haben Sie vor?«
»Sam, Sam, Sam. Immer dieselbe Leier. Vergiss ihn einfach, ja? Du hast größere Probleme. Wieso, glaubst du, vertraue ich dir? Weil wir auf dich nicht verzichten können. Wir haben nicht gelogen, was dein Schicksal angeht. Nur ein paar kleine Details ausgelassen. Aber nichts hat sich verändert. Du bist auserwählt. Du wirst es aufhalten. Nur nicht Lilith oder die Apokalypse - das ist alles.«
Ich raufte mir mit den Händen die Haare und schloss die Augen. »Wann hört er endlich auf zu reden?«, fragte ich.
»Das bedeutet?«, wollte Dean wissen.
»Luzifer. Du wirst Luzifer aufhalten. Du bist unser kleiner Russell Crowe, mitsamt seiner schroffen Art. Und wenn es vorbei ist und wenn du gewonnen hast, dann wird deine Belohnung unvorstellbar sein. Frieden, Glück, zwei Jungfrauen und siebzig Huren.« Zachariah lachte. »Vertrau mir. In ein paar Jahren werden wir uns darüber totlachen.«
»Sagen Sie mir eins.« Deans Stimme klang ernst. »Wo ist Gott bei all dem?«
»Gott?«, fragte Zachariah. «Gott hat das Gebäude schon verlassen.«
»Dein Part kommt bald, Cat«, sagte Zachariah und stellte sich mit einem belustigten Grinsen neben mich.
Ich starrte nur stur nach vorn, den Stimmen von Dean und Cas lauschend. Ich spürte beinahe die Anspannung. Dean stichelte wieder zu seinem Besten und begann zu provozieren. Cas entschuldigte sich bei dem Winchester, doch wie ich ihn kannte, würde er dies nicht annehmen.
»Es ist Armageddon, Castiel. »Es tut mir leid« ist ein bisschen zu wenig.«
»Versuch es doch zu verstehen. Dies ist lange vorhergesagt. Das ist dein -«
»- Schicksal?«, unterbrach Dean den Engel. »Hör auf mit diesem heiligen Scheiß, Mann. Schicksal, Gottes Plan - das sind alles nur Lügen, du armseliger, dummer Penner. Das ist einfach die Art, wie deine Bosse mich und dich bei der Stange halten. Weißt du, was real ist? Familie, Menschen - das ist real. Die willst du alle verbrennen lassen?«
»Was ist daran so erhaltenswert?«, gab Castiel zurück. »Ich sehe hier nichts außer Schmerzen, Dean. Ich sehe in dich hinein. Ich sehe deine Schuld, deinen Ärger, deine Verwirrung. Im Paradies wird dir alles verziehen. Dort findest du Frieden. Sogar mit Sam.«
»Du kannst deinen Frieden behalten«, meinte Dean. »Schieb ihn dir in deinen lilienweißen Arsch, denn ich entscheide mich für den Schmerz und die Schuld, und ich akzeptiere Sam so, wie er ist. Das ist immer noch besser, als so 'ne Art Stepford-Schlampe im Paradies zu sein. Die Sache ist ganz einfach, Castiel. Nicht mehr dieser Mist, ob man ein guter Soldat ist. Hier gibt es nur eine richtige Entscheidung, und das weißt du. Sieh mich an! Du weißt es. Du wolltest mir doch schon mal helfen, stimmt's? Du wolltest mich vor all dem warnen, bevor sie dich zurück ins Bibel-Camp gezerrt haben. Hilf mir. Jetzt. Bitte, Castiel.«
»Was könnte ich schon für dich tun?«
»Bring' mich zu Sam. Wir können's aufhalten, bevor's zu spät ist.«
»Wenn ich das tue, werden wir alle gejagt«, entgegnete der Engel. »Wir werden alle getötet.«
»Wenn es sich lohnt, für irgendwas zu sterben, dann ist es das hier«, erwiderte Dean. Cas antwortete nicht. »Du bist so ein rückgratloses, seelenloses Miststück. Was interessiert dich das Sterben? Du bist ja schon tot. Scher dich aus meinem Leben.«
»Dean.«
»Ich hab' dir nichts mehr zu sagen.«
Es kam keine Antwort zurück und Zachariah legte mir grinsend seine Hand auf die Schulter. »Showtime«, sagte er und im nächsten Moment befand ich mich in dem Raum, einige Meter von Dean entfernt.
Er hatte mir den Rücken zugedreht, und als er sich umwandte, sah er mich entsetzt an. Auch ich ließ meine Blicke verwirrt durch den Raum schweifen. Dies hatte mich jetzt überrumpelt. Ich hätte nicht gedacht, dass Zachariah es tun würde - obwohl es eher ein Hoffen gewesen war.
»Cat?«, fragte Dean verwundert und trat langsam einige Schritte auf mich zu. »Wie kommst du hierher?«
Ich antwortete nicht, presste nur die Lippen aufeinander.
»Haben sie dich gefangen genommen? Bist du ein Druckmittel?«
Ich schüttelte leicht den Kopf. »Nein«, sagte ich. »Nein, ich bin freiwillig hier.«
Dean zog die Stirn in Falten. »Wieso?«
»Dean, du musst einsehen, dass es das Beste ist, wenn wir die Apokalypse einfach auf uns zukommen lassen«, meinte ich, doch aus mir sprach Zachariah, nicht ich, und das wusste auch der Winchester.
»Und das kommt ausgerechnet von dir«, sagte Dean mit Abscheu in der Stimme. »Was haben sie dir versprochen, dafür, dass du ihren Laufburschen spielst?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Mein Leben? Sams Leben?«
»Dean, versteh' doch, ich werde die Apokalypse überleben, ihr nicht, wenn die Engel euch nicht helfen.«
Dean trat langsam auf mich zu. »Wie meinst du das »Du wirst die Apokalypse überleben«?«
Ich schwieg und wandte mich ab.
»Oh, nein. Du wirst mir jetzt nicht den Rücken zudrehen!« Dean packte mich an der Schulter und zog mich grob herum. »Du erzählst mir jetzt die Wahrheit, die ganze Wahrheit, und nicht das, was Castiel oder Zachariah dir eingeredet haben.«
»Castiel hat damit nichts zu tun«, meinte ich.
»Ach, nein? Und was habt ihr beide dann vor mir verheimlicht? Vor uns allen verheimlicht?«
Ich atmete tief durch. »Ich kann nicht, Dean.«
»Du kannst und du wirst!«, erwiderte der Mann. »Es ist mir egal, was die scheiß Engel gesagt haben, was sie dir befohlen haben. Du wirst mir die Wahrheit erzählen. Jetzt sofort. Oder du kannst dich verziehen, so wie Castiel.« Wütend funkelte er mich an.
»Nein«, sagte ich bestimmt.
»Was?« Deans Falten in der Stirn wurden tiefer. »Cat, du wirst mir jetzt die Wahrheit erzählen.«
Wieder wandte ich mich ab und langsam entfernte ich mich von ihn.
»Sieh mich an, Cat!«, rief Dean. »Und sag mir die Wahrheit!«
Ich spürte ein weiteres Mal seine Hand auf meiner Schulter, doch bevor er mich mit Gewalt herumziehen konnte, entglitt ich seinem Griff, und mit einer Handbewegung stürzte Dean durch den Raum nach hinten.
»Ich sagte »Nein«!«, donnerte ich, während der Winchester unbeholfen an der Wand hing. Ich hatte meine Hand sinken gelassen und dennoch konnte er sich nicht bewegen. Mein Blick war ernst, und entgeistert sah er mich an.
»Was bist du?«, flüsterte er. »Du bist kein Halbdämon. Sam hatte recht, dafür brauchst du Dämonenblut. Also, was bist du?«
»Ich kann's erklären, wirklich, aber zunächst musst du Zachariah -«
»Hör auf, über diese Mistkerle von Engeln zu reden!«, rief Dean. »Was haben sie aus dir gemacht? Was ist in der Zeit passiert, als du fort warst?«
»Sie haben nichts aus mir gemacht, Dean. Das bin ich. Ich bin das Wesen, seitdem ich sechs Monate alt bin«, sagte ich leise.
»Was bist du?«, fragte Dean wieder. Ich vernahm die Angst in seiner Stimme, die Angst vor der Wahrheit.
Ich schluckte schwer. Mit einem Kopfschütteln wandte ich mich ab und Dean rutschte die Wand hinunter und landete auf den Füßen.
»Cat, was bist du?« Deans Stimme war lauter, herrischer.
Ich wandte mich ihm zu. »Ich bin Halbdämon-Halbengel, Dean. Aber lass mich erklären ...«
Dean schüttelte den Kopf. Seine Augen waren vor Entsetzen geweitet. »Nein ...«, flüsterte er. »Nein, das glaub' ich dir nicht.«
»Dean, bitte ...« Ich trat einen Schritt auf ihn zu. »Ich kann's dir -«
»Nein!«, rief Dean. »Du hast mich angelogen, Cat. Sam, Bobby und mich - du hast uns alle angelogen.«
Ich verharrte. »Du glaubst mir?«
»Mein Herz weigert sich, aber mein Verstand sagt mir, dass es stimmt - du bist ein Monster.«
»Was?« Entsetzt starrte ich ihn an.
»Du bist ein Monster, Cat!«, wiederholte Dean lauter. »Du ...« Er schüttelte den Kopf, nach Worten ringend. »So ist es doch, oder? Warum sonst hast du's uns nicht gesagt? Du hast uns die Wahrheit verschwiegen, die grauenvolle Wahrheit. Wie viele Unschuldige hast du diesmal getötet? Welche kranken Aufträge hat Zachariah dir gegeben, die du ausgeführt hast?«
Fassungslos sah ich den Mann an. Sagte er dies gerade wirklich? Ich hatte mit allem gerechnet - mit endlosem Schweigen, mit Anschuldigen, dass ich ihn belogen hatte, oder mit gewalttätigen Wutanfällen -, aber alles, was er gesagt hatte und was mich viel mehr traf, war, dass ich ein Monster wäre.
Ich presste die Lippen aufeinander, um die kommenden Tränen damit zu unterdrücken, und wandte meinen Blick ab, da es mir nicht gelang; er sollte sie nicht sehen. «Ich hab' ... ich hab' nichts getan, Dean. Ich hab' nur versucht, euch zu schützen.«
Der Winchester lachte höhnisch. »Ja, klar.« Die Ironie - ich kannte sie, so oft hatte ich sie von ihm gehört, doch dieses Mal schmerzte es mehr als je zuvor. »Weißt du was? Du kannst dich Castiel gleich anschließen. Ihr beide seid ja sowieso schon ein gutes Team, nicht?«
»Dean, tu das nicht ...«, flüsterte ich.
»Verzieh dich aus meinem Leben!«, spie Dean mir ins Gesicht. Jedes Wort hatte er einzeln betont, und jedes Wort hallte wie ein Echo in meinem Kopf - der Bohrer hatte das Loch zu meinem Herzen bereits tiefer gebohrt.
»Nein ...« Unentwegt schüttelte ich den Kopf, Tränen rannen meine Wangen hinunter.
»Verschwinde, Cat! Ich will dich nicht mehr sehen!«
Plötzlich erschien Castiel hinter Dean und bevor der Mann ihn bemerken konnte, packte der Engel ihn an der Schulter und drückte ihn grob gegen die Wand. Castiel hielt ihm den Mund zu, damit Dean sie nicht verriet, und auf einmal zückte er Rubys Messer. Obwohl ich nicht wusste, was der Engel vorhatte, tat ich nichts - ich vertraute ihm.
Dean nickte, als Zeichen dafür, dass er leise sein würde, und Castiel ließ die Hand sinken und schnitt mit dem Messer in seinen linken Unterarm. Er begann mit seinem Blut eine henochische Sigille an die Wand zu malen und Dean und ich sahen ihn schweigend, dennoch mit klopfendem Herzen und fragend dabei zu.
»Castiel!«, erklang auf einmal Zachariahs Stimme.
Cas sah kurz zu seinem Vorgesetzten, zeichnete dann jedoch ohne Weiteres weiter.
»Würdest du mir bitte erklären, was, zum Teufel, das werden soll?« Wütend lief er auf uns mit großen Schritten zu. Bevor er uns erreicht hatte, legte Cas seine Hand auf die Sigille und Zachariah verschwand im hellen Licht.
»Er wird nicht lange weg sein. Wir müssen so schnell wie möglich Sam finden«, meinte Castiel.
»Wo ist er?«, fragte Dean.
»Keine Ahnung. Aber ich weiß, wer's weiß.« Der Engel reichte dem Winchester das Messer. »Wir müssen ihn aufhalten, Dean. Er darf Lilith nicht töten.«
»Aber sie wird das letzte Siegel brechen!«
»Lilith ist das letzte Siegel! Wenn sie stirbt, dann beginnt das Ende. Wir müssen los.« Castiel sah zu mir.
»Ich komme nicht mit«, sagte ich. »Einer muss ja Zachariah aufhalten.«
»Er wird dich töten«, erwiderte Cas.
Ich lachte. »Nein, das wird er nicht. Ich bin doch sein Lieblingsspielzeug.« Ich blickte zu Dean. »Außerdem hat man mir klargemacht, dass ich nicht mehr gebraucht werde.« Ich wandte mich wieder Castiel zu. »Viel Glück.«
»Das wünsch' ich dir auch«, sagte der Engel mit einem Nicken und in der nächsten Sekunden waren er und Dean verschwunden.
Ich atmete tief durch und begann unruhig auf- und abzulaufen. Mit Mühen verdrängte ich den Schmerz in meiner Brust. Jede Art von Gefühlen würde mich schwach werden lassen.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis Zachariah zurückkam. Sein Gesicht war gezeichnet von Wut, und mit großen Schritten lief er auf mich zu.
»Wo sind sie?«, schrie er mich an, während er mich grob am Kragen packte.
»Keine Ahnung«, zischte ich verächtlich. »Und auch wenn ich es wüsste, ich würd's Ihnen niemals erzählen.«
Zachariah ließ mich los und kurz darauf spürte ich einen unheilvollen Schmerz durch meine Wange jagen. Durch den Schlag des Engels taumelte ich zur Seite, doch konnte ich mich noch rechtzeitig fassen, bevor ich stürzte. Ich schmeckte Blut in meinem Mund und mit einem finsteren Ausdruck spie ich einen Klumpen aus.
»Ich hab' das getan, was Sie mir aufgetragen haben. Jetzt kommt Ihr Teil der Abmachung. Da ich aber weiß, dass Sie sich daran nicht halten werden und es auch nie tun wollten, stelle ich eine neue auf: Lassen Sie mich in Frieden, Sie elender Mistkerl. Sie haben mir bereits alles genommen, was mir wichtig war. Und da Sie mich nun nicht mehr brauchen, nachdem, was geschehen ist und was auf uns zukommen wird, werde ich gehen.«
»Das bezweifle ich«, meinte Zachariah trocken.
»Und ich bezweifle, dass Sie mich aufhalten wollen. Immerhin ist es doch Gottes Wunsch gewesen, mich gefangenzunehmen. Und auch wenn euer Vögelchen ausgeflogen ist, wird er nicht tot sein, so dass der Zorn Gottes euch sicher erreichen wird, falls ihr mich wieder zu irgendetwas zwingen wollt.«
Zachariah lächelte süffisant. »Glaubst du wirklich, Gott hat uns aufgetragen, dich aufzusuchen?«
»Es ist mir egal, ob er's war oder nicht«, meinte ich. »Wichtig ist nur, dass ich gehen werde - und Sie werden mich nicht aufhalten.«
»Ich habe keine Angst vor dir«, knurrte der Engel und trat einen Schritt auf mich zu.
Auf einmal begann der Boden unter unseren Füßen zu beben. Der prunkvolle Kronleuchter an der Decke schwenkte hin und her und die Wände zitterten, so dass ein wenig von Putz herunterrasselte. Verwundert sahen wir uns um. Mein Blick fiel auf Zachariah und ich konnte deutlich die Angst in seinen Augen sehen.
»Ich denke, dass ist das Stichwort«, sagte ich mit einem amüsierten Grinsen.
Zachariah wandte sich mir mit einem finsteren Ausdruck zu. Ich legte nur den Kopf schief und lächelte siegessicher. Da hob der Engel die Hand und als ich das Schnipsen vernahm, wusste ich es - ich war frei.
3510 Wörter
Das letzte Kapitel. Jetzt kommt nur noch ein Epilog, ein Video dazu und eine Danksagung. Hab' mega viele Stunden wieder an dem Video gesessen, und ich hoffe, es wird euch gefallen :)
Was sagt ihr zu dem Kapi und zu Deans Reaktion?
Misha spielt Luzifer so mega gut <3
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