9
Ich trommelte im Takt gegen das Lenkrad. Gestern hatte ich meinen Führerschein bekommen und heute wollte ich endlich zurück ins Camp. Seit etwa einem Monat hatte ich es nicht mehr gesehen. Ob die ganzen Sieben auch da waren? Es kam mir vor wie Monate, seit ich nach San Franciso gegangen bin um ein wenig bei meiner Familie zu sein. Als ich schon ungeduldig wurde, sah ich endlich das Schild. Erdbeerhof Delphi. Grinsend zog ich den Schlüssel aus dem Schloss und nahm meinen Koffer. Die meisten Sachen die ich mitgenommen hatte, waren Bücher gewesen. Dann hechtete ich durch den Regen in das Camp. Dort schien wie immer die Sonne. Ich winkte ein paar Apollokindern zu, als ich meine Hütte ansteuerte.
"Hey, Annabeth." ,begrüßte mich Malcolm. Er saß auf seinem Bett und las. Wie er mitbekommen hatte, das ich es war, war mir schleierhaft, denn er hatte nicht einmal aufgeblickt.
"Du hast einen Koffer in der Hand, was dich lauter macht, und deine blonden Haare würde sogar ein Blinder sehen."
Ups. Hatte ich etwa laut gedacht?
"Mhm." Malcolm deutete auf den Pavillion. "Gleich fängt das essen an. Setz dich doch schon mal hin. Ach und-" Jetzt sah er das erste mal auf. "Percy, Frank, Jason und Hazel sind in Camp Jupiter."
Och nö. Dabei hatte ich mich so gefreut, mein Algenhirn wieder zu sehen. "Ist gut, danke." ,verabschiedete ich mich von Malcolm und beachtete sein mitfühlendes Lächeln nicht.
Im Pavillion saßen meist nur jüngere Camper. Ich reservierte mir einen Platz am Athenetisch und wartete auf das Muschelhorn. Zwei Demeterkinder neben mir, also vom Tisch neben mir, nicht auf dem Platz neben mir, da war Chiron noch immer sehr streng, tuschelten ununterbrochen und warfen immer wieder Blicke zu mir. Schließlich reichte es mir. "Ihr könnt mich ruhig fragen, wenn ihr etwas wissen wollt." ,sagte ich mit einem leicht gezwungenen Lächeln. Die beiden machten große Augen. "Bist - bist du wirklich Annabeth Chase?" ,fragte schließlich der Junge. Das Mädchen sah mich gespannt an. Ich nickte. "Bin ich. Oder hattet ihr gedacht, ich wäre Athene?" ,fragte ich mit einem amüsierten Lächeln. Wie ich diese Kinder vermisst hatte.
"Nein, nein." ,stotterte das Mädchen mit roten Wangen. Endlich erklang das Horn. Die anderen Camper drängten sich zu ihren Plätzen und Hermes diskutierte lautstark über die Sitzverteilung. "Wir brauchen einen zweiten Tisch." ,stöhnte Travis. Connor nickte angespannt. "Das hält man ja im Kopf nicht aus. Was müssen die Götter auch immer so viele Kinder zeugen?"
"Stimmt, ein paar weniger von euch wären nicht schlecht." ,knurrte Katie. Sie hatte leuchtend orangene Haare. "Ich wüsste auch schon, wer. Oh, hi Annabeth." Sie ließ sich neben ihre beiden schüchternen Geschwister fallen.
"Herbstfarben." ,riefen die Stolls grinsend herüber.
"Ich mach euch gleich einen Herbststurm unterm Hintern." ,bellte Katie angepisst. "Mal gucken, wie schnell ihr laufen könnt."
Die Stolls sahen sich an. "Wir haben trainiert." ,sagten sie gleichzeitig.
"Wie schön für euch." ,meinte Katie nur. Sie schüttelte ihre orangenen Haare und stöhnte. "Also, was hast du alles erlebt, Athenetochter?" ,fragte sie dann neugierig. "Bestanden?"
Ich grinste mit roten Wangen. "Mit Auszeichnung."
"Was auch sonst." Mit einem Fingerschnipser ließ Katie die Körner in Travis Salat sprießen, so dass sich kleine Büsche auf seinem Teller rankten. "So sieht dein Haar aus, Stoll." ,sagte sie. Travis fasste sich in die Haare und streckte Katie die Zunge raus. "Wenigstens haben meine noch ihre normale Farbe." ,stichelte er.
"Stoll..." Katie machte anstalten aufzustehen, weshalb ich versuchte, sie in ein Gespräch zu verwickeln. "Und was habt ihr so erlebt? Gehts Chiron gut?"
Katie nickte. "Der ist munter wie ein Kleinkind. Wusstest du, das er jetzt eine Freundin hat?"
"Eine Freundin?" ,fragte ich ungläubig. "Von den Partyponys?"
Katie lachte. "Nee, irgend so ein versteckter Stamm. Jedenfalls führt er jetzt eine Fernbeziehung. Er wollte es geheimhalten, aber Connor hatte ihn bei einer Irisbotschaft entdeckt. Und jetzt weiß es das ganze Camp."
"Wie sieht sie denn aus?"
"Wie eine Apollotochter zu Pferd." ,mischte sich Piper ein. "Hey, Annabeth."
"Hey Piper. Gehts Jason gut?"
Piper und Katie verdrehten gleichzeitig die Augen. "Fünkchen redet von nichts anderem mehr als von seinem nächstem Tempel." ,stöhnte Piper genervt. "Gut, ich kann ihn verstehen, aber trotzdem. Mir klingeln langsam die Ohren ... da bin ich zu Camp Half-Blood abgehauen." Sie steckte sich ein Stück Salat in den Mund. Ich musste lachen. "Und was ist mit den anderen?"
"Frank ist Prätor, Hazel ist bei Frank, und Percy ... der tut die ganze Zeit so geheimnisvoll." ,sagte sie mit funkelnen Augen. "Aber ich krieg schon noch raus, was mit dem los ist."
Gleichzeitig standen wir auf, um unseren Eltern zu opfern. Athene ,dachte ich abwesend. Zurück am Tisch grinste Piper auf einmal bis über beide Ohren. Was war denn jetzt passiert? Piper beugte sich zu Mitchell an ihrer Seite hinab und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Mitchell grinste jetzt ebenfalls und machte dasselbe mit seinem Nachbarn. Schon nach kurzer Zeit sah die ganze Aphroditehütte aus wie Honigkuchenpferde. Schulterzuckend stieß ich mit der Gabel in mein Hühnchen und fing an zu essen.
In meiner Hütte sortierte ich die ganzen Bücher wieder ein. Anscheinend hatten die anderen in meiner Abwesenheit eine neue Ordnung gemacht, denn ich fand nichts mehr dort wo es sein sollte. Plötzlich klopfte es an der Tür. Verwundert machte ich auf. Außer mir war doch niemand hier. Eine lächelnde Piper packte meinen Arm und zog mich nach draußen. "Hey, ich bin noch nicht fertig." ,protestierte ich. Piper ignorierte mich. Schweigend führte sie mich durchs Camp. Dann blieben wir stehen. Vor der Aphroditehütte standen jede Menge Jugendliche mit diabolischem Grinsen und mit Schminksachen bewaffnet. "Nein!" ,wiedersprach ich vehement, als mir aufging, was sie vorhatten.
"Doch." ,meinte Piper teuflisch.
"Ich will das nicht!" ,wehrte ich mich. In meiner Verzweiflung zog ich mein Drakonknochenschwert, aber da hatte ich die Rechnung ohne Piper und Drew gemacht. Die beiden mit Charmsprech gesegneten Töchter der Aphrodite befahlen mir, mein Schwert weg zu stecken und mich hin zu setzten. Gezwungen gehorchte ich. In - den Göttern sei Dank - nur einer Stunde - die konnten noch länger! - gestalteten mich die Aphroditekinder neu. Mein Haar war lässig hochgesteckt und meine grauen Augen waren mit Lidschatten verziert. Einmal wollten sie Eyeliner auftragen, aber da war bei mir die Grenze. Ich befreite mich von dem Charmsprech und wollte fliehen. Aber ich wurde schnell wieder eingefangen. Den Göttern sei Dank verzichteten sie nun auf Eyeliner.
Sie steckten mich in ein eng anliegendes graues Kleid, das meine stürmischen Augen betonte, wie sie sagten und legten mir einen wunderschönen Armreif an. Silberne Ornamente mit grünen Edelsteinen. Es erinnerte mich irgendwie an Percy und mich.
"So." ,meinte Piper, als sie mit mir fertig waren. "Und jetzt geh zum See."
"Wieso das?" ,fragte ich verwirrt. Piper lächelte nur geheimnisvoll. "Lass dich überraschen." ,sagte sie und schob mich aus der Tür.
Verwirrt ging ich zum See. Dort war alles wie immer, nur ein schwarzhaariger Junge mit Anzug stand ein wenig einsam vor dem See. Moment. War das Percy?! Der Junge rannte auf mich zu, ein fettes Grinsen im Gesicht. Ja, es war Percy! Pecy packte mich am Handgelenk und zog mich in den See. Ich wehrte mich nicht, es hätte eh nichts gebracht da das Wasser sein Element ist. Percy bildete eine goße Kugel um uns und legte einen Zeigefinger an seine Lippen. Dann hielt er mir die Augen zu. Als wir nicht mehr sanken, nahm Percy seine Hände weg. Staunend drehte ich mich im Kreis. Der See war wunderschön geschmückt worden. Irgendwer hatte einen Korb voller Obst auf den Grund gestellt. Eine Najade schwamm zwinkernd an mir vorbei.
Plötzlich schoss ein komplett roter Apfel auf mich zu. Mit meinen Halbgottreflexen fing ich ihn auf, ohne das ich ihn richtig gesehen hatte. Percy schlenderte auf mich zu, die Hände in den Hosentaschen, ein nervöses Lächeln im Gesicht.
"Percy - du weißt -" ,fing ich an.
"Ja." ,antwortete mein Algenhirn und kniete sich vor mich hin. "Annabeth, mein Neunmalklug. Wir sind gemeinsam durch die Unterwelt gegangen, haben Zeus Herrscherblitz gefunden, ebenso wie das goldene Fließ. Ich habe mich aufgemacht, dich und Artemis zu retten, habe den Himmel für dich getragen. Wir haben gemeinsam die Schlacht um das Labyrinth angeführt und gewonnen. Nur durch deinen unerschütterlichen Glauben an Luke konnte ich ihm am Ende den Dolch geben."
Ich hatte Tränen in den Augen.
"Ich wachte ohne Erinnerungen auf, als Hera mir mein Leben stahl, nur an dich konnte ich mich erinnern. Zusammen sind wir auf der Argo II gefahren, zusammen haben wir den Tartarus durchquert. Zusammen haben wir alle Hürden des Schicksals gemeistert. Deshalb frage ich dich, Annabeth Chase, möchtest du meine Frau werden und auf immer zusammen das Schicksal meistern?"
Ich blinzelte meine Freundentränen zurück. "Oh, verdammt Algenhirn, natürlich will ich!" ,rief ich dann. Percy strahlte über das ganze Gesicht. Er nahm einen silbernen Ring aus dem Korb und steckte ihn mir an. "Drück mal auf den grünen Edelstein." ,riet er mir. Immer noch strahlend gehorchte ich. Der Ring bildete sich zu einem Dolch, nach dem Vorbild von Luke.
"Ich dachte, du hättest gern was nützliches." ,sagte Percy nur.
Ich lachte und weinte gleichzeitig. Ich würde Percys Frau werden.
"Meine Annabeth Jackson." ,flüsterte Percy und küsste mich endlich.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top