1.5
Melissa aber blieb mit gemischten Gefühlen und heiß aufsteigenden Tränen in den Augen auf dem Weg stehen und schniefte leise, während sie weiter und weiter über ihren Bauch rieb in dem das winzige Leben deutlich spürbar flatterte.
„Ein wirklich... wirklich großer Fehler.", meinte sie noch dazu und nickte ein weiteres mal schniefend, bevor sie sich unglücklich wieder auf den Weg machte, um die Fallen zu kontrollieren. Die Eine hatte ausgelöst, doch es war nichts darin. In der anderen aber zappelte ein Häschen. Niedlich und süß, zugegeben. Doch eine Köchin durfte sich um solcherlei Gefühlssentimentalitäten keine Gedanken machen. Das hatte ihre Mutter ihr schon in frühesten Jahren beigebracht. Also griff sie sich nur um eine reglose Haltung bemüht einen großen Stein und schlug das Häschen rasch tot, damit es nicht länger leiden musste. Es war nicht besonders groß oder fett, würde aber zumindest für heute Abend zum Essen ausreichen, hoffte sie bei sich und machte sich auf den Rückweg, sammelte aber unterwegs erneut einige Kräuter ein, fand wilden Knoblauch und sogar ein paar Pilze, die sie kannte. Nun zumindest diese Mahlzeit würde sie noch zustande bekommen, hoffte sie und brach noch gleich einen frischen Schössling einer Weide ab um sich daraus einen Spieß zu machen. Hoffentlich hatte ihr Ehemann wenigstens ein Messer, wenn er schon sonst nichts hatte.
Wieder stand er wartend vor dem Haus und blinzelte nun ehrlich verdutzt, als sie triumphierend das Häschen vor seiner Nase schwenkte.
„Verhungern müssen wir heute wenigstens nicht. Doch das ist nicht dein Verdienst, Halbblut, das sich einbildet ein Indianer zu sein, ha! Ich habe mal ein Buch über Indianer gelesen. Da stand geschrieben die Männer würden selbst auf die Jagd gehen und für die Frauen und ihre Kinder Sorge tragen. Nun, das kann ich nun wirklich nicht von dir sagen, Wolf. Der Autor dieser Zeilen muss sich wohl geirrt haben."
„Mein Name ist Grey-Wolf!", knirschte er schon beinahe mit den Zähnen.
„Und mein Name ist Melissa und nicht Skwah!", ahmte sie seinen vorhin so höhnischen Tonfall nach. Ein leichtes Zittern bemächtigte sich ihrer, doch der Erschöpfung nun nachzugeben konnte sie sich einfach nicht erlauben. Also ging sich nur forsch zu ihm hin und riss ihm sein Messer aus seinem Gürtel heraus. Seine Hand hielt ihre sofort fest umfasst, hart und beinahe brutal.
„Was willst du damit tun?", fragte er sie grollend.
„Na was denn wohl?", riss sie ihre Hand los und taumelte von ihm zurück. „Den Hasen ausnehmen und ihm das Fell abziehen, Mann! Hast du denn überhaupt gar keinen Verstand im Kopf? Von alleine macht er das sicher nicht und du bist ja zu nichts zu gebrauchen, außer zum rumstehen und mir erklären was ich gefälligst zu machen habe... mit nichts weiter als einem lehren Hüttchen und einem Steinkamin, mitten in der Wildnis.", zürnte sie ihm erneut und riss sich gleich noch mal von ihm los, als er wieder nach ihr griff.
Er hatte einen sehr harten Griff, doch nun ließ er sie tatsächlich in Ruhe und ging erneut und diesmal laut fluchend irgendwohin, während sie nun in die Hütte und zum Spülstein trat. Den Hasen geschickt ausnahm und ihm das Fell über die Ohren zog. Wenn sie vielleicht noch weitere Hasen auf diese Weise Fangen könnte, konnte sie einen Hasenbauer errichten und diese züchten, um fürderhin Fleisch zu haben, dachte sie kurz und seufzte dann nur wieder müde auf.
Mit dem Messer säuberte sie den Braten und zerkleinerte die Kräuter und Wurzeln, die wilden Zwiebeln und den Knoblauch. Auch diese Pflanzen konnte sie sammeln und in einem Kräuterbeet für ihre Zwecke anpflanzen, dachte sie kurz bei sich und pumpte ein wenig Wasser... was wieder erwarten tatsächlich funktionierte. Zumindest das. Feuer und Wasser und wenigstens ein Dach über dem Kopf.
Nun... zumindest das nötigste... wie in New York.
Sie mischte die Kräuter zusammen und zerteilte auch die Pilze. Ein wenig Salz wäre nun schön gewesen, doch sie hatte immerhin Liebstöckelkraut gefunden, das würzte ebenfalls sehr gut, dachte sie kurz bei sich, während sie den Hasen mit den Pilzen und Zwiebeln füllte, geschwind Nadeln und Garn holte, um den Bauch des Tieres wieder zuzunähen, damit die Füllung darinnen erhalten blieb und die Kräuter auf dessen äußere Haut aufstrich, bevor sie das Ding auf den angeschnitzten Stock steckte und dann einfach über das herabgebrannte Feuer hängte.
Plötzlich krachte es hinter ihr und plumpste laut. Melissa fuhr herum und sah ihren Mann, wie er zwei große Säcke auf dem Tisch abstellte.
„Mehl und Zucker.", knurrte er finster.
Melissa knurrte ebenfalls kurz.
„Hast du vielleicht auch Salz?", fragte sie ihn schließlich freundlicher. Er hatte also doch ein paar Vorräte „Oder aber Eier oder.."
„Nein. Ich hab Mehl und Zucker. Back mir einen Kuchen, Skwah!", verlangte er knapp.
„Dazu benötige ich aber Eier... und Milch... etwas Natron und Rahm für Butter.", erklärte sie ihm ebenfalls wieder knurrend... und schon wieder absolut empört aufbrausend.
„Herrgott im Himmel! Wie stellst du dir das hier eigentlich vor, Indianer? Nimm eine Weiße Frau, die backen kann. Stell ihr einen Sack Mehl und einen mit Zucker hin und sie macht dir einfach so und ohne weiteres ein Kunstwerk draus? Denkst du ernsthaft backen ist so einfach, dass man nichts weiter braucht als das da?", brüllte sie ihn nun mit fast schon überschnappender Stimme an.
Oh, dieser Mann!
Und er sah anscheinend auch gar nicht ein, dass er gerade fehlte, nein, er wollte nur immer weiter seine widersinnigen Anweisungen ausgeben und schaute schon wieder extrem finster drein.
„Oh... Es ist zum Haare außreißen mit dir... Bei Gott was hast du denn gedacht, wie eine Ehe laufen würde? Ganz sicher nicht mit deinem scharfen Komandotonfall: Tu dies und tu das, weiße Skwah... weiße Skwah... weiße Skwah!!! ...Und benutze gefälligst meine Sprache, wenn du mir schon andauernd so unsinniges Zeug befehlen musst. Ich bin nicht Skwah, Grey-Wolf Bainbright und auch immer noch keine Hexe, also nimm gefälligst das, was du heute von mir bekommst und verzichte auf deinen blöden Kuchen. - Ts'....Mehl und Zucker. Wirklich wunderbar. Da kann ich ja nachher dann mal Süße Schuhsohlen draus backen, zusammen mit Quellwasser wird sicher was ganz leckeres daraus... - für einen Wilden wie dich!", schimpfte sie schon halb schluchzend vor Aufregung und kehrte damit nur wieder zurück zum Kamin, um den Hasen zu drehen, der bereits einseitig eine verlockend knusprige Färbung angenommen hatte.
Doch fertig war er damit noch lange nicht, ebensowenig wie sie. „Oh Himmel hilf... Mutter, gib mir Kraft.", atmete sie mehrfach tief durch und versuchte den nun still da stehenden Indianer zu übersehen, der sie immer noch mit seinen Blicken zu durchbohren schien. „Oh, ich wünschte ich hätte etwas Salz und Honigwein hier. Dann würde der Hase noch so viel besser schmecken.", murmelte sie betrübt vor sich hin und setzte sich dann schlicht erschöpft neben dem Kamin auf den blanken Boden. Eine Hand rieb immer noch über ihren flatternden Bauch die andere drehte sachte am Spieß.
Wie oft sie in der Küche auf dem Gut so dagesessen und den Spieß über der Glut gedreht hatte, dachte sie zurück an die Zeit in der sie auch ständig erschöpft aber an der Seite ihrer Mutter zumindest glücklich und zufrieden gewesen war. Und nun war sie schwanger und verheiratet mit einem wilden, ungehobelten Monster...
Das übrigens schon wieder einfach nach draußen verschwunden war.
„Und einem Lügner.", murmelte sie noch für sich nickend vor sich hin. „Und Betrüger. Nein, so haben wir das nicht abgemacht. Im Vertrag stand es anders. Gute Umstände und ein echtes zu Hause. Im Vertrag stand auch nur Halbblut und das ich kochen können soll. Aber nicht das ich Hexen können muss, nicht dass ich nun hier angekommen seine Sklavin werde und er sich faul auf seinen Hintern setzt und mir lediglich einen Sack Mehl und einen mit Zucker schenkt.", murmelte sie weiter vor sich hin und krampfte ihre Hände ineinander.
„Nein, nein, nein diese Ehe ist noch nicht vollzogen. Und ich weigere mich das hier noch länger mit zu machen. Egal wie lange ich brauche um zurück nach New York zu kommen, ich schaff das schon. Lieber alleine und Arm in einer stinkenden Kammer mit meinem Kind, als das hier. Das... Das ist so ...barbarisch. So... so..."
„Beruhige dich, Liss und du gehst nirgends hin, denn du bist jetzt meine Frau! Ich habe viel Geld für dich bezahlt.", knurrte Grey-Wolf sie plötzlich wieder an. Er stand also doch immer noch in der Tür und war gar nicht wirklich rausgegangen.
Melissa stand nur fuchsteufelswild auf und nahm den Spieß vom Feuer um ihn mit dem Braten zu bewerfen. „Du... du elender Lump! Bezahlt....!?! Du hast den Heiratsvermittler bezahlt, mich aber nicht! Mich hast du nicht mit einem Penny bezahlt. Ich habe kein Geld gesehen, im Gegenteil auch all mein Geld diesem verlogenen, schleimigen Mr. Lippton gegeben, damit er mir einen feinen und vor allem anständigen Mann findet, der gut zu mir ist und eine Frau zu schätzen weiß. Du bist aber nichts davon, Indianer! Du bist ...Du bist ein Nichts... und ein Niemand und du kannst auch nichts anderes, außer Befehle erteilen und blanken Unsinn daher reden! Morgen kehre ich zurück nach New York, nur damit du es weißt. Lass dir meinethalben dein Geld wiedergeben, es ist mir egal. Ich dachte ich bekäme hier einen Mann und keinen Wilden mit Feder im Haar und außerdem noch verrückt im Kopf.
Nein, das werde ich sicher nicht mitmachen. Koch was weiße Skwah... ha. Wer hat denn hier was zu Essen gemacht aus gar nichts, du Dummkopf?! Du bringst ja noch nicht einmal ein mickriges Feuerchen zustande, geschweige denn von einem gespaltenen klafter Holz! - Und dann deine Forderung das Bett mit dir teilen ...?! Oh nein, mein Bester! Das werde ich sicher nicht, oder siehst du etwa hier irgendwo ein solches stehen? - Also ich nicht, darum teile ich auch nichts mit dir, damit du das nur weißt. Halt dich fern von mir, du Verrückter. - Halt dich ja fern!", brüllte sie ihn noch mal an und rannte dann erneut an ihm vorbei und aus dem Haus hinaus.
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