1.2

Sie schluckte sichtlich und hob ein klein wenig den Kopf. „Ja, natürlich, Mr. Bainbright, das wurde mir durchaus gesagt. Und ebenso hoffe ich das Mr. Lippton Ihnen wirklich mitgeteilt hat dass ich ein Kind erwarte... aber zuvor nicht verheiratet war?", fragte sie mit einem kleinen Mut fassenden Einatmer vor ihrer verlegenen Beichte. Auch das gefiel Grey Wolf. Sie war mutig genug, um gerade heraus zu sprechen.

„Ja, das weiß ich, Melissa. Ich bin mit meinem Mustang Sidako hier. Eine Kutsche besitze ich nicht. Kannst du reiten?", fragte er sie kurz zweifelnd. Sie rang kurz wieder ein wenig um Fassung und nickte schließlich ergeben. „Nun, ein wenig, Sir. Viel Gelegenheit hatte ich leider nicht es richtig gut zu erlernen. Aber mein Vater hatte früher ein Pony für uns Kinder und damals konnte ich mich recht gut auf seinem Rücken halten.
Er war Jagdaufseher auf dem Gut Greystoke, falls ihnen das etwas sagt. Es ist allerdings eine ganze Weile her dass ich geritten bin und dann auch nur ...ohne Damensattel.", meinte sie zögernd.
„So was gibt es hier im Westen nicht. Sättel sind was für weiße Menschen. Mustangs werden ohne solche geritten. Aber wenn du einen benötigst werde ich dir einen besorgen... und ein Pferd für dich zähmen.", bot er ihr knurrig an und fasste sie nun doch am Arm, weil sie sich eben nicht so wie Abbygail ihm erklärt hatte bei ihm einhakte. Dann führte er sie schnell zu seinem Mustang der ebenfalls unangebunden in der Seitenstraße stand und hob sie ohne weiteres auf seinen Rücken.

Sie atmete ein bisschen heftig durch, hielt aber still und sah ihn nur weiter an, ohne jedes Lächeln diesmal, sehr ernsthaft und ruhig. Er nickte und schwang sich hinter ihr auf sein Pferd zog sie zurück bis ihr Rücken seine Brust berührte und trieb Sidako dann in einen leichten Galopp, schnell fort aus der Stadt, wo die weißen Leute nun fassungslos auf die Straße hinaus drängten, um ihnen mit offenen Mündern hinterher zu starren.

„Wollen nur hoffen dass die nicht wieder auf dumme Gedanken kommen.", grollte er finster zurückblickend und hielt seine kleine, sehr ruhig scheinende Frau fest im Arm, damit sie nicht herunter viel. Tatsächlich hatte sie nämlich kein sonderlich gutes Gleichgewicht. Und reiten konnte sie demnach auch nicht.
Innerlich fluchend machte er sich schon mal darauf gefasst nun doch noch Zugpferde und einen Wagen anschaffen zu müssen, so wie sein Bruder ihn schon angemahnt hatte.
Doch immerhin schien sie nicht bei seinem Anblick loskreischen zu wollen und gelächelt hatte sie auch schon einmal... zumindest kurz.
Also, alles in allem... kein schlechter Anfang.

Melissa versuchte sich möglichst locker zu halten. Ab und zu geriet sie ins Rutschen doch ihr Ehemann zog sie dann einfach wieder zurück in eine gerade Sitzhaltung und hielt außerdem noch ihr Bündel für sie fest, damit sie ihre Finger in die Mähne des Pferdes krallen konnte.
Wirklich. Das war schon gar kein Festhalten mehr.
Der Hengst lief unruhig und außerdem galoppierte er fast die ganze Zeit über. Eine schaukelnde, seltsame Bewegung war das und die ganzen unebenen Wege, die er querfeldein ritt, statt auf einer ordentlichen Straße zu reiten waren holprig und unangenehm.
Aber hier war das wohl so. Nun... Sie hatte dennoch viel Zeit über diese erste Begegnung mit ihrem bereits angetrauten Ehemann nachzudenken und tat dies darum auch ganz ausführlich.
Er schien hart und eher kühl, dieser Wolf Bainbright.
Keine Blumen zum Willkomm, kein Lächeln für sie. Doch er hatte sie immerhin nicht geschlagen oder grob angefasst. Sein Griff war fest, aber nicht zu fest und er schien gerade damit zufrieden, dass sie über sein Indianerblut bescheid wusste.
Himmel ... und wie gut er doch aussah.
Eigentlich genau wie ein Weißer, wenn da nicht diese Indianerfeder an seiner rechten Kopfseite gehangen hätte und diese wilde Kleidung mit all den Fransen und Perlenstickereien und Steinen daran. Im Gürtel hatte er sogar so was ähnliches wie eine Axt stecken, nur sah es leider auch ein wenig nach einer Keule aus.

In einem Roman aus dem Wilden Westen, welche die Leute im Osten so gerne lasen, hatte sie selbst schon einmal nachgelesen dass die Indiander alle nur in ihren Tierhaut- Zelten wohnten und rohes Fleisch aßen, wie die Tiere.
Das machte sie nun doch ein wenig unsicher. In einem Zelt wollte sie eigentlich nicht leben und nur die Tatsache dass er darum gebeten hatte eine Frau zu bekommen die kochen konnte, beruhigte ihre Übereizten Nerven nach dieser unliebsamen Lektüre.

Doch das alles war nun wohl die Sache ihres Mannes. Und er nannte sich auch nicht nur Wolf Bainbright, so wie in den Verträgen sondern Grey Wolf... Grauer Wolf, na ja. Wenn er dachte damit exzentrischer oder interessanter zu erscheinen, bitte sehr. In Abberforth, hatte es einmal einen alten Einsiedler gegeben, der sich selbst The Bear nannte und behauptete ein gewaltiger Bär zu sein.
Alle hatten ihn gefürchtet, bis er eines Tages ein kleines Mädchen aus dem Fluss rettete, in den es aus lauter Unachtsamkeit gefallen war.

Der Pfarrer hatte dazu in seiner Predigt gemeint man sollte den Alten fortan nun besser in Frieden lassen und selbst ebenso friedlich seiner Wege gehen, denn es sei ein Glück für diesen hilflosen Jungen Menschen im Wasser gewesen, dass es solche Charakter wie den Alten Bear gab, die trotz eines leicht verwirrten Geistes hilfloses Leben retteten. Mann sollte das ungewöhnliche demnach besser nicht fürchten, denn es begegnete einem auf unerwarteten Pfaden, hin zu Gott.
Nun denn ... die weisen und gütigen Worte des Pfarrers in den Ohren überdachte sie ihre jetzige Situation. War dies hier vielleicht vergleichbar?

Am Ende war ihr guter reicher Ehemann ein guter reicher und Verrückter, wenn er dachte so wie ein Indianer herumlaufen und reiten zu müssen und sich auch so zu kleiden und zu geben.
Nun denn, vielleicht gefiel ihm einfach die Art und Weise der Indianer. Doch wie ein solcher sah er eigentlich nicht aus, nein, ganz im Gegenteil. Diese waren alle eher dunkelhäutiger und schwarzäugig, hatten auch oft pechschwarzes, langes Haar, wie sie sich von anderen Reisenden hatte erklären lassen. Doch genau das hatte Mr. Bainbright nicht vorzuweisen, er schien eher durch und durch weiß zu sein und sogar ein paar gute Manieren zu besitzen, hatte er ihr doch tatsächlich wie ein Gentleman seinen Arm angeboten...

Kurz biss sie sich unsicher auf die Unterlippe, bei dem Gedanken, dass sie ihn nicht genommen hatte. Doch sogleich allzu vertraulich wirken wollte sie schließlich auch nicht.
Aber...
Oh Gott - aber er hatte es selbstverständlich so erwartet. Sie war immerhin bereits seine schon rechtlich per Ferntrauung angetraute Ehefrau. Also hatte sie es nun sicher falsch gemacht...
- Was konnte sie nun also tun um ihren Fehler wieder auszumerzen?
„Mr. Bainbright, ich möchte nicht, dass wir uns sogleich missverstehen, Sir.", sagte sie hastig, bevor sie es sich wieder anders überlegen konnte und er zügelte prompt sein Pferd.
Melissa bemühte sich den Kopf soweit zu drehen, dass sie ihn zumindest kurz ansehen konnte. Er sah nun ziemlich ausdruckslos aus. Wie seltsam...
„Möchtest du lieber wieder zurück in die Stadt?", fragte er sie unwirsch.

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