Kapitel 35

Sheila sieht erst mich und dann Damon abschätzend an. Sie nickt kaum merklich. „Ja, Bonnie ist entführt wurden und zwar von deinem Bruder.“ Das letzte richtet sie direkt an meinem schwarzhaarigen Vampirfreund, da sich gerade von seinen Schmerzen erholt und nun wieder zwei Schritte in unsere Richtung gemacht hat.

Ich runzele verwirrt die Stirn. „Aber das ist unmöglich. Er ist eingesperrt, das weiß ich.“ Zusammen mit Katherine, denke ich bitter. Die beiden können unmöglich entkommen sein. Oder doch?

„Genau und außerdem, welchen Sinn hätte es für meinen Bruder eine unerfahrene Hexe zu entführen, hm?“, schaltet sich Damon in das Gespräch ein, bekommt aufgrund seiner Worte jedoch nur noch einen weiteren warnen Blick von Sheila zugeworfen. Zu meiner Erleichterung schweigt er diesmal brav.

„Mir ist es ziemlich egal was ihr beide denkt. Das einzige was ich weiß ist, dass ich das hier heute Morgen vor der Haustür gefunden habe“, meint die Hexe dann gereizt und hält uns ein beschriebenes Blatt Papier vor die Nase.

Wir haben Bonnie. Wenn Sie sie lebend wieder sehen wollen, liefern Sie uns Elena Gilbert aus. 12.00 Uhr im Steinbruch.

Grüße Stefan Salvatore

Ich lese mir geschockt, die Zeilen durch, die eindeutig von Stefan geschrieben wurden sind und plötzlich wird mir deutlich bewusst, dass ich ihn in dieser Zeit kein Stück kenne. Außerdem schießen mir tausend Fragen gleichzeitig durch den Kopf. Wie sind Stefan und Katherine entkommen? Wieso wollen sie gerade mich? Und wieso steht Sheila noch hier und zeigt uns den Zettel, obwohl sie mich schon längst hätte wegschleppen und im Austausch für ihre Enkelin anbieten können?

Damon scheint ähnliches durch den Kopf zu gehen, denn er stellt sich in diesem Augenblick beschützend vor mich. „Ihnen ist aber klar, dass ich auf keinen Fall zulassen werde, dass Sie Elena ausliefern, ja?“

„Wenn ich Elena ausliefern wollte, hätte ich euch den Brief wohl kaum gezeigt“, sagt die Hexe daraufhin beleidigt und ich bin erstaunt über ihre Worte. Sie fährt fort. „Ich habe ihr gestern schon gesagt, dass ich Vampire verabscheue und ihnen deshalb unter keinen Umständen helfen werde. Außerdem werde ich mich nicht mit jemandem wie dir…“ Ihr Blick fällt auf Damon. „…auf eine Stufe stellen, indem ich jemanden opfere, der unschuldig ist.“

Wow, das habe ich nicht erwartet. Sie versucht trotz ihres Vampirhasses und damit auch Hasses gegenüber mir und Damon, mein Leben zu verschonen. Dabei wäre es für sie so viel einfacher mich auszuliefern. In diesem Moment beschließe ich, dass ich ihr helfen möchte. Natürlich wollte ich ihr schon vorher helfen. Schließlich geht es hier um meine beste Freundin! Aber jetzt will ich es auch um ihretwillen tun, um ihre Enkelin zu retten. „Und was machen wir jetzt?“, werfe ich daher als nächstes ein.

Sheila schüttelt energisch den Kopf. „WIR machen gar nichts. Ihr beide macht, was auch immer ihr machen wollt und ich werde dafür sorgen, dass Bonnie nichts passiert.“  Das gute Gefühl in meinem Bauch ist aufgrund ihrer Worte sofort verschwunden, mir kommt es vor, als hätte ich einen Schlag ins Gesicht bekommen. So sehr vertraut sie uns also doch nicht.

Sie will gehen, doch Damon steht in Vampirgeschwindigkeit wieder vor ihr, um ihr den Weg zu versperren. „Ich weiß, dass Sie mich nicht besonders gut leiden können“, sagt er dann mit überraschend ruhiger Stimme. „Aber Sie wollen nicht alleine gegen zwei starke Vampire antreten. Wenn es nicht mehr sind, schließlich müssen Stefan und Katherine von jemanden befreit wurden sein.“ Er schweigt einen Moment, scheinbar um zu überlegen, was er als nächstes einwerfen soll. „Wir wollen Ihnen wirklich helfen, ich will Ihnen helfen. Lassen Sie mich beweisen, dass ich nicht so schlecht bin wie Sie denken.“

Sheila und ich starren ihn einen Moment lang nur sprachlos an. Ich, weil ich Damon kenne und von seiner selbstlosen Seite zugegebener Maßen etwas überwältigt bin, und Sheila, da sie wahrscheinlich überrascht ist, dass ein Vampir bereit wäre einer Hexe zu helfen. Sie schweigt einige qualvolle Momente und verengt dann ihre Augen. „Ok, aber ich werde nicht zögern im Notfall zuerst Bonnies Leben zu retten“, stellt sie dann langsam klar.

Damon nickt, lässt die Hexe allerdings  nicht aus den Augen. „Haben wir einen Plan?“, fragt er dann.

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„Ich hoffe bloß, dass dein Freund weiß, was er tut“, sagt Sheila etwas grimmig und packt mich noch ein bisschen fester am Oberarm. Anscheinend hat sie Angst ich könnte einfach verschwinden. Als würde ich das tun.

Ich werfe ihr einen beleidigten Blick zu. „Damon ist sehr gut in solchen Sachen, sein Plan wird funktionieren“, gebe ich mit ernster Mine zurück. Meine Stimme klingt kälter, als beabsichtigt, doch es stört mich nicht. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was die Hexe für ein Problem hat. Es ist schließlich nicht so als würde sie zum Schein an Stefan und Katherine ausgeliefert werden.

Wir befinden uns im hinteren Teil des Steinbruchs. Es ist kurz vor 12.00 Uhr und wir warten darauf, dass die beiden erpresserischen Vampire kommen, um mich abzuholen-und möglichst Bonnie mitbringen.

Der Plan ist eine Scheinübergabe. Wir verlassen uns darauf, dass Stefan und Katherine davon überzeugt sind, Sheila würde mich tatsächlich ausliefern und im passenden Moment werden die beiden dann von Damon überrascht, der es hoffentlich bis zum abgemachten Zeitpunkt hier her geschafft hat. Er meinte er wüsste was er tut. Er meinte er würde nur vorher noch etwas erledigen müssen. Ich hoffe, dass was auch immer er erledigen muss, nicht zu lange dauert. Dass er rechtzeitig wieder da ist. Wenn nicht, ich möchte gar nicht darüber nachdenken…

Als hätte ich es vorhergesehen, kommt Stefan in diesem Augenblick in Sichtweite. Er läuft lässig auf uns zu und bleibt schließlich mit einem diabolischen Grinsen im Gesicht vor uns stehen. Wow, ich hätte wirklich nicht gedacht, dass er fähig ist, so zu gucken.

„Wie ich sehe, hast du beschlossen, den Forderungen Folge zu leisten“, sagt er dann an Sheila gerichtet. Er ignoriert meine Anwesenheit komplett, während er die Hexe nach wie vor fies anlächelt. Mistkerl. Warte, habe ich das tatsächlich gerade gedacht?

Sheila verzeiht keine Mine. „Ich hatte doch keine andere Wahl. Ich möchte meine Enkelin wieder haben und wenn das bedeutet Elena auszuliefern, werde ich das tun.“

Stefan nickt. „Ja, das unterstütze ich.“ Er sieht dann zum ersten Mal zu mir herüber. Mir läuft von seinem eisigen Blick ein kalter Schauer über den Rücken. „Ich kann Ihnen allerdings versichern, dass sie alles, was auf sie zu kommt, verdient hat.“ Er macht einen Schritt auf mich zu, doch Sheila stellt sich zwischen mich und den Vampir.

„Du bekommst das Mädchen nicht, bevor Bonnie gesund und munter an meiner Seite steht“, sagt sie drohend.

Stefan verdreht die Augen. „Hexen und ihre Forderungen“, murmelt er genervt, blickt sich kurz um und macht schließlich eine ausschweifende Handbewegung, so als wollte er jemandem ein Zeichen geben. In diesem Moment kommt Katherine in Sichtweite. Bonnie befindet sich direkt hinter ihr.

Als sie näher kommen, bemerke ich, dass Bonnies Hände hinter ihrem Rücken zusammengebunden sind, mit starken Seilen wie ich vermute.

Meine Freundin wehrt sich einige Male gegen die Ketten, wird jedoch nur von Katherine zum Schweigen gebracht und weiter in unsere Richtung gezerrt. Ich bemerke, wie sich Sheila neben mir verkrampft, sobald sie ihre Enkelin erblickt. Ich kann ihre Sorge verstehen. Ich schlucke, als Katherine und Bonnie schließlich neben Stefan zum Stehen kommen. Hoffentlich geht alles gut.

Katherine hat inzwischen ein ähnlich fieses Grinsen aufgesetzt wie Stefan. „Hier ist die kleine Hexe, gesund und munter, jetzt wollen wir Elena.“

„Zuerst möchte ich meine Enkelin. Befreit sie von den Fesseln und lasst sie hier herüber kommen. Dann bekommt ihr Elena“, stößt Sheila aufgebracht hervor. Wow, das macht sie ziemlich gut, ein bisschen zu gut für meinen Geschmack. Man könnte meinen, sie will mich tatsächlich ausliefern. Katherine seufzt. „Damit sie uns überwältigen können, sobald Bonnie sicher ist, wohl kaum. Wir wollen ein Druckmittel.“ Sie fletscht die Zähne. Ich bemerke, wie Bonnie sofort zusammenzuckt.

Sie hat Angst, schreckliche Angst und ich möchte sie am liebsten sofort aus ihrer misslichen Lage befreien. Ich sehe mich hecktisch um. Wo bleibt Damon nur? Jetzt währe kein schlechter Zeitpunkt, um einzuschreiten! Als ich kein Lebenszeichen in der Nähe entdecken kann, fasse ich einen Entschluss. Wir können nicht länger warten. „Ist schon in Ordnung. Ich werde mit euch gehen“, höre ich mich als nächstes sagen. „Tut nur Bonnie nichts.“

Stefan lächelt gehässig, sobald ich ein paar Schritte auf sie zu mache. Es kommt mir vor, als würe ich mich in Zeitlupe bewegen. Ich zittere. Der Vampir will nach meinem Arm greifen, hält jedoch inne, bevor er meine Haut berühren kann. Ich beobachte geschockt, wie Stefan sich vor Schmerzen krümmend zu Boden sinkt. Erst jetzt bemerke ich, dass ihm ein Pfeil im Rücken steckt, ein Eisenkrautpfeil, den ich nur allzu gut kenne. Das sind Alarics Pfeile.

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