Kapitel 26
Damons rasierklingenscharfe Zähne durchdringen meine Haut und ich spüre wie mein Körper gleichzeitig von einem stechenden Schmerz erschüttert wird. Ich beiße mir auf die Unterlippe, um mich daran zu hindern, ein Wimmern auszustoßen und versuche gleichzeitig standfest zu stehen. Zu meinem Erstaunen bleibt der Schmerz nicht lange erhalten.
Sobald Damon beginnt vorsichtig mein Blut zu trinken, gerät er langsam in den Hintergrund, stattdessen tritt Wärme an seine Stelle. Ja, mein Körper fühlt sich plötzlich viel wärmer an.
Ich spüre wie das Adrenalin zusammen mit einem anderen prickelnden Gefühl durch meine Venen fährt. Es ist berauschend. Damon umfasst mit beiden Händen meinen Unterarm und zieht mich näher zu sich heran, was ich ihm nicht verübeln kann. Es kommt mir vor als wäre mir gleichzeitig warm und kalt. Als würde ich fliegen und fallen. Schwimmen und ertrinken. Ich bin schläfrig und gleichzeitig hellwach. Unglaublich gut.
Moment. Wieso fühlt sich das gut an? Als Stefan von mir getrunken hat, habe ich nur den Schmerz gespürt, es tat weh. Er hat sich nie wirklich unter Kontrolle gehabt, das wusste ich. Doch das war mir damals egal, schließlich wollte ich ihm helfen. Ich dachte bei Damon währe es ähnlich, doch das ist es nicht.
Es ist ein völlig anderes Gefühl. Er hat sich unter Kontrolle und es kommt mir vor, als will er, dass es gut für mich ist, so verdreht das auch klingt.
Damon öffnet die Augen und sieht mich nun direkt an, während er weiter mein Blut trinkt. Ich kann nicht wegschauen. Seine Iris ist blutrot und seine Pupillen sind aufs äußerste geweitet. Die dunklen Adern auf seinen Wangen stehen im kompletten Kontrast zu dem Eisblau seiner Augen und das schwach in den Raum scheinende Licht, welches einen leichten dunkelroten Schimmer auf seine feinen Züge wirft, lässt ihn nun wirklich gefährlich aussehen.
Doch ich habe keine Angst. Ich finde ehrlich gesagt, dass er noch nie schöner ausgesehen hat. Außerdem spiegeln seine Augen eine unglaubliche Verletzlichkeit wieder. Er sieht mich entschuldigt, ja gerade untergeben an. Warum, weiß ich nicht genau. Offensichtlich hat er nicht die geringste Ahnung, welche Gefühle er im Moment in mir auslöst.
Mein Atem wird unregelmäßiger und ich spüre wie meine Beine langsam schwach werden. Wenn er so weitertrinkt, weiß ich nicht, wie lange ich noch aufrecht stehen kann. Damon schließt die Augen und nimmt einige weitere Schlucke meines Blutes, er scheint nicht aufhören zu können. Ich bemerke, dass es mir nicht anders geht. Irgendwie kann ich meine Lider nicht am Zufallen hindern.
Wir sinken gemeinsam auf die Knie. Ich lasse meinen Kopf auf Damons Schulter fallen und schließe die Augen. Mein Körper wird schwächer und ich habe langsam Schwierigkeiten wach zu bleiben. Doch ich will gleichzeitig nicht, dass er aufhört. Gott, bin ich verrückt.
Gerade ich das Gefühl habe ohnmächtig zu werden, spüre ich wie Damon schlagartig meinen Arm entlässt. Ich bemerke den Verlust seines Körpers sofort. Es dauert jedoch einen Moment ehe ich die Augen öffne und versuche meinen Atem wieder einigermaßen zu beruhigen. Ich schaue mich leicht benommen um. Damon ist nirgendwo zu sehen. Wo ist er hin? Mein Blick fällt auf die nun offen stehende Tür meines Zimmers. Er ist scheinbar wortwörtlich aus dem Raum geflüchtet.
Ich stehe langsam vom Boden auf, gehe die paar Schritte bis zum Bett und lasse mich erschöpft darauf fallen. Meine Beine fühlen sich nach wie vor schwach an. Ich habe gerade nicht die Kraft, Damon nachzulaufen. Außerdem wüsste ich so oder so nicht, was ich ihm erzählen sollte. Was war das gerade bitte schön?
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„Elena? Wenn du mitkommen willst, solltest du besser aufstehen!“ Ich öffne zögerlich und immer noch leicht benommen die Lider. Kann man hier nicht einmal kurz die Augen schließen, ohne gestört zu werden? Es dauert einen Moment bis ich meine Umgebung wahrnehme und realisiere, dass ich die Augen nicht nur für wenige Minuten geschlossen habe. Es ist inzwischen dunkel geworden und mein Bruder steht, ein breites Grinsen im Gesicht, vor mir.
„Jeremy!“ Ich schrecke sofort vom Bett hoch. Ich muss eingeschlafen sein! Eigentlich kein Wundern nach dem Blutverlust, aber trotzdem!
„Oh man! Wie lange habe ich geschlafen? Wie spät ist es?“ Ich stehe vom Bett hoch und schaue mich hektisch im Zimmer um, auf der Suche nach einer Uhr. Jeremy kichert nur. „Ein paar Stunden. Damon meinte wir sollten dich nicht wecken, da das Zeitreisen dich wohl sehr viel Kraft gekostet hat.“
Aha, ist ja schön, dass Damon sich wenigstens sorgt, nachdem er mich schon einfach hier im Zimmer zurückgelassen hat. Wieso ist er überhaupt so schnell verschwunden? Hat er dasselbe gespürt wie ich? Hat er Angst bekommen? Man, ich hätte ihm wirklich nachlaufen sollen, doch irgendwie war ich vorhin nicht in der Lage dazu. Aber jetzt bin ich es.
„Jeremy, weißt du wo Damon ist?“, frage ich als nächstes, in der Hoffnung tatsächlich eine Vernünftige Antwort von meinem Bruder zu bekommen.
Jeremy schüttelt den Kopf. „Nein, um ehrlich zu sein nicht. Ich weiß nur, dass er weg wollte. Aus irgendeinem Grund war er vorhin ziemlich aufgekratzt.“
„Kann ich mir vorstellen“, murmele ich zurück. Natürlich ist er aufgekratzt, ich bin auch aufgekratzt! Und ich hätte wirklich gerne mit ihm gesprochen, würde er nicht ständig versuchen eine Kommunikation mit mir zu vermeiden.
Ich seufze tief und sehe Jeremy ernst an. „Wieso hast du mich überhaupt geweckt?“, frage ich, um das Thema zu wechseln.
Jeremy tritt unsicher von einem Fuß auf den anderen. „Ich gehe gleich noch zu Bonnie rüber und dachte du willst vielleicht mitkommen. Wegen dem Zauber und so.“
Ich lächle leicht, als mich die Erkenntnis trifft. „Du hast ihr längst gesagt, dass ich nicht tot bin, stimmts?“, sage ich jetzt stichelnd.
Jeremy lächelt ebenfalls und verdreht die Augen. „Denkst du ich würde ihr so eine wichtige Information verschweigen?“
Ich grinse jetzt wirklich breit. Ich hatte ganz vergessen, wie locker Jeremy sein kann, wenn er nicht gerade Angst um sein Leben oder das Leben seiner Schwester haben muss. Ich hätte nie geglaubt ihn noch mal so sorgenfrei zu sehen.
„Heißt das, du kommst mit?“, reißt Jeremy mich aus meinen Gedanken. Ich nicke sofort. Zu Bonnie wollte ich schon seit ich in dieser verdrehten Zeit angekommen bin. „Gut.“ Mein Bruder geht lächelnd an mir vorbei. „Ich warte unten auf dich. Da du vorhin scheinbar nicht zum umziehen gekommen bist, nehme ich an, du willst das jetzt noch nachholen.“ Mit diesen Worten verschwindet er aus dem Zimmer.
Ich sehe erschrocken an mir herunter und bemerke, dass ich das altertümliche Ballkleid nach wie vor trage. Oh Gott, das habe ich völlig vergessen.
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Eine halbe Stunde später sitze ich zusammen mit Jeremy im Auto und beobachte meinen Bruder ernst, während er den Wagen zielsicher in die Richtung von Bonnies Haus lenkt. Das mit dem Umziehen ist mir in Rekordzeit gelungen. Ich trage nun eine schwarze Jeans, ein rotes Top und eine dunkle Lederjacke, die ich aus dem untersten Schubfach meines Schrankes hervorgekramt habe. Ich trug sie früher nie gerne, doch heute hatte ich aus irgendeinem Grund Lust sie anzuziehen. Meine Haare habe ich in der Eile zu einem schnellen Pferdeschwanz zusammengebunden. Ich komme mir langsam wieder vor wie ein Mädchen aus dem 21. Jahrhundert.
Trotzdem beobachte ich Jeremy vorsichtig. Was meint er, was zwischen mir und Damon los war? Er war vorhin zwar offensichtlich in Scherzlaune, jedoch mache ich mir trotzdem sorgen, was er in unsere Beziehung hineininterpretieren könnte. Ich schiebe unauffällig den Ärmel meiner Lederjacke ein Stück weit nach oben. Da sind sie, die Bisswunden, die Damon zurückgelassen hat. Allerdings sind sie nicht so auffällig, wie ich zuvor befürchtet hatte. Es sind nur zwei schwache rote Stellen auf meinem Arm zu erkennen. Damon ist wirklich vorsichtig gewesen.
In diesem Moment bemerke ich, wie Jeremy den Wagen zum Stehen bringt. Wir steigen schweigend aus und klingeln etwas zögerlich an Bonnies Haustür. Ich schlucke hart. Jetzt werde ich meine beste Freundin wiedersehen, ein Mädchen, was ich seit meiner Kindergartenzeit kenne. Und ich habe Angst. Angst vor ihrer Reaktion auf mich.
Zu meinem Erstaunen kommt es anders als gedacht. Bonnie öffnet tatsächlich sofort die Tür, doch sie reagiert überhaupt nicht, wie erwartet. Statt einem unbehaglichen oder gar verängstigten Gesichtsausdruck, erkenne ich pure Freude in ihren dunklen Augen. Sie schließt mich sofort in ihre Umarmung. „Elena Gilbert, ich hätte nicht gedacht dich so schnell wiederzusehen“, schluchzt sie schließlich. Als sie ihre Umarmung löst erkenne ich, dass die Tränen in ihren Augen brennen. Ich lächle leicht. Natürlich freut sie sich, sie ist nach allem meine beste Freundin.
Sie bittet Jeremy und mich herein und führt uns in die Stube in der wir uns schließlich Sheila gegenüber wiederfinden. „Nachdem Jeremy mir erzählt hat, was passiert ist, habe ich meine Grams angerufen. Wenn es um Magie geht, ist sie die Beste“, erklärt Bonnie stolz.
Ich schenke ihr einen aufrichtig verwirrten Gesichtsausdruck. „Du…du weißt über Magie bescheid?“
Bonnie nickt kurz. „Ja. Ich habe meine Kräfte vor ungefähr einem Jahr entdeckt und seitdem mit meiner Grams geübt.“
„Warum hast du mir davon nichts gesagt?!“, wirft Jeremy in diesem Moment aufrichtig geschockt ein. „Ich meine das ist doch total krass. Du könntest bei Tests schummeln oder ungebetene Gäste weghexen oder noch besser, irgendwelche Lehrer einfach verschwinden lassen!“
Bonnie schüttelt verständnislos den Kopf, lächelt jedoch trotzdem leicht. „Weil ich wusste, dass du genau so etwas sagen würdest. Außerdem wollte ich nicht, dass du ausflippst.“
Wir gehen schmunzelnd zu Sheila hinüber, die uns nun freundlich anlächelt. Sie ist auch noch am Leben, kommt es mir mit einem Mal in den Sinn. Zum ersten Mal, seit Damon und ich in dieser Zeit angekommen sind, frage ich mich, ob die Veränderungen vielleicht doch nicht so negativ sind.
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