Kapitel 2

Nachdem Damon irgendwann spät abends gegangen war, bin ich erschöpft ins Bett gefallen und habe mich schließlich in den Schlaf geweint.

Ich werde am nächsten morgen von dem Geruch von Pfannkuchen und Speck geweckt. Da ich eigentlich einen ungeduldigen Damon erwartet hatte, der mich zum Essen bewegen will, bin ich umso überraschter Bonnie in der Küche vorzufinden. Sie kocht Frühstück und wirft Jeremy, der heute nur halb so frustriert aussieht wie sonst, ab und zu einen besorgten Blick zu.

„Hey, Bonnie!", rufe ich und bemühe mich um eine möglichst sorglose Mine.

„Morgen, Elena!", ruft sie zurück, scheinbar ebenfalls darauf bedacht recht unbeschwert zu klingen. „Tut mir leid, dass ich meinen Freund und meine beste Freundin in letzter Zeit so vernachlässigt habe. Dafür bin ich jetzt extra fürsorglich", fährt sie fort und wirft mir und auch Jeremy einen warmen Blick zu.

Ich erwidere nichts darauf und setze mich stattdessen auf den Stuhl neben meinen Bruder. Mein Gespräch mit Damon schwirrt mir immer noch im Kopf herum.

„Damon hat gestern gemeint er wollte noch mal vorbeikommen." Bonnie stellt mir und Jeremy je einen Teller mit einer großen Portion Pfannkuchen vor die Nase, bevor sie selbst ihren Platz einnimmt. „Wie ist es gelaufen?"

„Schrecklich", bemerke ich und versuche Bonnie nicht in die Augen zu sehen. Sie hat sicher auch so bemerkt, dass ich wieder am Schluchzen bin. Ich komme mir vor, als würde ich in letzter Zeit nichts anderes machen, als weinen.

„Was? Was hat er getan, dass du dich so schlecht fühlst?" Bonnie sieht mich mit ihren großen braunen Augen aufmerksam an und kann ihre schnell aufgewallte Wut scheinbar kaum zügeln. „Ich schwöre dir, wenn er dir irgendetwas angetan hat, dann..."

„Nein, Bonnie, er hat gar nichts getan", unterbreche ich sie, bevor sie ihre Gedanken weiter ausbauen kann. „Ich habe ein paar Sachen gesagt, die ich jetzt bereue."

Bonnie streicht sich verwirrt eine Strähne ihres gelockten dunklen Haares hinters Ohr. „Was zum Beispiel?", fragt sie.

Ich gebe ihr eine Kurzfassung meines gestrigen Gespräches mit Damon. Sie wirft ab und zu einen Kommentar ein, hört jedoch hauptsächlich aufmerksam zu. Ich dachte es würde helfen, darüber zu reden, doch ich fühle mich in Wahrheit nur noch schuldiger als zu vor.

„Manchmal wünschte ich, ich hätte Damon und Stefan einfach nie getroffen", beende ich schließlich meinen Bericht. Als ich Bonnies fassungslosen Blick sehe, fahre ich fort. „Ich bin das Schlechteste, was den beiden je passiert ist. Ich stehe zwischen ihnen und egal was ich tue, ich verletze einen von ihnen. Ich fühle mich so schrecklich dadurch... Ich würde dafür sorgen, dass sie nie in meinem Leben auftauchen, wenn ich könnte. Ist das selbstsüchtig?" Diese Frage richte ich direkt an Bonnie. Mir laufen die Tränen inzwischen wieder ungehindert über die Wangen.

„Eigentlich nicht", sagt sie schließlich. Sie hat recht. Die Leben von Damon und Stefan wären wesentlich unkomplizierter ohne mich, genauso wie das meine ohne sie. Ich fixiere meine ineinander verschränkten Finger.

„Aber es macht keinen Unterschied", seufze ich. „Man kann nichts zurücknehmen, was bereits geschehen ist." Ich sehe auf zu Bonnie, die plötzlich unruhig auf ihrem Stuhl hin und her rutscht, während sie mich nach wie vor mustert. „Bonnie?"

„Was, wenn man es tun könnte?", bringt sie schließlich heraus und ich brauche einen Moment um ihre Worte zu realisieren. „Als ich in den letzten Wochen Großmutters alte Grimoire durchgesehen habe, bin ich zwar in Bezug auf Klaus nicht weiter gekommen, aber ich habe dafür ein paar andere interessante Sachen gelernt."

„Dann tu es." Wir drehen uns gleichzeitig zu Jeremy um, der zum ersten mal seit wir am Tisch sitzen, etwas zu dem Gespräch beigetragen hat. „Es tut mir leid Elena, aber ohne die beiden bist nicht nur du besser dran." Er sieht Bonnie und mich mit ernster Mine an und seine braunen Augen scheinen uns geradezu anzuflehen. Alles was in letzter Zeit passiert ist, wäre nicht geschehen, hätte ich keine Vampire in mein Leben gelassen, das weiß ich. Jeremy hatte so viele Menschen verloren, die ansonsten noch am Leben wären.„ Bitte, tut es", flüstert er schließlich.

„Gut." Bonnie holt ihre Tasche und nimmt ein großes ziemlich alt aussehendes Buch heraus. Sie Blättert einige Minuten nachdenklich darin herum und schiebt es schließlich mit strahlender Mine zu uns herüber. Mein Blick fällt auf einen ziemlich langen Zauberspruch, der scheinbar zum Zeitreisen verwendet wird. Darunter steht eine Warnung. Vorsicht. Nur im Notfall benutzen. Bonnie hebt eine Augenbraue. „Denkst du, das ist ein Notfall?"

Ich nicke und zum ersten Mal seit mehreren Wochen erscheint ein echtes Lächeln auf meinem Gesicht.

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Nachdem wir aufgegessen und Jeremy auf sein Zimmer geschickt haben, sitzen Bonnie und ich mit ernsten Minen im Wohnzimmer.

Wir haben keine Zeit verschwendet die notwendigen Materialien für den Spruch zu besorgen. Ein großes Pentagramm, welches Bonnie und ich zuvor aufwendig mit Kreide aufgemalt haben, befindet sich auf dem Boden des Zimmers und weiße Kerzen sind überall im Raum verteilt. Bonnie zündet sie nun mit einem kurzen Atemzug an.

„Du bist sicher, dass du das tun willst?", fragt sie mich inzwischen zum dritten Mal.

„Ja", antworte ich bestimmt. Es geht hier nicht nur um Damon und Stefan. Es geht um alle, die ich je kennen gelernt habe. Niemand von uns hätte je von der Vampirwelt erfahren. Bonnie hätte ihre Großmutter wieder, Jeremy und ich würden immer noch zusammen mit Jenna und John leben, Caroline wäre kein Vampir und Tyler kein Werwolf, er hätte außerdem nie seinen Vater verloren, genauso wenig wie Matt seine Schwester. Ich würde in die Zeit zurückreisen, zum ersten Schultag nach dem Tod meiner Eltern, und verhindern, dass sich Stefan in mich verliebt. Er muss die Stadt verlassen, bevor irgendetwas von dem passiert, was mein Leben für immer verändert hat, und vor allem bevor Damon in meinem Leben auftaucht. Das einzige, was mir deutlich missfällt, ist die simple Tatsache, dass Damon sich nicht ändern wird, wenn er mich nicht kennenlernt. Er wird nach wie vor der fiese skrupellose Vampir sein.

„Du musst mir eine Sache versprechen", holt Bonnie mich aus meinen Gedanken. „Du musst unbedingt meine Großmutter besuchen. Ich möchte, dass sie mich lehrt meine Kräfte zu benutzen, auch wenn all das nicht passiert." Sie macht eine simple Geste, die wahrscheinlich alles andere umfassen soll, woraus unser Leben im Moment besteht. Ich nicke. Sie lächelt mir ermutigend zu.

„Gut, was muss ich tun?", frage ich bevor ich es mir anders überlegen kann. Bonnie bedeutet mir in die Mitte des Pentagramms zu treten.

„Wenn ich mit dem Spruch beginne, denkst du an die Person zu der du willst und an das Jahr in das du willst."

„Gut, und das ist alles, was ich tun muss?"

„Ja", antwortet sie simpel und schließt die Augen. Bonnie scheint sich nun zu konzentrieren und beginnt schließlich verschiedene lateinische Formeln laut auszusprechen, während sie langsam in Trance fällt. Der Wind pfeift durch unser Wohnzimmer, auch wenn alle Fenster geschlossen sind, und die Kerzen beginnen zu flackern. Ich spüre wie ein komisches Gefühl in mir aufsteigt, so als ob mein Körper langsam verschwinden würde. Der Raum um mich herum verschwimmt, ich sehe nur noch die Konturen der Möbel, bis sich zuletzt alles in Luft auflöst.

Es funktioniert. Ich reise in der Zeit zurück, irgendwie jedenfalls, um zu verhindern, dass die Personen in mein Leben treten, die es völlig auf den Kopf gestellt haben. Damons Worte treffen mich plötzlich wie ein Schlag. Ich will, dass du in meinem Leben bist. Eigentlich war Damon derjenige gewesen, der mein Leben auf den Kopf gestellt hat. Ich kam damit klar, dass es Vampire gab und ich konnte auch akzeptieren, dass mein Freund einer war. Es gab nur eine Person die ich nie wirklich verstanden habe und das war Damon Salvatore. Hättest du mich 1864 kennengelernt. Hätte es etwas geändert? Würde ich den total widersprüchlichen Vampir dann besser verstehen, der mir irgendwie unter die Haut geht, egal was ich mache?

Plötzliche komme ich mit einem dumpfen Prall auf dem harten Boden auf. Ich habe die Augen nach wie vor geschlossen und scheue mich davor sie zu öffnen, da ich Angst habe an einem völlig fremden Ort zu sein. Ich fühle Gras unter meinem Körper und höre Vögel, die um mich herum zwitschern. Der Wind weht leicht, doch die Luft ist trotzdem stickig. Es muss Hochsommer sein. Ich stütze mich auf den Ellenbogen ab, öffne vorsichtig die Augen und realisiere sofort wo ich bin-Mystik Falls.

Bonnies Plan hat tatsächlich funktioniert. Ich nehme einen tiefen Atemzug und lasse mich dann wieder zurück auf den Boden und in das weiche Gras sinken. Ich war nicht einmal überrascht gerade an diesem Ort angekommen zu sein. Ich war nach dem Tod meiner Eltern jeden Tag hier gewesen. Der alte Friedhof.

Ich höre Schritte, die geradewegs auf mich zukommen, rühre mich allerdings nicht. Das muss Stefan sein, es gibt gar keine andere Option. Er war mir am ersten Schultag zum Friedhof gefolgt. So leid es mir tut, ich werde ihn wegschicken müssen, ich kann nicht riskieren, dass er das Leben von jedem den ich liebe zerstört.

In diesem Moment öffne ich meine Augen und bin sofort geschockt nicht Stefan auf mich herab starren zu sehen, sondern seinen Bruder. Er betrachtet mich als hätte er noch nie so etwas Schöneres gesehen. Bevor ich irgendetwas sagen kann lehnt er sich nach vorne, um mich zu küssen.

„Damon, stopp!", rufe ich und halte ihn von seinem Vorhaben ab, indem ich meine Hand auf seine Brust lege. „Was denkst du, was du da machst?"

Er sieht verletzt und aufrichtig verwirrt zu mir herunter. Irgendetwas stimmt nicht und das weiß ich bereits bevor er spricht. „Was ist das Problem, Katherine?"

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