Eine Kometengeschichte
Eine Kometengeschichte
Von Mairahestia
Nano
Xonas
Der Prinz
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Ein Raumschiff kreist über dem Königsplaneten Juno. Am Steuer steht ein achtjähriges Mädchen in einer weißen Uniform. Sie ist eine Astronautin und das Raumschiff gehört ihr. Um sie herum blinken viele bunte Knöpfe mit Buchstaben drauf, die sie alle auswendig kennt. Mit ihnen lenkt sie das Schiff sicher durchs Weltall.
"Nano! Bitte kommen!", ertönt plötzlich eine piepsige Stimme aus den Lautsprechern, die überall im Raumschiff verteilt sind. Sofort drückt Nano, das Mädchen, auf einen grünen Knopf mit dem Buchstaben "R" für "Reden", damit sie der Stimme antworten kann.
"Hier ist Nano!", sagt sie in ein Mikrofon und nimmt den Finger wieder vom Knopf. Es rauscht, bevor die Stimme sagt: "Hallo Nano! Ich bin es, Xonas! Du musst mich hochbeamen!"
Nano drückt einen blauen Knopf mit einem "B" für "Beamen". Unter ihren Füßen ruckelt es, als sich an der Unterseite des Raumschiffes eine Schiebetür öffnet. Ein leuchtender Strahl fällt hinab auf den Planeten Juno. Das ist ein Beamstrahl, weiß Nano. Wenn man sich in das Licht stellt, wird man ganz leicht und fliegt nach oben bis ins Schiff.
Sie hört ein Niesen aus den Lautsprechern, gefolgt von einem Lachen. "Das Licht kitzelt in der Nase!", ertönt es aus den Lautsprechern. Dann, mit einem leisen Rumms, schließt sich die Schiebetür wieder und dafür stößt jemand die Tür zum Steuerraum auf. Es ist Astronaut Xonas und seine blauen Augen funkeln vor Lachen. Auf seinem Arm trägt er ein Baby mit einer kleinen Krone.
"Mission erfolgreich", sagt er stolz, "Das Baby ist frisch gewickelt und satt. Wir müssen nur bis heute Abend mit ihm spielen, damit der König Vorbereitungen für das Kometenfest treffen kann- ganz einfach!"
"Das klingt wirklich einfach!", freut sich auch Nano. Das Königsbaby winkt vergnügt mit seinen Patschehändchen. Nano winkt zurück.
"Du passt zuerst auf es auf, während ich uns nach Hause fliege", schlägt sie vor und startet den Motor des Raumschiffes. "Wir müssen uns beeilen. Es ist nicht mehr lange bis zum Fest."
"Oh ja! Ich muss mit meiner Oma Holz für die Lagerfeuer holen, damit wir Marshmallows grillen können!"
Schon lange freuen sich die Kinder auf das Kometenfest, das einmal jährlich gefeiert wird. Am Abend setzen sich alle Leute auf Nanos und Xonas Heimatplaneten nach draußen und essen und tanzen und machen große Feuer. Pünktlich um Mitternacht fliegt jedes Jahr ein großer glühender Komet vorbei. Dann jubeln die Leute und der König hält eine Rede, doch bis es soweit ist, muss noch viel vorbereitet werden.
Also schnallen sich die zwei Kinderastronauten an. Xonas nimmt den Babyprinzen auf den Schoß. Die bunten Knöpfe um das Steuer herum blinken wild, als das Schiff langsam beschleunigt und dann schließlich mit voller Geschwindigkeit durchs Weltall schießt. Sterne zischen an ihnen vorbei wie kleine Raketen. Obwohl sie schon oft geflogen sind, staunen sie über die tausenden kleinen Lichter.
"Das da ist der Apoll!", erklärt Xonas dem Baby, als sie an einem großen lila Planeten vorbeifliegen. "Ohhh!", macht das Baby. Dann wiederholt es sehr konzentriert: "Awoll!"
"Ja, Apoll!", sagt der Astronaut erstaunt, "Du kannst ja schon sprechen."
"Awoll", macht das Baby und nickt stolz. Dann entdeckt der Prinz die vielen bunten Knöpfe. Bevor Xonas ihn aufhalten kann hat er die Arme ausgestreckt und auf einen roten Knopf mit einem "D" gedrückt. Das Raumschiff macht eine plötzliche Drehung und Nano verliert die Kontrolle über das Steuer.
"Ahhhh!", schreit sie, als sich das Raumschiff überschlägt. Xonas sieht ein näherkommendes Glühen draußen vor der Fensterscheibe, dann gibt es einen ohrenbetäubenden Knall.
Das klingt ungefähr so:
KARRRRRRUMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMS!
Das ganze Raumschiff wackelt. Erschrocken blicken Nano und Xonas sich an. Nano schnallt sich ab und rennt zum großen Fenster, um zu sehen, was sie gerammt hat. Xonas drückt den Prinzen fest an sich und folgt ihr gespannt. Ob es was mit dem Glühen zu tun hat, das er gesehen hat?
"Oh nein!", entfährt es Nano, "Ich weiß, was das war!"
"Was denn?", will Xonas wissen. Er erkennt nichts in der Dunkelheit, außer dem inzwischen weit entfernten Planeten Apoll und dem noch weiter entfernten Königsplaneten Juno. Doch, da! Ganz weit weg sieht er auch ein schwaches Glühen- ist das...?
"Der Komet!", ruft er aufgeregt, "Wir haben den Kometen gerammt und jetzt fliegt er in die falsche Richtung!"
"Tomet!", freut sich das Baby und klatscht begeistert.
"Nein, kein Komet!", verbessert ihn Nano, "Wenn der Komet in die falsche Richtung fliegt, sehen wir ihn heute Abend nicht und dann gibt es kein Kometenfest!"
"Holen wir ihn zurück!", schlägt Xonas vor, doch Nano schüttelt den Kopf.
"Das geht nicht. Er ist durch den Zusammenstoß viel zu schnell geworden, aber ich habe eine andere Idee."
Sie läuft zurück zum Steuer und guckt auf einen Bildschirm auf dem rote Symbole leuchten.
"Wir können einen kleinen Umweg zum Mond machen", sagt sie nachdenklich und schnallt sich an.
"Was wollen wir denn auf dem Mond?", fragt Xonas.
"Das wirst du gleich sehen!"
Wieder blinken die bunten Knöpfe und das Raumschiff fliegt los. Der Prinz ist ganz still geworden und kaut mit großen Augen auf seiner Krone.
Kurz darauf hält Nano das Schiff über dem Mond an und zieht sich einen Raumanzug an. Dieses Mal drückt Xonas den blauen Knopf mit dem "B" und Nano schwebt im Lichtstrahl nach unten. Der Beamstrahl funktioniert nämlich auch in die andere Richtung.
Als ihre Füße den Boden berühren, hört sie die Stimme des Astronautenjungen in ihrem Helm.
"Was genau ist dein Plan, Nano?", fragt er.
"Ich suche einen Ersatz-Kometen", erklärt sie und hebt einen grauen Mondstein auf, doch er ist viel zu klein. "Den schießen wir dann aus der Entfernung mit dem Raumschiff ab, sodass er um Mitternacht an der Erde vorbeifliegt."
"Genial!", freut sich Xonas, "Dann können wir ja doch das Kometenfest feiern!"
"Ganz genau", sagt Nano und verschränkt die Arme, "aber wir haben ein neues Problem."
"Oh nein, was ist denn?"
"Die Steine hier können wir nicht benutzen. Der eine ist zu groß, der andere zu klein, einer ist kaputt und in einem wohnt eine Mondschnecke."
Also beamt Xonas Nano wieder aufs Raumschiff und sie fliegen mit hängenden Köpfen zur Erde. Wie sollen sie nur erklären, dass es dieses Jahr kein Fest geben wird? Alle freuen sich schon so lange darauf. Selbst der König feiert mit. Nano ist ganz in ihre Gedanken vertieft, als sie das Schiff neben ihrem Haus parkt und die Rampe hinuntersteigt. Sie sieht Xonas Oma erst, als sie direkt vor ihnen steht.
"Hallo ihr zwei!", sagt die alte Frau und lächelt so breit, dass ihr das Gebiss halb aus dem Mund rutscht, "Habt ihr den kleinen Prinzen abgeholt?"
"Ja", murmelt Nano und versucht fröhlich zu gucken. Es gelingt ihr nur so halb.
"Was macht ihr denn für traurige Gesichter! Ist etwas passiert?", fragt Xonas Oma besorgt.
"Tomet weg", sagt das Baby traurig und kaut auf seinem Krönchen. Nano und Xonas wechseln entsetzte Blicke, doch Xonas Oma hat es nicht verstanden.
"Was hast du gesagt, Prinz?", fragt sie. Schnell ruft Xonas: "Gar nichts! Äh, wir müssen los!" und bevor seine Oma weiter nachfragen kann, verschwinden die Kinder in Nanos Haus. Mit schlechtem Gewissen spielen sie den Rest des Tages mit dem Babyprinzen, helfen bei den Vorbereitungen und knobeln, wie sie das Fest noch retten können. Die Sonne neigt sich immer weiter dem Horizont zu und bald wird es dunkel. Als die ersten Feuer gezündet werden, haben sie immer noch keine Idee.
"Wir müssen es erzählen", sagt Nano schließlich und schaut auf ihre Uhr. Es ist eine Minute vor Mitternacht. Alle sitzen in Decken gekuschelt zusammen und beobachten den dunklen Himmel.
"Aber dann werden alle schrecklich enttäuscht sein!", jammert Xonas. Er zittert vor Angst. Sein Marshmallow über dem Feuer ist inzwischen verkohlt. Der kleine Prinz streckt die Arme nach dem langen Stock in Xonas Hand aus.
"Du hast heute schon genug angerichtet", meint Nano zu dem Baby nicht ohne eine Spur von Ärger, "Hättest du nicht die Knöpfe gedrückt, wäre das gar nicht passiert!"
"Masmallo!", quengelt es und zappelt, bis es den Stock zu fassen bekommt.
"Lass das!", schimpft Xonas und reißt ihm den Stock mit so viel Schwung aus den Händen, dass sich der brennende Marshmallow von der Spitze löst und über ihre Köpfe hinweg segelt.
"Da, der Komet!", ruft jemand aufgeregt und zeigt in die Luft. Die Menge macht "Ooooh" und "Aaaah" und beobachtet das Licht, bis es hinter den Hausdächern verschwindet. Dann jubeln sie. Nano und Xonas sehen sich mit offenen Mündern an.
"Tomet!", freut sich der Prinz. Er klatscht in die Händchen, dann krabbelt er rüber zu seinem Papa, dem König, der sich für seine Rede bereit macht.
"Was für ein schönes Fest!", sagt Xonas Oma, die ganz in der Nähe steht. "Dieses Jahr war der Komet besonders toll!"
"Stimmt", sagen Nano und Xonas im Chor und grinsen sich erleichtert an. "Das war ein ganz besonderer Komet."
Noch lange sitzen sie am Feuer, lauschen der Rede des Königs und rösten Marshmallows. Sie wissen, dass sie sich für immer an das aufregende Fest erinnern werden, und an den Kometen, der gar keiner war.
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