26

Liana atmete auf, als sie das erleichternde Klingeln der Glocke hörte, dass die Flucht des Angreifers in der Realität manifestierte. Alles war so schnell passiert, dass Liana kaum Zeit zum Nachdenken gehabt hatte. Als sie die Luft, die sie unbemerkt angehalten hatte, in einem zittrigen Seufzer entließ, verließ sie auch ihre Körperspannung und sie sackte zu Boden. Ares sprang zu ihr und fing sie auf, wodurch der harte Aufprall ausblieb.
"Was bist du?", war seine erste Frage, als er sich neben sie kniete und sie stirnrunzelnd musterte.
Liana blinzelte ein paar Mal, bevor sie seine Gesichtszüge scharf erkannte. "Eine Jedi", antwortete sie.
Aber Ares schüttelte nur den Kopf. "Aber... wie... Deine Augen, sie haben gelb geglüht..."
Liana schaute ihn einen Moment verunsichert an, dann zuckte sie mit den Schultern. "Ich weiß nicht, ich weiß selbst erst seit ein paar Wochen, dass ich eine Jedi bin."
Ein Ausdruck des Erstaunens mischte sich mit Bewunderung auf Ares' Gesicht. "Und da kriegst du sowas schon hin?" Er ließ eine kurze Pause, in der er auflachte. "Wow, ich wusste ja, dass die Macht krass ist, aber nicht, dass sie einen zum Superhelden macht."
"Anfängerglück, schätze ich", winkte Liana ab und kämpfte sich mit vor Anstrengung verzogenem Gesicht auf zwei Beine.
Sein Blick wurde nachdenklich, als er sich den imaginären Schmutz von den Knien klopfte. "Du hast mich beschützt. Obwohl du mich erst seit ein paar Stunden kanntest. Danke, ehrlich", meinte er leise.
Liana drehte sich zu ihm um und betrachtete eingehend seine Gesichtszüge. Irgendetwas in seinen schwarz-braunen Augen wirkte warm, vertraut und schien ihr zuzulächeln, obwohl sein Mund gerade nicht lächelte. Ihre Mundwinkel hoben sich zu einem warmen Lächeln. "Eine Jedi beschützt die, die Schutz bedürfen."
Ares erwiderte nichts mehr, während Liana sich umdrehte und sich ihr Gesicht verdüsterte. Sie hatte eine Vorahnung, als sie in den dunklen Raum trat. Das Lichtschwert sandte etwas Licht aus, und relativ schnell erkannte sie am anderen Ende des Raumes liegend den leblosen Körper von Vespa. Abrupt hielt sie in der Bewegung inne, so abrupt, dass Ares in sie hineinlief. Bevor er jedoch den Mund zu einer Frage öffnen konnte, deutete Liana mit dem Lichtschwert in der Hand in die entsprechende Richtung. "Vespa." Ihr Mund öffnete sich kaum und sie war wie erstarrt, obwohl sie das ja eigentlich schon geahnt hatte.
Ares seufzte enttäuscht in ihr Ohr, was einen Schauder über ihren Rücken schickte. An seinen Schritten hörte sie, dass er sich abwandte. Plötzlich verstummten die Schritte und sie hörte, wie er sich umdrehte. "Kommst du?"
Aber Liana traute ihrer Stimme nicht, weshalb sie ihm nicht antwortete. Fast standen ihr die Tränen in den Augen. Kein Herzschlag, nicht das kleinste Pochen, drang an ihre feine Ohren. Kein Husten, kein Rascheln von Kleidung, keine Bewegung, nichts. Das hatte sie doch schon einmal erlebt. Und sie konnte nichts tun. Ihre Hände ballten sich unbemerkt zu Fäusten, bis das Weiße der Knöchel hervortrat. Die Klinge ihres Lichtschwertes fuhr in den Griff zurück.
Vorsichtig berührte Ares Lianas Hand und sie war mit einem Mal wieder in der Realität zurück. "Komm mit", forderte Ares sie auf und führte sie durch das Foyer in ein sich anschließendes Gästezimmer. Er schloss die Tür hinter ihnen und Liana ließ sich auf das Bett sinken. In einem plötzlichen Wutanfall warf sie das Lichtschwert zu Boden und es platzte aus ihr heraus: "Was nützt mir das, wenn ich niemanden wieder zum Leben erwecken kann?"
Ares beobachtete sie stumm, wie sie das Gesicht in den Händen vergrub und tränenlos trauerte. Er kniete sich hin und hob ehrfurchtsvoll die edle Waffe wieder auf.
"Behalte es. Zum richtigen Zeitpunkt wird es die, die du liebst, beschützen." Aus seiner Stimme sprach eine solche Ehrlichkeit und ein solches Vertrauen, dass Liana aufblickte und ihn intensiv mit den Augen verfolgte, als er das Lichtschwert neben sie auf das Bett legte. Sie betrachtete den silbernen Griff lange. Irgendetwas daran schien sie anzuziehen. Je länger sie es anstarrte, desto wärmer wurde das Silber und verschwamm mit der Umgebung. Es schien sie trösten wollen, wand seinen tröstenden Arm um sie und sie wusste, dass sie das Schwert nicht zurücklassen konnte. Nach langem Überlegen steckte sie die unscheinbare Waffe wieder in ihren Rucksack.

"Wir müssen untertauchen", meinte Ares ernst und ging nervös vor den vorgezogenen Vorhängen auf und ab. "Nicht nur, dass sie jetzt wissen, wie wir aussehen, sie kennen auch unseren Standort. Wir müssen uns tarnen, damit uns auf der Straße niemand erkennt."
Liana nickte abwesend. "Ich könnte meine Haare kürzen", schlug sie vor, "aber wir müssen schnellstmöglich verschwinden." Jetzt hatte sie keine Wahl, fiel Liana auf, jetzt musste sie auf Ares vertrauen, dass er sich von Taris City wegbringen konnte.
Ares zögerte ob ihrer Worte, ging kurz ins Bad und kam mit einem blauen Haarfärbemittel wieder hinaus. Er hielt ihr es hin. "Wenn du sie kürzen UND blau färben könntest, wäre das optimal."
Sie verzog den Mund, nahm aber ohne Widerspruch das Haarfärbemittel. "Na gut."
Er war in der Zeit wieder ins Bad verschwunden und kam mit einem länglichen Gerät wieder. "Ich werde mir die Haare abrasieren." Die Entschlossenheit in seiner Stimme überraschte Liana, aber sie sagte nichts.

Liana hatte sich in ihrem bisherigen Leben noch nie die Haare gefärbt, da sie ihre natürlichen Haare mochte. Daher las sie sich eingehend die Anwendung hinten auf der Packung durch, damit sie keinen Fehler machte. Immerhin wollte sie dann nicht mit blauen Händen oder blauem Gesicht dastehen.
Als sie aus dem Bad trat, war im ersten Moment kein großer Unterschied zu erkennen, nur wenn das Licht entsprechend stand, schimmerten sie etwas bläulich.
"Besser als nichts", kommentierte Ares, der sich tatsächlich seine Haare komplett abrasiert hatte. "Bei Dunkelheit gehen wir zum Hintereingang raus. Ich kenne da einen Laden, in dem wir uns neu einkleiden können." Wie aufs Stichwort schaute Liana an sich runter. Sie hatte immer noch den hellblauen Mantel mit den goldenen Streifen am Rand an. Zu auffällig, und vor allem unpraktisch. Ares war da praktischer gekleidet. Oberteil und Hose waren beide dunkel, auffällig waren nur die hohen, schon abgelaufenen Stiefel. In dem Laden würden sie hoffentlich unauffälligere Sachen bekommen und hoffentlich würde sich so ihre Chance erhöhen, dass sie nicht erkannt wurden.

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