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Liana wandte misstrauisch den Kopf und warf einen Blick auf die beleuchtete Straße hinter ihr. Ringsum war finstere Nacht und sie erinnerte sich an Ginas Worte. Sie hatte nicht unbedingt vor auszutesten, was passierte, wenn sie nicht im Licht lief. Sie kam gerade aus der Stadt. Sie hatte in einem Pub am Flughafen die Zeit vergessen. Sie hatte versucht, Zugang zu anderen Menschen zu finden, damit sie womöglich erfuhr, wann ein Transportschiff das nächste Mal einen Planeten anflog, der ihr zusagte.
Gina hatte ihr die Beschreibung zu einem ihren Worten zufolge „kleinen, beschaulichen Hostel" gegeben, und Liana hoffte, dass die Beschreibung immer noch stimmte.
Die Beschreibung führte sie direkt zu einem kleinen Turmhaus, an dem schon langsam der Putz abbröselte. Die Fenster- und Türrahmen waren schon spröde und über der Tür hing windschief ein blaulackiertes Metallschild mit der Aufschrift "Hostel". Die Farbe blätterte langsam ab und das Metall darunter rostete munter vor sich hin. Wenn ein Windzug es erfasste, quietschte es in seiner Aufhängung. Liana rümpfte die Nase, bevor sie vorsichtig die Holztür öffnete.
Im Innenraum waren ein paar Kerzen angezündet und erhellten flackernd mehr schlecht als recht die unscheinbare Theke in der Ecke. Auf der Theke stand eine Glocke, auf die Liana zögerlich drückte. Ihr heller, leicht penetranter Ton rief jemanden, wie Liana an den Schritten auf dem Parkettboden erkannte. Aber die Gestalt, die aus dem Schatten trat, überraschte Liana.
Angesichts des Zustandes des Hostels hatte sie eine ältere Dame erwartet, jedoch blinzelte sie eine junge Frau an, augenscheinlich eine Draethos. Ihre Haut war schuppig, wie die Haut von Schlangen, und sie war ganz grau. Kleine, schwarze Augen fixierten sie und ein lippenloser Mund lächelte sie an.
"Guten Abend", wünschte sie mit einer überraschend warmen Stimme. "Es ist etwas spät, um draußen herumzulaufen, oder nicht?"
Liana wusste nicht, was sie darauf antworten sollte, also besann sie sich auf Ginas Worte. "Gina schickt mich."
Dieser Name bewirkte, dass sich ihr Mund vor Freude weitete. "Gina, ja? Also bist du auch eine von uns, eine Hexe?"
Irgendetwas an der Art, wie sie dies sagte, wirkte so vertraut, dass Liana sich ihr sofort nahe fühlte. "Ich bin eine Jedi."
Die Draethos horchte auf und blickte sich wachsam um. "Nicht so laut! Nicht, dass das noch jemand hört!"
Liana beugte sich vor. "Ist denn die Order 66 noch aktiv?", fragte sie flüsternd.
Wachsam blitzten die kleinen, schwarzen Augen der jungen Draethos von einer Seite zur anderen. "Man munkelt, dass das Programm bei den Klonen nicht mehr aktiv ist, aber es verschwinden immer wieder Jedi von der Bildfläche und keiner sieht sie je wieder."
„Sie glauben, dass die Order 66 noch aktiv ist?"
„Ich glaube", flüsterte sie. „dass das Gedankengut hinter der Order 66 noch lange nicht deaktiviert ist."
Liana nickte verstehend und richtete sich wieder auf. „Haben Sie ein Zimmer für mich?" Liana tat unbeteiligt und winkte ab, während sie schon nach ihrem Geld kramte. „Nur für ein paar Tage, bis ich ein Schiff gefunden habe..."
„Lass das Geld stecken." Die junge Frau zwinkerte ihr zu. „Gleichgesinnten hilft man selbstverständlich ganz unvoreingenommen." Mit ihrem schlanken Körper schlängelte sie sich hinter der Theke hervor und bedeutete Liana mit einer Geste, ihr zu folgen. „Ich bin übrigens Vespa."
Liana nickte gedankenverloren, obwohl sie wusste, dass Vespa sie nicht sehen konnte. Es war gut, immerhin einen Namen zu dem Gesicht zu haben.

Die Gänge im hinteren Teil des Hauses waren gewunden und machten einen beengten Eindruck. Im letzten Teil ging es größtenteils treppauf. Die hölzernen Stufen knarzten misstrauenserregend unter ihren Schritten und Liana musterte skeptisch die geblümte Tapete und die vielen Bilder an der Wand, die augenscheinlich einen Wasserschaden verdecken sollten. Doch die Tapete blätterte an manchen Stellen von den Wänden ab und war an anderen Stellen schon abgekratzt.

Nachdem sie gefühlt zehn Etagen in Treppenstufen überwunden hatten, kamen sie an dem Zimmer an, das offensichtlich Vespas Ziel war. Von außen sah es völlig unscheinbar aus, aber sobald Vespa die Tür öffnete, offenbarte sich ein gewaltiger Wandbildschirm. Das Zimmer war im Gegensatz zum Rest des Hauses sehr modern eingerichtet. An den Wänden waren riesige Wandbildschirme und auch die Schränke hatten visuelle Effekte inne. Liana trat ganz in den Raum und drehte sich einmal um die eigene Achse.
"Ich hoffe, es gefällt dir", lächelte Vespa und beobachtete Liana, die bis jetzt noch kein Wort gesagt hatte.
"Es ist wirklich schön hier", erwiderte Liana und lächelte etwas gezwungen. Sie hoffte trotzden, dass sie nicht allzu lange hier sein würde. Sie genoss die Aussichten des täglichen Treppensteigens, wann immer sie raus oder rein wollte, nicht wirklich.
"Dann will ich dich mal nicht länger stören. Richte dich ein und wenn du irgendwas brauchst, ich bin unten."
Liana nickte nur, doch Vespa war schon durch die Tür verschwunden und nur ein Luftzug bezeugte, dass sie gerade noch hier gestanden hatte, während sich die Tür langsam schloss. Diese ganzen Hexer waren Liana nicht geheuer und sie froh, dass sie das Lichtschwert an ihrem Gürtel spürte.
Liana stand ein paar Sekunden reglos etwas verloren in der Mitte des Raumes und starrte auf das große Bett. Sie dachte über Vespas Worte nach und erst da fiel ihr ein, dass sie ja einen Rucksack auf dem Rücken trug. Mit einem Ruck kam plötzlich Bewegung in die bis jetzt erstarrte Person und sie stellte ihren Rucksack vor sich auf den Boden, um den Inhalt zu prüfen. Liana konnte in diesem Moment nicht zuordnen, ob sie den Inhalt auf seine Vollständigkeit prüfte oder nur wissen wollte, was denn überhaupt in dem Rucksack war, als sie die Gegenstände darin einzeln herausnahm.
Sie hatte die metallene Trinkflasche und die Nahrung bereits neben ihrem Bett aufgereiht, als sie erneut ihre Hand in den Rucksack schickte und zusammenzuckte, als ihre Finger Saras Plüschhasen streiften. Kurzerhand nahm sie ihn heraus und betrachtete das angekokelte rosa Fell.  Da wurde ihr bewusst, was sie verloren hatte, als ob sie es vorher vergessen gehabt hatte. Je länger sie in die gläsernen Augen des Stofftiers blickte, desto weiter driftete sie weg. Sie konnte Rauch riechen und es kam ihr vor, als züngelten kleine Flämmchen in den Glasaugen in die Höhe. Sie hatte den Eindruck, die Hitze zu spüren, die die Flammen ausstrahlten. Auf einmal schlug ihr Herz schneller und so stark, dass sie Angst bekam, es würde gleich aus ihrer Brust springen. Ihre Handflächen wurden schwitzig und ihr wurde warm. Als sie das Gefühl hatte, ein Funken würde an ihrer Wange zerplatzen, erwachte sie ruckartig aus ihrer Trance und wischte über das Gesicht des Stoffhasen, in der Hoffnung, so die Erinnerung an die heißen Flammen zu vertreiben. Sie stopfte das Stofftier wieder ganz unten in die Ecke und holte stattdessen Bonnie 2.0 heraus. Sie stellte ihn auf den Boden und atmete tief ein und aus.






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