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Ihre erste Reaktion war, sich loszureißen. Dann musterte sie die Person, die sie weggezogen hatte, genauer. Gina stand vor ihr und lächelte sie an. „Du fällst zu sehr auf", mahnte sie, „Zauberer sind hier nicht gerne gesehen."

Liana blickte an sich hinunter. Sie trug immer noch den langen blauen Umhang, den sie in dem Dorf der Hexer bekommen hatte. Plötzlich fühlte sie sich zunehmend unwohl und zupfte an dem Umhang, in der Hoffnung, so weniger aufzufallen.

„Wir müssen einen ruhigen Rücksichtsort suchen, dann können wir offen reden." Gina wandte sich mit einer eleganten Drehung um und ging mit einer beeindruckenden Zielsicherheit voraus zu einem der Fahrstühle.

Liana musste einige Hopser einbauen, um wieder zu ihr aufzuschließen. „Verlassen wir die Stadt?"

Aber Gina schüttelte den Kopf. „Es wäre nicht sinnvoll, jetzt wieder zu gehen. Der halbe Tag ist schon vorbei und weit werden wir nicht kommen. Dann müssten wir im Freien übernachten und das ist nicht ungefährlich."

Während sie am Fahrstuhl auf das Aufgehen der Türen warteten, dachte Liana zurück an ihre unfreiwilligen Übernachtungen im Wald. Sie hatte damals ein merkwürdiges Gefühl gehabt. Jetzt hatte sie die Bestätigung, dass dies nicht unbegründet war. „Wo gehen wir dann hin?"

Als sich die Fahrstuhltüren öffneten, traten sie ein. „Nur Geduld, kleine Nagai."

Warum machte Gina so ein Geheimnis um ihren Plan? Liana hatte ein Recht darauf, ihn zu erfahren! Aber sobald Gina die Wohneinheiten per Knopfdruck auswählte, konnte sie es sich schon vorstellen. Und sie machte sich Vorwürfe, dass sie so voreilig gewesen war. Immerhin war das doch die einzige Möglichkeit, wie sie sich richtig ausruhen konnten! In einer kleinen Wohneinheit hätten sie auch Zeit, tiefergehende Gespräche zu führen.

Wie sich herausstellte, hatte Gina ein Zimmer für eine Nacht gemietet.

Sie bewegte sich mit einer tänzerischen Leichtigkeit, dass Liana sie dafür bewunderte. Sogar, als sie die Schlüsselkarte aus ihrer Manteltasche zog, tat sie dies mit einer so fließenden Bewegung, dass dies vollkommen natürlich und geplant aussah. Alles wirkte bei ihr so leicht, was es für Liana nicht war. Sie konnte sich nur vorstellen, wie viel Übung dahinterstand.

Die Tür zu ihrem Zimmer öffnete sich mit einem Summen und schloss sich zischend hinter ihnen, sobald sie eingetreten waren.

„Was ist der Grund für den Verfall der Macht?"

Gina stutzte nicht einen Moment, obwohl diese Frage für sie genauso überraschend kommen musste wie für Liana selbst.

"Der Verfall der Macht nahm seinen Anfang mit dem Untergang der alten Republik. Während der Krieg mit dem Imperium auf seinen Höhepunkt zukroch, verschwammen die Grenzen zwischen Beschützen und Kämpfen immer mehr. Der Krieg forderte seinen Tribut. Zu viele sind gestorben, auf beiden Seiten. Zu viel Schlechtes hat das Gute verdrängt, zu viel Dunkelheit hat das Licht in Schatten gehüllt. Dadurch wurde die Macht gedämpft. Die Order 66 hat ihren Teil dazu beigetragen, dass die letzten Reste der Macht auf die äußeren Planeten zurückgedrängt worden sind. Sie ist dort weitgehend in die Natur ausgewichen. Jetzt, da die Stärke des Imperiums wieder sinkt, kann die Macht an neuer Stärke gewinnen."

"Deshalb gibt es jetzt auch mehr junge Jedi", meinte Liana selbstsicher.

Gina wiegte den Kopf. "Junge Jedi gab es zu jeder Zeit. Jetzt kommen nur zwei praktische Zufälle zusammen: Ein Erstarken der Macht, wodurch es noch mehr junge Machträger gibt als in den Jahren zuvor, und ein Schwächeln der dunklen Seite, wodurch die jungen Machtträger nicht mehr alle aufgespürt und vernichtet werden können."

Liana nickte. "Ich möchte mehr darüber erfahren."

Gina wirkte nicht erstaunt oder versuchte, das Thema zu wechseln. "Was genau willst du wissen?" Sie klang so standhaft und stark wie immer.

"Was spiele ich in dem Mechanismus für eine Rolle?"

Gina nickte verstehend. "Und ich nehme an, genau deshalb willst du in das Herz das Imperiums vordringen. Um Antworten auf deine Fragen zu finden."

"Etwas anderes habe ich sowieso nicht zu tun." Liana musterte sie aufmerksam. 

"Morgen früh werden wir aufbrechen und ein Schiff erreichen, das Taris anfliegt. Dort in der Stadt kannst du dir für ein paar Tage ein Zimmer mieten. Früher wurde dort viel Handel betrieben, heutzutage werden immer noch wichtige Güter exportiert und importiert, also wirst du vermutlich schnell ein Schiff finden, dass dich auf einen anderen Planeten bringt."

"Du kommst nicht mit?" 

Gina schüttelte den Kopf. "Ich muss hierbleiben, in unserem Dorf."

Liana nickte. 

"Taris ist ein Stadtplanet. Zumindest war er das, ehe er zerstört wurde. Die Republik hat ihr Bestes gegeben, die Stadt wieder aufzubauen, aber mit dem Imperium im Nacken, das alles nur erschwert, ist das nicht so einfach gewesen." Gina schaute sie prüfend an.

"Das heißt, die Stadt wurde wieder aufgebaut?"

Gina wandte sich zu ihrem Bett um. Glücklicherweise hatte das Zimmer zwei getrennte Betten. "Zumindest teilweise", meinte sie nach einer Pause und warf ihre blauen Tentakel über ihre Schulter. "Ich weiß nicht, wie es dort nun nach jahrelanger Herrschaft des Imperiums aussieht, aber du wirst dich zurechtfinden. Halte dich nur immer in den Stadtteilen auf, die noch intakt sind. Und laufe abends und nachts nicht in der Dunkelheit umher! Das Licht vertreibt die schlimmsten Parasiten, die sich nach der Zerstörung von Taris City angesiedelt haben."

Liana verzog das Gesicht. "Klingt nicht gerade nach einem kuschligen Plätzchen. Und da soll ich alleine hinreisen?"

Gina blickte mittlerweile leicht säuerlich drein. Liana wusste gar nicht, dass sie zu solchen Emotionen in der Lage war. "Wie gesagt, du wirst dich zurechtfinden. Du bist eine junge Jedi. Und ein Schiff wirst du schnell gefunden haben, das dich auf einen anderen Planeten bringt."

Und damit war der Ablauf für den nächsten Tag beschlossene Sache. Den restlichen Abend verbrachte Liana mit Herumbasteln an Bonnie 2.0. Und immerhin war er kurz vor Einbruch der Dunkelheit wieder betriebstüchtig, aus Gründen der Sicherheit packte Liana ihn aber lieber noch in ihren Rucksack. Sie hatte ja keine Ahnung, was sie auf dem Schiff erwartete. Wenn sie Pech hatte, war der Fahrer ein Schrottsammler und ganz scharf auf die noch funktionsfähigen Teile von Bonnie 2.0. Möglicherweise würde dadurch ihre Reise ja behindert, wer wusste das schon.







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