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Gina holte tief Luft. "Du bist jetzt sicher etwas verwirrt, bei allem, was passiert ist, und dann landest du auf einmal bei Fremden."
Lianas Lippe zuckte und sie nickte. Was passiert war? Woher wusste sie davon?
Sie erkannte Lianas plötzliche Unsicherheit. "Keine Angst, du bist hier in Sicherheit."
Liana holte tief Luft und schluckte. "Ich weiß."
Gina räusperte sich. "Wir sind hier ein Dorf von Hexen und Magieren. Wir haben ein großes Wissen, was Heilen angeht. Es ist unsere oberste Maxime, anderen zu helfen. Wir werden dir nichts tun."
Mit zusammengebissenen Zähnen nickte Liana. Sie hatte etwas Schwierigkeiten mit Vertrauen, nach allem, was passiert war.
"Wir verstecken uns selbst", fuhr sie fort, während sie Liana aus dem Zimmer führte, hinaus durch verwinkelte Gänge bis ins Freie. "Wir verstecken uns", wiederholte sie, "nämlich vor dem Imperium." Sie machte eine kurze Pause und warf Liana einen vieldeutigen Blick zu. "Sie haben es nicht gerne, dass Leute wie wir existieren."
Liana fühlte sich auf einmal eingeschüchtert. "Leute... wie ihr? Also..."
"Hexen", vervollständigte sie Lianas Gedankengang ohne zu Zucken und nickte bestätigend. Aus ihrem Mund klang das beinahe... normal.
"Hexen", wiederholte Liana zögernd. "Aber... das Universum ist groß... Wie soll das Imperium denn alle Hexen aufspüren und vernichten?"
Gina nickte, ohne Liana eines Blickes zu würdigen. "Ein fast unmögliches Unterfangen. Wenn man noch bedenkt, wie gut sich Hexen verstecken können..."
Plötzlich hatte Liana ein komisches Gefühl in der Magengegend. "Aber du sprachst nicht nur von Hexen?" Trotz dass es als Frage formuliert war, hatte es mehr von einer Feststellung.
Gina lächelte vielsagend. "Es geht um die Macht." Gina seufzte und hob ihren Blick gen der Baumkronen. "Dem Imperium geht es nur um die Macht. Sie fließt und lebt in allem, aber in manchen Dingen oder Lebewesen ist sie stärker als in anderen. Darum geht es dem Imperium. Es will alle Macht auf sich zentralisieren." Gina blickte Liana erneut an. "Ich finde es unerklärlich, wie du so lange in der bekannten Nagaistadt überleben konntest."
Liana schluckte. "Ich... Wie meinst du das?"
Gina hob ihren Blick wieder, der sich zusehends verfinsterte. "Das heißt, du weißt es nicht, oder?" Aber sie wartete nicht, bis Liana geantwortet hatte, sie würdigte Liana noch nicht einmal eines Blickes, bevor sie weitererzählte. "Du kennst sicher die Geschichten, dass das Imperium alle Jedi gejagt und getötet hat? Nun, die Macht sucht sich selbst immer einen Weg. Das Imperium besteht schon eine Weile und es sind wieder viele Kinder geboren, die die Macht in sich tragen. Nur in wenigen Fällen ist die Macht so stark, dass das Imperium fürchten muss, dass diese Macht gegen sie gerichtet wird."
Liana war verwirrt. "Das heißt..."
Gina nickte lächelnd. "Du trägst Macht in dir, kleine Nagai. Aber hier bist du vorerst sicher und wir werden dir lernen, mit ihr umzugehen."
Gina führte Liana zu den anderen Bewohnern des Dorfes. Einige schienen von ihrer Anwesenheit nicht allzu begeistert und musterten sie argwöhnisch aus schmalen Augen. Doch als sie erfuhren, wer sie war, halfen alle mit. Liana wurde unterrichtet im Heilen und im Kämpfen. Ihr wurde beigebracht, die Macht zu benutzen und zu steuern. In den Pausen wurde ihr viel über Jedi gelehrt, wie sie lebten, wie sie trauerten und feierten, wie sie kämpften und vor allem wie sie sich versteckten. Das bewegte Liana dazu, ihre schwarze, langen Haare zu kürzen. Vielleicht wurde sie so nicht so schnell erkannt. Gina, Czeki und Pierré würdigten dies nur kurz mit einem halbherzigen Lächeln. Aber Liana fühlte sich dadurch sicherer. Und mit der Zeit breitete sich das Gefühl aus, scheinbar kongruent zu ihren Fähigkeiten, die sie nun zu beherrschen lernte dank dieses alten Hexenzirkels.
Sie trainierte sich vor allem im Rennen und Springen. Durch die Macht, die nun durch Meditation in ihr jeden Tag stärker wurde, rannte sie schneller und sicherer und ihre Sprünge wurden immer höher und weiter. Im Wald konnte sie besonders gut das Klettern üben. Ihre Macht wurde so groß, dass sie Gegenstände mit der bloßen Kraft ihrer Gedanken steuern und verändern konnte. Aber eine Waffe bekam sie nicht, nicht am ersten Tag oder am zweiten und auch an keinem Tag danach. Obwohl Lianas Macht sie beschützen konnte, das wusste sie, fühlte sie sich unwohl und verletzlich ohne Waffe. Zwar bekam sie einen kleinen, spitzen Dolch, um sich zur Not zu verteidigen, geradezu mittelalterlich. Immerhin waren sie Hexen. Sie sehnte sich nach einer stärkeren Waffe, einem Blaster oder einem Laserschwert. Sie würde gut damit umgehen lernen. Aber ihre Hoffnungen blieben unerfüllt.
Eines Morgens verließ sie ihr Zimmer, das ihr während ihres Aufenthalts zugewiesen worden war, und lief durch das geschäftige Dorf, um zu ihrem Training zu gelangen. Es war schon viel los auf den geteerten Wegen. Viele der Bewohner waren schon auf den Beinen. Sie sah seltsame Gestalten, allerhand Echsenmenschen und Nagai, aber ebenfalls viele Togruta und Chagrianer. Wenige Khramboaner, Ortolaner und Gungans waren unter ihnen und andere, machtsensitive Spezies. Wenn man nicht genau hinsah, wirkte es fast wie ein normales Dorf, aber genauer betrachtet waberte die Macht wie ein halbtransparenter, bleicher Nebel zwischen den Häusern. Die Bewohner transportierten Wasser, aber nicht in Krügen und Eimern, sondern in unsichtbaren Beuteln aus purer Macht. Manche nutzten ihre übermenschliche Kraft, um ganze Karren mit vielen Trümmerteilen für neue Häuser zu ziehen. Andere schwebten fast über den Boden oder erschufen um sich einen magischen Schimmer. Während die Bauten allesamt einen sehr modernen Eindruck machten, sahen sie auf den zweiten Blick schon ziemlich gebeutelt aus. Die Häuser waren kleine, quadratische Würfel auf dem Boden. Überall im Dorf standen große Bäume, um es zu tarnen. Gina hatte Liana erzählt, dass es zwar auch einen Schutzzauber geben würde, aber sie wollten auf Nummer sicher gehen.
Ihr Weg führte sie zu einer Lichtung im Wald. Eichen und Buchen wichen Pinien und Kiefern. Braun-verbranntes Waldgras bedeckte den trockenen Sandboden. Hinter ein paar kargen Birken und dürren Büschen stand eine kleine, baufällige Hütte. Darin waren Materialien, die sie für den Unterricht brauchen würden. Das waren beispielsweise schwere Eisenkugeln, Metallringe verschiedener Größe und Gewichts und metallene und magnetische Platten und Stäbe. Damit trainierte sie unter anderem die Kraft und Ausdauer ihrer Macht. Sie bekam dann die Aufgabe, die Ringe auf die Stäbe zu sortieren, nur mit der Kraft ihrer Gedanken. Oder sie sollte die schweren Kugeln nur mithilfe ihrer telekinetischen Kraft anheben. Wenn eine Kugel problemlos angehoben werden konnte, wurden es zwei und immer mehr. Schließlich sollte sie in der Luft Bauwerke nur mit den Kugeln, Ringen, Stäben und Platten erschaffen.
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