༎།⁝ Die zeremonielle Versagerin
Silva schlief zu Grölen, Singen und Pauken auf dem Marktplatz ein und wachte zu Grölen, Singen und Pauken wieder auf. Das Fest wütete die ganze Nacht hindurch. Sie nagte einen Maiskolben nach dem anderen ab wie Heuschrecken und tanzte, bis sie völlig ausgelaugt nach Hause taumelte. Manch einer hatte es gar nicht bis dorthin geschafft. Ein Höhepunkt war Yumils eindrückliche Demonstration, dass in seinen Bauch ein ganzer gegrillter Nasenbär passte. Scarlett konnte so viel mit Pomuk tanzen wie in allen vergangenen Jahren nicht. Es war die ausgelassenste Feier, an der Silva je teilgenommen hatte, und noch besonderer war, dass sie fand zu Ehren von ihr und allen anderen Absolventen statt.
Sie war mit der Urne zum Vollmondcenote gelangt, bevor es dunkel wurde. Sie und Yumil hatten sich abgeklatscht und sich nicht zugeplappert wie erwartet, sondern einfach gegen einen Baum sinken lassen und den Sternen beim Erstrahlen zugesehen. Sie hatten beide ihr Versprechen gehalten.
Doch Silva konnte es erst glauben, als sie aus Lha Naluaks Mund hörte, dass sie die Klausurprüfung bestanden hatte. Und das mit einem der besten Resultate, wie es ein Blütenkranz in ihrem Haar attestierte.
Es war vollbracht. Sie war erwachsen.
Fast.
Die Absolventen standen am Fuß der Pyramide, hinter ihnen ihre Familien und der restliche Clan. Von überall her prasselten die mitreißenden Lieder auf Silva ein. Scarlett, ihre Mutter und sie hatten sich an den Schultern gegriffen und schaukelten zu dem Takt, welcher die Zeremonie einläutete. Das Wasser des Urwadis schlackerte um Silvas Unterschenkel. Ein Harnisch aus kleinen Knochen und Gräten kratzte über ihr Dekolleté. Sie musste die Augen zu Schlitzen verengen, denn die Sonne brannte ihr ungehemmt entgegen.
Der Zeremonie-Tempel war so erbaut worden, dass der Himmelsball bei Zenit perfekt im Monument über dem Alltag schwebte: Zwei einander zugewandte, nach vorn gebeugte Sicheln. Riesige Streben, welche in den Steilklippen rundherum verankert waren, fixierten die Krone der Pyramide. Sie hatten Einbuchtungen, in denen sich bei Nacht die Sternenkonstellationen einfügten, und waren mit Legenden und Mythen bedeckt. Wie die Beine einer gewaltigen Spinne wölbte die Konstruktion sich über dem versammelten Volk.
Der Urwadi war eine rundliche Schlucht östlich der Stadt. Felsmassive kesselten ihn ein, weshalb er lediglich in der Regenperiode Wasser führte. Durch enge Zugänge konnte man ihn betreten, und das nur zu sehr wichtigen Zeremonien. Während der Riten durfte man ihn wiederum nicht verlassen. Irgendwie gab der Gedanke Silva ein mulmiges Gefühl. Aber das ging in all ihren anderen Gefühlen völlig unter.
Pulsierende, energische Musik flutete den Wadi. Sie wurde vom Singsang der Vogel-Hína bestärkt, welche sich als bunte Orchester auf den Stützen der Sicheln ausgebreitet hatten. Ihre Klänge waren so unterschiedlich und dennoch im wogenden Gleichschritt. Es war wie eine Choreografie, die man nicht einstudieren musste, weil alle die gleiche Kraft spürten, von der sie sich erfassen und lenken ließen. Sie gab das Temperament an, der Clan war ihr Sprachrohr. Tierhäute wellten sich unter den Schlägen der Trommler, gediegene Melodien von Panflöten mischten sich darunter. Zikaden, Bienen, Frösche und das Donnern von Knochen und Hölzern komplettierten die Hymne, welche zwischen den himmelhohen Felsen echote.
Die Clanherrscher trugen vergoldeten Kopfschmuck, der ihrer jeweiligen Tiergestalt nachempfunden war; Gewänder aus schillernden Federn, Ketten aus seltensten Erzen und Relikten ihrer Vorgänger. Zusammen mit Zlatan, dem Regenten für Zeremonien, hatten sie sich auf der Pyramide eingefunden. Sie war einige Stockwerke höher als die des Marktes und wirkte durch die Sicheln noch viel machtvoller.
Clanherrscher Quetzal tanzte in der Gestalt seines namensgebenden Vogels über allen anderen. Eine korallenrote und türkise Pracht, deren gegabelter Schweif länger war als ihr Rumpf. Pauken, Flöten und Chöre spornten ihn in seiner Trance an, mit der er die Götter beschwor. Er räkelte sich, schlug Saltos und schraubte sich nach oben, sodass der feingliedrige Schweif Spiralen wirbelte. Er war ein Farbregen im Kern der Sonne, bis die Musik langsam verebbte.
Wie ein welkes Blatt trudelte Quetzal hinab zu den anderen vier Clanherrschern. Zlatan markierte ihre Spitze. Er hatte seine Form als Dschelada angenommen- ein pavianähnlicher Affe von den Savannok, als altes Männchen breitschultrig und mit strohblonder Mähne.
›Gegrüßt sei das Volk der Mayaminn, Kinder des Fluss Culcheth und des fruchtbaren Waldes.‹ Seine Worte, für die er den Mund nicht bewegen musste, hallten durch die tosende Atmosphäre. ›Wir haben uns in eurer gehuldigten Stätte eingefunden, um jene Hína zu beschenken, welche in der Klausurprüfung Tapferkeit, Disziplin und Erfahrung bewiesen. An diesem Tag werdet ihr euer Bündnis mit dem Kreislauf des Lebens besiegeln und die wichtigste Gabe eines Erwachsenen in euch wecken. Neue Möglichkeiten als auch Pflichten werden euch begleiten. Eure Familie wird euch lehren, der Gemeinschaft zu dienen. Origo, Vater und Patron, hat entschieden, dass ihr seinen Ansprüchen gerecht werdet. Ab heute trinkt aus einem Kelch mit euren Ahnen, die diesen Weg bereits beschritten und euch auf ihn zurückführen werden, solltet ihr euch verirren.‹
Kriegerisch drückte Zlatan die Faust an sein linkes Schlüsselbein, dort, wo in seiner Menschengestalt das Symbol des Dscheladas saß. Eine Stelle, durch die niemand sein Tier verleugnen konnte- die Membran zwischen dem einen und dem anderen.
›Ob Felltier, Flugtier, Wasser-, Panzer- oder Paratier‹, finalisierte Zlatan seine Rede, ›jede Seele ist gleich schwer und gleich wertvoll. Möge uns der, der uns Mais und Getreide bringt, auch diesen Segen schenken.‹
Ekstatisch applaudierten die Mayaminn. Eine Feuerstelle auf dem Altar wurde entfacht und die Flammen wuchsen, bis sie in der Sonne aufzugehen schienen.
Dann wurde der Erste aufgefordert und Silvas Gedanken riefen so stürmisch Wer sonst?, dass sie kurz fürchtete, es ausgesprochen zu haben.
Lha Naluaks Blütenkranz beglaubigte, dass Zhagorim auch zu den Absolventen zählte, deren Gegenstand am besten gelungen war. Und wer hätte sich angemaßt, etwas anderes in Betracht zu ziehen. Er trat aus der Reihe und blickte kein einziges Mal zurück zu der Familie, die er hinter sich hatte oder auch nicht- Silva wusste es nicht, denn sie vermied es, ihn anzustarren wie die meisten, als er seinen Krug nahm, der vor jedem von ihnen im Wasser ruhte. Im gleißenden Licht zeichnete sich seine schmale Silhouette ab, die kleiner wurde, je näher er dem Gipfel des Tempels kam. Ein purpurnes Tuch verschleierte seine Schultern und zeigte, aus welchem Haus er war, und er bewegte sich auch nach hundert Stufen so aufrecht wie jemand, der voll und ganz verinnerlicht hatte, aus welchem Haus er war.
Indes hielt Zlatan ein Beil hoch. Zhagorims Beil. Silva hatte es am Vollmondcenote gesehen. Nach ihrem komischen Treffen in den Lianenschluchten hatten sie kein Wort mehr miteinander gewechselt. Sie hatte es vage versucht, aber selbst bei ihrer Auszeichnung war sie für ihn wie Luft gewesen.
Zlatan verfütterte das Relikt im gleichen Moment an die Glut, in dem Zhagorim den Wasserkrug an der Kante des Altars zertrümmerte. Keramikscherben verstreuten sich auf der Pyramide. Wasser war das höchste Gut, welches die Götter spendierten. Wollte man etwas von ihnen, musste man es zurückgeben, denn wie alles Sein war auch der Regen geborgtes Elixier.
Mit dem Rücken zu seinem Clan kniete Zhagorim sich vor den lodernden Altar und die von mächtigen Sicheln eingerahmte Sonne. Lanzenotters Miene war genauso starr und routiniert auf ihn gerichtet wie die der anderen Clanherrscher. Für einen Moment fragte Silva sich, ob und wie er seinen Sohn für diesen Erfolg gelobt hatte. Dass er Zhagorim mit Herzlichkeiten überschüttet und ihn umarmt haben sollte, wie Scarlett und ihre Mutter es mit Silva gemacht hatten, konnte sie sich so schlecht vorstellen wie eine Giftschlange ohne Zähne.
Die Hymne, zu der Silva sich mit ihrer Familie Schulter an Schulter treiben ließ, schwoll an. Die Intensität jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Zlatan hatte sich zwischen Zhagorim und dem Schrein niedergelassen und hob in seinen runzeligen Affen-Händen eine Klinge.
Präzise ließ er sie über Zhagorims Schlüsselbein gleiten. Es war nun buchstäblich eine Schnittstelle der Tier- und der Menschenwelt. Die Zeit, über die Brücke zu treten, war gekommen.
Clanherrscher Okapi gab Zlatan eine Schüssel, die er feierlich dem Volk präsentierte. Das Sagrado. Er und die Clanherrscher wussten als Einzige, wie man es herstellte. Nur eine Tatsache war für jeden unmissverständlich: Darin befand sich die Tierseele. In einer Welt, in der ein Verräter bloß zwei ausgestreckte Fühler weit entfernt sein konnte, war kein Geheimnis so streng behütet wie die Rezeptur dieses heiligen Getränks.
Zlatan betupfte Zhagorim damit und murmelte melodiöse Gebete. Alle Schmuck- und Kleidungsstücke legte er neben sich. Das purpurne Tuch glänzte unter der Sonne und dem Feuer, als er es abstreifte.
Dann presste der Regent Zhagorim die Schlüssel an die Lippen und den Kopf des Jungen nach hinten, sodass er sein Sagrado in vollen Zügen trank.
Silva war jedes Jahr bei den Einweihungszeremonien dabei und sie waren jedes Jahr schmerzhaft anzuschauen.
Anfangs blieb Zhagorim auf den Knien, doch nicht einmal er konnte die Kontrolle über sich behalten. Durch seinen Rücken ging ein Stoß, als hätte er einen Zitteraal berührt. Die drastische Veränderung seines Körpers warf ihn zu Boden. Zhagorim keuchte heftiger als die Flammen, die seine Konturen glühen ließen. Sein Torso streckte sich, Arme und Beine schrumpften zusammen. Zhagorims glattes, braunes Haar floss plötzlich über das, was sich da formte, wie ein Eimer ausgekipptes Wasser verschluckte es ihn von oben bis unten. Das gequälte Keuchen wurde zu einem Quieken, welches Silva von jedem längeren Aufenthalt am Culcheth kannte.
Unbeholfen fuchtelte der Riesenotter mit seinem breiten Schwanz und den verkürzten Exkrementen, dann schaffte er es, sich auf sie zu stemmen. Das helle Licht schien sein Fell weiß zu malen, obwohl es in Wahrheit so dunkel war wie vom Regen aufgequollene Erde.
Kein Riesenotter, korrigierte Silva sich. Zhagorim.
Der Jubel des Clans riss ihn fast von den neuen Füßen, und Silva jubelte mit. Vielleicht war das ebenfalls eine Magie der Zeremonien: Die Erinnerung, dass alle auf die gleiche Art mit ihrer Heimat verbunden waren, auch wenn sie einander nicht verstanden.
Zlatan verkündete Zhagorims Tiergestalt, sodass es selbst im Toben des gesamten Clans hörbar war. Schließlich half er dem Otter mit anleitenden Worten und einer höheren Kraft, zu der nur ein Regent imstande war, sich schnell zurückverwandeln und den Rückweg anzutreten. Als zwischen Zhagorim und den Zuschauern noch wenige Stufen lagen, schallte von der Pyramide ein Name, welcher bei Silva ankam wie ein Rinnsal, das durch etliche Gesteinsschichten gefiltert wurde.
Scarlett stieß einen verhaltenen Schrei aus, ihre Stimme überschlug sich vor Aufregung. »Silva! Silva, du bist«, flüsterte sie unter all den Blicken, die an der jüngeren Schwester klebten. Sie fand Yumils, dessen verschmitztes Lächeln Silva förmlich einhämmerte, dass alles gut werden würde. Es nahm sie an die Hand, weg von dem Schutzwall aus vertrauten Gesichtern, weg von Scarlett und Mutter und dem bis zu ihren Kniekehlen reichenden Wasser. Aber es gab keinen Grund, Angst zu haben. Ein ander Mal, nur nicht heute. Silva hatte vor der Klausurprüfung das Schlimmste befürchtet und war eine der besten Absolventinnen geworden.
Was sollte ihr noch passieren?
Stocksteifes Rückgrat, das Kinn nach oben gereckt. Silva trug ihren Stolz wie den getöpferten Krug. Die absolute Mehrheit des Clans betrat das Podium einer Pyramide einmalig, und zwar zur Einweihungszeremonie. So oft hatte Silva sie miterlebt, auch bei Scarlett, und nun war sie an der Reihe.
Euphorischer Gesang umströmte sie aus jedem Winkel, ihre Füße passten sich dem Rhythmus der Paukenschläge an. So viele Stufen ohne Pause zu steigen, hatte Silva nirgendwo üben können, aber ihre Erschöpfung verrauchte einfach in der Sonne und den Flammen. Das Prasseln lullte sie mit den unzähligen Geschichten derer ein, die diesen Prozess schon vor ihr durchlebt hatten.
Silva zerschellte die getöpferte Urne synchron dazu, wie Zlatan ihre hölzerne versengte. Zischend verdampften die Wasserspritzer, Pfützen und Scherben sackten auf die polierten Basaltplatten. Sie hatte das Gefühl, diesen heiligen Boden mit ihrer bloßen Anwesenheit zu beschmutzen. Die Pyramide war auf dem Ahnencenote errichtet und im Inneren ein Raum mit unvergleichlichem Wert. Man hatte Silva beigebracht, dass darin die Tierseelen und die größten Schätze des Clans aufbewahrt wurden. Ihre Macht schien durch die Platten zu strömen und dafür zu sorgen, dass man nicht die Ehrfurcht verlor, wie hoch dieses Podest auch sein mochte. Silva war auf einem Niveau mit den Steilklippen, die den Urwadi begrenzten, und ihr Volk so klein wie Figuren eines Spielbretts. Doch unter den Sicheln war sie selbst ein Winzling, einer der Tropfen auf dem Basalt, ein Saatkorn im ewigen Werden und Vergehen.
Sie kniete nieder und mit der Jadeklinge, deren Kristalle funkelnd das Licht reflektierten, ritzte Zlatan in ihr linkes Schlüsselbein. Dunkles Rot tröpfelte auf den Harnisch. Der leichte Schmerz wurde hinfort gespült von der Bedeutungsschwere dieses Moments.
Clanherrscher Lanzenotter reichte dem Dschelada das Sagrado. Ein scharfer Kräutergeruch biss Silva in die Nase. In der beschmückten, mit Glyphen übersäten Schale schwappte eine trübe Flüssigkeit. Zlatan träufelte sie auf die angeschnittene Haut. Derweilen stapelte Silva ihren Schmuck, den Kranz und ihr Kleid neben sich. Für das kiwigrüne Oberteil hatte Scarlett vier Anläufe benötigt.
Gebieterisch ragten die Clanherrscher über ihr auf, die Konturen durch die Sonne hell umrandet. In jeder anderen Situation hätte es Silva massiv gestört, so nah vor Clanherrscher Lanzenotter zu hocken, doch sie war auf Zlatan fokussiert. Einem Mantel gleich sträubte sein Rückenfell sich um die stämmige Brust, auf der ein rotes Dreieck leuchtete wie ein Familienwappen. In seinen schmalen Augen spiegelte sich ein Zucken auf Silvas Miene, als etwas in ihrem Kopf die Trance durchkreuzte, flink und zwickend wie der Schnitt mit der Jadeklinge. Ein Gedanke, der so schnell erlosch, dass er Einbildung hätte sein können.
Die Tiergestalt würde sie zur Erwachsenen machen und einläuten, wie ihr Erwachensein aussehen sollte. Doch es würde, egal mit welcher Gestalt, nicht die Kunst des Redens beinhalten. Sicherlich würde sie immer ein Teil von Silva sein, aber niemals gefüllte Marktplätze erreichen. Sie begrub diesen Traum hier und jetzt, endgültig.
Sie war keine Ausnahme, doch das war eine Ehre. Es erlaubte ihr, froh und schamlos durch die Wohngemeinde laufen zu können, sie, die mit ihrer Vergangenheit immer darum hatte kämpfen müssen. Jeder, der Silva im tückischen Labyrinth der Lianenschluchten Energie gegeben hatte, war bei ihr. Sie würde alle stolz machen, so stolz.
Es musste so sein. Diese Wahrheit wurde unumstößlich, wenn sie in das längliche Gesicht des Dscheladas blickte, der schon Hunderten ihr Schicksal eingeflößt hatte. Zlatans weise, beinahe göttliche Aura holte Silva in die Gegenwart. Mit der Gewissheit, dass er die Dinge begriff, vor denen sie sich noch fürchtete, konnte sie alles ausblenden, als er die Schüssel an ihr Gesicht führte.
Das Sagrado brannte so in ihrer Kehle, dass Silva es fast ausgespuckt hätte. Hitze pflügte durch ihre Brust und ihren Magen und sie musste sich das Husten verkneifen. Sie stellte sich darauf ein, vor Schmerzen umgeworfen zu werden, doch nach dem ersten Schwung flaute die Hitze ab. Verdutzt horchte Silva in sich hinein. Ihr hämmerndes Herz pumpte das Sagrado durch ihre Gefäße, ihr wurde etwas schwummerig, aber sonst konnte sie keine Veränderungen ausmachen. Verhieß der Druck, der unter ihren Rippen lastete, etwas? War das nur die Aufregung? Der Anflug einer Verwandlung? Das dauerte eigentlich nie so lange, oder war ihr das von unten nur so vorgekommen?
Erneut ließ Zlatan Silva vom Sagrado trinken, erneut raste die grässlich schmeckende Hitze durch ihren Rachen. Ihr Schädel wurde in dicke Lamawolle gepackt, ihre Augen prickelten. Sie glaubte, etwas zu spüren, aber es war wie ein Funke, der sich nicht entzündete. Silva wollte weiter nippen, allerdings zog Zlatan die Schale weg. Sie war leer.
›Lass dir Zeit‹, flüsterte er. Es schwang Besorgnis darin mit. Warum war er besorgt? Warum geschah nichts?
Schweiß explodierte unter Silvas Achseln, das Sagrado schien den umgekehrten Weg durch ihren Hals einzuschlagen. Sie fluchte in sich hinein, doch je mehr sie sich darauf konzentrierte, desto schlimmer wurde es. Ihre Atmung beschleunigte sich. Nein, nein, nein, sie durfte keinen Anfall haben. Um Origos Willen, nicht auf der Pyramide bei ihrer Einweihungszeremonie!
Die Musik schwächte ab, die Erwartungen des Publikums bohrten sich in Silvas Nacken, die der Clanherrscher in ihre Stirn. Sie kauerte da wie ein Verbrecher, der darum bettelte, verschont zu werden.
Es passierte nichts. Kein Pelz, keine Schuppen, keine Flügel.
Ihre Sicht verschwamm. Durch den Schleier sah sie, wie die Clanherrscher Blicke tauschten. So viele Gefühle zwischen Verwunderung und Empörung passten gar nicht auf ihre prächtig angerichteten Gesichter.
›Mein Kind, mein Kind‹, sagte Zlatan und tätschelte Silva. Seine Berührung drang nicht zu ihr durch. ›Was hindert dich? Du darfst jetzt an nichts anderes denken. Du musst die Kontrolle abgeben.‹
Doch seine Worte stolperten über sich selbst. Ratlosigkeit musste ungewohnt für ihn sein, denn Zlatan konnte sie nicht gut verbergen.
Silva scharrte in ihrem diesigen Kopf und in ihren verknoteten Eingeweiden nach etwas, das eine Bedeutung haben könnte. Sie lauschte auf das Sagrado, das sich mit jedem wummernden Herzschlag in ihrem Blut ausbreitete und dort ihre Verwandlung auslösen musste, ihre Verwandlung.
Sie konnte sich nicht einmal so weit sammeln, um dafür zu beten, dass es funktionierte. Die Musik wurde leiser, die Unruhe unten vor der Treppe lauter- und Silvas Hoffnung verglomm, bis sie schlussendlich zu Asche zerbröselte, aufgeleckt von den gleichgültig knisternden Flammen über dem Altar.
Japsend stülpte sie sich ihr Kleid über und grapschte nach dem Blütenkranz, um die Bloßstellung zumindest so zu bekämpfen. Wie ein lächerliches Pusten auf eine klaffende Fleischwunde. Zlatan wich vor ihr zurück- er, ein Regent, wich vor einem normalen Mädchen zurück. Er sprach nicht und er ließ nicht die mystischen Kräfte walten, mit der die Regenten und vor allem er, der Abgeordnete für Rituale, ausgestattet waren. Sie wollte ihn anflehen, doch sein Verhalten sagte alles. Sogar er wusste nicht, was mit ihr los war und was er dagegen tun konnte.
Silvas angsterfüllter Blick taumelte weiter über die fünf Clanherrscher.
Dort stand er mit verschränkten Armen und brüskierter Miene, als könnten die Spinnenbeine der Kuppel über ihm einstürzen und es würde ihn nicht scheren. Als hätte er geahnt, dass Silva so etwas widerfahren würde, weil sie nichts als Abschaum und Zeitverschwendung für ihn war.
»Die Götter verweigern sich dir! Du bringst Schande über uns!«, wetterte Lanzenotter so laut, dass die gebogenen Felswände es bis zum letzten Zuschauer tragen mussten.
Etwas in Silva barst wie der Krug, den sie am Altar zertrümmert hatte. Das weinende Mädchen, welches die Stufen hinunter preschte, war nicht sie, sondern jemand, den sie von außen beobachtete. So ein erbärmliches Ding, dachte sie über die Person, die es magischerweise schaffte, drei Stufen mit einem Satz zu nehmen.
Es wurde gerufen und versucht, Silva abzufangen, doch ihre Panik hatte sie ironischerweise in ein Tier verwandelt. Es kratzte und schlug um sich und scheute vor keinem Schmerz zurück, bis es entwischt war. Durch einen Spalt unweit der Treppe stürmte sie aus dem Urwadi, und diese Grenze passierten die Klardenkenden gemäß der Regeln nicht.
Bei Silvas Verfassung hätte sie sich alles brechen müssen, doch irgendwie durchquerte sie blindlings die Felsspalte, bis der offene Regenwald sie empfing. Vögel flatterten erschrocken auf, wo sie gegen einen Baum sank.
Zerschrammt und heulend kugelte Silva sich ein. Ihre Gesichtsbemalungen zerflossen unter den Tränen wie ihre Zukunft. Wie konnte sie so eine Enttäuschung sein, dass ihr die Tiergestalt verwehrt wurde? Was hatte sie verbrochen? Auf keiner Zeremonie, der sie beigewohnt hatte, war das vorgefallen. Die Absolventen hatten stets mit Nervosität und Euphorie ihren Namen herbeigefiebert, waren mit ihrem Krug würdevoll zum Podium gegangen und hatten das Ritual befolgt. Silva hatte genau das Gleiche getan, ganz brav. Weil sie ums Verderben nichts benennen konnte, das sie falsch gemacht haben sollte, musste es daran liegen, dass sie Silva war.
›Sei gegrüßt. Kann ich dir helfen?‹
Wenn das Leben vor einem in Scherben lag, war man nicht unbedingt darauf eingestellt, dass es noch schlimmer werden konnte. Aber es wäre ja langweilig, würde man sie nicht eines Besseren belehren.
Jaguare erlebte man als Tiergestalt so selten wie Harpyien, den Quetzal und alle anderen, die die ersten zwölf Hína gewesen waren. Sie zu jagen, zu essen oder einzusperren, konnte einem selbst die Freiheit kosten... oder den Kopf. Silva hatte bisher ein Mal einen wilden Jaguar gesehen. Tot. Es war ein Jungtier gewesen, das sich an den Rindern vergreifen wollte und von ihnen ertrampelt worden war. Man hatte beschlossen, ihn zur Besänftigung der Götter zu opfern, und die Gemeindehüter durften die Priester zum Vollmondcenote begleiten.
Dieser starre, schmächtige Jaguar war in Anbetracht des Kultes, welchen Geschichten, Kunstwerke und Münzenprägungen um ihn sponnen, ein bisschen ernüchternd gewesen. Das Tier vor Silva hingegen, das hätte direkt aus einem der Mythen geklettert sein können. Der Stimme nach zu urteilen handelte es sich um einen Mann mittleren Alters. Er strotzte vor Muskeln, die ovalen Ohren waren auf sie fixiert, ebenso das bernsteingelbe Augenpaar. Und er war schwarz wie die Nacht. Einzig bei einem Fleck am Gesäß zeichneten sich blass die Rosetten eines Jaguars ab. Womöglich war dort ein Blatt kleben geblieben, als die Götter ihn schwarz bemalt hatten.
Er verharrte an dem dichten Unterholz, aus welchem er getreten war, keine fünf Menschenlängen entfernt. Silva hatte ihn nicht kommen hören, aber das war eine obsolete Feststellung. Was hätte sie in ihrem Heulkrampf schon gehört?
Dass sie es mit einem Hen, statt einem wilden Panther zu tun hatte, war kein Garant, dass er nett sein würde. In Lha Naluaks Unterricht hatten sie Legenden gelesen, welche die Eckzähne der Jaguare als tödlichste Dolche der Welt beschrieben. Und wenn man die Leiche gut versteckte und es einem niemand nachweisen konnte, war der Dschungel ein gesetzloser Raum. Auf der Spielfläche von Silvas Geist befreite der Panther die Mayaminn von der Schande, die sie über ihren Clan gebracht hatte, indem er seine Eckzähne in ihrem Nacken versenkte. Es war allein der rohe Überlebens-Instinkt, der sich Silvas Wunsch querstellte, die Gefahr auf sie zukommen zu lassen. Wie Instinkte so waren, konnte nicht mal die jämmerlichste Verzweiflung sie ersticken.
»Bitte tu mir nichts«, würgte Silva hervor.
Seine Schnauze zuckte. ›Ein wehrloses Mädchen zu fressen, wäre nicht gut für meine Karriere.‹
Ihre Skepsis schrumpfte ein bisschen. Kein Gesetzesfremder also. Das wäre der Punkt gewesen, an dem man einen Plausch führte und dann wieder getrennter Wege ging. Schade nur, dass Silva kläglich daran scheiterte, sich einzukriegen. Sie spuckte eine Tirade an Schluchzern aus und konnte gerade so ihren Mageninhalt in sich bewahren. Was sie dabei nicht brauchte, war diesen Hen, der sie unverfroren anguckte, als wäre sie ein Sack Kartoffeln. Sein Schweif peitschte grüblerisch hin und her, der gelbe Blick bohrte sich in Silva wie eine Stake in den Flussgrund.
Geh endlich weg!, schrie sie in das Chaos ihrer Gedanken, doch er verharrte an Ort und Stelle. Er näherte sich ihr nicht, er ging nicht fort.
›Warum weinst du?‹ Die Frage war distanziert und doch behutsam.
Es ist nicht dein Problem, hätte sie am liebsten gesagt. Wie sollte er ihr schon helfen, wenn selbst Zlatan dazu nicht fähig war? Doch Silva vermied es, ihn zu provozieren.
»Ich bin abgehauen«, lallte sie stattdessen.
›Von der Einweihungszeremonie der Mayaminn?‹
Es sprudelte aus Silva heraus, ohne dass sie es gewollt hätte. Es war zu verwirrend und zu grausam, als dass sie es für sich behalten konnte. »Mein Sagrado hat nicht funktioniert. Ich habe es getrunken und mich... und mich nicht verwandelt. Ich habe keine Tiergestalt! Ein Clanherrscher meinte, die Götter würden sich mir verweigern. Die Götter haben mich abgewiesen, kannst du dir das vorstellen? Entschuldigung, ich sollte siezen, immerhin...«
Ihr Gebrabbel wurde von einem Wimmern unterbrochen. Sie konnte das, was sie hatte sagen wollen, nicht mehr zusammenraufen.
›Ich glaube, es gibt jetzt Wichtigeres, als auf Formalien zu achten‹, sagte der Panther. ›Wenn du weiter so hyperventilierst, könntest du ohnmächtig werden.‹
Seine Schulterblätter bewegten sich in eleganten Kreisen, als er vorsichtig auf Silva zuschlich. Das schwarz schimmernde Fell erweckte den irrsinnigen Anschein, als könnte alles daran abprallen, ohne den geringsten Schaden anzurichten. Was für einen ungeheuerlich starken Kiefer es umschließen musste. Ausgerechnet jetzt kullerte ihr ins Gedächtnis, wie Lha Naluak geschildert hatte, dass Jaguare Schädel knacken konnten, als wären sie Eier. Sollte er doch keine reinen Absichten haben, war Silva ihm gnadenlos ausgeliefert. In ihr rangen zwei Extreme darum, ob sie das begrüßen oder um ihr Leben bangen sollte.
Aber auch die Nachricht, was er da für eine Versagerin vor sich hatte, ließ sein Gemüt nicht umschlagen. ›Nun, ich kenne mich mit Zeremonien aus und man kann es nicht schönreden: Das ist eine ernste Sache. So etwas ist mir noch nie untergekommen.‹
Wegen Silvas entgeisterter Miene fügte er hinzu: ›Ich weiß jedoch, dass die unsterblichen Mächte manchmal Botschaften bei Einweihungszeremonien senden. Es muss kein persönliches Versagen heißen, oder dass du keine Tiergestalt hättest. Da sind unterschiedliche Interpretationen möglich.‹
»Schon gut. Ich habe harte Wahrheiten lieber als ein Lügenmärchen«, schniefte sie. Ihr Hirn war ein vernebeltes Loch und sie erinnerte sich nur schwerlich daran, was er eben gesagt hatte. Botschaften... Verschiedene Interpretationsmöglichkeiten. »Welche?«
›Dafür kenne ich dich zu wenig‹, antwortete der schwarze Jaguar. ›Prinzipiell ist es etwas Großes. Ich schätze, die Götter haben dich für etwas Großes auserwählt.‹
Ein krächziges Lachen ließ ihre Rippen vor Schmerz singen. »Auserwählt, um mich auszulachen vielleicht. Ich bin während der Zeremonie aus dem Urwadi gerannt! Wenn ich nicht verbannt werde, weil ich praktisch kein Hen bin, dann dafür.«
Nach Silva wurde ja auch nicht gesucht. Wäre es so, hätten sie sie längst, denn sie war nicht tief ins Dickicht gelaufen und das Blätterdach über ihr nicht verschlossen. Doch niemand rief nach ihr, kein Vogel-Hen hielt am Himmel Ausschau. Die Zeremonie musste fortgeführt werden, solange die Sicheln noch die Sonne einfingen. Und Mutter, Scarlett, Yumil, Pomuk und wer alles noch Sympathie für Silva übrig gehabt hatte, musste dort bleiben, ohne Auskunft darüber, wie es ihr ging oder warum das geschehen war. Das war Silvas erste Bestrafung von all denen, die zweifellos noch kommen würden.
Was sie verdiente.
Er schwieg und sah sie an, ohne Wertung, ohne lesbare Emotion. Einzig die vibrierenden, weißen Tasthaare, welche im Kontrast zu seinem dunklen Kopf standen, verrieten, dass darin etwas vor sich ging. ›Wie heißt du?‹ Eine Frage, eine Antwort von ihr. Und dann von ihm.
›Malvus. Malvus Chittozul.‹ Er setzte sich auf die Hinterpfoten. In dieser Haltung war er größer als Silva, wie sie da an ihrem Baum kauerte. ›Ich bin ein Politiker der Neuen Hüter und reise nach Mayaminn-Stadt, um deine Clanherrscher zu beraten.‹
In ihrem Kopf schwangen zwei Vorhänge auf. Ein frisch montierter, hinter dem Lanzenotter auf der Pyramide des Marktes verkündete, dass je ein Berater zu den Großen Drei kommen würde. Der zweite Vorhang war älter und es war immer ein Glücksspiel, wenn Silva dahinter spähte: Würde es ihr Freude bereiten oder Kummer, der sich tagelang an ihre Fersen heftete wie eine düstere Gewitterwolke? Nun bereitete es Silva eine Erkenntnis.
Vor fünf Jahren. Yumil und sie, gesegnet mit dem Glück, Origo bereisen zu dürfen. Zu sehr war Silva dabei ans Staunen gefesselt gewesen, um sich mit Gönnern und Sponsoren zu befassen, die noch zahlreicher zu Gast gewesen waren als die Kinder. Doch sie konnte das Bild eines junges Mannes zusammenfügen. Ein Bild von nackenlangem Haar und dem Symbol eines Jaguars auf einem muskulösen Oberkörper. Malvus Chittozul, dieser Name war schon damals gefallen, keine Zweifel. Höchstens ein kleiner. Um sich ganz sicher zu sein, müsste er seine Menschengestalt zeigen... aber diese Stimme, eine gespannte Bogensehne aus Charisma- es konnte nur er sein.
Aus ihm war also ein hochrangiger Politiker der Neuen Hüter geworden. Nämlich der Berater, welcher die Wogen glätten sollte.
Sie hinterließ echt einen brillanten Eindruck von sich und dem Clan.
›Ich nehme an, dass du mich nicht in die Stadt begleiten möchtest?‹, erkundigte sich Malvus. Er ließ keinen Hinweis darauf anklingen, ob er Silva wiedererkannte. Damals war sie auch wesentlich jünger gewesen und die Erwachsenen hatten sich auf ihre Ziele konzentriert.
»Als ob ich willkommen wäre.« Der Schnitt an Silvas Schlüsselbein hatte aufgehört zu bluten. Was zur Gravur hätte werden sollen, war war eine scheißnormale, pieksende Wunde. Sie bedeckte sie mit der zitternden Hand, als hätte man dort ihr Herz herausgerissen.
Die Pantheraugen in dem Gelb von Kurkuma wanderten zu einem Gebüsch. ›Sieh an. Du bist eine der besten Absolventen.‹
Sie hatte den Blütenkranz während ihrer Flucht nicht wahrgenommen. Er hing in dem Strauch neben ihr. Die zerfledderten Blüten und Zweige klammerten sich aneinander wie Ertrinkende an Treibholz.
»Das ist jetzt egal. Was auch immer die Götter mit mir vorhaben«, antwortete Silva und starrte auf die Überreste des Gestecks, »ich bin nicht stark genug dafür.«
Dieses Mal war die Pause vollkommener, als hätte ihr Gespräch eine Richtung. Malvus streckte eine Pfote, die doppelt so dick war wie Silvas Hand, nach dem Blütenkranz aus. ›Was planst du zu werden, Silva?‹
»Ich bin die Tochter einer Fischerin. Ich wäre das geworden, was...« Was zu meiner Tiergestalt gepasst hätte. Der Satz weigerte sich, über ihre Zunge zu kommen.
›Na, na, na. Geworden. Sag das nicht‹, schnurrte Malvus.
»Und wieso nicht? Es ist vorbei. Wie soll ich ihnen erklären, dass ich keine Tiergestalt bekommen habe? Ich habe alle Regeln verraten, die für die Einweihungszeremonie gelten, und jeder hat es gesehen. Wie soll ich jetzt noch- wo soll ich hin?«
Der Wald, wäre eine Antwort gewesen, die Silva aus ihrem Kopf zu prügeln versuchte. Die Vorstellung, mit dürren Mahlzeiten an Bäumen wie diesem zu kauern, ohne noch einmal ihre Familie und Yumil in den Arm nehmen zu können, zerfraß Silva von innen heraus. Dafür wusste sie eh nicht genug über die essbaren und unverträglichen Pflanzen außerhalb der Stadtgrenzen. Der Hunger oder eine Giftschlange würden sie dahin raffen, nein, vorher würden Trauer und Selbsthass das erledigen.
Malvus stupste wiederholt den Kranz an wie ein Kätzchen, das mit seiner halbtoten Beute spielte. Doch er zerstörte dabei keine einzige Blüte. Diese Pranken hatten eine Präzision, welche Silva ihnen nicht zugemutet hätte.
›Es wird meine Pflicht sein, mich um die Anliegen und Nöte der Mayaminn zu kümmern. Wenn das keine Not ist, was dann?‹ Seine Ohren zuckten umher, als versichere er sich doppelt- und dreifach, dass Silva und er die Einzigen hier waren. Dann erhob er sich. ›Folge mir.‹
»Wohin?« Mit Knien, die noch immer wachsweich waren, rappelte Silva sich auf. Sie musste aussehen wie ein gerupfter Flamingo. Ihre Nase prickelte, als hätte man sie mit Brackwasser gespült. Das Johlen der Affen und Zwitschern der Vögel hörte sie gedämpft. Ein Rauschen schnitt sie von der Welt ab- etwas sagte Silva, dass das nicht bloß ihr eigener Körper sein konnte, denn das Wummern hinter ihrer Stirn hatte schon mit dem ersten Schluck des Sagrado begonnen. Was hatte man ihr da reingeschüttet?
›Ich habe eine Idee, und bei dieser sollte uns keiner in die Quere kommen‹, wich Malvus der Frage aus und verschwand im Gebüsch.
Sie konnte ihre Beine nicht davon abbringen, sich ihm hinterher zu schleppen. »Was hast du vor?«
›Willst du nun eine Tiergestalt oder nicht?‹
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