Kapitel 5

Der Morgen verlief schrecklich. Bella war für ihre Verhältnisse zu spät aufgewacht und ich konnte nun ihre Laune ausbaden. Was schlimm war, denn sie musste ständig ihre Finger bewegen oder ihre Arme in Kreisen bewegen. Dieses Verhalten hatte sie Askaban zu verdanken. Dort wurde sie gezwungen sich nicht zu bewegen, weswegen sie es hier um so öfter tat. Vor allem morgens, während ich uns dünne Pfannkuchen zubereitete. Das Rezept hatte ich aus einem deutschen Kochbuch, das ich auf einem Flohmarkt mit einem Wörterbuch ersteigert hatte. Jedes Wort musste ich mir einzeln übersetzen, aber es hatte sich gelohnt. Sogar Narzissa aß sie gerne. Unsere Küche war klein, was das Leben zu zweit sehr schwierig machte. Deswegen gab es ja auch das Esszimmer, nur war eins der Fenster immer noch nicht repariert. Also quetschen wir uns in die Küche. Rodolphus war gestern Abend zum Glück gegangen. Ich wäre nicht mit seiner Anwesenheit klar gekommen.

,,Seit wann trägt man eine weiße Bluse und eine spießige Hose, die aus meinem Kleiderschrank stammen könnte, in den Sommerferien?" Meine Mutter schob sich eine Gabel Pfannkuchen in den Mund. Ihre dunklen Haare wirbelten bei jeder Bewegung durch die Luft und ich verstand nicht warum sie sowas zu mir sagte, wenn sie ungefähr zehn ähnliche, schwarze Kleider besaß. ,,Ich mache heute was mit Narzissa." Das Fenster, was hinter mir geöffnet war, hinderte mich am Essen, was durch die Farbe der Bluse sowieso schon schwierig genug war. Aber sie hatte mir geraten mich angemessen anzuziehen und diese Aufforderung erfüllt ich mit dem viel zu engen Oberteil. Wie konnte man das Leid ertragen, dass so ein Oberteil auslöste? Alles in mir war konzentriert. So konzentriert, dass ich mich versehentlich verschluckte, als eine große, hässliche Eule auf unserem Tisch landete. Das Tier krächzte glücklich, was meine Mutter glucksen ließ. Um mein Husten auszugleichen trank ich schnell einen großen Schluck Wasser, der eiskalt war, was mich nicht störte. Was mich störte war die Eule, die mich angeekelt ansah. Vielleicht war das auch nur ihr neutraler Ausdruck. Ich kannte das hässliche Tier nicht. Meine Mutter schon, sie nahm dem Tier die Briefe ab, es konnte mehrere im Maul tragen, was mich etwas beeindruckte, dann streichelte sie die Eule weiter. ,,Streichel ihn auch mal, er hat dir einen Brief gebracht." Mit dem Zeigefinger der anderen Hand durchforstete meine Mutter den Stapel Briefe. Das Tier sah unfreundlich aus, weshalb ich schnell einen weiteren Schluck nahm, um abgelenkt zu wirken.

,,Er wird gerne gestreichelt. Nicht war, Sir Frederick?" Bei ihrem letzten Wort wurde mir so schlecht, dass ich abrubt das Wasser ausspuckte. Direkt auf den armen Sir was auch immer. ,,Pff?" Die Eule flog interessanter Weise auf und davon, vor Schreck. Was meiner Mutter nicht gefiel. Sie sah ihm traurig nach. ,,Jetzt wird er wohl nie wiederkommen. Dabei gibt er sich immer so viel Mühe, weil", sie beugte sich verschwörerisch zu mir rüber. ,,Weil er so hässlich ist und ihn sonst niemand mag." Sie kicherte gehässig, wodurch ich schuld Gefühle bekam. Der Arme Sir. ,,Manchmal nenne ich ihn Ricky", erzählte Bella weiter, nur interessierte ich mich dafür kein Stück. Wegen ihr war ich gestern fast umgebracht worden und so schnell würde ich das nicht vergessen.

,,Mum, ich möchte in die Winkelgasse. Alleine. Am liebsten in den nächsten Tagen. Ich muss einkaufen gehen. Lässt sich das einrichten?" Fragte ich kühl und beendete somit das Frühstück. Bella sah auf von einem Brief und blickte mich überrascht an. Etwas spät nickte sie schließlich. ,,Klar. Narzissa kann dich hinbringen und abholen. Mit mir möchtest du da bestimmt nicht hin. Was ich auch nicht empfehlen kann." Ihre Worte machten mich glücklich und so umarmte ich sie kurz, bevor ich mir meinen Brief schnappte. ,,Super, danke. Ich muss jetzt los. Wäscht du mal das Geschirr ab?" Und dann verließ ich das Haus. Heute mit meinem Zauberstab. Zwar hatte Jack nur von abends gesprochen, aber sich war sicher. Der Brief war von Veronica. Natürlich. Ich entschloss mich ihn später zu lesen und machte mich so zuerst auf den Weg zur Malfoy Manor.

Morgens waren hier keine Todesser, denn diese bevorzugten die Abende. Ich ging meinen Lieblingsweg und stieg dann die kleinen Stufen zur Tür hoch, um kräftig zu klopfen. Was hier meistens ein Erfolg war. So auch heute. Narzissa öffnete mir und statt einer kühlen Begrüßung umarmte sie mich. Ich erstarrte, denn sie war gestern die schlimmste Tante aller Zeiten gewesen. ,,Ich kläre dich gleich auf. Zuerst musst du mit hochkommen und mitspielen." Mit diesen Worten und einem ängstlichen Flackern in den Augen, zog sie mich mit sich, hoch in ihr Büro. Dort verfrachtete sie mich auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch und schüttelte mich diesmal vorsichtiger. ,,So. Vor dir liegt jetzt dein Stellenangebot und das Regelwerk. In dem steht wie du dich zu verhalten hast. Hast du das verstanden?" Sie schüttelte mich, was mir mal wieder Angst machte, nur lagen diesmal ihre Fingerkuppen auf meinen Schultern, weshalb es nicht halb so sehr weh tat. ,,Ja." Ich zitterte ein wenig und Narzissa ließ mich los. ,,Dann gehen wir das jetzt draußen besprechen. Nimm deine Sachen!" Sie öffnete die Tür und verließ das Büro hinter mir. Ich kam nicht zu Wort, denn mit einem Griff um meinem Arm brachte sie mich dazu ihr bereitwillig zu folgen.

Irgendwann saßen wir auf einer Bank, weit entfernt von allem. Hier waren nur Bäume, die Bank und wir. ,,Ich hasse mich." Geschockt legte ich meine Sachen ab und versuchte einer völlig aufgelösten Narzissa über den Rücken zu streichen. ,,Aber warum?" Ahnungslos zu sein, machte mich schrecklich nervös und ich hasste es nervös zu sein. Dieser Zustand machte mich dann mürrisch und ich konnte sehr schnell patzig werden. ,,Ich habe mich erpressen lassen." Sie faltete ihre Hände zusammen und starrte in die Natur vor uns, wo es allerdings nichts zu sehen gab. Außer Bäumen und vielleicht Vögeln. ,,Womit?" Eigentlich wollte ich ruhig bleiben, aber jetzt wurde ich hibbelig. ,,In meinem Büro hängt ein Bild von Lucius Mutter, das Bild kennst du bestimmt. Es hängt da seit ihrem Tod. Vor ein paar Tagen haben ich jedoch einen Vorhang darüber gehängt." Ich nickte und mir wurde schlecht. Denn ich hatte auf einmal eine Vorahnung. ,,Das Bild ist verzaubert oder so. Es hat uns jahrelang beim Üben abgehört und auch alles andere was in diesem Zimmer gesprochen wurde. Sie hat vor ein paar Wochen angefangen mich zu bedrohen und hat mir aufgetragen Mädchen, wie dich, so zu erziehen, wie sie es für richtig hält. Wenn nicht würde sie nach Todessern schreien und diesen dann erzählen, dass ich dir beigebracht habe wie man Okklumentik anwendet." Ich erstarrte und merkte wie meine Atmung sich beschleunigte. Damit kam ich nicht klar. Kein bisschen. Wie eine gehetzte, sprang ich auf und begann vor der Bank her zu laufen. ,,Wenn irgendwer das erfahren würde, würde die Person es Bella erzählen und die würde mich dann umbringen, weil ich versucht habe dich vor ihr zu schützen." Narzissas Stimme wurde leiser, aber dann sprach sie weiter. ,,Sie weiß, dass ich mir früher immer eine Tochter gewünscht habe und schon damals durfte ich dich nie lange halten, vor allem nicht nach Dracos Geburt, weil Bella nicht wollte, dass wir viel Kontakt aufbauen. Sie war früher richtig besitzergreifend und eifersüchtig. Deshalb hat sie immer nach Ausreden gesucht, damit ich euch nicht besuchen kommen durfte. Doch dann wurde es für sie immer gefährlicher und sie hat mir erlaubt, dass ich auf dich aufpassen darf, wenn ihr etwas passiert. Wenige Tage danach kam sie nach Askaban, weshalb ich endlich etwas mit dir machen durfte. Du hast ja am Anfang bei uns gewohnt, bis Lucius damit nicht mehr zufrieden war, weil ich ständig damit beschäftigt war dir die Haare zu frisieren. Du weißt gar nicht wie gerne ich das gemacht habe. Ich weiß noch, dass Draco dich morgens ständig aufgeweckt hat, um mit dir draußen zu spielen. Lucius hat allerdings deine Anwesenheit gestört. Also bist du irgendwann abends zum Schlafen rüber gegangen und warst dann auch öfter in den Sommerferien bei dir zuhause. Was ich natürlich verstehen konnte. Mit mir musstest du ständig üben, Draco hat sich sehr verändert und Lucius war, naja sehr schweigsam. Dennoch waren wir irgendwie eine Familie. Jetzt ist Bella wieder da und ich habe Angst, dass sie anfängt uns auseinander zu bringen, weil sie alleine Zeit mit dir verbringen möchte. Sie kann ziemlich bestimmerisch sein und durch Askaban ist sie noch verrückter geworden."

Ich war stehen geblieben, um Narzissa anzusehen. Meine Tante nun endlich wirklich meine Tante. Die Freunde hielt nur kurz an, da ich nun begann mir Sorgen um Narzissa zu machen. Sie sollte von niemandem bedroht werden. Niemand sollte von irgendwem bedroht werden. Ich wollte Frieden. Entspannung. Freiheit. Stattdessen sollte ich mich leise einordnen und unterordnen. ,,Wir werden uns nun öfter im Büro treffen müsse, um deine Fortschritte zu besprechen. Sonst wird Lucius Mutter alles erzählen und Bella wird durchdrehen, weil sie durch mich nicht die volle Kontrolle über dich hat."

Narzissa stand auf und bis eben sah sie noch genauso emotional aus, wie ich mich fühlte, doch jetzt war sie wieder die Alte. Kühl und abgewandt. ,,Wir müssen zusammen arbeiten. Sonst werden sie dich wirklich zur Todesserin machen. Und das sogar noch bevor du siebzehn wirst." Mit diesen Worten ging sie los, während ich vollkommen verwirrt meine Blätter von der Bank nahm und ihr hinterher rannte. Wollte sie denn gar nicht weiter darüber reden? Anscheinend nicht. Immerhin sprach sie von 'wir'. ,,Ich werde jetzt Zeit brauchen, um alles zu verarbeiten. Ich kann jetzt nicht lernen oder üben", sagte ich erschöpft.

Zu gerne hätte ich mich jetzt auf den Boden geworfen und hätte eine Runde geschlafen, aber das würde Narzissa mir nicht erlauben. ,,Natürlich, wir machen morgen weiter." Ich nickte und entschied mich jetzt Narzissa nach der Winkelgasse zu fragen. ,,Könntest du mich am Montag in die Winkelgasse bringen?" Meine Tante hob zwar irritiert eine Augenbraue, bejahte dann aber. ,,Wen mochtest du da treffen?" Sie stellte diese Frage sehr ruhig, nur wurde ich dadurch unsicher. ,,Niemanden?" Hauchte ich verräterisch. Narzissa lächelte mich so interessiert an, dass ich schnell meinen Kopf zu den Bäumen drehte. ,,Niemanden?" Ganz ruhig bleiben, Isabelle! War Narzissa eigentlich gut in Legilimentik? Ich hoffte nicht. ,,Zu dem Thema Jungen werde ich dir dann wohl morgen was erzählen müssen", seufzte Narzissa, woraufhin ich rot wurde. Jedenfalls fühlte es sich so an. ,,Nein, musst du nicht. Das haben wir in der Schule gemacht!" Hektisch hustete ich. Narzissa schüttelte nur den Kopf. ,,Ich werde dir beibringen, wie man sich in der Gesellschaft mit einem Partner zeigt. Nichts weiteres." Aha. Ich konnte sie langsam wieder ansehen, was wirklich half.

,,Halt." Narzissa packte mich am Arm und zog mich hinter die nächste große Anzeigetafel aus Holz, die für Spaziergänger gemacht worden war. Verwirrt blickte ich hinter dem Ding hervor, genauso wie Narzissa, wobei ich mir jedoch fast einen Splitter einfing. Kopfschüttelnd drehte sich Narzissa jedoch gleich wieder um. Während ich grinsend sah, wen sie gesehen hatte. Unter einem Fenster, an der Hauswand, der Malfoy Manor standen Draco und Odilia und küssten sich, ziemlich unangebracht. ,,So verhält man sich auf jeden Fall nicht!" Zischte Narzissa und hielt sich den Kopf. ,,Vergiss solch ein Verhalten bitte sofort! Das ist unangebracht und nur etwas für wild gewordene Gryffindors! Ravenclaws, Slytherins und Hufflepuffs würden sich niemals so verhalten." Ich schaute auf das Gras und lächelte. Wenn das wahr war, dann erklärte das eine Menge.

•••
Was ist schlimmer?
Vom Zwillingsbruder und der besten Freundin erwischt zu werden oder von der eigenen Mutter und der Cousine?

Hier ist noch ein Kapitel: bitte habt es gern.

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